FG024 Nachhaltige Chemie und das Wasser

Über die Belastung des Wassers und wie eine nachhaltige Chemie das Problem an der Wurzel bekämpft

Klaus Kümmerer
Klaus Kümmerer
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Wasser ist die wichtigste Ressource dieses Planeten, doch ist es durch die rücksichtslose Verschmutzung der Umwelt zum Problemfall geworden. Während in den Industriestaaten durch neue Techniken in Kläranlagen und eine Umstellung der Produktionen schon Erfolge erzielt werden konnten, ist das Problem auf globaler Ebene dringender denn je. Die Forschung in der Chemie konzentriert sich daher zunehmend auf nachhaltige Konzepte, die das Problem bereits bei Schöpfung von Prozessen und Produkten mitdenkt und viele Belastungen von vornherein vermeidet.

Wir sprechen mit Professor Klaus Kümmerer von der Leuphana Universität in Lüneburg, dessen Institut für Nachhaltigkeit einen stark interdisziplinären Ansatz verfolgt und sich bei seiner Forschung auf die Erkenntnisse und Forschung mehrerer wissenschaftlicher Linien stützt, um Lösungen zu finden, die die gesellschaftlichen Realitäten und politischen Probleme mit in die Arbeit einbezieht. Klaus Kümmerer hat 2015 für seine Forschung den Wasser-Ressourcenpreis der Rüdiger Kurt Bode-Stiftung erhalten.

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4 Gedanken zu „FG024 Nachhaltige Chemie und das Wasser

  1. Lieber Stifterverband, lieber Tim,

    Forschergeist ist eine tolle und wichtige Reihe, die Einblicke erlaubt, die man sonst so nicht bekommen kann. Gerade als Format Podcast, das ich nebenher hören kann eignet sich bestens dafür, lange Gespräche anzuhören und tief in ein Thema einzusteigen.

    Zum Thema Wasser möchte ich auf ein Projekt hinweisen, das vom Grips Theater entwickelt und über 3 Jahre in Schulen in ganz Deutschland aufgeführt wurde. Dieses Jahr (wann genau weiß ich leider nicht) erscheint das Arbeitsmaterial, das Lehrern erlaubt, das Konzept des Mitmachkrimis zum Thema Wasser selbst mit den Schülern erarbeiten zu können.

    http://www.wasserbomben.org

    Beste Grüße
    Hans

  2. Eine sehr gute Folge! Vielen Dank!

    Was mich irritiert ist dan aber, dass die schlimmste und mittlerweile auch wahrscheinlichste Folge unseren Handelns (laut Club of Rome), der Kollaps, nicht erwähnt wird. Vor allem dieses Review http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/sep/02/limits-to-growth-was-right-new-research-shows-were-nearing-collapse hat mich etwas erschüttert, aber auch in der Erstausgabe von 1972 wird zum schnellen Handeln aufgerufen, wenn auch damals durchaus positive Aussichten gezeigt werden. Diese allerdings nur unter der Annahme wir würden unser Handeln schnell und radikal ändern, was rückblickend nicht eingetreten ist.

