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FG021 Spielen und Lernen

Was "Serious Games" zum Lernen beitragen können

Linda Breitlauch ist Professorin für Game-Design an der Hochschule in Trier, dem stärksten universitären Ausbildungsort für Spieleentwickler in Deutschland. Wir sprechen mit Ihr über Computerspiele und was interaktive Spiele für das Lernen und Lehren bedeuten.

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Veröffentlicht am: 23. November 2015
Dauer: 1:41:01


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Begrüßung 00:00:42.787
  3. Studiengang Intermedia Design 00:01:26.177
  4. Werdegang 00:09:33.954
  5. Spielemechaniken 00:14:31.899
  6. Spielertypen 00:19:57.814
  7. Durch Spielen lernen 00:28:38.186
  8. Serious Games 00:37:16.436
  9. Vom Spielen und mit Computern lernen 00:43:20.956
  10. Kultureller Wandel 00:58:43.460
  11. Serious Games für das Lernen 01:06:10.869
  12. Spiele-basierte Lernmittel 01:18:37.032
  13. Spiele für die Forschung 01:26:17.067
  14. Interaktives und vernetztes Lernen 01:30:22.106
  15. Konsequenzen für die Universitäten 01:34:22.699
  16. Verabschiedung 01:39:30.139

Transkript

Tim Pritlove
0:00:44
Linda Breitlauch
0:01:24
Tim Pritlove
0:01:27
Linda Breitlauch
0:01:36
Tim Pritlove
0:01:39
Linda Breitlauch
0:01:47
Tim Pritlove
0:01:51
Linda Breitlauch
0:01:53
Tim Pritlove
0:02:54
Linda Breitlauch
0:03:01
Tim Pritlove
0:03:04
Linda Breitlauch
0:03:07
Tim Pritlove
0:04:14
Linda Breitlauch
0:04:49

Also wir hatten natürlich grad zum Beispiel im Gestaltung haben wir irgendwie sieben unterschiedliche Studienrichtungen, Architektur beispielsweise, Kommunikationsdesign, Modedesign und so weiter. Was Intermedia Design ausmacht ist grundsätzlich erst mal diese Auffassung, zu sagen, also wir können nicht alles alleine abdecken und wir wollen den Studierenden auch die Möglichkeit geben, zum Beispiel über Wahlpflichtfächer nach ihrer Grundlagenausbildung sich selbst auszudifferenzieren, sich selbst ein eigenes Profil zu machen. Tolle Projekte zu machen, die vielleicht eben auch ein bisschen um die Ecke gedacht sind, ungewöhnlich und mit Studierenden zusammen, die aus einer anderen Richtung kommen. Und das funktioniert eben nur, wenn man sich wirklich interdisziplinär sowohl in diesem Fachbereich als aber auch insgesamt zur Hochschule und von mir aus natürlich auch noch darüber hinaus mit der Universität – da gibt es das eine oder Projekt – und so weiter, sich sozusagen dann entsprechend die Leute zusammensucht, die ihren Schwerpunkt in einem bestimmten Projekt realisieren möchten. Und der dann aber auch vielleicht mal ein bisschen anders gestrickt ist, als man das so üblicherweise kennt. Also sprich wir gehen hier nicht so vor, dass wir sagen, in jedem Semester musst du ein ganz bestimmtes Projekt umsetzen und das ist curricular schon verankert und die Projektanforderung ist XY, programmier was weiß ich Pacman nach oder so was. Sondern die sollen sich tatsächlich zu eigenen Projekten finden und die dürfen ebne auch mal ganz anders sein. Also sie müssen zum Beispiel keine Spieleprojekte sein, von denen man immer ausgehen muss, dass sie möglicherweise anfangen zu kommerzialisieren, sie dürfen auch einen künstlerischen Aspekt haben oder auch komplett andere Ansätze. Die nicht notwendigerweise wirklich später auch auf dem Markt bestehen würden oder müssten, aber die eben ganz viele Möglichkeiten bieten, dass hier jeder Student sich hier ausprobieren kann und auch mal was anderes probieren kann, als was er dann später in der Branche machen. Weil da sind die Vorgaben doch relativ streng und ein Studium finde ich sollte vor allen Dingen dafür da sein, vor allen Dingen in den künstlerischen Bereichen dafür da sein, auch mal Dinge auszuprobieren und keine Angst vorm Scheitern zu haben. Weil Scheitern eben, na wenn man so will, Lernmethode auch dazu gehört. Und das fördern wir natürlich auch. Also nicht das Scheitern, aber das ist eben nicht schlimm, nicht in diesem Kontext, aber die möglich …

