Ferdi Schueth
Ja, da geht es tatsächlich um Lösungen auf der Ebene Energiesystem. Und ich glaube, da sollte man zunächst einen Schritt zurücktreten. Sie haben zurecht gesagt, die Herausforderung ist es, mit dieser fluktuierenden Einspeisung, die aus Wind und Sonne kommt, umzugehen, weil eben der Wind nicht bläst und die Sonne nicht scheint immer dann, wenn wir viel Energie brauchen. Das heißt wir müssen zeitliche Verschiebung vornehmen können von elektrischer Energie. Da geht es ja im wesentlichen um elektrische Energie. Teilweise auch wirklich mal Flaute von vielleicht drei Wochen, so was passiert, überbrücken kann. Da ist Speicherung eine Lösung. Man muss systemisch sich immer angucken, was kann ich denn eigentlich machen, um da mit umzugehen.
Und da gibt es eigentlich insgesamt vier verschiedene konzeptionell verschiedene Möglichkeiten, mit dieser fluktuierenden Einspeisung umzugehen. Das eine ist eine stärkere Vernetzung. Im Moment wird elektrische Energie so typischerweise naja transportiert über Distanzen von maximal einigen hundert Kilometern. Das ist das, was man mit den typischen Wechselspannungs- Wechselstromleitungen gut schaffen kann, ansonsten werden die Verluste zu groß. Wenn man a) stärker vernetzt, b) über weitere Strecken transportiert, dann hat man schon mal einen Teil dieser Fluktuation ausgeglichen, denn wenn es an der Nordsee keinen Wind gibt, dann gibt es vielleicht in Südspanien und Portugal Wind.
Und wenn man eine Leitung hat, die die Nordsee oder Zentraleuropa mit Spanien, Portugal, Norwegen verbindet oder ein Netz hat, was diese Verbindung schafft, der griffige Term dafür ist eigentlich Europa auf der Kupferplatte. Also Strom kann ungehindert durch ganz Europa fließen, ohne dass wir Widerstände, Verluste oder ähnliches hätten, dann kann man schon vieles auffangen. Dann mittelt sich einfach diese zeitliche Schwankung durch die räumliche Durchschnittsbildung schon wieder ein bisschen weg. Das ist die erste Komponente, Netzausbildung. Die zweite Komponente ist schlichtweg, Reservekapazität zu schaffen. Ich kann ja für die was weiß ich 10% der Zeit, in der mir dann tatsächlich erneuerbare Energien fehlen, kann ich ja fossile Kraftwerke stehenlassen. Wenn ich 90% der Zeit regenerativ arbeite, 10% fossil arbeite, habe ich die CO2-Emission in erster Näherung um den Faktor 90% gesenkt.
Also bisschen fossiles CO2 als Backup kann man sich ja vielleicht durchaus leisten. Das Dritte wäre etwas was man Demand-Zeit-Managment nennt. Also die Einspeisung, die fluktuierend ist, durch ein gezieltes Abregeln von Verbrauchern zu balancieren. Das wird man sicherlich in der ersten Phase nicht machen, indem man zu Hause bei Ihnen den Kühlschrank oder die Kühltruhe runterfährt, durch eine Schaltung des Elektrizitätswerks, obwohl so was durchaus gedacht wird. Am Anfang wird man sicher an große Kühlhäuser ran gehen. Wenn man da mal eine Stunde lang nicht noch Energie im Netz hat. Wenn man eine Stunde lang bei einem großen Kühlhaus den Kompressor ein bisschen runterfährt, der die Kühlleistung bringt, dann geht die Temperatur vielleicht von -30 auf -29,5 Grad hoch, das macht den Gütern, die dort gelagert werden in der Regel nichts. Hilft aber dem Elektrizitätsversorger sehr, sein System stabil zu halten.
