Joachim Fensterle
Hochschulforum Digitalisierung und das ist, diese Leute, die sich damit beschäftigen, gab es schon länger,
die Konzepte sind jetzt auch nicht alle neu zu erfinden gewesen für das Corona-Semester.
Nur natürlich ist es, es gab einzelne, die haben das schon immer gemacht, aber es ist gar keine Frage für viele Kolleginnen und Kollegen,
die sagen sich, ja warum soll ich das tun, das ist der eine Punkt.
Der andere Punkte ist natürlich auch, wenn ich 18 SWS Lehre mache, ist es jetzt nicht so,
dass ich mal hoppla hopp geschwind alles auf Blended Digital mal kurz so umstellen kann, das ist nicht so einfach, das braucht auch Zeit.
Und tatsächlich ist diese Zeit jetzt auch teilweise da gewesen, das umzustellen.
Also meine Frau, die sitzt gerade nicht drin, die würde jetzt laut aufheulen, weil ich eigentlich im Sommersemester
praktisch jedes Wochenende Samstag und Sonntag acht Stunden im Büro gesessen bin.
Also da sagt die natürlich, wo war die Zeit?
Also wenn man diese Begeisterung hat, nimmt man sich die Zeit halt auch, weil man ja auch weiß, für was die da ist.
Also das heißt, das ist nicht neu erfunden worden, sondern es ist tatsächlich, ich glaube, im größeren Maßstab implementiert worden.
So würde ich das nennen.
Und man hat auch im größeren Maßstab dann eine Rückmeldung gekriegt, was funktioniert und was funktioniert nicht,
ich glaube, das ist so die große Chance, also dass man in der Breite jetzt mal digitale Lehre ausprobieren konnte oder musste,
aber man muss daraus die Chance erkennen, dass man sagt, das funktioniert, das funktioniert nicht.
Also das ist auch so ein Punkt, wie in der Wissenschaft auch, Dreivierteljahr funktioniert nichts,
also man muss dann auch draus lernen und ich glaube, das ist das Neue, dass man jetzt auch mal eine viel größere Rückmeldung hat,
die deutlich weniger theoretisch ist, sondern wesentlich praktischer.
Und was funktioniert, was funktioniert nicht, ich gebe mal ein Beispiel.
Ich sage mal, generell habe ich alle Vorlesungen als Livestream gemacht, die gleichzeitig aufgezeichnet,
dass ich dieses Material später dann in sinnvolle Blended Learning Pakete verpacken kann,
weil ich kann das nicht nochmal alles machen, das ist so eine Dual Use Geschichte.
Und ich habe gedacht, die Vorlesungen waren dann eigentlich, also klassische Vorlesungen sind die bei mir jetzt nie unbedingt,
aber so ist trotzdem eine Vorlesung gewesen, was ja auch typischerweise, was weiß ich, Zitratzyklus oder so,
das ist dann eine Vorlesung mit Interaktion und allem möglichen und ich dachte, naja im Prinzip sind Vorlesungen ja anderthalb Stunden,
also zwei Stunden in der Uni sind anderthalb Stunden Vorlesung, die am Stück waren, sind also diese Livestreams auch anderthalb Stunden gewesen,
aber die Rückmeldung, die ich dann, ich habe dann alle meine Kurse habe ich eine Evaluierung dann reingesetzt anonym für die Studierenden,
dass die mir eine Rückmeldung geben, man kriegt natürlich auch so Rückmeldungen, so ist es nicht,
aber man will das halt auch von allen, die sich sonst immer nicht melden
und was für mich überraschend war, obwohl das live war, obwohl das mit einer Interaktion war,
obwohl das eigentlich auch nichts anderes wie im Hörsaal war, kommt das an der andren Seite ganz anders an.
Also für die Studenten ist das deutlich anstrengender, sich dann diese anderthalb Stunden zu konzentrieren,
weil die eben doch daheim sitzen und die Tüte Chips liegt nebendran oder man läuft dann doch noch mal zum Kühlschrank oder was,
wie wenn es im Hörsaal ist, das habe ich zum Beispiel nicht erwartet.
Also ich werde jetzt wieder umstellen und diese Vorlesungen kürzer machen, also auch die Livevorlesung kürzer machen
und dann hoch interaktive, solche Zoom-Sessions dann hinten ranpacken als Beispiel.
Das habe ich vorher nicht gedacht.
Ich habe gedacht, das müsste doch eigentlich, das ist doch genau das gleiche, also nur als Beispiel.
Und das ist jetzt ja kein besonderes e-Learning, weil das ist ja im Prinzip nur die Vorlesung ins Digitale projiziert,
also da muss man jetzt nicht stolz drauf sei, dass man jetzt das e-Learning erfunden hat.
Aber was die Studierenden haben, für die die waren richtig begeistert, dass ich das gemacht habe, technisch ist das nicht ganz so trivial,
so ein YouTube-Livestream zu machen, das machen natürlich die ganzen Gamer, aber man muss schon, wenn man da ins kalte Wasser geworfen sind,
auch so ein bisschen reinwachsen, man muss so ein bisschen das auch wollen.