    Der Gast beschreibt schön, dass die Flüchtlinge nun eine Folge der Politik sind und ja, das kann man so sagen, wobei ich da Flüchtling größer fassen möchte.
    Ich würde da ganz klar Wirtschaftsflüchtlinge dazuzählen. Nein, ich meine das durchaus nicht abwertend und gestehe jedem das Recht zu sein Glück dort zu versuchen wo er die Chancen für möglichst optimal hält. Ja, wenn ich in einem armen Land leben würde, würde ich auch alles daran setzen in den gelobten „Westen“ zu wandern um dort besser für meine Familie sorgen zu können. Das ist quasi selbstverständlich, dass man das zumindest versucht. Ob man solche Flüchtlinge jetzt hereinlassen sollte ist eine andere Sache und gar nicht so einfach.
    Es entsteht sogar ein Problem, wenn wir nicht über Wirtschaftsflüchtlinge reden. Und zwar verschweigen wir damit, dass wir mit underer Wirtschaft und Politik dafür sorgen, dass es Menschen in anderen Teilen dieser Welt sehr schlecht geht. Das ist es aber eigentlich was wir ändern müssen. Ohne Wirtschaftsflüchtlinge (also Menschen aus sehr armen Ländern die bei uns ihr Glück versuchen wollen) tun wir so als gäbe es keinen Grund unsere Wirtschaftspolitik zu ändern. Bei den Kriegsflüchtlingen können wir ja nichts machen, das sind die Russen und die USA, reden wir uns ein und liefern weiter Waffen an z. B. die Saudis die im Jemen krieg führen. Wir müssen einsehen, dass unser Handeln konsequenzen hat! Ja, das mag bequem sein die Augen zu verschließen und Zäune zu bauen aber das geht nur kurze Zeit gut.

    Das ist ähnlich wie bei Kollaps der im Limits to Growth beschrieben wird. Man verschließt die Augen und genießt noch für eine kurze Zeit den jetzigen bequemen Zustand. Als Beispiel gibt es das mit dem Konto.
    Man Stelle sich die Erde als Bankkonto mit Zinsen vor, die Zinsen sind das was da regenerativ nachwächst. Man hat jetzt also sagen wir 1 Million auf dem Konto und bekommt 5% Zinsen, also 50.000 im Jahr. Jetzt könnte man mit einem gewissen Lebensstandard von den Zinsen dauerhaft leben wenn man nur von den Zinsen lebt. Sehr viel besser kann man aber leben, wenn man jedes Jahr 100.000 von dem Konto abhebt. Das geht sogar 10 Jahre lang gut und dann plötzlich, von jetzt auf Gleich geht der Lebensstandard komplett in den Keller, das Geld ist weg. Der Witz dabei ist, dass man das nicht merkt. In den 10 Jahren kann man durchgehend bei gleichem Lebensstandard leben. Ich will sagen, es muss vor einer Krise keine Anzeichen auf eine solche geben.

    Dann hat unser Handeln eine Latenz. Sehr deutlich ist die bei der Klimaerwärmung, da liegen mehrere Jahrzehnte dazwischen bis man die Auswirkungen spürt und selbst wenn wir jetzt sofort unser Verhalten ändern wird es lange dauern bis die Erderwärmung stoppt. Das ist wie bei einem großen Schiff, wenn man da lenken will muss man auch warten bis es dann den Kurs ändert. Im Limits to Growth geht es dann über den Fußabdruck des Eizelnen und den „Overshoot“, also die Tatsache, dass wir als Menschheit mit dem was wir an Ressourcen brauchen schon über dem liegen was der Planet dauerhaft bieten kann. Das ist wie beim Konto, wir nehmen schon mehr als die Zinsen und minimieren daher die Grundlage Dauerhaft.
    Sowas gibt es auch im Tierreich, da ist das sogar recht häufig weil da auch nicht in die Zukunft geplant wird. Das verläuft da in Wellenbewegungen. Also nehmen wir eine bestimmte Landfläche auf der jedes Jahr eine bestimmte Menge Futter nachwächst und die so eine bestimmte Anzahl an Tieren dauerhaft sättigen kann. Jetzt sehen die Tiere das nicht langfristig sondern nur das viele Futter und vermehren sich prächtig. Nach einer Zeit sind das dann deutlich mehr Tiere als das Land versorgen kann und die Tiere müssen hungern. In dieser Phase fressen die Tiere alles was geht weil, ist ja eine Notsituation. Sie fressen also auch Teile von Pflanzen die sie sonst nicht fressen und vernichten Pflanzen mehr als sonst, es wird also in Zukunft auch weniger nachwachsen als sonst, sie haben ihre Grundlage geschädigt. Und auch hier ist es so, dass zum Zeitpunkt an dem es gerade soviele Tiere sind wie das Land verkraftet noch kein Mangel auftritt. Auch mit etwas mehr Tieren noch nicht, so dass sie sich weiter Fortpflanzen bis es dann sehr plötzlich schlimm wird.

