Forschergeist
Horizonte für Bildung und Forschung
https://forschergeist.de


FG063 Geothermie

Die Wärme aus der Tiefe als wichtiger Beitrag zur Energiewende

Mit der Geothermie will der Geologe Ingo Sass eine unerschöpfliche und vor allem klimafreundliche Energiequelle für den Alltagsgebrauch erkunden und erschließen. An seinem Lehrstuhl für Angewandte Geowissenschaften an der TU Darmstadt verbindet er dafür Ingenieurtechnik und Naturwissenschaften.

Das Energiepotenzial ist riesig: Unsere Erde ist im Kern 6.000 Grad Celsius heiß. Sie erzeugt damit einen Wärmestrom bis hin zur Erdoberfläche. Diese Geothermie ist eine mehr als nur alternative Energiequelle für die Beheizung von Wohngebäuden, Büros und Produktionshallen. Allerdings wird sie trotz vieler positiver Eigenschaften in Mitteleuropa noch viel zu wenig eingesetzt.

Ingo Sass will durch seine Lehr- und Forschungstätigkeit dazu beitragen, die Akzeptanz der Geothermie bei Immobilienbesitzern, Baubehörden, Energieanbietern und Unternehmen zu steigern sowie für die notwendige Planung zu sensibilisieren. Dafür sieht er drei Ansatzpunkte: fundiertes Wissen über Geothermie vermitteln, technische Risiken bei deren Nutzung minimieren, Deutschland trotz aller Widerstände zum wissenschaftlichen Top-Player auf diesen Gebieten machen.

https://forschergeist.de/podcast/fg063-geothermie/
Veröffentlicht am: 12. Oktober 2018
Dauer: 1:56:55


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Begrüßung 00:00:42.506
  3. Ausbildung 00:01:25.508
  4. Island 00:06:54.848
  5. Potential der Geothermie 00:11:54.447
  6. Nutzung der Geothermie 00:23:42.159
  7. Anforderungen für Bohrungen 00:45:23.249
  8. Risiken und politische Widerstände 00:50:59.575
  9. Perspektiven für Geothermie in Deutschland 00:57:35.258
  10. Induzierte Seismizität 01:06:38.376
  11. Nutzung von alten Bergbaugebieten 01:17:22.436
  12. Geothemie-Zentren und Projekte 01:21:48.997
  13. Geothermieausbau und die Energieeinsparverordnung 01:24:34.820
  14. Nah- und Fernwärme 01:36:41.164
  15. Geothermie in Europa 01:43:34.092
  16. Der richtige Energiemix 01:47:01.422
  17. Interdisziplinäre Ausbildung 01:49:30.500
  18. Ausklang 01:55:35.772

Transkript

Tim Pritlove
0:00:42
Ingo Sass
0:01:24
Tim Pritlove
0:01:26
Ingo Sass
0:01:28
Tim Pritlove
0:01:29
Ingo Sass
0:01:35
Tim Pritlove
0:01:37
Ingo Sass
0:01:41
Tim Pritlove
0:01:50
Ingo Sass
0:01:52
Tim Pritlove
0:01:54
Ingo Sass
0:01:55
Tim Pritlove
0:02:16
Ingo Sass
0:02:18
Tim Pritlove
0:02:33
Ingo Sass
0:02:38
Tim Pritlove
0:03:17
Ingo Sass
0:03:28
Tim Pritlove
0:04:15
Ingo Sass
0:04:20
Tim Pritlove
0:04:24
Ingo Sass
0:04:35
Tim Pritlove
0:05:10
Ingo Sass
0:05:15
Tim Pritlove
0:05:56
Ingo Sass
0:06:01
Tim Pritlove
0:06:06
Ingo Sass
0:06:09
Tim Pritlove
0:06:55
Ingo Sass
0:07:00
Tim Pritlove
0:08:31
Ingo Sass
0:08:36
Tim Pritlove
0:08:37
Ingo Sass
0:08:41
Tim Pritlove
0:08:53
Ingo Sass
0:08:55
Tim Pritlove
0:09:02
Ingo Sass
0:09:03
Tim Pritlove
0:09:04
Ingo Sass
0:09:07
Tim Pritlove
0:09:18
Ingo Sass
0:09:28
Tim Pritlove
0:10:05
Ingo Sass
0:10:15
Tim Pritlove
0:11:03
Ingo Sass
0:11:10
Tim Pritlove
0:11:47
Ingo Sass
0:13:09
Tim Pritlove
0:14:21
Ingo Sass
0:14:34
Tim Pritlove
0:15:19
Ingo Sass
0:15:26
Tim Pritlove
0:16:57
Ingo Sass
0:17:11
Tim Pritlove
0:18:18
Ingo Sass
0:18:31

Ja.

Tim Pritlove
0:18:32
Ingo Sass
0:18:41
Tim Pritlove
0:19:53
Ingo Sass
0:19:59
Tim Pritlove
0:20:06
Ingo Sass
0:20:10
Tim Pritlove
0:21:04
Ingo Sass
0:21:11
Tim Pritlove
0:22:33
Ingo Sass
0:22:43
Tim Pritlove
0:23:12
Ingo Sass
0:23:16
Tim Pritlove
0:23:25
Ingo Sass
0:23:28
Tim Pritlove
0:23:31
Ingo Sass
0:24:14
Tim Pritlove
0:25:00
Ingo Sass
0:25:01
Tim Pritlove
0:25:49
Ingo Sass
0:25:50
Tim Pritlove
0:26:09
Ingo Sass
0:26:10
Tim Pritlove
0:26:55
Ingo Sass
0:26:58
Tim Pritlove
0:27:46
Ingo Sass
0:28:19
Tim Pritlove
0:29:28
Ingo Sass
0:29:29
Tim Pritlove
0:29:31
Ingo Sass
0:29:33

