FG045 Martin Luther

Über den Menschen Martin Luther und die Erforschung des Mittelalters

Lyndal Roper
Lyndal Roper
Wikipedia: Lyndal Roper Lyndal Roper @ Oriel College, Oxford

2017 ist das Luther-Jahr. Die evangelische Kirche feiert 500 Jahre Reformation. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.

In dieser Folge sprechen wir mit der in Oxford lehrenden australisch-britischen Historikerin Lyndal Roper über den Menschen Martin Luther, über seine Widersprüche und frühen Prägungen. Wer war dieser Mensch, der, wie Lyndal Roper sagt, mit dem Körper gedacht hat?

Lyndal Roper forscht zu Geschlechterrollen, Hexenverfolgung und Körpergeschichte der frühen Neuzeit. Pünktlich zum Luther-Jahr erschien ihre wegweisende Luther-Biografie „Der Mensch Martin Luther“, in dem sie ein sehr differenziertes Bild des Reformators zeichnet. „Luther konnte“, so Roper, „ ein wunderbarer Tröster sein, aber Menschen auch richtig niedermachen.“

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6 Gedanken zu „FG045 Martin Luther

  1. interessiert mich irgendwie einen scheiss wie Luther tickte. Lass doch mal bitte einen guten Psychologen erklären wie dumm und feige es ist sein Leben Religionen anzuvertrauen. Dann hätten wir sicher auch weniger Terror und Terror gegen Terror und Kriege in der Welt. Christentum ,Islam alles ein Dreck und muss weg. Religion = Terror !So, das war mein Wort zum Sonntag und musste mal raus. Trotzdem danke für die vielen interessanten Sendungen.

    • Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem völlig unvoreingenommen, ausdifferenzierten und gar nicht simplifizierenden Beitrag. /s
      Wenn so etwas „mal raus musste“, dann doch bitte entweder nicht öffentlich oder mit Verzicht auf beleidigende Formulierungen.

  2. Danke für den schönen Podcast :)
    Für mich als Theologen war es erfrischend, mit einem eher geschichtswissenschaftlichen Fokus auf Luther zu blicken. An einigen Stellen fand ich es dann aber doch schade, dass Frau Roper kaum auf deine Fragen zu den theologischen Inhalten Luthers eingegangen ist. Da wäre sicherlich noch so einiges zu erzählen gewesen – so wirkte es insgesamt ein wenig verkürzt.

    Zu den 95 Thesen: es ist umstritten ob sie überhaupt jemals angeschlagen oder geleimt wurden. Deutlich wichtiger dürfte ohnehin die postalische Versendung an wichtige weltliche und kirchliche Herren gewesen sein, sowie die späteren Drucke.

  3. Eine sehr schöne Folge, und ein sympathischer Gast :) auch für mich als Katholiken und nicht sehr religiösen Menschen eine interessante Folge. Hätte auch gerne noch länger gehen dürfen, zum Beispiel das Thema Antisemitismus das nur kurz erwähnt wurde.

  4. Ich finde es interessant, dass dem theologisch unabhängig denkenden Luther in der öffentlichen Meinung – die hier auch von Tim transportiert wurde – oft auch eine methodisch-wissenschaftliche Fortschrittlichkeit gegenüber der Kirche zugeschrieben wird. Polemisch könnte man sagen: Gerade das Gegenteil ist der Fall.

    In der klerikalen Wissenschaft des Mittelalters und der frühen Neuzeit herrschte eine sehr elaborierte Wissenschaftskultur in der vor allem die Methoden der formalen Logik und Rhetorik hoch angesehen, und rezipierte antike Modelle ausgebaut wurden. In der Scholastik – also der wissenschaftlichen Schultheologie – versuchte man mit Hilfe der logischen Methode Rationalität – in Form der Schriften antiker Philosophen, wie des Aristoteles – und Offenbarung in Einklang zu bringen. Dieser wissenschaftliche Anspruch ging bei Thomas von Aquin so weit, den christlichen Glauben allein aus allgemein anerkannten Prinzipien deduzieren zu wollen – ganz ohne Bibel. Die zur „Wahrheitsfindung“ vorherrschende dialogorientierte und streng-logische Methode der Disputation wurde ja von Lyndal zu recht herausgestellt.

    Luther wandte sich angesichts seltsamer Blüten solcher Deduktion gegen diese Form rationaler Wissenschaft, mit seinem Dogma, die Schrift allein – im Gegensatz zur fehlbaren menschlichen Vernunft – als Wahrheit anzuerkennen. Insofern ist eine entscheidende Neuheit der lutherischen Theologie, dass sie anti-rational ist (und eben nicht versucht die aristotelische Naturwissenschaft zu integrieren).

    Kurz: Die Welt ist komplizierter als in einfacher Fortschrittserzähung zu fassen wäre, und Menschen (das gilt vor allem für die Logiker des Mittelalters) waren wahrscheinlich zu keiner geschichtlichen Zeit irrational, geschweige denn dumm.

    • Naja, ich kann zwar deinen Gedankengang nachvollziehen, aber Luther stand schon in einer Bewegung, die auf dem Weg hin zu einer Wissenschaft im heutigen Sinne, sehr wichtig war. Er und andere Theologen der Reformation waren vom Humanismus beeinflusst, der es als maßgeblich wichtig erachtete alte Schriften im Original neu zu rezipieren, also sozuagen, eine verlässliche empirische Basis herzustellen.

      Für einen Theologen musste das den Bezug auf die biblischen Schriften bedeuten, mit der Aufgabe, die dortigen „Kernaussagen“ zu identifizieren und in ein logisches System zu bringen. Natürlich hat man sich dadurch wieder vom Humanismus entfernt, der die griechische und römische Antike idealisierte, aber der Umgang war nicht weniger den Ansprüchen der Ratio unterworfen – es gab eben nur eine andere Textbasis. Nicht umsonst war die Methode der Disputation ja auch für die Reformatoren extrem wichtig.
      In diesem Sinne war Luther denn auch nicht „anti-rational“. „Die Schrift allein“ war auch bei ihm gewissen Deutungsschlüsseln unterworfen („was Christum treibet“), wovon ausgehend er sehr logische Schlussfolgerungen zog.

      Auf lange Sicht bedeutete die Reformation den Abschied von der Metaphysik, weil nicht mehr ein ideales, rein logisches System aus sich selbst heraus zu entwickeln versucht wurde, sondern anhand von Quellen. Und bei der Bibel ist es nunmal so, dass wir eigentlich Glaubenszeugnisse/Erfahrungsberichte vor uns haben, also tatsächlich vielseitig empirisch verwertbares Material, das höchst widersprüchlich ist, womit reichlich Ansatzpunkte für die später aufkommenden Fragen nach der Historizität gegeben sind.

      Meine Schlussfolgerung ist also eher, dass Menschen zu allen geschichtlichen Zeiten irrational waren – aber eben nicht nur, sondern auch.

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