    Ein Weiteres sind die Fossilen Rohstoffe. Früher bei den Römern kannte man die noch nicht, man hat also Nordafrika und Griechenland/Italien abgeholzt. Dann hat man Kohle gefunden und es gab wieder einen krassen Sprung. Dann Öl und wieder einen Sprung. Diese fossilen Rohstoffe sind sowas wie Booster für die Menschheit. Für deren Entwicklung. Aber eben jeweils nur einmal verwendbar. Wir werden nicht nochmal soviel Öl finden wie wir schon verbrannt haben. Sehr zu empfehlen ist da das Buch „The last Oil Shock“ das schön erklärt wie das mit den Vorkommen so ist und nach welchen Kriterien die Mengen angegeben werden. Noch haben wir diesen Booster der uns zu unfassbarem Wohlstand verholfen hat. Wie ist das mit dem Ölverbrauch derzeit? Gäbe es unbegrenzt Öl, würde man etwas exponentielles erwarten. Und in der Tat, so war das auch lange Zeit, und zwar bis etwa 1970: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/6/65/Welt%C3%B6lf%C3%B6rderung.png
    Danach konnte die Ölförderung nicht weiter die Nachfrage an Energie decken. http://www.energieverbraucher.de/files_db/1355573593_57__12.jpg die roten Linien zeigen etwas exponentielles, also es es hätte weitergenen sollen. Ist aber der Hunger nach Energie auf dem Planeten gesunken? Nein, ist er nicht, wir verbrennen jetzt wieder mehr Kohle um das zu decken. Oder anders: Öl ist so teuer geworden, dass sich das Abbauen von Kohle wieder lohnt. https://umweltwert.files.wordpress.com/2014/08/abb1.jpg Es geht also fast exponentiell weiter. Wie lange reicht das denn dann noch? Tja, das ist das schöne an der Exponentialfunktion, man kann das einigermaßen vorhersagen. Sagen wir wir verwenden Öl seit 1850 bis 2010 haben wir die Hälfte allen Öls verbrannt. Das ist eine gute Annahme weil da ungefähr der Peak angenommen wird.
    So, das verbrannte Öl ist also die Fläche unter der e-Funktion. Für letzten 160 Jahren (1850 – 2010) integrieren wir also die e-Funktion von 0 bis 1.6. Und das ist grob 3.95. Wie weit muss man jetzt von 1.6 nach rechts gehen auf den Zahlenstrahl um als Fläche nochmals 3.95 zu erhalten? Antwort: Ungefähr 0.587. Sind 1.6 160 Jahre, dann sind 0.587 grob 59 Jahre. Sprich in den nächsten 60 Jahren haben wir dann alles Öl verbrannt. Das geht aber gar nicht so einfach, denn Öl sprudelt nur am Anfang von selbst aus der Quelle, später muss Wasser runtergepumpt werden damit das Öl hochsteigt und dann wenn auch das vorbei ist, ist noch viel Öl in den Poren des Gesteins, kann aber nicht mehr wirtschaftlich gefördert werden. Wir werden also schon deutlich früher bemerken, dass das nutzbare Öl alle ist.

    Noch drastischer ist das mit dem Gas, das Kommt freiwillig aus dem Boden … bis es dann nahezu plötzlich alle ist. Guckt man sich Öl und Gasverbrauch an http://www.energieverbraucher.de/files_db/1450191635_0632__12.jpg dann könnte das Ende vom Gas sogar das größere Problem werden.

    Vielen Dank, dass Leute wie Tim nicht nur Laberpodcasts und Gute-Laune-Podcasts machen sondern so langsam auf die Probleme dieser Weit (es gibt viele davon) eingehen und die Sachlage schön für ein großes Publikum aufarbeiten.

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