Also das will man jetzt auch keinem sagen, das musst du jetzt machen, sondern das muss man auch so wollen und dann geht das schon.
Aber ich hatte eine Veranstaltung, die war ein bisschen anders konzipiert, aber da gab es auch die Live-Vorlesung, das war eine Komponente
und diese Vorlesungen waren gar nicht mehr klausurrelevant, weil ich habe diesen Kurs so umgestellt,
dass die Prüfungsleistung gar keine Klausur mehr ist.
Das heißt, eigentlich braucht man die Vorlesung gar nicht angucken, um eine Eins zu kriegen, weil die Eins kriegt man sowieso mit was anderem.
Trotzdem waren von 70 Studierenden 45 live bei den Vorlesungen dabei, obwohl die eigentlich gar nicht …
also normalerweise wirft man den Studierenden ja immer vor, sie machen nur das, was sie absolut müssen.
Und ich habe eine Rückmeldung gekriegt, diese Studierenden haben das in der Corona-Zeit genossen,
dass da jetzt jemand live für sie einfach sich die Zeit nimmt und sie ernst nimmt und für sie live eben das macht,
nicht nur irgendwelche Folien aufnimmt, weil im Prinzip könnte man das ja auch, sondern live sitzt der da,
der Mensch sitzt in dem Augenblick an der anderen Seite und das war für die wahnsinnig wichtig.
Das ist auch so ein Erkenntnisgewinn, da habe ich gedacht, hey das hätte ich jetzt gar nicht gedacht.
Natürlich freut einen das, aber das ist was, was man gar nicht so auf dem Schirm hatte.
Also insofern gab es nicht neue Methoden, die man jetzt erfunden hat, sondern man hat viel lernen können aus,
wie das dann tatsächlich auf der anderen Seite ankommt.
Ich kann nicht nachvollziehen wie es eine andere Entscheidung geben kann als die, ein vielversprechendes Impfstoff rausbringen zu wollen, und allen zu Verfügung zu stellen. Interessante Sendung.
Sehr ansprechendes und informatives Interview.
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Mal wieder eine sehr gelungene Sendung!
Vielen Dank! Das war/ist ein sehr informativer Beitrag mit vielen guten Erläuterungen komplexer Zusammenhänge und guten Darstellungen des Ineinandergreifens von Sachverhalten.
Was die begrenzte Aufnahmefähigkeit der Studenten bei Webveranstaltungen angeht, liegt dies vermutlich nicht an irgendwelchen Chipstüten (essen Studenten heute überhaupt noch Chips?). Dies wurde auch bei Webkonferenzen von Behörden, Ministerien und Firmen beobachtet. Es ist einfach deutlich anstrengender Ausführungen zu folgen, die von fernseh-schauspielerisch ungeschulten Kollegen, Hochschullehrern etc. in den Äther geschickt werden, als diese analog im Hörsaal, Beratungsraum etc. zu erleben. Auch ist die Aufmerksamkeit schon deshalb analog höher, weil man immer wieder Blickkontakt hat, d.h. die Aufmerksamkeit durch persönliche Zuwendung aktiviert wird.
Was die Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Meinung ungeschulter Zeitgenossen angeht, so ist das sicher auch der Unterlassungssünde von Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen zu verdanken, sich um eine breite Vermittlung ihrer Forschungsgegenstände zu bemühen.
Michael Faraday hat (seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts) sehr viele Christmas-Lectures für die breite Öffentlichkeit gehalten (an denen auch Prince Albert sich im Publikum unters gemeine Volk mischte) weil es ihm ein Bedürfnis war, den Menschen seiner eigenen Herkunft zu vermitteln, was er da trieb (siehe auch https://www.rigb.org/christmas-lectures).
Zwar führen viele Einrichtungen einen Tag der offenen Tür durch, aber das ist m.E. deutlich zu wenig. Andere Initiativen, wie z.B. die Wissenschaftsläden der 1980er Jahre an einigen Unis (Bürger konnten Fragen stellen, die von Studenten, Assistenten oder auch Professoren beantwort wurden), sind leider ausgestorben/eingeschlafen. Mit solchen Aktivitäten fängt man zwar vermutlich die Hardliner unter den Ignoranten nicht ein, aber es wird ihnen schwerer gemacht für ihre Ansichten offene Ohren zu finden.
Hallo allerseits. Die Folge hat mir gut gefallen. Ich möchte nur einen Punkt konkretisiert haben. Beamte dürfen nicht streiken, dass heisst sie dürfen nicht ihre Arbeit niederlegen. Sie dürfen allerdings ohne Probleme wie jeder andere Bürger auch in ihrer Freizeit demonstrieren. Man kann sich also Freitag ein paar Stunden frei nehmen und bei FfF mitdemonstrieren.