Das ist der Bereich der Erde, der unter der spröden, starren Erdkruste liegt und sich über duktile Bewegungen eben auch einen konvektiven Energietransport zulässt. Also Energie aus der tieferen Erdkruste nach oben transportiert. Also konvektiv, konduktiv vielleicht ganz kurz den Exkurs. Wenn Sie früher Thermopenscheiben hatten, ich meine, heute ist da ein Edelgas drin, Krypton oder sowas, aber früher war das ja im Wesentlichen Luft zwischen zwei Scheiben, dann wirkt die Luft ja isolierend, dämmend. Wenn Sie aber Ihren Fön benutzen, dann nutzen Sie Luft zum Energietransport, Sie trocknen damit ja die Haare und das ist sehr effizient. Also Konvektion ist, wenn Sie Energie durch Masse transportieren, dadurch dass was fließt, strömt und Konduktion ist, wenn Sie Energie durch einen Festkörper transportieren. Dann ist das nur noch, dass Moleküle aneinanderstoßen und über diese Aneinanderstoßbewegung die Energie durch einen Festkörper transportieren. Und das ist eben der Unterschied in der Erdkruste. Der spröde Teil, also der Teil, der brechen kann, der auch beben kann, der kann natürlich nur mit Hilfe von Grundwasser konvektiv Wärme transportieren oder eben mit Magma, da kommen wir wieder zum Thema und der Asthenosphärenteil, der kann duktil, also über eine Fließbewegung Energie transportieren und damit schafft er viel mehr Energie an die Unterseite dieser spröden Erdplatten heran und dort, wo die dünn sind, erst mal treibt es die Bewegung an der Erdplatten und zum anderen dort, wo die dann aus verschiedenen Gründen dünn sind, das führt uns jetzt vielleicht zu weit, kann natürlich dann Energie zur Aufschmelzung von Gesteinen führen und das sind dann eben Magmakammern und die können sich durch Vulkanismus äußern. Und die sind dann eben technisch erreichbar. Also man hat schon öfter mal in eine Magmakammer hineingebohrt. Also in Island ist das so im Bereich 2010 war das, ja 2010 hat man mit einem Projekt IDDP1, Iceland Deep Drilling Project 1, eben in … ich muss es jetzt überlegen, in ca. 2200 Meter basaltisches Magma in die Bohrung bekommen. Das ist undramatisch, weil Sie kühlen ja die Bohrung von oben mit Wasser und das Magma verglast dann sofort. Aber Sie können natürlich nicht mehr weiter bohren, Sie verlieren natürlich Ihre Bohrung. Man kann dann noch verschiedene technische Maßnahmen machen, aber letztendlich ist da ein Erfolg sehr unwahrscheinlich mit heutigen Mitteln. Das ist auch das Problem, das wir in der Geothermie haben, wir wollen möglichst nah ran, also in der verstromungsorientierten Geothermie, wir wollen möglichst nahe ran an diese geothermischen Anomalien, aber nicht so nahe ran, dass es für Mensch und Technik gefährlich wird. Und ein Vulkan ist natürlich grundsätzlich mal eine gefährliche Angelegenheit, wenn der aktiv ist und welche Unternehmung möchte schon die Investition durch Vulkanausbruch abschreiben?

Tim Pritlove
0:32:50
Ingo Sass
0:32:55
Tim Pritlove
0:32:55
Ingo Sass
0:32:57
Tim Pritlove
0:33:33
Ingo Sass
0:33:34
Tim Pritlove
0:33:44
Ingo Sass
0:33:46
Tim Pritlove
0:33:49
Ingo Sass
0:34:00

Ja.

Tim Pritlove
0:34:01
Ingo Sass
0:34:03

Ja natürlich, das ist auch Magma, aber Magma entsteht eigentlich, das ist so, als ob Sie … oder anders, Vulkanausbruch, ich mache es plakativer, entsteht so oft nach dem gleichen Prinzip wie, das haben Sie schon mal erlebt, wenn Sie in der Küche in eine wirklich heiße Pfanne mit Fett Wasser reingießen, dann haben Sie dieses Aufschäumen, kann gefährlich werden, wenn das Fett dann quasi explodiert und daran sehen Sie natürlich, dass Wasser einen Schmelzpunkt erniedrigt. Und ein reines Gestein ist bei viel höheren Temperaturen erst flüssig als ein Gestein, das Wasser enthält. Und so ist die Wechselwirkung, wenn die Temperatur dann von unten aus der Asthenosphäre in die feste Kruste eindringt, dann ist die Wechselwirkung mit dem Wasser extrem wichtig und wo ist auch Platz vorhanden, wo so eine Magmakammer sich bilden kann, das sind relativ komplexe gebirgsmechanische Betrachtungen. Und so gibt es dann ganz unterschiedlich Typen und Arten von Vulkanen und Magmakammer und von ihrem Verhalten her auch sehr unterschiedlich. Zum Beispiel in Island, wenn man da in den Norden geht, dieses Geothermiefeld von Grappa, da hat es mehrjährige Spalteneruptionen gegeben, aber die sind relativ ruhig. Das ist dann ein andauernder Vulkanausbruch an einer dieser Spalten eben und da kommt ein basaltisches, ein sehr heißes Magma raus mit relativ wenig Wassergehalt und das ist eine relativ ruhige Eruption dann. Was in aller Munde wäre, wäre so Mount St. Helens, kennen Sie vielleicht noch?

