Onur Güntürkün
Nein. Weil nicht das Ausland die Rolle spielt, sondern die sozioökonomische Schicht von der man kommt. Der akademische Hintergrund. Es ist ziemlich egal, ob Sie aus Afghanistan kommen oder nicht. Wenn Sie aus einer akademischen Familie kommen, sind Sie in allen Akademien dieser Welt sehr schnell zu Hause. Aber wenn Sie aus dem katholischen Oberbayern kommen und seit Generationen hat keiner dort eine etwas höhere Schule besucht, dann haben Sie durchaus ein ähnliches Problem, wie jemand, der aus dem Ausland kommt, aber keinen akademischen Hintergrund hat. Sie haben natürlich weniger Sprachprobleme, das macht das Problem wesentlich stärker. Wenn Sie dann aus dem Ausland kommen. Die Sprachprobleme hatte ich nicht, meine Eltern waren Akademiker. Natürlich gab es jede Menge Probleme, aber ich glaube nicht, das waren Probleme die spezifisch waren für mich. Ich glaube, der eigentliche Punkt ist der, die akademische Welt hat Tausende von niemals ausgesprochenen Codes, wie schreibe ich einen Brief, wie bewerbe ich mich, wie verhalte ich mich in einer bestimmten Situation, was ist eine Chance für mich und was ist definitiv keine Chance. Und ich sollte nicht so tun, als ob ich sie ergreifen wollte. Das sind ganz viele Dinge, die lernt man natürlich in einem bestimmten Umfeld. Man hat auch Eltern, die man fragen kann oder man hat Freunde der Eltern, die man fragen kann und die können ein durchaus auch unterstützen. Und wenn dieses ganze Umfeld fehlt, dann kann es sein, dass man dann anfängt, von Dingen zu träumen, für die man sich dann aber anders verhalten müsste, um sie zu erreichen. Und so bleiben diese Träume dann leere Träume. Und deshalb ist es glaube ich ganz ganz wichtig, dass das was in Münster passiert, aber auch in Duisburg, Essen und an mehr und mehr Universität passiert, dass man Menschen sehr früh, sowohl an der Universität, aber auch schon viel früher begleitet und das, was einem fehlt, in dem eigenen sozialen Umfeld Schwerpunkt Migrantenumfeld, aber auch durchaus auch jenseits des Migrantenumfeldes, dass man diesen Menschen hilft, Ihnen zu sagen, du hast eine Chance. Du machst es am besten soundso. Lies das, tu das. Pass auf, dieser Person muss du jetzt einen Brief schreiben, und zwar am besten soundso. Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben, das ich wahnsinnig traurig finde. Ich war vor einigen Jahren in der Kinder Universität in unserer Uni zugange. Das ist aller zwei Jahre, da kommen im größten Hörsaal ich glaube über 2000 Kinder rein, so im Alter 7-9-10 Jahre. Und dann erzählen Wissenschaftler von ihrer Forschung und das sollen sie natürlich möglichst kindgerecht tun. Macht wahnsinnigen Spaß, die Kinder sind begeistert, und man erzählt irgendetwas, 1000 Hände gehen in die Höhe, ich will sagen, ich will sagen, ich will sagen usw. Ich saß in einer Ecke, wo eine Schulklasse war und es war ganz offensichtlich, da waren drei türkische Jungs. Und alle anderen sahen zumindest nicht türkisch aus. Und es war das übliche Tohuwabohu. Frau Müller, der hat mir mein Mitschreibmäppchen weggenommen usw. und so fort. Alle Kinder gleich. Und ich drehte mich zu ihnen um und fragte, ist das toll hier und alle schrien, ja. Ich glaube die waren ungefähr acht. Und dann rief ich denen zu, und wenn ihr dann Abitur macht, wollt ihr dann zu uns an die Uni kommen? Alle Kinder, bis auf diese drei türkischen Kinder schrien, ja. Und diese drei türkischen Kinder guckten betroffen. Achtjährige Kinder, die sich akademisch aufgegeben hatten. Das darf nicht sein. Das darf auf gar keinen Fall sein. Und so früh wird Menschen klargemacht, dass sie in einer Gesellschaft, zumindest in bestimmten Bereichen, keine Chancen haben. Und ich glaube, das ist der Punkt, wo wir rein müssen. Wo wir viel mehr investieren müssen. Und ich nehme dieses Wort Investitionen sehr bewusst in den Mund, es ist tatsächlich eine Investitionen. Es ist eine Investition in diese Gesellschaft, die sozial extrem wichtig ist, die menschlich extrem wichtig ist, die aber letztendlich sich auch monetär Auszeit für dieses Land.