Tim Pritlove
0:07:09
Linda Breitlauch
0:07:12
Tim Pritlove
0:08:01
Linda Breitlauch
0:08:16
Tim Pritlove
0:09:36
Linda Breitlauch
0:09:45
Tim Pritlove
0:09:48
Linda Breitlauch
0:09:52
Tim Pritlove
0:09:55
Linda Breitlauch
0:09:58
Tim Pritlove
0:10:24
Linda Breitlauch
0:10:27
Tim Pritlove
0:10:28
Linda Breitlauch
0:10:31
Tim Pritlove
0:10:34
Linda Breitlauch
0:10:43
Tim Pritlove
0:10:52
Linda Breitlauch
0:10:57
Tim Pritlove
0:11:29
Linda Breitlauch
0:11:32
Tim Pritlove
0:11:37
Linda Breitlauch
0:11:49
Tim Pritlove
0:11:52
Linda Breitlauch
0:11:58
Tim Pritlove
0:12:19
Linda Breitlauch
0:12:25

Ja.

Tim Pritlove
0:12:26
Linda Breitlauch
0:12:32
Tim Pritlove
0:12:52
Linda Breitlauch
0:12:54

Genau. Und sich dann auf andere Sachen konzentriert hat. Ich bin aber tatsächlich so Storytelling war irgendwie immer schon so meins. Wollte immer schon mal irgendwas in diese Richtung machen und bin dann sozusagen über diesen Weg so an das Interactive Storytelling gekommen und fand das auch immer eine unglaubliche Herausforderung. Ich habe ja an der Filmhochschule Dramaturgie und Drehbuchschreiben studiert und in diesem Kontext habe ich dann wieder Leute kennengelernt, die in der Spieleentwicklung tätig waren und wo wir dann uns getroffen hatten und gesagt haben, Mensch wie können wir da einen Dialog bauen hier in dem Spiel usw. Und über diesen Weg bin ich dann eigentlich erst darauf gekommen, Mensch das wäre ja tatsächlich auch eine Möglichkeit gewesen, das zu studieren, ach es gibt ja gar kein Studiengang stimmt. Weil ich komme nicht aus der Informatikrichtung, sondern eher aus der Storytelling Gestalterrichtung und da gibt es ja auch erst seit man kann sagen 2007 oder so was Studiengänge in Deutschland, die auch explizit Gamedesign im Vordergrund haben. Und vorher gab es eben nur die Möglichkeit, wirklich über Informatik oder eben über einen Quereinstieg sich hier weiterzubilden. Und das ist mir tatsächlich schon vorher begegnet, weil ich habe ja auch schon in Brandenburg an der Hochschule im Fachbereich Informatik einiges gemacht und das hat mich immer schon begleitet. Aber tatsächlich zu sagen, kann man das eigentlich auch studieren den Bereich Gamedesign, das ist ja bis heute noch vielen nicht bekannt, dass das tatsächlich möglich ist, weil das eben einfach noch nicht so lange existiert.

Tim Pritlove
0:14:32
Linda Breitlauch
0:15:30
Tim Pritlove
0:15:31
Linda Breitlauch
0:15:52
Tim Pritlove
0:16:59
Linda Breitlauch
0:17:01
Tim Pritlove
0:17:16
Linda Breitlauch
0:17:20
Tim Pritlove
0:17:53
Linda Breitlauch
0:17:59
Tim Pritlove
0:18:03
Linda Breitlauch
0:18:04
Tim Pritlove
0:18:12
Linda Breitlauch
0:18:19