Tim Pritlove
0:35:42
Ingo Sass
0:35:43
Tim Pritlove
0:36:00
Ingo Sass
0:36:06
Tim Pritlove
0:36:22
Ingo Sass
0:36:30
Tim Pritlove
0:36:40
Ingo Sass
0:37:22

Okay, muss ich wieder vom Allgemeinen. Also auf kontinentaler Kruste, also die Kruste, die quasi über dem Meeresspiegel heraus guckt, haben wir eine durchschnittliche Temperaturzunahme von 3 Grad Celsius pro 100 Meter Tiefenzunahme. Und in diesen vulkanischen Gebieten kann das bis auf 20 Grad Celsius pro 100 Meter anwachsen. Dieser Gradient ist auch nicht gleichmäßig, der kann also in unterschiedlichen Tiefenabschnitten auch unterschiedliche Werte nehmen. Grundwasser ist ja nicht nur etwas, was jetzt zum Beispiel einen Vulkanausbruch provoziert, sondern das wirkt natürlich auch kühlend auf so ein System. Wenn Sie viel Regen haben, also zum Beispiel in Neuseeland an der Westküste haben Sie Niederschläge von über 10.000 Millimeter pro Jahr. Also hier in Berlin haben wir vielleicht 650 Millimeter pro Jahr. Und das führt natürlich zu einem enormen Druck in den Aquiphären, in den Grundwasserleitern. Und bei doch relativ großer Nähe zu vulkanischen Vorkommen hat das auch einen enorm kühlenden Effekt. Also es kommt ganz darauf an, wie die Situation da im einzelnen gegeben ist, aber wir können eben sagen, dass wir aufgrund dieses Gradienten, der Grundwasserverhältnisse, der Gesteinsverhältnisse, in so vulkanischen Gebieten bohrt man so 1.500-2.500 Meter Tiefe. Das muss man tun, damit man vom Vulkan weg ist, Sie können ja nicht im Vulkan bohren, das kann ja unangenehme Folgen haben, also entsteht eben diese Bohrtiefe eigentlich auch aus der Georisikoerwägung heraus. Sie müssen ein bisschen weg davon, damit Sie sicher sind und so ist es dann eben normal. Und in diesen Tiefen erreicht man in vulkanischen Gebieten dann eben Temperaturen von 180-250 Grad ungefähr, das wäre so die Standardnutzung. Und wenn man dann noch einen trockenen Dampf hat, also einen Dampf, der nicht Wasser mitreißt und Wasser in Tröpfchenphase dabei hat, das wäre dann Nassdampf, dann hat man einen ganz einfachen Kraftwerksprozess. Das ist so, wie man den im Physikunterricht halt in der Schule dann lernt. Also ich mache Dampf…

Tim Pritlove
0:39:34
Ingo Sass
0:39:36
Tim Pritlove
0:40:44
Ingo Sass
0:40:56
Tim Pritlove
0:41:14
Ingo Sass
0:41:17
Tim Pritlove
0:41:33
Ingo Sass
0:41:36
Tim Pritlove
0:41:39
Ingo Sass
0:41:44
Tim Pritlove
0:43:10
Ingo Sass
0:43:24

Also es gibt in Deutschland drei größere Gebiete, die wir als geothermisch höffig??? bezeichnen, die sind aus ganz unterschiedlichen Gründen geothermisch höffig ???. Das ist einmal das norddeutsche Tieflandsbecken, dort sind eben durchlässige Schichten so tief abgesenkt im Laufe der Erdgeschichte, dass sie eben ausreichend warmes Wasser für eine Stromerzeugung führen. Dann gibt es den Bereich des Alpenvorlands, also der Großraum München, besonders der Südraum München, wo die Alpen ältere Schichten überfahren haben und die quasi durch ihr Gewicht nach unten drücken und dadurch haben wir dort in großer Tiefe bei eben auch entsprechender Durchlässigkeit Thermalwässer und die kann man nutzen. Das geschieht auch im Münchner Raum im großtechnischen Maßstab. Und dann haben wir den Oberrheingraben, das ist wieder ein anderer Mechanismus, dort ist eine alte, da tat sich in Zeiten des Tertiärs, also vor mehr als 2 Millionen Jahren schickte sich der Oberrheingraben an, so eine Art Atlantik zu werden. Es setzte dort also ein Krustenbruch ein und es setzte eine Dehnung der Kruste ein. Und dort haben wir eben im Oberrheingraben eine sehr sehr dünne Kruste mit einer linearen Anomalie, die von Basel bis Frankfurt geht quasi. Sehr unterschiedlich, dann lokal gibt es dann natürlich Maxima und Minima und das ist sehr differenziert im Detail, aber dieses Rifting, also dieses Öffnen des Ozeans hat nicht stattgefunden und wir bezeichnen das heute als ein abgebrochenes Riftsystem. Also ein abandoned Rift

Tim Pritlove
0:45:14
Ingo Sass
0:45:15
Tim Pritlove
0:45:23
Ingo Sass
0:45:51

Ja.

Tim Pritlove
0:45:53
Ingo Sass
0:45:53
Tim Pritlove
0:45:59

Ja.

Ingo Sass
0:46:00
Tim Pritlove
0:46:34
Ingo Sass
0:47:00
Tim Pritlove
0:47:02

Ja.

Ingo Sass
0:47:03
Tim Pritlove
0:47:05
Ingo Sass
0:47:08
Tim Pritlove
0:48:06
Ingo Sass
0:48:08
Tim Pritlove
0:49:40
Ingo Sass
0:49:47
Tim Pritlove
0:50:21
Ingo Sass
0:50:29
Tim Pritlove
0:51:00
Ingo Sass
0:51:03
Tim Pritlove
0:51:33
Ingo Sass
0:51:36
Tim Pritlove
0:52:07
Ingo Sass
0:52:08
Tim Pritlove
0:52:33
Ingo Sass
0:52:35
Tim Pritlove
0:53:11
Ingo Sass
0:53:17
Tim Pritlove
0:54:10
Ingo Sass
0:54:27
Tim Pritlove
0:54:59
Ingo Sass
0:55:07
Tim Pritlove
0:55:30
Ingo Sass
0:55:45
Tim Pritlove
0:55:57
Ingo Sass
0:55:59
Tim Pritlove
0:56:37
Ingo Sass
0:56:38
Tim Pritlove
0:56:49
Ingo Sass
0:56:53
Tim Pritlove
0:57:35
Ingo Sass
0:58:07
Tim Pritlove
0:59:14
Ingo Sass
0:59:17
Tim Pritlove
1:00:57
Ingo Sass
1:01:07