Die bisherigen Folgen FG waren ganz solide, konnten mein Interesse aber nicht so recht wecken. Eigentlich wollte ich den Podcast schon wieder abbestellen. Da aber ansonsten wenig aus der metaebene kommt und ich den Tim so gerne höre, dachte ich mir, dass ich nochmal eine Folge anhöre.
Ich denke, dass Tim mit dieser Folge endlich in das Thema reingefunden hat. Er hat es mal wieder geschafft, dass der Funke der Begeisterung auf mich übergesprungen ist. Es macht Spass zuzuhören und das bei einem Thema, dass mir bislang nicht so zugänglich war.
Der Gast, Herr Güntürkün, hat ebenfalls die Gabe Dinge verständlich dem Normalbürger zu erklären. Er hat ein paar Sachen sehr treffend auf den Punkt gebracht. Dafür meinen Dank!
Die Folge war eine sehr runde Sache. Bitte mehr davon.
5/5 Sterne
Ich hadere leider noch immer mit diesem Podcast. Das Format und die Idee ist toll! Aber ich hatte auch bei der 5. Folge nicht das Gefühl, dass Tim ins Thema gefunden hat. Der Podcast bleibt weit hinter dem Resonator-Podcast der Helmholtzgesellschaft mit Holger Klein, der ja in eine ähnliche Richtung geht, zurück und auch der Raumzeit-Podcast, den Tim früher gemacht hat, war um Längen besser.
Die Themen und die GesprächspartnerInnen sind toll, aber Tim könnte etwas weniger um den heißen Brei reden und mehr auf den Punkt kommen, finde ich.
Die Formate sind nicht direkt vergleichbar, da es sich bei den anderen um konkrete Wissenschaft handelt und hier eher die Metaebene verhandelt wird. Sollte natürlich trotzdem unterhaltsam sein :)
Um welchen Brei habe ich denn z.B. in dieser Folge geredet? Kann das nur eingeschränkt nachvollziehen.
z.B. bei ungefähr 1:03 die Geschichte mit dem medizinischen Vortrag für eine breite Öffentlichkeit. Da wollte ich am liebste rufen: Komm auf den Punkt, worauf willst du raus? Der Punkt, auf den du raus wolltest, war wichtig, aber es war eben sehr länglich, bis du da warst.
Oder 0:29: extrem lange und komplizierte Überleitung zum nächsten Thema.
Das sind jetzt 2 Beispiele, die ich zufällig gefunden hab, ich hab mir jetzt nicht die Mühe gemacht, den ganzen Podcast ein 2. mal anzuhören und jede Stelle, wo ich dachte „Komm auf den Punkt!“ rauszusuchen (zumal es beim 2. mal hören zwangsläufig noch viel länglicher erscheint, wenn man den Inhalt schon kennt).
Onur Güntürkün ist ein extrem eloquenter Gesprächspartner, der sehr fesselnd erzählen kann. Dieser Flow wird immer dann unterbrochen, wenn er von sich aus zuende erzählt hat und du die Überleitung zum nächsten Thema machst. Man braucht als Zuhörerin unheimlich lange, bis man versteht, worauf du eigentlich hinaus willst. Die Punkte, die du ansprichst, sind alle hochinteressant, das ist gar nicht das Problem. Nur hatte ich den Eindruck, dass da gar kein natürlicher Dialog in Gang kam, sondern es sich mehr um ein Abhaken einer Liste mit bestimmten Themenkomplexen handelte. Bei der Hörerin bleibt das Gefühl, dass kaum wirklich nachgefragt wird und damit ein Gespräch im Gang bleibt.