In der chemischen Industrie gibt es viele solcher Prozesse, die Energie verbrauchen, aber typischerweise konstant gefahren werden, weil sie dadurch effizient werden. Wenn man die so gestaltet, dass man die auch mit unterschiedlicher Leistung relativ einfach betreiben kann, hat auch da das Energiesystem was davon. Also Demand-Zeit-Managment drittes Element. Und das vierte Element, was man nutzen kann, ist Speicherung. Was mit den anderen ein bisschen zusammenhängt, denn eine Reihe von Speichertechnologien benötigen tatsächlich Reservekapazität. Wenn ich beispielsweise wenn ich genug Energie im Netz habe durch Elektrolyse. Also die Spaltung von Wasser durch elektrischen Strom, Wasserstoff herstelle. Dann müsste ich den ja, wenn ich ihn nachher wieder energetisch nutzen will, rückverstromen und da brauche ich dann entweder eine Brennstoffzelle oder eine Gasturbine. Also das erfordert schon auch wieder die Reservekapazität.
Die ich oben schon genannt hatte. Aber wie gesagt, diese Speicherung ist eine Option. Da haben Sie eben zurecht gesagt, heute ist das fast ausschließlich Pumpspeicherkraftwerke. Also in Zeiten von Energieüberschuss pumpen wir Wasser nach oben in ein Reservoire, in Zeiten von Energienachfrage lassen wir es durch eine Turbine wieder ab. Die schaffen irgendwas wie 70% Effizienz, also man kriegt relativ viel der Energie zurück. Die sind verhältnismäßig kostengünstig. Im Moment haben die tatsächlich aber ein wirklich betriebswirtschaftliches Problem, was vielen nicht so bewusst ist. Durch den Ausbau der Fotovoltaik. Das ist eigentlich fast paradox. Denn mit fluktuierender Einspeisung werden solche Systeme eigentlich dringender gebraucht, sie werden aber unattraktiver dadurch, dass Fotovoltaik da ist.
Die haben früher ihr Geld damit verdient, dass nachts, wenn niemand Elektrizität haben wollte, die Grundlastkraftwerke weiter gelaufen sind, also die Braunkohleatomkraftwerke gelaufen sind und dann wurde Wasser hochgepumpt. Mittags wenn der Strom richtig teuer war, weil keine Einspeisung zusätzlich da war, dann haben die ihr Wasser abgelassen und haben diesen teuren Strom verkauft. Und damit haben die sich gerechnet. Durch den Preisunterschied zwischen Nachtstrom und Tagesstrom. Der Mittagspeak im Preis ist aber mittlerweile weg, weil wir soviel Fotovoltaik haben, dass mittags eben viel Fotovoltaikstrom im Netz ist. Das heißt diese schönen Spitzenpreise erzielen die Pumpspeicherkraftwerke nicht mehr. Und deswegen wird es für die Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken immer schwieriger Geld zu verdienen, obwohl wir sie eigentlich wirklich dringend bräuchten, aber wir haben kein gutes Geschäftsmodell.
Wir sind in einem Systemwandel, wo es im Moment für diese Speicher kein Geschäftsmodell gibt. Aber wie gesagt, diese Speicher sind da. Ist stehende Technologie kann man nutzen. In Deutschland haben wir bestimmt keine Standorte mehr. In den Alpen möglicherweise schon. In Norwegen gäbe es auch viele. Aber da brauchen wir natürlich auch wieder das Netz, was uns mit genügend Kapazität an Norwegen anbindet. Dann haben Sie eben gesagt, man kann Batteriespeicher nehmen. Möglicherweise ist das die Graswurzelbewegung, die ohne dass es groß kontrolliert wird, viel Speichertechnologie schafft. Weil viele Hausbesitzer mit Fotovoltaikanlage überlegen sich, naja soll ich mir denn nicht auch noch eine Batterie in den Keller stellen und meinen Überschussstrom nicht ins Netz einspeisen, sondern in meine Batterie einspeisen, so dass ich später also den Strom nicht für 26 Cent vom Versorger kaufen muss, sondern den nehme ich einfach aus meinem im Keller gespeicherten Aggregat.