Ja da ist natürlich auf dem Loch … also es sind ja in der Regel auch mehrere Löcher, also wir reden ja im Idealfall von einer Dublette, also einer Bohrung, wo man Dampf oder heißes Wasser entnimmt und in einer anderen Bohrung das wieder versenkt und im Untergrund im Kreislauf führt. Auch das ist ein Aspekt, was die Umweltfragen betrifft. Sie entnehmen dann keine Stoffe, die irgendwie problematisch sind, sondern Sie führen die im Kreislauf. Aber tatsächlich sind es natürlich bei einer Anlage, die jetzt mal theoretisch 20 Megawatt elektrische Leistung hat und vielleicht noch dazu 50 oder 100 Megawatt thermische Leistung hintendran, da würde man natürlich nicht mit zwei Bohrungen arbeiten. Die Dublette ist nur ein Gedankenmodell, das sind dann vielleicht 15-20 Bohrungen, die von einem Bohrpunkt aus mit Richtbohrtechnik so spinnenartig dann in das Reservoire hineingebohrt werden. Und da wird natürlich eine Kraftwerksanlage drauf sein. Die ist dann nicht so groß wie ein 500 Megawatt Kohlekraftwerk, die ist dann eben so groß wie ein 20 Megawatt Kraftwerk. Mit Kühlern und Stationen und Transformatoren und Einbindungen und Sicherheitsbereich und Verwaltungsgebäude und was so dazu gehört. Erneuerbare Energie ist ja nicht per se eine grüne Technik, sondern das ist vor allen Dingen eine Technik. Und das betrifft Wind und Photovoltaik und die anderen. Wir müssen akzeptieren, wenn wir weiter Strom und Energie verbrauchen in dem Maße, wie wir das tun, dann werden wir auch die technischen Anlagen dazu bauen müssen. Und das gilt auch für die Geothermie. Aber ein Großteil dieser Erzeugungselemente liegt natürlich im Untergrund und ist damit nicht sichtbar und verbraucht damit auch keinen Raum, aber dass Geothermie, dass wir mal eine 1.000 Megawatt Geothermieanlage, die dann eben 1.000 Megawatt elektrische Leistung hat, an einem Ort bauen, das halte ich mit heutiger Bohrtechnik und mit der Perspektive auf Tiefe und Temperatur, die wir erschließen können für Science Fiction. Natürlich arbeitet man daran und denkt darüber nach und wir gehen auch Richtung superkritische Reservoire, aber dass wir dort solche Größenordnungen erreichen, halte ich nicht für ein vernünftiges Planungskonzept und darauf sollten wir auch nicht warten.

Tim Pritlove
1:03:31
Ingo Sass
1:03:37

Ja.

Tim Pritlove
1:03:38
Ingo Sass
1:03:42
Tim Pritlove
1:04:22
Ingo Sass
1:04:25
Tim Pritlove
1:04:26
Ingo Sass
1:04:28
Tim Pritlove
1:04:29
Ingo Sass
1:04:30
Tim Pritlove
1:04:46
Ingo Sass
1:04:51
Tim Pritlove
1:05:35
Ingo Sass
1:05:43
Tim Pritlove
1:06:06
Ingo Sass
1:06:09

Ja.

Tim Pritlove
1:06:10
Ingo Sass
1:06:21
Tim Pritlove
1:06:30
Ingo Sass
1:06:34
Tim Pritlove
1:06:37
Ingo Sass
1:06:50
Tim Pritlove
1:07:18
Ingo Sass
1:07:20
Tim Pritlove
1:08:21
Ingo Sass
1:08:22
Tim Pritlove
1:08:56
Ingo Sass
1:08:59
Tim Pritlove
1:09:05
Ingo Sass
1:09:08
Tim Pritlove
1:09:26
Ingo Sass
1:09:27

2006 na gut, war es dann da. Und steht auf jeden Fall im Zusammenhang mit dieser Aktivität und das Novum war … Also man macht das in Norddeutschland schon seit 50 Jahren im Öl- und Gasbereich, aber natürlich nicht mitten in einer Stadt wie Basel. Und es ist eben so, ich will jetzt auch nicht so in die Seismologie einsteigen, aber Sie können eben bei Beben in der Tiefe, in 5 Kilometer Tiefe ungefähr, mit einer Magnitude von 3, da ist das Beben eben nicht nur spürbar, dass Sie also ein deutliches, wie sagt man, da flirren die Gläser im Schrank etc. pp., sondern das ist auch hörbar. Und wenn Sie natürlich so ein seismisches Ereignis in einer dicht besiedelten Stadt auslösen und das knallt dann da. Ich war nicht selbst dabei, also ich kenne auch nur die Medienberichte und die Berichte von Kolleginnen und Kollegen, und dann ist natürlich die Wahrnehmung besonders deutlich. Und dann gab es auch multiple Schadensmeldungen, also Risse im Putz und Mauerwerk und so weiter. Und dann, glaube ich, ist etwas sehr verhängnisvolles passiert in Abstimmung mit dem Versicherer. Der Versicherer des Projektes hat sich dann entschieden, also in einer Kosten-Nutzen-Abwägung, einen wesentlichen Teil dieser Schäden zu regulieren. Die nicht evident mit dem seismischen Ereignis zusammenhängen. Also wir wissen das aus anderen Fällen, wenn man zu den Leuten geht und sagt, also da hat ja die Erde gebebt, wo hat denn dein Haus Risse bekommen? Dann fangen die meisten erst an zu schauen und da sind sehr sehr viele Risse dabei, die eben schon da waren oder ein großer Teil. Also die Wahrnehmung ist da auch eine andere als das tatsächliche Schadenspotenzial, aber es sind damals in Basel unbürokratisch eine enorme Anzahl an behaupteten Schäden reguliert worden und in der medialen Wahrnehmung kam dann meiner Meinung nach heraus, dass also die Geothermie Schaden anrichtet, weil die haben das ja auch bezahlt, also haben sie es ja auch angerichtet, das war eine versicherungsökonomisch und rechtliche Überlegung, die dazu geführt hat, keine fachtechnische. Und dieses Thema Basel ist dann besonders in Deutschland und im Elsass, also in Frankreich, sehr sehr stark aufgegriffen worden und ist von verschiedenen Bürgerinitiativen und Interessengruppen instrumentalisiert worden und das führte eben dazu, dass es enormen öffentlichen Widerstand zum Teil für tiefe Geothermieprojekte gibt, also besonders im Oberrheingraben und dieser öffentliche Widerstand hat halt auch schon sehr sehr viele Projekte, also das fündigste überhaupt zum Beispiel in Deutschland, das wir haben, das wäre in Brühl bei Heidelberg, da ist schon eine Bohrung unten, da hat man dann mit verschiedenen Mitteln die zweite verhindert und hat da eben dazu geführt, dass da viele Projekte in große Schwierigkeiten geraten sind oder auch gar nicht durchgeführt wurden und mittlerweile ist es natürlich so, dass der Leumund der Geothermie durch diese Vorgänge nicht so gut ist und wir auch Schwierigkeiten haben, eben auch Investoren zu finden, die sich des Themas annehmen.

