FG080 Medien und Meinungsbildung

Über das Aufkommen der Sozialen Medien, ihre Koexistenz mit klassischen Massenmedien und das heutige Gesamtgefüge der Meinungsbildung im Online-Zeitalter

Jan-Hinrik Schmidt
Jan-Hinrik Schmidt
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Doch, doch, es gab ein Internet vor Facebook, Twitter und YouTube. In den 2000er Jahren blühte die Blogosphäre auf. Statt nur passiv zu konsumieren begannen Webnutzer mit eigenen Inhalten eine Öffentlichkeit zu finden – argwöhnisch beobachtet von den klassischen Massenmedien, die Blogs auch mal als „Klowände des Internets“ verächtlich machten. Doch die alten, klar verteilten Rollen zwischen Journalisten und Lesern lösen sich seither immer mehr auf. Die Deutungshoheit traditioneller Medien bröckelt. Soziale Netzwerke, die seit rund zehn Jahren auch große Player im Werbemarkt sind, stellen zudem die wirtschaftliche Grundlage der Verlage in Frage.

Den Wandel der digitalen Öffentlichkeit intensiv verfolgt hat Jan-Hinrik Schmidt, Senior Researcher am Leibniz-Institut für Medienforschung / Hans-Bredow-Institut in Hamburg. Die Digitalisierung bedeutet weit mehr als nur eine technische Umstellung, denn die Grundlogik der neuen, datengetriebenen Plattformen geht einher mit einer eigenen Mechanik für Identitäts-, Beziehungs- und Informationsmanagement. Nachricht und Kommentar rücken in der Wahrnehmung enger zusammen. Algorithmen belohnen Kommunikation, die zugespitzt ist, und können an der Empörungsspirale drehen. Unterdessen hat es vernunftgeleitete Argumentation schon ein bisschen schwerer, sich Gehör zu verschaffen, weil sie naturgemäß nicht zur Erhöhung des Erregungslevels beitragen kann. Und dieser Trend kann Folgen für das Miteinander in einer Demokratie haben.

Für den Soziologen Jan-Hinrik Schmidt steht fest: Die Regulierung der Plattformen wird eine medienpolitische Schlüsselfrage in den 2020er-Jahren sein – findet doch immer mehr Kommunikation in einer dezentralen Netzwerköffentlichkeit statt. Und so steht im Zentrum von Schmidts Forschung künftig die Frage: Können die sozialen Medien den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken oder bewirken sie das Gegenteil?

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4 Gedanken zu „FG080 Medien und Meinungsbildung

  1. Der große Unterschied den ich zwischen Coronakrise und Klimakrise sehe, ist die Geschwindigkeit.
    Die Coronakrise kam im Dezember auf (für gut informierte) und stand im März vor der Tür. Maßnahmen mussten sofort gemacht werden und Reaktionen/Auswirkungen kann man innerhalb von 2 Wochen sehen. Die getroffenen Maßnahmen haben sich sofort auf die Wirtschaft ausgewirkt.

    Die Klimakrise ist seit den 70ern in mancher Leute Horizont. Auswirkungen sind definitiv indentifizierbar aber schleichen sich eher ein. Diese schleichenden Verschlechterungen machen es nicht immer auf Anhieb klar ob ein direkter Zusammenhang mit dem Klima gegeben ist.
    Der Frosch im Wasserglas kommt ist wohl eine passende Analogie hier.

  2. Pingback: Oh, WordPress hat ja ein Kommentarsystem! Wie gehe ich denn damit um? – NOVATREND Blog

  3. Schließe mich gerne an. Im Grunde genommen stand man mit dem Rücken zur Wand und konnte doch nur einheitlich und entsprechend drastisch durchgreifen mit komplettem Lockdown. Es geht halt immer darum, wie gut man die zukünftigen Ereignisse prognostizieren kann.

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