Oder ich nehme den gespeicherten Strom aus meinem Batterieaggregat, was ich da stehen habe. Ich glaube, das könnten unter bestimmten Randbedingungen betriebswirtschaftlich sinnvolle Lösungen sein, volkswirtschaftlich ist das wahrscheinlich eine viel zu teure Lösung. Also wenn jeder seine teure Batterie im Keller stehen hat, das ist eigentlich eine sehr teure Speichertechnologie im Prinzip zu anderen. Dann ist es volkswirtschaftlich wahrscheinlich keine optimale Lösung. Wenn das aber betriebswirtschaftlich für jeden Solaranlagen-, für jeden Fotovoltaikbetreiber attraktiv ist, so wie die Vergütungsstruktur für Strom im Moment ist, naja dann haben wir vielleicht am Ende in jedem Keller eine Batterie stehen, die verteilt diese Speicherkapazität schafft.
Eine sehr schöner Podcast und eine besonders schöne Folge.
Sehr spannender Podcast. Ich hätte eine Laienfrage dazu. Da ich kaum Anhnung vom Thema habe, könnte sie relativ dumm sein.Aber ich wollte halt trotzdem fragen: Warum diffundiert Wasserstoff nicht in den Salztavernen?
Je Groeser der Speicher, desto kleiner ist der relative Verlust.
Bisschen unzufriedenstellende Antwort. Also diffundiert Wasserstoff (?) und man braucht möglichst große Volumen mit möglichst kleinen Oberflächen um den Verlust zu minimieren?
Wie groß ist dann ca. der Verlust pro Tag bei gegeben Volumen?
tja als ein bischen Schwund wird da wohl seien. Ich weiss nicht genau wieviel. Du musst bedenken, das grosses Volumen auch einen kleineren Druck bedeutet (wir reden hier von Groessenordnungen im mio m^3 bereich), was sich auch erheblich auswirken muesste. Ausserdem ist das Gas von mehreren Metern Salz umgeben, bevor das normale Gestein der Tiefe kommt. Ich denke, das der verlusst von Wasserstoff einer Kaverne im verhaeltnis zu den verlusten bei den Umwandlungsprozessen nicht ins Gewicht faellt. Ich schaetze mal, das duerfte um 5 Groessenordungen oder mehr besser sein, als beispielsweise eine Gasfalsche.
Zum Schluß geht es um Wissenschaft als Kultur, aber das ist Wissenschaft gerade nicht. Es gibt keine Alternative zum Periodensystem.
In der einen Kultur isst der Mensch mit Messer und Gabel, in einer anderen mit Stäbchen, in der dritten mit den Fingern der rechten Hand. Es ist von der Kultur abhängig. Es gibt kein universelles richtig oder falsch.
Der Wissenschaftler muss von seiner Kultur absehen und neue Erkenntnisse suchen. Es gibt keine deutsche vs. eine jüdische Physik. Es gibt keine chinesische Medizin. Entweder es funktioniert, dann ist es Medizin, oder funktiioniert nicht und wird irgendwo als Hokuspokus praktiziert – dann ist es Kultur, aber keine Wissenschaft.
Ich finde es Schade, das AlgenPanele in dem Gespraech keine Rolle gespielt haben:
http://www.colt-info.de/news-reader/items/bioreaktoren-fassade-als-energielieferant.html
Das Thema haette mich noch Interessiert.
Eine Bewertung dieses Konzeptes zur Energiespeicherung:
https://www.youtube.com/watch?v=Sddb0Khx0yA
waere auch nett Gewesen. Ich hatte zwischendurch das Gefuehl, dass Tim darauf hinnaus will.
