Günter M. Ziegler
Ja genau. Aber die Mathematik ist auch so was vielfältiges, vielleicht genauso vielfältig wie die Deutschen, dass man glaube ich da einfach in die Aspekte reingehen muss. Und ich habe auch in dem was ich die letzten Jahre gemacht habe versucht, Mathematik auszubreiten. Also ich habe zwei Bücher gemacht in den letzten Jahren. Das eine war, was ich mein Geschichtenbuch nenne, heißt „Darf ich Zahlen – Geschichten aus der Mathematik“ und versucht genau sozusagen die Vielfalt der Mathematik in Erzählungen auszubreiten. Und das zweite Buch hieß dann „Mathematik das ist doch keine Kunst“ und ist mein Bilderbuch. Wo ich mir 24 Bilder vorgenommen habe und versucht habe zu jedem der Bilder die Geschichte zu erzählen oder zumindest einen Teil der Geschichte. Und das erste Bild ist ein Foto von diesem Ishango-Knochen. Mit den Primzahlen drauf, 22.000 Jahre alt.
Und mein Lieblingsbild und die Lieblingsgeschichte ist die von dem Mädchen mit den Taschenrechnern. Ist so ein Pressefoto, was immer wieder auftaucht, wenn diese Studie kommt, die sagt, Mädels können eben doch Mathe und mindestens genauso gut wie die Jungs. Also so ein typisches Thema, sauer Gurken Zeit. Und da ist mir irgendwann aufgefallen, dass da immer wieder dasselbe Pressefoto auftaucht von einem kleinen Mädchen, das vor Taschenrechnern sitzt. Und ich habe dann meinen Ehrgeiz entwickelt. Habe gesagt, wenn jetzt dieses Mädel da schon als Postergirl herhalten muss für Mädels können Mathe, dann möchte ich eigentlich wissen, was das Mädel dazu sagt. Und durch einen ziemlichen Zufall habe ich dann festgestellt, dass der Pressetext zu dem Bild noch in der Bilddatei drinsteckt, die im Internet rumschwirrt und das Mädchen heißt Sarah Sherry und kommt offenbar aus Manchester. Und habe dann versucht, den Direktor ihrer Schule zu kontaktieren.
Der hat sich nicht gemeldet, also habe ich mal ein Dutzend Frauen auf Facebook angeschrieben, die ich nicht kenne, das mache ich üblicherweise nicht und habe gesagt, es gibt da dieses Pressefoto von Sarah Sherry, sind Sie die Sarah Sherry? Und in der Tat hat eine von denen geantwortet und hat gesagt, ja ich bin das Mädel auf dem Poster, auf dem Foto. Und diese Sarah Sherry ist inzwischen über 20 und studiert in Manchester Material Science and Ingeneering, also Ingenieurwissenschaften und sehr geeignetes Postergirl für Mädels können Mathe. Das ist so eine Geschichte hinter einem Bild, was Mathe in der Öffentlichkeit eben einfach repräsentiert. Und dass sozusagen dieses Geschichten zu Bildern. Und das war dieses Buch, aber das ist eigentlich auch dieser zweite Aspekt, wo es dann immer heißt, Mathe erklären.
Und ich irgendwann festgestellt habe, nur weil ich einen Kommunikator-Preis habe, kann ich jetzt auch nicht der Öffentlichkeit Mathematik so erklären, dass wenn Günther Ziegler erklärt, dann haben es alle verstanden. Das ist diese absurde Vorstellung von dem Nürnberger Trichter, die auch in manchen von diesen sozusagen Internet-Lehrprojekten drinsteckt. Berühmter Stanford-Professor oder wegen mir berühmter Berlin-Professor erklärt und dann haben es alle verstanden, das funktioniert einfach nicht. Mathematik ist schwierig und dazu muss man auch stehen. Und das was ich eben auch in der Öffentlichkeit machen kann ist jetzt nicht Mathe besser erklären als alle anderen, sondern von Mathematik erzählen. Ich glaube ich habe die Aufgabe zu erzählen. Und ich habe die Aufgabe und stelle mich der Aufgabe, aus der Mathematik zu erzählen, Bereiche die ich mache, die ich wahrgenommen habe. Wo es diese wunderbaren Geschichten gibt.
Wo ich einfach in das Fach reinführen kann mit den Geschichten des Faches und mit den Bildern zum Fach und so weiter. Und ich glaube, dass es ein ganz tolles Fach ist und eines was mich fasziniert und was viele andere fasziniert und faszinieren kann. Wobei diese ganze Vielfalt eben einfach auch heißt, dass es da sehr viele Zugänge gibt in die Mathematik rein. Ich bin eben damals durch die Mathewettbewerbe reingekommen, weil ich eben einfach ein ehrgeiziger Junge war und es allen zeigen wollte. Andere Leute gehen in die Mathematik rein, weil Mathematik rein, weil Mathematik einfach große Kunst ist und weil das in der Tat eine künstlerische Tätigkeit ist, Mathematik zu machen. Und weil diese Strukturen, mit denen man da spielen kann oder arbeiten kann, eben einfach auch ungeheuer schön sind und sozusagen diese Begeisterung für diese Strukturen eben einfach einen in die Mathematik reinführt.
Und dann gibt es noch ein Dutzend andere Zugänge zur Mathematik. Also einer zum Beispiel ist der, dass man sagt, Mathe hat ganz wunderbar Jobs. Und sozusagen mit dem Mathematikstudium kann man was werden und kann man in der Welt was bewegen. Das war nun überhaupt nicht mein Zugang, als ich angefangen habe, Mathe zu studieren. Da habe ich nicht drüber nachgedacht, was man mit Mathe eigentlich machen kann. Aber heutzutage, also wenn die Beratung für die Schüler und Schülerinnen ist, studier Mathe, damit hast du alle Möglichkeiten der Welt, das stimmte damals auch nicht, als ich studieren angefangen habe und heute stimmt es eben und ich glaube das ist auch eine gute Motivation fürs Mathematikstudium.
Zum Kapitel „Diskrete Mathematik und Geometrie“
Perfect Shapes in Higher Dimensions – Numberphile: https://www.youtube.com/watch?v=2s4TqVAbfz4
Bei der BBC gab es mal ne kleine podcast-serie in der Mathematiker und ihre Leistungen kurz vorgestellt wurden:
„A Brief History of Mathematics – Professor of Mathematics Marcus du Sautoy reveals the personalities behind the calculations and argues that mathematics is the driving force behind modern science“
http://www.bbc.co.uk/programmes/b00srz5b/episodes/downloads
FYI:
http://www.axiom-developer.org/
http://fricas.sourceforge.net/doc/index.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Axiom_(Software)
https://en.wikipedia.org/wiki/Axiom_(computer_algebra_system)
Auf der Webseite seines Instituts heißt der Interviewte Prof. Günter M. Ziegler. Als Bildunterschrift steht hier Günther Ziegler.
Im Interview wird von einem Buch gesprochen, in dem anhand von Gegenständen wie dem Ishango-Knochen Meilensteine der Mathematik erklärt werden. Ich kann leider in den Links das Buch nicht finden. Für einen Tipp wäre ich dankbar.