Ulinka Rublack
Ja also es ist natürlich auch immer ein riesiger Konflikt für alle, das so hinzukriegen. Also alle Leute, die hier arbeiten sind natürlich hier, weil sie aus Leidenschaft forschen. Und aus Leidenschaft lehre machen. Also das ist hier ein extremes Ethos, wie ich sagte, weil Studenten so ernst genommen werden. Also man verbringt wirklich sehr viel Zeit mit denen, auch mit Doktoranden, also die dinge, die man eben immer noch aus Deutschland hört, dass Doktoranden, also dass da nicht jedes Kapitel gelesen wird, das ist hier unvorstellbar. All das nimmt sehr großen Raum ein. Dann ist es so, wie auch in meinem eigenen Fall, dass man eben oft sehr früh anfängt. Das heißt man überhaupt nicht diese Zeit wie in Deutschland, wo die Leute im Grunde genommen frühestens mit 35 eine Professur haben und davor eben dann eine lange Forschungszeit haben. Das fällt hier auch weg. Und das macht es auch schwierig. Dann gibt es noch bestimmte Stipendien, auf die man sich bewerben kann, da gibt es sehr wenig.
Das heißt im Grunde genommen ist es hier auch so, dass man auf einerseits die Forschungsfreisemester oder Trimester vielmehr, hier ist ja nach Trimestern alles eingeteilt, das heißt das ist auch kürzer, auf diese angewiesen ist. Und die gibt es hier also alle sechs Trimester bekommt man ein Trimester, das muss man sich dann ein bisschen aufsparen, damit es länger wird, aber was ich jetzt doch zunehmend als den Hauptunterschied sehe ist, dass die Trimester gerade in Cambridge sind sie wirklich sehr kurz, das heißt es sind acht Wochen, also von Oktober bis Anfang Dezember, dann nochmal acht Wochen von Mitte Januar bis Mitte März und dann das dritte Trimester ist eigentlich dieses Examenssemester, wo wenig Lehre gemacht wird, eher so Revision. also wo Wissen wiederholt wird mit den Studenten und dann eben die Examenskorrekturen laufen.
Und dazwischen sind eben diese vorlesungsfreien Zeiten länger als in Deutschland und die werden auch weitgehend respektiert. Das heißt man hat im Grunde genommen schon drei Monate im Jahr, die man wirklich für Forschung aufwenden kann, so kann man das sehen, wenn man alles andere abzieht, was sonst noch so ist, bleiben im Grunde genommen schon drei Monate irgendwie über. Kommt drauf an, wie lange man Urlaub macht. Und dafür leben wir natürlich für diese Zeit. Aber es ist schon, natürlich ist es für alle ein riesiges Problem und natürlich auch deswegen, weil wiederum seit ich nach England gekommen bin hat sich das auch extrem geändert. Also wir werden eben inzwischen alle sieben Jahre evaluiert und da muss man eben nachweisen, was man geforscht hat und das spielt inzwischen eine immense Rolle auch eben für den Status der Universität, aber auch für das eigene Ansehen.
Dass man da eben gut abschneidet. Also im unterschied zu Deutschland, wo ich eben merke, das ist tatsächlich für viele Professoren ist es ganz schwierig, noch Forschungsmonografien zu schreiben. Müssen wir das hier quasi. Also alle sieben Jahre ist schon das ideal, dass es eine Forschungsmonografie gibt und zwei Artikel in führenden Zeitschriften. Dann ist wichtig geworden, dass man nachweisen kann, dass die eigene Forschung auch was bewegt hat, dass sie Leute erreicht, also was Impact genannt wird. Und es ist zunehmend wichtig auch da, dass man Forschungsgelder angeworben hat und Stellen geschaffen hat für Doktoranden und Postdoktoranden, das ist hier auch.
Ganz interessant dazu die gerade in der ARD-Mediathek abrufbare Dokumentation „Die Illusion der Chancengleichheit“, wo die Ungerechtigkeit des deutschen universitären Systems beklagt wird: http://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Die-Story-im-Ersten-Die-Illusion-der-Ch/Das-Erste/Video?documentId=30334000&bcastId=799280
Was ich nicht so ganz verstehe, wenn man mal nach OECD-Vergleichsdaten zur „tertiary education“ schaut, scheint das Vereinigte Königreich so bei 40% zu liegen, während Deutschland nur bei 30% ist. Unterscheiden sich die britischen Universitäten jenseits von Oxford und Cambridge also überhaupt so sehr von den deutschen, wenn sie auf anteilig vergleichbare bzw. höhere Abschlusszahlen kommen?
Pingback: [Stifterverband] Podcast: Forschen und Lehren in Cambridge
Beim Hören enstand der Eindruck, dass viele Studierende gar nicht Geschichte aufgrund des Inhalts, erst recht nicht aufgrund der Forschung, studieren wollen. Zwar erwirbt man durchaus Fertigkeiten (z.B. Textanalyse, Präsentieren, …), doch zielgerichtet für das spätere Berufsleben wird nicht studiert.
Liegt dies daran, dass es irrelevant ist, d.h. der Ruf der Universität allein eine Jobgarantie ist?
Oder besteht trotz der derzeitigen gesellschaftlichen Norm, eine „gute“ Universität als Voraussetzung für einen Job zu besuchen, die Idee der universellen Bildung?
Inwieweit spielt der Studiengang eine Rolle für das Berufsleben?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen!
mir sind 2 Sachen aufgefallen:
– das Konzept „Elite“ wurde kritiklos angenommen, obwohl das Thema Geld doch angeklungen ist. Wie kann man wirklich sicher sein, die echte Elite zu bekommen, wenn im Vorfeld sehr teurer Privatschulen quasi Voraussetzung sind, um aufgenommen zu werden?
– offenbar wird „irgendwas“ studiert, Hautsache Oxbridge. Danach macht man (so habe ich es verstanden) eine „Umschulung zum Juristen“, um viel Geld zu verdienen. Komisch, dass man in D fast 10 Jahre lang Jura studieren muss, und in England umgeschulte Kunsthistoriker den Job machen!