Tim Pritlove
1:13:00
Ingo Sass
1:13:10
Tim Pritlove
1:14:12
Ingo Sass
1:14:13
Tim Pritlove
1:14:59
Ingo Sass
1:15:56
Tim Pritlove
1:17:22
Ingo Sass
1:18:02
Tim Pritlove
1:18:16
Ingo Sass
1:18:18
Tim Pritlove
1:18:59
Ingo Sass
1:19:00
Tim Pritlove
1:19:08
Ingo Sass
1:19:09
Tim Pritlove
1:19:45
Ingo Sass
1:19:48

Ja, Sie nehmen zum Beispiel ein altes Grubensystem, also ich habe, jetzt gerade in Bochum geschieht das jetzt aktuell und wird geplant und man beabsichtigt auch die Umsetzung, ich halte eben auch ein gewisses Bergwerksvolumen offen, ich lasse das absaufen, um eben Wasser da drin zu haben und ich kann dann unter Umständen auch diese Systeme nutzen, um volatil erneuerbare Energie, also Solarthermie oder Kraftwerkabwärme sogar aktiv einzuspeichern, wenn ich sie nicht gebrauchen kann im Sommer und dann im Winter dort herauszufahren. Also dort kann man mit relativ überschaubarem Aufwand, aber eben auch individuell wieder standortbezogen Planung machen, die da einen großen Energiebeitrag liefern können. Das Problem an solchen Aktivitäten ist in der Regel, wie beurteile ich die Gebirgsstruktur? Und was muss ich tun, um eben auch einen Zustand im Bergwerk zu erhalten, den ich brauche? Ich will dann ja auch nicht, dass es weiter verstürzt, die Grubenbaue, jedenfalls nicht in Größenordnungen. Ich will ja nicht durch das geothermische Tun andere zusätzliche Risiken oder Probleme erzeugen. Also da liegen die Planungsanforderungen eher auf dem Teil, wie gehe ich mit dem Altbergbau um und was sind da für Sicherungsmaßnahmen zu machen? Weil natürlich der Stilllegungsbergbau, die Stilllegungsbetriebspläne haben natürlich zunächst mal keine Geothermienutzung und Nachnutzung im Kopf und es gibt natürlich auch Betriebspläne für Kohlegewinnung und nicht für Erdwärmegewinnung, das ist auch rechtlich etwas anderes. Aber grundsätzlich ist das Potenzial da im Ruhrgebiet sehr sehr groß durch den Bergbau.

Tim Pritlove
1:21:49
Ingo Sass
1:21:55
Tim Pritlove
1:22:58
Ingo Sass
1:23:00
Tim Pritlove
1:24:34
Ingo Sass
1:25:12

Okay, also politisch, erneuerbare Wärme vermeidet Treibhausgase. Wir müssen die Wärmewende hinbekommen, weil dort verlieren wir sonst die Energiewende- Also sowohl politisch als auch von den tatsächlichen naturwissenschaftlichen und technischen Zielen. Das heißt, wir haben gar keine andere Chance als erneuerbare Wärmeversorgung in Größenordnungen bereitzustellen. Wir können auch nicht warten, dass der Klimawandel so schnell vorangeht, dass wir keine Wärme mehr brauchen. So schnell wir des dann doch nicht gehen. Und ich bin überzeugt davon, das wird nicht ohne Geothermie gehen, weil wir werden den geothermischen Untergrund schon alleine deshalb brauchen, um volatile, zum Beispiel solarthermisch gewonnene, Wärme im Untergrund zu speichern. Und das wird nicht funktionieren in Deutschland, ich kann jetzt da mehr nur für Deutschland sprechen, weil die Regelungssituation in anderen Ländern zum Teil dramatisch anders ist als hier, in Deutschland wird das nicht funktionieren, wenn wir es nicht schaffen, genehmigungsrechtlich, planungsrechtlich, eigentumsrechtlich, Großanlagen, also Speicher mit Wärmeleistungen, Arbeit von 20-30-100 Gigawattstunden Wärme pro Jahr, im urbanen Bereich zu installieren. Und dazu müssen Sie erst mal Flächen finden. Und da überlegen Sie mal in Deutschland, stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein Mietshaus und jetzt kommt die Politik und sagt Ihnen, bei deiner nächsten Heizungsrenovierung verbieten wir dir eine hausbezogene Lösung, du musst dich an den Großwärmespeicher um die Ecke anschließen. Stellte Sie sich das mal vor, wie Sie das durchsetzen wollen? Also uns fehlen unserer Meinung nach raumgreifend die rechtlichen Randbedingungen, um wirklich Wärmewende in Größenordnungen zu machen. Ich denke, das ist logisch, ich will gar nicht gegen dieses klassische Beispiel der Geothermienutzung auf dem Einfamilienhausbereich sprechen. Natürlich macht das Sinn und es ist auf jeden Fall sinnvoller, wir beide machen in unserem Haus oder in unserem Wohnhaus eine geothermische Energieversorgung, Wärmeversorugng als eine, die auf fossilen Brennstoffen basiert oder auf anderen nicht nachhaltigen Lösungen. Ich meine, auch Fernwärme, die aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird, ist ja zwar vor Ort sauber, aber nicht an der Erzeugungsseite. Aber das ist so, wie in allen Dingen, wenn Sie ein kleines System haben, das ist ineffizient per se, weil Sie brauchen natürlich für ein kleines System Steuerungs-, Regelungstechnik, Sie brauchen Genehmigungsverfahren, Sie brauchen Planung, Sie brauchen Hausanschlüsse etc. pp., Sie brauchen Bohrungen, Sie müssen das individuell durchziehen und Sie erschließen nur ein kleines Volumen am Untergrund. Das heißt also, Ihre Verlustleistungen in den nicht erschlossenen Untergrund ist natürlich spezifisch größer. Das heißt, dadurch frisst die Energiewende die Energiewende.

