FG042 Neues Lehren und Lernen an der Fachhochschule

Digitalisierung und experimentelle Elemente beleben die praktische Ausbildung

Jörn Loviscach
Jörn Loviscach
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Fachhochschulen konzentrieren ihre Lehre im Gegensatz zu den Universitäten mehr auf die wirtschaftliche Praxis und versuchen, mit den Veränderungen der Wirtschaft Schritt zu halten. Zunehmend stößt die klassische Ausbildung dabei auf Probleme und die Herausforderung der Zeit ist, die Auswirkungen und Möglichkeiten der Digitalisierung, aber auch neuer Arbeitsformen und modernen Teambuildings aufzugreifen.

Wir sprechen mit Jörn Loviscach, Professor für Ingenieurmathematik und technische Informatik an der Fachhochschule Bielefeld über aktuelle Herausforderungen, das geänderte Lernverhalten der Studierenden und seine Ansätze, das Internet als Werkzeug für den Unterricht einzusetzen. Jörn Loviscach nutzt das Prinzip des "umgedrehten Unterrichts" durch Wissensvermittlung über selbst erstellte Lehrvideos, plädiert für eine Flexibilisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Fachhochschulen und einen mehr auf experimentelles Arbeiten und Lernen der Studierenden ausgerichteten Unterricht.

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7 Gedanken zu „FG042 Neues Lehren und Lernen an der Fachhochschule

  1. Ich bin ehrlich gesagt massiv irritiert und verärgert über die Darstellung von der EINEN Prüfung pro Modul. Ich studiere an der Uni Bielefeld gleich nebenan. Und ja, ich brauche eine Modulprüfung um das Modul abzuschließen. Aber: dazu kommen „Studienleistungen“, die zwar nicht bestanden aber sehr wohl ja gemacht werden müssen. Wenn ich mir anschaue, dass ich in einem einzigen Seminar beispielsweise 5 Kurzessays a 2 Seiten sowie eine benotete Hausarbeit im Umfang von 15 Seiten einzureichen habe, um das halbe Modul verbucht zu bekommen, dann liegt das weit weg von dem, was hier geschildert wird. Dazu kommt dann eine weitere Studienleistung in einem zweiten Seminar für ein volles Modul. Damit bin ich bei 3 einzureichenden Leistungen in 2 Seminaren. Mag sich im Umfang in den Fachbereichen unterscheiden, aber ich denke schon, dass die Studienleistung in allen Bereichen gefordert wird.
    Und auch der Onlinetest, den der Professor sich scheinbar wünscht, ist eine vorhandene Form von Studienleistung. Ich hatte durchaus Seminare, in denen ich zu 10 von 12 Sitzungen einen Onlinetest ausgefüllt habe und am Ende eine Klausur geschrieben. Gibt es also, und wird auf der anderen Straßenseite auch gemacht.

    • Ich habe in Gesprächen mit Kommilitonen verschiedenster Studienrichtung den Eindruck gewonnen, dass die Art und Weise der zu erbringenden Leistungen in einem Modul je nach Fach sehr unterschiedlich ist.
      Und diese vielen kleinen Aufgäbchen sind ja womöglich gerade das, was Herr Loviscach kritisiert. Da steht das Ergebnis im Mittelpunkt, weniger der Lösungsweg bzw. das Verständnis darüber, warum das Ergebnis so aussieht, wie es aussieht. Ich studiere noch einen alten Diplomstudiengang und habe in jedem meiner Fächer eine Hauptseminararbeit (eher so 30-40 Seiten) zu schreiben. Da muss man um einiges tiefer in die Materie eintauchen und auch das Grundsätzliche gründlich darstellen, anstatt es nur anzudeuten. Was man auf diese Weise erarbeitet hat, bleibt natürlich auch um einiges langfristiger hängen als ein unter Zeitdruck entstandenes Essay, das für sich auch keine große Bedeutung im Studium hat.

  2. Jetzt kenne ich endlich mal die Person hinter der Stimme die mir sowohl im Abi als auch bei der ein oder andern Prüfung schon ausgeholfen hat.

    Danke an euch beide! Sehr angenehme Unterhaltung

    • ps. Ist es eine Erwähnung wert dieses Interview auch auf dem youtube Kanal zu veröffentlichen?

      Lizenzen, etc, maybe. Ich hätte es mir neben den Integralen und Parabolkörperrotationen bestimmt auch gern mal angehört.

  3. Herr Loviscach ist ein Gesprächspartner auf den ich schon jahrelang gewartet habe. Die angesprochenen Themen passen so sehr in den Kontext dieses Formats. Mann müsste eigentlich einen eigenen podcast zu Didaktikforschung (oder so ähnlich) machen. Vielen Dank für diese Folge!
    Ich habe mir im Laufe meines Studiums sehr viele seiner Videos angeschaut. Besonders schön fand ich das Video zum Spezialthema Maxwell-Gleichungen, das hat mir sehr weiter geholfen.

  4. Die genannten Probleme treffen zu. Aber dafür gibt es Gründe und man kann etwas dagegen machen.

    Problem: Studierende kennen keinen Lötkolben.
    Der Grund ist, dass sich heutige Geräte schlechter reparieren lassen. Viele Smartphones kann man ja kaum noch öffnen. Außerdem sind Studierende der Elektrotechnik heterogener. Sie sind nicht nur Bastler und das ist gewollt und gut so.

    Was kann man machen? Beispielsweise Starterprojekte im ersten Semester, in denen Studierende eine Schaltung löten und elektronische Bauelemente kennenlernen.

    Problem: In der Bachelorarbeit werden keine wissenschaftlichen Arbeiten zitiert.
    Grund: Bücher und Zeitschriften sind (leider) keine Selbstverständlichkeit mehr. Und Studierende kommen mit nicht-akademischem Hintergrund und sind Bildungsaufsteiger.

    Darum kann ab dem 4. Semester in der Vorlesung auf wissenschaftliche Literatur hingewiesen werden. Abschnitte aus Büchern und ein, zwei Artikel aus IEEE Xplore als Vorbereitung auf Flipped-Classroom angeben und der Hinweis: „Solche Literatur sollten Sie in der Bachelorarbeit verwenden.“ Außerdem sollte man die Prüfungsanforderungen klarmachen: „Eine Bachelorarbeit sollte mindestens X Referenzen haben, davon Y Bücher und Artikel.“

  5. Apropos Sicherheit beim Bohren, Löten etc.: Lehrlinge dürfen und müssen vom ersten Tag ihrer Berufsausbildung an und natürlich im späteren Beruf mit Werkzeug umgehen. Von daher ist es unverständlich, dass die Studenten es nicht dürfen. Als es noch Industrie-Praxissemester im Hauptstudium gab, haben Lehrlinge die Studenten dahingehend angeleitet. Anekdotisch, dass fast regelmäßig der ausbildende Lehrling im zweiten Lehrjahr praxisverfestigt wie selbstverständlich den Dreisatz in ein paar zusammen gelöteten Widerständen sah und der Student zumindest anfänglich nicht, der ihm theoretisch sogar die Fähigkeit zum Lösen komplexer passiver Schaltungsnetze und von Differentialgleichungen voraus haben sollte. Die gelebte Praxis hat ihm einfach den Blick auf die einfachsten Zusammenhänge verstellt. Möglicherweise wäre die Rückkehr zum Industriesemester bei Ausbildungs-erfahrenen Betrieben das, was den von Herrn Loviscach beklagten fehlenden Praxisbezug mindern könnte und den Studenten auch zu weiterem Hands-on aus Eigeninitiative veranlassen könnte.

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