Monika Trümper
Ja das kann man ganz sicherlich sagen. Also ich würde sagen, es gibt drei zentrale Bereiche, wo die Bäder also unglaubliche Innovation erkennen lassen, wenn nicht sogar befördert haben. Das ist immer dieses Henne-Ei-Spiel. Aber die drei Bereiche sind einmal natürlich tatsächlich Wassermanagement, Wasserversorgung und aber auch -entsorgung. Das zweite ist die Heiztechnik. Und das dritte ist der Gewölbebau, was vielen nicht klar ist. Also in Morgantina in Sizilien, wo eine der Grabungen ist, die die Amerikaner da haben und ich durfte da als Codirektorin mitmachen, da hat man gleich zwei griechische Bäder, so um 250 vor Christus errichtet, ausgegraben. Und bei dem einen, dem sogenannten Nordbad, hat man eine ganz revolutionäre Gewölbetechnik aus ineinander gesteckten Tonrohren gefunden. Das ist das erste Mal und einzigartig.
Und nicht weit entfernt, in Caulonia, das ist in Süditalien, da unten im Stiefel, da hat man ungefähr aus der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts wiederum auch eine Badeanlage mit einem gleichermaßen sensationellen System aus Bögen, die sind aus Stein und aus Terrakotta gemacht. Und ich könnte Ihnen jetzt zahlreiche oder mehrere Beispiele noch nennen, wo klar ist, dass die Gewölbetechnik in diesen Bädern hat man experimentiert. Und man findet dann in den Stabianer-Thermen in Pompeji, wo wir auch graben im Rahmen unseres Topoi-Projektes zum Beispiel schon dieses sogenannte Gussgewölbe, Opus Caementitium, was eine Revolution der Römer ist. Also man sieht in all diesen verschiedenen Badeanlagen, experimentiert man mit unterschiedlichen Technologien, bis man dann diese perfekten Zementgewölbe hat. Der andere Bereich, die Wasserversorgung, ist ganz klar, also am liebsten hätten ja natürlich alle Fließwasserversorgung, und da ist das Projekt in Pompeji ganz besonders wichtig, in diesen berühmten Stabianer-Thermen, die wirklich jeder Tourist kennt, der nach Pompeji kommt, sieht die.
Da haben wir eben die Chronologie komplett revidieren können, die da bislang etabliert war. Und ein wesentliches Interesse ist, wie die Technologie sich entwickelte. Und die hatten am Anfang einen Tiefbrunnen mit einem relativ aufwendigen Wasserhebesystem. Und dann gibt es aber wirklich einen Quantensprung in der Entwicklung in dem Moment, wo die Badeanlage an die neue städtische Wasserleitung angeschlossen wird. Und das kann man ziemlich klar in der relativen und absoluten Chronologie jetzt doch sehen. Und dann sieht man eben, wie sich dann gewissermaßen das Konzept und die Möglichkeiten von Bädern wirklich signifikant ändern in dieser Anlage. Und wie die das also gewährleisten, auch das Wasser zu verteilen physisch in so einer Badeanlage, in die Badeanlage reinpumpen und wie sie es physisch verteilen. Also Wasser war ganz zentral. Und der Vorläufer ist diese Anlage in Morgantina, wo das mit der Wasserversorgung noch ziemlich schwierig ist. Da gibt es halt nur ein Reservoire für Regenwasser.
Und mein Verdacht ist schon, dass diese Anlagen nicht ganzjährig jederzeit verlässlich funktionierten. Das wissen wir aus Ägypten sehr gut, da gibt es Papyri, die uns das bestätigen. Da wurden die Bäder eben, die profitable Investments von Privatleuten waren, die wurden vermietet oder verpachtet und da beschwert sich der Pächter, ah ich kann dir diesen Monat oder diese Woche die Pacht nicht zahlen, weil der Brunnen kein Wasser mehr hatte oder ich musste einen neuen Brunnen graben und deswegen habe ich dann Verlust von Tageseinnahmen. Also Wasserversorgung ist ein Problem. Und Heiztechnik ist das andere, was faszinierend ist. Wir kennen alle diese typischen Hypokausten bei den Römern, die Fußbodenheizung. Und wir können aber jetzt genau nachvollziehen, wie die Entwicklung davon ist. Das fing in diesen griechischen Bädern an. Das hat man auch lange nicht gewusst oder ignoriert. Man hat immer gedacht, ach die Römer das sind die großen Ingenieure, die haben das alles erfunden. Wir sehen es aber 250 vor Christus den sogenannten sizilisch-süditalienisch-griechisch beeinflussen Bereich.
Also es ist quasi präfiguriert dort und sehen, wie die auch da wieder experimentieren mit Heizkanälen unter so Warmwassertauchbecken und dann fängt man sukzessive an, den ganzen Boden damit zu beheizen. Und das haben wir erstmals in der Badeanlage, die andere die wir in Pompeji quasi wiederentdeckt haben und gründlich untersuchen, sind die republikanischen Thermen. Die kennt tatsächlich kaum ein Tourist, weil die gar nicht öffentlich zugänglich sind. Aber man kann wirklich Schritt für Schritt an den Anlagen, die wir haben, nachvollziehen, wie sich da die Technologie und der Standard wandelte. Und das hat also dann enorme Auswirkungen auf die Badekultur.
Danke für den Beittrag
für den interessierten layen wie mich hatte ich hier und da Missverständnisse:
sightables database?
siteables database?
da ich keine shownotes fand.
Begriffe wie: Photogrammetrie, GIS, Visualisierung waren leicht zugänglich im Zusammenhang mit etopoi aber wiederum nicht so sehr.
Ergebnisse (u.a):
http://journal.topoi.org/index.php/etopoi
http://www.archaeologie-online.de/links/detail/20186.php
Besten Gruß mhmhjo
Ich glaube gemeint war Scitable <http://scitable.com>.
Sehr schöner Podcast. Das Problem, dass Museen/Institute noch eine Menge „unbearbeitetes“ Zeug rumliegen haben, kann ich auch für Bibliotheken/Archive bestätigen. Wenn mal wieder ein sensationeller Fund gemacht wird, ist das fast immer dem Zufall geschuldet und nicht systematischer Abarbeitung der Bestände. Fähige Wissenschaftler produzieren die Universitäten genug. Allerdings reichen die Etats gerade mal so, damit sich um das normale Tagesgeschäft gekümmert werden kann.
Tim, wenn dieser archäologische Cluster in Berlin ist, dann schnapp dir doch mal jemanden der da forscht. In einem CRE z.B. könnte die Person dann etwas ausführlicher über die Archäologie berichten.