Tim Pritlove
1:28:39
Ingo Sass
1:28:40
Tim Pritlove
1:29:21
Ingo Sass
1:29:22

Subventioniert, ja Sie können für Gasheizung mit erneuerbaren Anteilen, also wenn Sie zum Beispiel eine Solartherme koppeln mit einer Gasheizung, kriegen Sie 20% fast unter Umständen der Investitionssumme gefördert. Das ist natürlich vor dem Hintergrund aller Klima- und anderer Überlegungen und auch politischer Überlegungen und auch Abhängigkeiten, die Deutschland dabei eingeht, ist für mich nicht nachvollziehbar. Also das sind viele Randbedingungen, die da reinspielen, aber wenn man das alles nimmt, dann ist Geothermie halt bereits wettbewerbsfähig auf der Wärmeseite. Wenn Sie einen Abschreibungszeitraum von 10-15 Jahren betrachten. Wenn Sie das auf 2-3 Jahre betrachten, dann nicht, dann ist die Gastherme immer die billigere Lösung. Aber mit der kaufen Sie ja ständig Brandstoff, mit einer Geothermielösung kaufen Sie nur den Brandstoffanteil vielleicht zu 25%. Und natürlich ist es so, je länger Sie die Geothermieanlage betreiben, desto wirtschaftlicher wird das. Und es muss unserer Mienung nach schon dringend so sein, dass die nicht nachhaltigen und ich halte jedwede Form von fossilen Rohstoffen verbrennende Energieversorgung für nicht nachhaltig. Eine Gasversorgung ist zwar sauberer als eine braunkohlegestützte Versorgung, aber darum ist sie trotzdem nicht gut. Und in diesem Punkt haben wir, glaube ich, viel viel mehr politische Arbeit zu tun und gesellschaftliche als technische. Die Systeme stehen zur Verfügung, also die erneuerbaren Heiz- und Kühlsysteme sind extrem leistungsfähig und extrem sophistiziert und nebenbei bemerkt, sie sind auch wirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch stehen sie auf sehr starken Füßen und sind auch in der Lage, Exportfunktionen wahrzunehmen, die wir sonst so nicht haben. Also um es kurz zu machen, ich bin überzeugt davon, dass es ein richtiger Weg ist, Geothermie zu fördern, zu unterstützen, aber wir würden uns wünschen, dass wir die Förderschwerpunkte auf größere Einheiten legen. Der Wirkungsgrad würde steigen, die Effizienz würde steigen, die spezifischen Kosten würden sinken. Also pro Kilowattstunde Wärme zum Beispiel. Und die geopolitische Abhängigkeit von Deutschland würde dramatisch sinken, von verschiedenen Faktoren.

Tim Pritlove
1:32:03
Ingo Sass
1:32:06

Und ich finde es auch im Sinne der Globalisierung also ein hochgradig kritisches Tun, wenn wir es uns leisten, eine Gesellschaft mit dem höchsten spezifischen pro Kopf Energieverbrauch zu sein, dann bin ich der Meinung, sind wir auch gezwungen, die heimischen Ressourcen zu nutzen und nicht unsere Energieprobleme sozusagen in anderen Ländern zu regeln, wie auch immer man das dann tut. Und Geothermie ist natürlich standortunabhängig und geopolitisch auch besonders wertvoll. Aber wir haben auf der anderen Seite eben diese Förderung, also nehmen wir die EnEv, die Energieeinsparverordnung, das ist eine Erfolgsgeschichte. Man hat bei Neubauten Vorgaben gemacht, dass man den Dämmstandard immer erhöht hat, der spezifische Energieverbrauch unserer Neubauten geht seit Jahren dramatisch zurück, das ist ein großer Erfolg. Ob die Ökobilanz ab einem gewissen Punkt allerdings noch sinnvoll ist, diese Frage wird nicht gestellt. Sie müssen ja auch Dämmstoffe erzeugen, produzieren, in Umlauf bringen, verbauen oder auch die Kosten fürs Bauen und damit die entstehenden Kosten fürs Wohnen und Leben. Wir haben ja gerade eine aktuelle Diskussion zu dem Thema, die sind dabei nicht verpreist. Und wie gesagt, wir sind jetzt mit den Energieeinsparvorgaben an einem Punkt, wo wir mit enorm großem Aufwand nur noch einen geringen zusätzlichen Energieeinsparerfolg erzielen. Geothermie ist halt grundlastfähig ist immer da, ich bin dafür, lasst es doch ruhig mal ein bisschen durchs Fenster ziehen, wenn wir auch günstiger bauen. Weil wir dort, wenn wir eine reine Geothermienutzung haben, dann eben erneuerbar fahren und somit, wie sagt man, ich benutze das Wort nicht so gerne, klimaneutral.