Richtig und es kommt interessanterweise eben auf dem Mobile Markt, aber nicht, also natürlich auch mit dem Monetarisierungsgedanken dahinter. Also man steigert den Schwierigkeitsgrad und dann verliert man seine fünf Leben und dann kann man sich entweder neue kaufen oder muss ein paar Stunden warten. Dazwischen haben wir natürlich noch sozusagen diese Facebook-Ära, die so Spiele wie Farmville oder so was mit groß gemacht haben und die einfach verstanden haben, dass dieses Free to Play Konzept eine Möglichkeit ist, um zu monetarisieren, insbesondere in diesem – jetzt würde ich es tatsächlich so nennen – Casual Games Bereich. Denn de facto sind Arkadegames von der Mechanik, du kannst eigentlich nicht gewinnen, es ist immer so das Spiel gegen das Ende. Das heißt du hast immer eine kurze Spielzeit, aber ein einfaches Spielprinzip, was immer wiederholbar ist und was du auch sofort verstehst, und das kannst du dann natürlich noch variieren und musst es natürlich auch, um einen Wiederspielwert zu haben. Und diese Mechanik ist nicht nur bis heute erhalten geblieben beziehungsweise hat sich natürlich an diesem Free to Play Konzept auch noch entsprechend abgearbeitet. Sondern ist glaube ich noch mit dafür verantwortlich, dass man die Zielgruppe der Gamer nochmal erhöht hat. Weil jeder hat irgendein Smartphone oder was auch immer, du hast also eine viel höhere Reichweite, als damals wo du noch zu den Geräten gehen musstest. Also da ist eine extrem hohe Reichweite, quasi ja jeder, der ein Smartphone oder sonst irgendein mobiles Gerät hat. Und du hast die Chance, Menschen sozusagen dann zum Spielen zu bringen, wenn sie nicht viel Zeit haben. Morgens im Bus, mittags in der Pause oder was auch immer.

Tim Pritlove
0:19:57
Linda Breitlauch
0:20:30
Tim Pritlove
0:21:03
Linda Breitlauch
0:21:05
Tim Pritlove
0:21:51
Linda Breitlauch
0:21:52

Eve Online, also im Grunde genommen das komplexeste und vom Schwierigkeitsgrad her umfassendste MMO, was es wohl derzeit gibt. Man spielt da eben ein Raumschiff und du hast so irrsinnig viele Möglichkeiten, dich auszuskillen und du brauchst eigentlich echt ein Betriebswirtschaftsstudium, um überhaupt mit diesen ganzen ausdifferenzierten Wirtschaftsabläufen und so weiter und so weiter dich auszukennen. Ich meine ein Satz, den sicher jeder kennt, ist, als ich gemerkt habe, dass die Tabellen für WOW, setze beliebiges anderes MMO ein, größer waren als die für mein eigenes Unternehmen, habe ich auch aufgehört zu spielen. Das kann ich total nachvollziehen, dass man einfach anfängt, wirklich taktisch strategisch vorzugehen und wirklich Zeit und Arbeit investiert und auch wirklich richtig was rein gibt. Also auch in die Community was rein gibt. Und dann verglichen zu werden sozusagen mit irgendeinem, der nur Candy Crush spielt, dass das nicht so richtig zusammenpasst, das ist irgendwie auch klar. Das heißt es hat mit der ernsthaften Auseinandersetzung mit einem Spielsystem zu tun oder auch mit vielen Spielsystemen, es gibt ja auch genug Leute, die das in WOW machen, die Gilden führen und die dann eine richtige soziale Verantwortung drin sehen und so weiter. Die also sämtliche Mechaniken kennen, die wissen, welcher Rubin für welche Klasse an welcher Stelle richtig gesetzt sein muss und so weiter. Dass das jetzt nicht vergleichbar ist mit dem Aufwand, den man mit einem Casual Game betreibt, mit irgendeinem Farmville, wo man drei mal am Tag draufklickt, das ist ja ganz klar. Trotzdem ist diese Wertediskussion letzten Endes naja eigentlich nicht so wirklich notwendig. Im Sinne von, es tut ja keinem weh. Wenn irgendjemand sagt, ich verstehe mich als Spieler, was soll es. Also wenn ich ein Buch lese einmal im Monat einen Comic oder wenn ich alle Thomas Mann Bücher in einer Woche lese, kann man diesen Unterschied aufmachen, die Frage ist nur, wem nützt das? Das ist sicher eine Kulturdiskussion und die ist auch spannend zu führen, aber es wird niemals so etwas wie eine Auflösung dazu geben.