Ueber die Moeglichkeiten Elektrische Energie aus Urin zu Gewinnen haette ich gerne mehr erfahren:
http://www.ingenieur.de/Fachbereiche/Umwelt-Recyclingtechnik/Pipi-Energiequelle-Toilette-Urin-Strom-fuer-Fluechtlingslager
Ich verstehe zwar, dass man angesichts sozialer Beharrungskräfte auf den Ansatz technische Optimierung des Bestehenden vor gesellschaftlicher Anpassung ausweicht, aber ich frage mich, ob das auf die gesamte Welt übertragen skaliert. Der Standard westlicher Länder ist das, was stark wachsende Wirtschaftsräume mindestens auch erreichen wollen, umso mehr wenn wir für uns selbst auf diesem Standard bestehen. Werden unseren Optimierungen also soviel besser sein, dass die erzielten Einsparungen neben der notwendigen Gesamtreduktion ein China oder Indien auf europäischen, ganz zu schweigen von US-amerikanischen, Verbrauchsniveau auffangen können?
Gerade desshalb ist der Technische ansatz so wichtig. Wir haben kein recht anderen zu verweigern, was wir Jahrzente lang gehabt haben.
Wir verweigern ihnen das ja nicht, sondern wir alle stoßen an die natürlichen Grenzen. Inwieweit Technik uns diesbezüglich so viel Spielraum geben kann, dass weder Einschränkungen noch Wachstumbegrenzung notwendig sind, da bin ich eben doch sehr skeptisch.
Naja irgendwie versuchen wir das schon. Aber vermutlich werden wir damit keinen Erfolg haben. Wir können kaum weltweit Verhaltensweisen bestimmen. Aber wir können unsere Kraft Zeit und Ressourcen in die Entwicklung weniger schädlicher Technologie stecken. Technologie entwickeln und dann überall hinschicken skalliert eigentlich ganz gut (so lange man sich dabei nicht wieder mit Patenten ausbremst) vor allem verglichen mit sozialer intervention.
Hallo,
zum Wirkungsgrad bei P2G möchte ich sagen (ist nur eine Vermutung), dass wenn wir den Wirkungsgrad eines modernen Gaskraftwerks mit ~50% angeben darin nicht die Förderung, Raffinierung und auch der Transport nicht enthalten ist.
Ausserdem denke ich, dass der Begriff Wirkungsgrad oft irreführend ist. Wenn Platz und Ressourcen zur verfügung stehen ist der Wirkungsgrad egal.
P2G nur bis zum Wasserstoff erscheint eleganter, ich denke aber, dass die weitere synthetisierung zu Methan momentan sinnvoller ist.
Methan können wir einfach in das vorhandene Gasnetz einspeisen (der Wasserstoffanteil im Erdgasnetz muss unter 5% sein)
Energie + H2O + 1/2CO2 = H2 + 1/2O2 + 1/2CO2= 1/2 CH4 +O2 = (Verbrennen) H2O + 1/2CO2 = KOHLENSTOFFKREISLAUF
Wasserstoff ist schwer zu lagern und riskanter in der Handhabung.
Lagerung unter Druck:
Wasserstoff ist das kleinste Atom/Molekül, es diffundiert durch die Wände des Druckbehälters und nach relativ Kurzer Zeit ist der Tank leer.
Lagerung in Metallhydrid:
Ich brauche 50kg Metallhydrid um 1 kg Wasserstoff zu speichern.
Nochwas zum: Gas nichmehr in Strom umwandeln:
Elektrizität ist die hochwertigste (größter Exergieanteil) Energieform und Wärme(Gas) die schlechteste (ich kann El zu 100% in Wärme umwandeln, aber nicht umgekehrt). Wenn wir überflüssigen Strom in Gas und dann in Wärme wandeln, haben wir zwar mehr als genug Wärme aber es fehlt die Elektrizität.
Wärme:
Wärme hat die Welt mehr als genug, Wärme ist gut speicherbar, das ist nur ein Verteilungsproblem. Siehe Abwärmenutzung.
liebe Grüße,
peter