Tim Pritlove
1:34:09
Ingo Sass
1:34:22
Tim Pritlove
1:34:36
Ingo Sass
1:34:37

Ja, das ist nicht nur so, dass die Energiewende die Energiekosten zunächst erhöht, sondern durch die Vorgaben erhöht es auch den Quadratmeterpreis und damit letztendlich auch die Miete. Außerdem, wenn man mit Architekten spricht, also vor ein paar Jahrzehnten hat man, glaube ich, noch 2% für Putz und sonstiges genommen, ich glaube, mittlerweile nehmen die über 5% an. Wir verbrauchen damit natürlich auch enorm viel Fläche, die wir nicht nutzen und bauen die zu durch Dämmung. Man muss wirklich überlegen, inwieweit das ein in der Zukunft sinnvolles Handeln ist, ich möchte das nochmal betonen, ich bin der Meinung, das ist bis zu einem gewissen Punkt sicherlich eine Erfolgsgeschichte, die EnEv, aber wir kommen mit einer immer weiteren Verschärfung der Vorgaben der EnEv möglicherweise nicht zu dem Ziel, das eigentlich beabsichtigt ist. Das man eigentlich erreichen will. Das andere Problem an diesen Regelungen ist, wir hinken natürlich im Bereich Altbau komplett hinterher. Also ich weiß nicht, Deutschland hat, glaube ich, so ungefähr 60 Millionen Gebäude und wir bauen ja nur 150-200.000 im Jahr dazu. Das heißt, die EnEv greift ja im Neubaubereich. Wir haben jetzt entsprechende komplementäre Regelungen für den Altbaubereich. Aber im Altbaubereich da ist eigentlich das Problem und da ist die Masse und da ist auch die Zeitachse zu beachten, das wird so schnell nicht gehen. Ich meine, man stelle sich vor, man besitzt ein Objekt und will es vermieten, das ist auch nicht jedermann in der Lage, dort die vielleicht technisch notwendigen und gewünschten Maßnahmen zu machen. Und wenn man sie dann machen muss, werden sie so teuer, dass man einen enormen Impact auf die Mieten hat. Also ich sehe schon das Geothermieproblem sehr sehr stark verknüpft oder das Wärmeproblem sehr sehr stark verknüpft auch mit gesellschaftlichen Problemen, die man da antizipieren kann und in Beziehung setzen kann.

Tim Pritlove
1:36:41
Ingo Sass
1:36:52
Tim Pritlove
1:37:27
Ingo Sass
1:37:31

Also Nahwärme, da reden wir von, also ich trenne jetzt mal nicht Speicherung und Erzeugung, also wenn man eine Geothermieanlage hat, dann wäre das so im Quartiersbereich, also im Stadtviertelbereich, das wäre Nahwärme. Und wir bräuchten natürlich für den Heizungsbereich auch eine kalte Nahwärme, also typische Fernwärmenetze der älteren Generation, die haben dann eben Temperaturen so von 80-90-100-110-120 Grad, je nachdem um was es sich handelt, das ist natürlich etwas, wenn Sie sich überlegen, eine Solarthermieanlage in Spitzenzeiten, also senkrecht stehende Sonne im Hochsommer, die bringt vielleicht 130-140 Grad nach unten theoretisch, aber in den Tagesrandzeiten und in den Jahresrandzeiten eben nur 70-80 Grad. Das heißt also, selbst wenn man so einen Untergrundspeicher geothermisch auflädt auf 90 Grad, dann hat man in der Regel gar nicht die Möglichkeit, eben diese Vorlauftemperaturen zu erreichen. Da spielt auch die Gebäudedämmung enorm rein. Wenn Sie Gebäude dämmen und umbauen und energetisch nachrüsten, was meiner Meinung nach auch bis zu einem gewissen Grad extrem sinnvoll ist, nur die Frage ist, wo legen wir die Messlatte für diesen Grad, dann kommen Sie natürlich mit den Vorlauftemperaturen noch runter. Ein Nahwärmenetz, das mit geringerer Vorlauftemperatur gefahren wird, verliert spezifisch weniger Energie. Wissen Sie auch, wenn Sie den Kaffee kochend eingießen, dann die ersten 5-10 Grad kühlen wesentlich schneller ab, als das was dann kommt und das bedeutet, also da muss man schon einen Optimierungsprozess machen. Das heißt, das was wir hier reden und was wir hier fordern ist wirklich ein planerischer Gesamteingriff.

Tim Pritlove
1:39:32
Ingo Sass
1:39:33
Tim Pritlove
1:41:04

Ja.

Ingo Sass
1:41:05
Tim Pritlove
1:41:35
Ingo Sass
1:42:03
Tim Pritlove
1:42:03
Ingo Sass
1:42:18
Tim Pritlove
1:42:30
Ingo Sass
1:42:30
Tim Pritlove
1:43:34
Ingo Sass
1:43:57

Also wir wissen aus Holland zum Beispiel, dass es die geothermische Speicherung und Nutzung in größeren Anlagen wesentlich weiter verbreitet ist, da zirkulieren Zahlen im Moment von etwa 2.000 Anlagen, aber man muss sagen, diese Zahlen muss man dann auch sich vor Augen führen, also da Sie ja mit jeder geothermischen Anlage heizen und kühlen können, also auch mit der kleinsten Hausanlage. Sie können die Wärmepumpe so fahren, die kann ja als Kühlschrank oder als Heizung laufen. Und da können Sie natürlich das sommerlich aufgeheizte Haus umgekehrt fahren und die Wärme in den Untergrund abführen, dann haben Sie auch eine Speicheranlage schon mit einer geringen Effizienz, aber Sie haben eine. Also was man da genau mitzählt, weiß man nicht, aber in Holland, in Dänemark läuft die Erschließung von sogenannten Aquipährspeichern, also von im Grundwasser erbohrten angelegten Speichern, im großtechnischen Maßstab. Da muss man jetzt auch wieder dazu sagen, da gibt es sehr sehr viele so klassische Gewächshausanwendungen, aber die Chance, dass Sie eine geothermische Tomate aus Holland bald hier kaufen oder dass Sie eine kaufen, die steigt mit jedem Tag. Übrigens auch Island produziert Tomaten für den Export geothermisch. Und in Dänemark ist das auch eine sehr starke Entwicklung, mit sehr starker Förderung, aber da hat man diesen Quartiersansatz schon viel viel stärker im Blick. Also Dänemark ist ja einer, der am stärksten digitalisierten und überwachten Staaten in Europa. Und man erhebt natürlich da wesentlich mehr auch energietechnische Daten, als das in allen anderen EU-Ländern der Fall ist und damit hat man natürlich auch ein Planungsrandbedingungen, die dazu führen, dass man die Quartiere und Bereiche, wo man gezielt so etwas tun kann, auch besser auswählt und dann ist aber auch der politische Wille dahinter, das umzusetzen. Also ich würde sagen, viel Technologie ist in Deutschland entwickelt worden, wenn wir mal ans Jammern kommen, aber umgesetzt wird es jetzt sehr sehr stark zum Beispiel bei unseren unmittelbaren Nachbarn im Norden und im Westen. Dann die Schweiz ist sehr sehr stark in der Geothermienutzung, aber mit einem etwas anderen Konzept. Also da ist man sehr stark auf der Erzeugungsseite, man hat auch einen anderen Untergrund. Man ist ja doch im wesentlichen in den Alpen und im Alpenvorland, das ist ganz anders in Holland, da ist man in diesen Tieflandsbecken mit großen mächtigen Aquiphären also Grundwasserleitern. Also das sind auch andere Verhältnisse.

