Johann Goldammer
Die Einrichtung des Global Fire Monitoring Center im Jahr 1998
war eine für mich ganz schlüssige Konsequenz
aus dem, was wir in den 80er und 90er Jahren erforscht hatten.
Wir haben gesehen, dass die Politik
und im Grunde genommen auch die gesamte Öffentlichkeit
es nicht richtig verstanden hat,
was einerseits die historische und die prähistorische Rolle von Feuer
auf im Raumschiff Erde eigentlich bedeutet hat.
Auch die Entwicklung unserer Zivilisation,
die ja einhergeht mit der Nutzung von Feuer.
Wir wären nicht da, wo wir heute sind,
wenn das Feuer uns nicht ermöglicht hätte die Zivilisation aufzubauen.
Dann eben aber andererseits,
wir sehen, dass die exzessive Anwendung von Feuer,
beispielsweise in der Rodung von Regenwäldern,
Umwandlung von Sumpf- und Moorlandschaft wie in Indonesien
zu sehr starken Veränderungen des gesamten Naturhaushaltes
des Raumschiffs Erde führt, sodass wir einmal die Dimension haben
das Feuer als mit seinem mit seiner angestammten Rolle in der Natur-
und Kulturgeschichte der Erde
und dann aber durch den Eingriff des Menschen
eine neue Dimension erreicht hat, die mit dieser alten,
sagen wir mal nachhaltigen Wirkung von Feuer nichts mehr zu tun haben.
Und hier der Auslöser für die Einrichtung des Global Fire Monitoring Center
war die Entwicklung in Indonesien.
Dort waren anlässlich eines El Niño,
das ist ja ein großräumiges Wetter- oder wenn man schon will Klimaereignis,
was periodisch in Südostasien auftritt
und dort dann während einer sogenannten El Niño-Phase
zur Veränderung der Druckverhältnisse und zu starker Trockenheit führt.
Das während eines ersten starken El Niño 1982/83,
dann später nochmal während eines schwächeren El Niño 1991/92
dort in Indonesien diese Waldumwandlung so rapide anstieg,
weil die Bedingungen den Wald abzubrennen
und in anderen Nutzungsarten zu überführen
durch diese Trockenheit einfach begünstigt wurde
und das hatte zur Folge, dass es neben diesen gezielten Bränden
eben auch massive unkontrollierte Waldbrände gab.
Brände, die auch in die Sümpfe, in die Feuchtgebiete,
die jetzt trocken gefallen waren, hineinliefen,
dass praktisch in diesen Ereignisse Südostasien völlig verdeckt war
unter einem Rauchschleier.
Wir haben hier wochenlang in Indonesien
und den Nachbarländern wie Malaysia und Singapur Rauchlagen gehabt,
dass die Menschen die Hand vor dem Auge nicht sehen konnten,
völlig ungeschützt waren,
dass während solcher Situationen, die sich im Übrigen nochmal 2015 wiederholten,
hunderte von Millionen von Menschen
durch diese Rauchbelastung ja beeinträchtigt wurden.
Und wir wissen aus neueren Forschungen,
übrigens auch aus dem Max-Planck-Institut für Chemie,
aus dem Institut von Herrn Pöschl,
wir wissen, dass wir jährlich die sogenannten vorzeitigen Todesfälle,
die premature deaths,
das sind Todesfälle, die ohne diese Rauchbelastung nicht eintreten würden,
dass wir jährlich in der Größenordnung von etwa
180.000, 200.000 Menschen haben,
die frühzeitig sterben auf der Erde wegen dieser Rauchbelastung.
Wir bezeichnen diese Todesfälle oder diese Opferzahlen
als den sogenannten stillen Tod, den silent death,
der praktisch die Schlagzeilen der Medien nie erreicht hat.
Was sich übrigens in diesen Tagen,
wir sprechen jetzt über die Jahre 2017/18,
weltweit doch etwas geändert hat, nicht.
Man wird ja auf die Fragen der Luftverschmutzung
auch aus Verbrennung fossiler Energieträger oder Straßenverkehr und so
doch mehr und mehr aufmerksam
und da zählt natürlich auch die Frage der völlig ähnlichen Belastung
des Systems, unseres Gesundheitssystems.
Herz-Kreislauf, Lungen, Einlagerung von Kohlenstoffpartikeln in die Lungen,
damit auch krebserzeugend, schwere Belastungen für ältere Menschen,
für Kinder, Asthmatiker und so weiter.
Das spielt eine ganz enorme Rolle.
