Henrik Müller
Das könnte sein, wir sind im Moment ganz am Anfang. Wir haben jetzt neulich mal erste Tests gemacht und haben einen Vergleich gemacht der Wirtschaftsthemen des Jahres 2014 in El País und der Süddeutschen Zeitung. Und es ist schon interessant, also wie einiges, das waren nicht nur Wirtschaftsthemen, sondern insgesamt alles was die berichtet haben, das ist schon interessant. Dass es bestimmte Entwicklungen gibt, die uns alle betreffen, also gemeinsam, Spanien und Deutschland betreffen, über die wir ganz unterschiedlich debattieren. Also zum Beispiel das Thema Flüchtlinge wird in Spanien ganz anders diskutiert als hier. Das ist auch erst mal nicht verwunderlich, aber es ist einfach interessant zu sehen, dass der Algorithmus das von alleine findet.
Und dann können Sie tiefer reingehen und sagen, was sind denn da eigentlich die relevanten Themen und was sind bei uns die relevanten Themen und wer sind die relevanten Spieler und die relevanten Fragen usw. Wir haben auch gesehen, dass zum Beispiel dieses ganze Thema Russland-Ukraine Krise ganz ähnlich auch geframed wird, also da gibt es fast keinen Unterschied zwischen der linksliberalen spanischen Zeitung El País und der linksliberalen deutschen Zeitung Süddeutsche. Und das Ziel dabei ist und das ist das, was mich eigentlich antreibt dabei, ist, dass wir Instrumente schaffen wollen, die Europa besser miteinander ins Gespräch bringen. Wir haben ja, wenn man so will, ist das was wir in .. sind die Medien das Missing-Link eigentlich bei der europäischen Integration. Wenn wir darüber reden, dass wir eigentlich mehr Föderalisierung in Europa bräuchten, dann heißt das, wir müssen gemeinsam Institutionen schaffen, die müssen aber demokratisch legitimiert sein, die sind aber nur demokratisch legitimierbar, wenn wir eine gemeinsame Öffentlichkeit haben.
So und das ist im Prinzip der Punkt, an dem man auch in der ganzen Diskussion über weitere europäische Integration usw. dann nicht weiter kommt. Die gibt es eben nicht, diese gemeinsame europäische Öffentlichkeit, sondern wir erleben im Gegenteil, dass im Zuge der Krise wir zwar vielleicht über die gleichen Themen diskutieren oder über ähnliche Themen, dass wir die aber aus einer sehr national gefärbten, jeweils sehr unterschiedlichen Sichtweise framen, unterschiedlich betrachten. Und es findet kaum so eine Übersetzung statt von einem Land ins andere. Es ist uns kaum bewusst, wie anders, wie die Diskussion in anderen Ländern eigentlich abläuft. Und das betrifft ja nicht nur uns als Normalbürger, sondern das betrifft auch die Profis. Also die Profis in den Medien, aber auch Entscheider oder Kommunikatoren in Institutionen wie der Europäischen Kommission, wie den nationalen Ministerien, wie den Notenbank, wie den NGOs usw.
Also es gibt ja viele Leute, die eigentlich grenzüberschreitend kommunizieren, die aber letztlich nur so ein kursorisches Wissen darüber haben, was da eigentlich abgeht in den jeweiligen Ländern, was ist eigentlich gerade Thema. Und das ist sozusagen die Vision, für die jetzt gerade so ein ...- die wir gerade entwickeln und für die ich gerade Geldgeber suche. Eine Echtzeitanalyse der europäischen Öffentlichkeiten machen zu können. Davon sind wir im Moment noch ein bisschen weg, sowohl was die Methoden angeht, als auch was die Verfügbarkeit von Daten angeht, aber ich bin guter Dinge, dass wir das in den nächsten 3-4 Jahren hinkriegen. Weil sich auch, das ist ein Vorteil der Digitalisierung, sie haben eben viele aktuelle Medien in digitaler Form vorliegen. Das heißt Sie müssen nicht immer unbedingt ständig in Echtzeit irgendwelche Pressearchive sozusagen abfordern.
Das ist für mich so ein Projekt, dass wir uns angucken, wie funktionieren eigentlich diese Öffentlichkeiten in Europa und wo gibt es sozusagen Dissonanzen und wo gibt es vielleicht auch Konsonanzen. Und damit erst mal sozusagen so eine Transparenz herzustellen dafür, wie die unterschiedlichen nationalen Diskurse eigentlich laufen. Gerade bei Fragen, die uns gemeinsam betreffen. Das ist ja schon interessant, dass wir jetzt im Jahre 5 der Eurokrise sind und immer noch keine gemeinsamen Lösungen gefunden haben eigentlich, sondern immer noch über Griechenland, immer noch über Austerität??? und dieser gemeinsame Diskurs eigentlich nicht stattfindet, sondern wir jeweils in dein einzelnen Ländern eigene dominante Narrative haben zu diesen Fragen, die kaum kompatibel sind. Und das ist uns noch nicht mal bewusst letztlich.
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