Tim Pritlove
1:46:32
Ingo Sass
1:46:32
Tim Pritlove
1:46:57
Ingo Sass
1:47:10
Tim Pritlove
1:48:28
Ingo Sass
1:48:29
Tim Pritlove
1:48:38
Ingo Sass
1:48:42
Tim Pritlove
1:48:49
Ingo Sass
1:48:55
Tim Pritlove
1:49:30
Ingo Sass
1:49:42

Was wir tun natürlich, in den letzten 10 Jahren haben sich auch nach dem Fachgebiet oder Lehrstuhl, den ich nun hier aufbauen durfte, haben sich natürlich noch an verschiedenen anderen Standorten eben auch solche Ausbildungs- und Forschungsschwerpunkte gebildet. Wir nehmen da in Darmstadt mithilfe des Stifterverbandes schon für uns in Anspruch, mit die ersten gewesen zu sein. Wir bilden natürlich Leute aus, die Experten werden in diesem System. Das bringt mich in ein ganz anderes Themenfeld, das mich sehr sehr stark bewegt. Ich weiß nicht, ob die disziplinäre und fakultative Ausbildung überhaupt noch Zukunft hat. Es sind so viele verschiedene Anforderungen an Menschen gestellt, die jetzt zum Beispiel Energiefragen bearbeiten, umsetzen müssen, vermitteln müssen, kommunizieren müssen, was da alles notwendig ist. Wir versuchen also ganz bewusst in Darmstadt eben, über diese Grenzen zu gehen. Wir haben also einen interdisziplinären Studiengang eingerichtet an der TU Darmstadt Energieingenieur, wo eben Ingenieuraktivitäten, naturwissenschaftliche Ausbildung miteinander verschmolzen wird. Die Studierenden, die diesen Abschluss machen, wie sagt man, die gehen weg wie die vielbeschworenen warmen Semmeln, und die gehen einschlägig weg. Also das heißt, die gehen auch tatsächlich in den Energiebereich. Wir hatten in einem ersten Ansatz vor einigen Jahren versucht, das Ganze noch breiter zu fassen, eben auch mit den Geisteswissenschaften, also Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Sozialwissenschaften mit einzubeziehen, das ist uns aber von der Deutschen Forschungsgemeinschaft nicht genehmigt worden damals, war vielleicht zu früh. Ich glaube, heute wäre die Zeit reif, auch das zu versuchen. Ist natürlich auch schwierig. Sie können sozialwissenschaftliche Themen und ingenieurwissenschaftliche Themen dann so in einer Promotion oder so was zu verschneiden, das ist schon für viele Fakultäten auch eine Zumutung. Und unsere Wissenschaft ist da noch nicht bereit dafür. Also wir müssen auf jeden Fall sehr sehr stark daran arbeiten, Ausbildung, Ausbildung und Forschung und Forschung in dem Bereich zu verstärken und es muss, glaube ich, für die Wissenschaft auch selbstverständlicher werden, sich auch dazu zu äußern im öffentlichen Raum.

Tim Pritlove
1:52:16
Ingo Sass
1:52:46
Tim Pritlove
1:53:43
Ingo Sass
1:53:46

Ja, man hat da ganz banale Probleme, wenn man so an der Universität arbeitet. Also Sie haben zum Beispiel, ein Kollege/eine Kollegin geht in den Ruhestand und wir müssen eine neue Professur ausschreiben. Da denken wir uns, wir machen ein tolles zukunftsorientiertes Cutting Edge Thema in diesen Lehrstuhl. Dann kommen die Bewerberinnen und Bewerber und die können das dann vielleicht oder sie können es auch nicht, aber was sie nicht können, ist die bodenständige Ausbildung liefern, weil die sind ja Superspezialisten in einem bestimmten Bereich, und am Ende wird es dann so sein, dass dann sozusagen die Alten die Grundlagen vermitteln. Und die werden dann irgendwann auch in den Ruhestand gehen und nur aus Spezialisten und Superspezialisten werden wir keine, ich will gar nicht Ingenieurinnen und Ingenieure sagen, sondern Fachleute ausbilden, die eben so komplexe Vorgänge wie das Beispiel Energieversorgung hier antizipieren und umsetzen. Das wird nicht funktionieren. Sie können nicht fünf Spezialisten zusammensetzen und meinen, dann haben Sie im Mittel eine vernünftige Lösung. Sie brauchen die Leute, die das vernetzen und die über die Disziplinen schreiten können. Und ich glaube, das ist eine wichtige Aufgabe der Universität und ich glaube, das ist eine enorm wichtige Aufgabe auch von Stiftungen, dass man genau in diesen Bereich hinein vielleicht auch gezielt mal etwas tut, was eben die Universität oder die Forschungsstruktur aus sich heraus gar nicht so schnell schafft.

Tim Pritlove
1:55:18