Ich kann gerne, falls dir daran gelegen ist, bei der nächsten ausgabe beim ersten Hören mitschreiben, wenn mir diese länglichen überleitungen wieder auffallen.
(Das mit den „Ähs“ weißt du ja schon. Ist teilweise auch echt anstrengend beim Zuhören)
Nichtsdestotrotz: Die Idee ist toll! Die Themen sind hochinteressant! Es ist im großen und ganzen spannend!
Es gab hier keine Liste zum Abhaken. Das ist auch Absicht, damit sich das Gespräch natürlich entwickeln kann. Das mag nicht immer gelingen, aber gerade das „Abhaken“ führt meiner Meinung nach zu langweiler Gesprächsführung.
Ich finde auch, dass eine Überleitung „länger“ sein kann, auch wenn sie natürlich nicht als „länglich“ empfunden werden sollte. Denn nicht immer lässt sich von A nach B eine direkte Linie ziehen.
Ich werde mir die genannten Passagen aber noch mal anhören und meine Tagesform evaluieren. :)
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Mir hat die Folge insgesamt gut gefallen, aber ich fand es sehr schade, dass du den Nachnamen von Herrn Güntürkün gleich zweimal nicht richtig aussprechen konntest. Das solltest du m.M.n. vor der Sendung einstudiert haben, wenn es denn nötig ist.
I’m not worhty to be in the same forum. ROTFL
Der erste Link in dieser Liste ist tot. Das müsste der richtige sein:
http://stifterverband.info/presse/pressemitteilungen/2014/2014_04_04_communicator-preis/index.html
Die Idee von Herrn Güntürkün zur Gestaltung seiner Zeit nach der Pensionierung hat ein anderer Mitarbeiter (Murat Vural) der Ruhr-Universität Bochum schon als Verein realisiert.
Das http://chancenwerk.de begleitet insbesondere Schüler mit Migrationshintergrund durch die Schule.
Hier geben Studenten den Abiturienten Nachhilfe, die Abiturienten helfen Schülern der Unterstufe und leben so vor, das man auch ohne akademischen Hintergrund erfolgreich sein kann.
Ich finde diese Folge wirklich gelungen.
Erst war mir anfänglich gar nicht klar, wohin die Reise geht, und das ist ja auch schön, man muss so ein Gespräch auch einfach mal laufen lassen.
Und die, ich nenne es mal „innere Einstellung zu Umgangsformen mit den Mitmenschen“, des Gesprächspartners kann man nur mit größtem Respekt und Anerkennung begegnen.
Wenn doch nur alle Menschen ein so fundamentales Verständnis von fairem Umgang hätten!
Und zum Namen: Nein, es ist gar kein Problem, das Tim den Namen nicht immer korrekt herausbekommt, denn das ist einfach nur Menschlich, finde ich. Das macht dieses Format auch so sympathisch.
Mir hat der Gast und das Thema außerordentlich gut gefallen. Ich befinde mich am Anfang meiner Promotion. Viele Schilderungen und Herausforderungen konnte ich nachvollziehen. Herr Güntürkün ist einfach ein grundsympathischer Mann. Allein seine Stimme eignet sich für jede Hörbuchproduktion.
Danke für diese sehr informative Folge!
Ich verstehe das Gemäkel hier nicht :-) Toller Gast, interessante Sendung – Danke!
Ich muss erstmal grundsätzlich sagen, dass ich die Idee und die Ausgestaltung des Podcasts ausserordentlich gut finde. Ich hänge hinterher, habe also gerade erst die Folge „Wissenschaftskommunikation“ gehört.
