Über das Wesen des Rechtssystems und seine Bedeutung für die Stabilität einer Gesellschaft
Der Rechtswissenschaftler Benjamin Lahusen erforscht, wie die deutsche Rechtsprechung in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs funktionierte – und wie zahlreiche Prozesse erstaunlich nahtlos in der jungen Bundesrepublik fortgeführt wurden. Seine Forschungen beschäftigen sich mit der Frage, wie politische Zäsuren im Recht verarbeitet werden.
Noch im Februar 1945 schrieb Reichsjustizminister Otto Thierack an alle Gerichte, bei Feindannäherung erwarte er von seinen Behördenleitern, dass „in ihren Geschäftsbereichen in voller Ruhe“ weitergearbeitet werde. Obwohl die Gerichte unter Personalmangel litten, nicht selten in zerstörten Gebäuden tagten und Akten teilweise verbrannt waren, gab es kurz vor Kriegsende kaum einen Fall, der für die Justiz zu unbedeutend gewesen wäre. Deutsche Gerichte fällten in dieser Zeit nicht nur die sattsam bekannten Todesurteile; auch Ehescheidungen, Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Straßenverkehrsdelikte verhandelten sie mit stoischem Gleichmut weiter.
Benjamin Lahusen leitet derzeit die wissenschaftliche Nachwuchsgruppe „Die Verwaltung von Normalität. Deutsches Recht und deutsche Gesellschaft, 1944–1952“ an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2012 wurde er in das Stipendienprogramm der Daimler und Benz Stiftung aufgenommen, 2014 wurde er Freigeist-Fellow der VolkswagenStiftung. (Foto: Mirko Krenzel/ VolkswagenStiftung)
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Transkript
Shownotes
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