Und hiermit haben wir nun eine Größenordnung erreicht,
die bahnte sich in den 90er Jahren ganz klar an,
dass wir gesagt haben,
dazu muss ich sagen, eher getrieben durch die Tatsache,
dass sich eine sehr stark negative Entwicklung hier ergab
durch diese massive Anwendung von Feuer
in der Waldumwandlung in den Tropen,
dass wir gesagt haben, wir benötigen eine Einrichtung,
die jetzt aus der Wissenschaft hervor geht
und die den Entscheidungsträgern der Politik klarmacht,
was das eigentlich bedeutet,
wenn solche Entscheidungen gefällt werden,
wie z.B. in einem Land wie Indonesien.
Und da haben wir gesagt anlässlich des dann wieder verstärkt einsetzenden
El Niño und der Feuer- und Rauchepisode in und um Indonesien
bzw. aus Indonesien herauskommend, das war 1997/98.
Wir müssen jetzt eine Einrichtung schaffen,
die sozusagen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik arbeitet
und die der Politik klarmacht, was hier eigentlich passiert
und dass hier Wege gefunden werden müssen,
um beispielsweise diese negativen Auswirkungen,
sei es auf das Land, auf die Ökosysteme,
auf die Erhaltung von Regenwäldern, die Erhaltung der Wiege von Biodiversität
oder auch das Klima.
Dass das geregelt werden muss
und da haben wir dieses Global Fire Monitoring Center aufgebaut
und wenn ich mal diesen angelsächsischen Begriff nehmen darf,
die sogenannte Science Policy Interface.
Das ist das, was ein Begriff, der ja heute mehr und mehr en vogue ist,
wir damals schon vor Augen hatten, dass wir Einrichtungen brauchen,
die möglichst zeitnah und unmittelbar das was wir aus der Wissenschaft erkannt haben,
z.B. aus der Feuerökologie, aus der Atmosphärenchemie, aus der Gesundheitsforschung,
dass wir das einbringen müssen in die Politik.
Super, ich freue mich auf die Folge. Spannendes Thema.
Absolut tolle und interessante Folge. Ich bin ja kein Hacker und Computer-Experte, doch höre dich die Podcasts von Tim voll gerne. Am liebsten natürlich CRE und Raumzeit (dort müsste es wieder mal neue Folgen geben). Aber auch diese Folge von Forschergeist war sehr interessant und gibt einen Einblick in ein Thema, das ich bisher noch überhaupt nicht auf dem Radar hatte (wobei auch hier die Klimawissenschaften hinein spielen). Vielen Vielen Dank!
Schade dass Tim das Angebot über das Feuer in Weinbergen zu redem vom Anfang der Sendung nicht angenommen hat. Aber irgendwann muss ja auch mal ein Ende sein. Spannend! Ich hätte noch eine Stunde mehr zuhören können.
Pingback: Graphic Recording – Folge über Feuerökologie des Forschergeist-Podcasts – Mullana
Großartiger Podcast.
Deine Methode, die Menschen ihren Weg on die Forschung von der Kindheit an erklären zu lassen, macht für mich ihre Aussagen, Taten und Intentionen erst so richtig transparent, nachvollziehbar und meist auch vorbildhaft.
Wenn du mir und dem Interviewten mit deiner unglaublich ruhigen wohwollenden Art den Aufbau einer emotionalen Brücke ermöglichst , kann ich seinen oder ihren Thesen viel besser öffnen.
Argumente gibt es viele. Aber wenn mich der Redende nicht nur fasziniert, sondern durch Deine Moderation einen Zugang zu meinem Herzen gefunden hat, dann kommt noch echte Begeisterung ins Spiel und die lässt mich den teilweise harten Stoff viel eher erinnern, weil gute Emotionen daran hängen.
Danke Tim
Sehr gute Folge und sehr aktuell im Hinblick auf die Brände im Amazonas. Wer weiß, wie viel Zeit uns noch bleibt und angesichts des Wachstums in China, Indien aber auch Afrika bleibt nicht viel Hoffnung. Vielen Dank dafür auf das Thema aufmerksam zu machen.
Dr. Norman Schultz
Gerade brennt Australien. Hier werden auch die Ureinwohner erwähnt die Feuerökologie betrieben und seitdem der Weise Mann da war damit aufhörten. Wäre interessant den Herren zu den Aktuellen Geschehnissen erneut zu befragen.
Ha und das ist genau hier passiert
https://www.deutschlandfunk.de/brandkatastrophe-in-australien-feueroekologe-wir-haben.694.de.html?dram:article_id=467702