Hier muss ich jetzt leider sagen, dass mir die Beleuchtung des Themas sehr merkwürdig und vor allem eigentlich nicht vollständig vorkommt. In der Folge wird fast ausschließlich auf die Kommunikation von Wissenschaft zu a) entweder Studenten/Mitarbeitern oder b) zu Peers, also Gutachtern für Forschungsanträge, eingegangen. Aus meiner Sicht (und ich arbeite in der Forschungsförderung und bin selbst Wissenschaftlerin) ist Wissenschaftskommunikation aber viel mehr als das. Die Kommunikation „nach draußen“ ist hier eigentlich das, woran es meistens hapert. Ich spreche von der Kommunikation mit der allgemeinen Öffentlichkeit, also mit dem und für den Steuerzahler, der ja die meiste öffentliche Förderung finanziert. Aber auch die Kommunikation in die Politik ist ein wichtiger Schwerpunkt. Dass die an Studenten oder an die Gutachter gerichtete Kommunikation anspruchsvoll ist und sich im Laufe der Zeit aufgrund von immer interdisziplinärerer Forschung und neuen Medien geändert hat, daran möchte ich gar keinen Anstoß nehmen. Nur das gehört schon seit je her zum Geschäft! Wichtig ist, dass die Wissenschaft auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, und das nicht nur als eigenbrödlerischer Verein, bei dem das meiste hinter verschlossener Tür passiert. Hier müssen viele Wissenschaftler (aber auch die geldgebenden Organisationen) noch viel lernen. Wenn man sieht, wie wenige der tollen Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, wieviel Vorurteile über bestimmte Technologien rein aus nicht-erfolgter Aufklärung entstehen, dann wird einem schon klar, dass Wissenschaftskommunikation auch aus der Community nach außen gerichtet werden muss – und zwar mit dem richtigen Ton!
Meiner Meinung nach ist dieser Aspekt sehr wichtig und hatte mich bei der Überschrift „Wissenschaft erfolgreich in die Öffentlichkeit tragen“ auch genau darauf gefreut. Schade, dass es dann doch hauptsächlich in die interne Kommunikation abgedriftet ist. Nichtsdestotrotz war der Gast hervorragend und was besprochen wurde war auch sehr interessant – nur leider sehr einseitig! Vielleicht gibt es ja eine Chance auf einen „Teil 2“ – eventuell mit jemandem, der in der Wissenschaftskommunikation zuhause ist?
Hallo Stefanie,
vielleicht ist das an Dir irgendwie vorbeigegangen, aber es gibt wohl kaum einen Wissenschaftler in Deutschland, der wie Onur Güntürkün in der Wissenschaftskommunikation zuhause ist. Und es gibt wohl kaum jemanden, der es so überzeugend versteht, seiner Forschung für die Allgemeinheit aufzubereiten. Nicht zuletzt deswegen hat er ja auch den renommierten „Communicator-Preis“ erhalten. Dass er in dieser Folge auch stark über andere Ausformungen der WK spricht, ist m.E. sehr wichtig. Denn dadurch weitet er ja das Feld der WK: Sie ist eben nicht nur der Austausch mit (wie immer gearteter) Öffentlichkeit, sondern sie bedeutet eben auch: dem eigenen Team helfen, gute Vorträge zu halten, oder die eigene Forschungscommunity von neuen Ansätzen und neuem Denken zu überzeugen. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, dies unter „interne Kommunikation“ zu verbuchen. Gut kommunizieren zu können, hilft einfach in allen Aspekten des Wissenschaftlerlebens.
Trotzdem verstehe ich natürlich, was Du meinst. Wir haben das Thema noch einmal in FG010 mit Antje Boetius unter einem etwas anderen Blickwinkel aufgegriffen. Ich vermute (und hoffe), dass Dir diese Folge dann besser gefallen wird. Und auch in den kommenden Episoden werden wir das Thema WK immer mal wieder beleuchten.
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