Tim Pritlove
0:24:00
Linda Breitlauch
0:25:02

Es sind nicht nur die Mechaniken, die sind vielleicht nicht immer das herausfordernde. Sicher bei manchen Spielegenres schon, sind aber auch bei denen, wo es wirklich, die auch sich für E-Sports zum Beispiel eignen, da geht es um die Beherrschung der Mechanik, aber um wirklich das Spielsystem, ein komplexes Spielsystem auch zu verstehen und strategisch und taktisch zum Beispiel zu beherrschen. Und dann vielleicht noch mit der Komponente, Communitys zu betreuen, also zum Beispiel eine eigene Gilde zu führen oder so was, da wird ja noch viel viel mehr gefordert, als nur eine Mechanik zu beherrschen. Also „nur“, weil es natürlich auch in der Regel, also bei den MMO, die wir jetzt so angesprochen haben, geht es natürlich auch um die Beherrschung einer immer komplexer werdenden Mechanik, aber eher in Form von Prozessen und Abläufen, als nur in Form von, dass ich ein paar Steuerungselemente bedienen kann. Und vielleicht noch in der richtigen Reihenfolge. Sondern da geht es ja um noch viel mehr als das. Und das ist tatsächlich zum Teil Jahre lang, wenn man so will, Arbeit. Also man muss sich auch teilweise Jahre lang damit beschäftigen. Wenn du dir anschaust, also ein berühmteres bekanntes Beispiel ist eben World of Warcraft. Inzwischen ist es ja, was die Community ja selber zum Teil nicht gut findet, casualisiert. Viel einfacher geworden als am Anfang. Wenn man den Startscreen sieht, wenn man ganz neu anfängt, da sind da irgendwie 3-4 kleine Fensterchen, da ist ein bisschen Inventar, da ist ein bisschen dies und das. Wenn man einen Screen von einem Spieler sieht, der schon 500 Stunden gespielt hat, dann ist das Spiel ja kaum noch wieder zu erkennen. Das ist komplett zugelagert mit Interfaces, mit Anzeigen, mit AddOns, mit was auch immer. Was man dann alles gleichzeitig beherrschen muss. Und wer mal jemals auf so einer E-Sport-Veranstaltung, wenn dann zum Beispiel Warcraft oder was auch immer gespielt wird, das ist eine unglaubliche Geschwindigkeit, in der man diese Abläufe ausführen, aber vor allem auch beherrschen muss, also was hat das für Konsequenzen. Es geht ja nicht irgendwie um einen Cookie-Clicker, in dem man nur besonders schnell irgendwas klicken kann. Sondern das Ganze sozusagen wie man interagiert über das Gameplay auch noch einzuordnen in die richtige Taktik und Strategie, um entweder mit seinem Team oder alleine oder wie auch immer voranzukommen.

Tim Pritlove
0:27:20
Linda Breitlauch
0:27:25
Tim Pritlove
0:27:26
Linda Breitlauch
0:27:46
Tim Pritlove
0:28:38
Linda Breitlauch
0:29:35

Also Realität ist ja so ein Begriff, der immer gerne mit Wirklichkeit gleichgesetzt wird, was aber eigentlich gar nicht stimmt. Realität ist ja nur das, was wir wahrnehmen von der Wirklichkeit und es gibt nicht ohne Grund den Begriff virtuelle Realität. Was im virtuellen Raum passiert, kann für mich in meiner Realität ja genauso wirklich sein, wie eine objektive Wirklichkeit, der Tisch, der in diesem Raum steht. Also das ist immer so ein bisschen die Diskussion, die man führen kann und will, ist das sozusagen alles was im virtuellen Raum passiert, das ist ja alles irgendwie nicht real, sagt man immer so gerne. Das ist natürlich Unsinn. Aber das heißt, kann man aus Spielen etwas lernen? Das ist eigentlich nicht wirklich die Frage, denn Spiele oder das Spielen an sich ist ja sozusagen eine der ersten und wichtigsten und effektivsten Lernformen, die es überhaupt gibt. Man weiß das aus der Pädagogik schon lange, es bestreitet ja auch gar keiner. Was man nur bestreitet ist, können Computerspiele, die eben sozusagen auf dem Bildschirm stattfinden und mir ein Tor geben zu einer wie auch immer gearteten virtuellen Welt, können die sozusagen das was das Spiel an positiven Effekten hat ebenfalls abbilden oder ist es nicht eher das Gegenteil davon? Da muss man sich natürlich erst mal die Frage stellen, nur weil es auf einem Bildschirm stattfindet ist es deswegen schlechter als andere Spielprinzipien? Ist sicher zu diskutieren, keine Frage. Man spricht ja also irgendwie von haptischem Erleben und so weiter. Das Spielprinzip an sich ist auf jeden Fall erst mal die Möglichkeit, sehr effektiv zu lernen, weil es immer in einem geschützten Raum stattfindet. Das heißt ich habe im Prinzip in dem Moment, wo ich im Spiel gewinne oder verliere, zwar etwas erlebt und gelernt, aber es ist erst mal noch nicht in der Wirklichkeit relevant. Also es hat noch keine Konsequenzen in der Wirklichkeit. Und das bedeutet im Grunde genommen, dass das Spiel deswegen einer der besten Lernformen sein muss, weil ich so lange probieren kann nach meinem eigenen Rhythmus, deswegen spricht man da immer von dem Aspekt der Probehandlung, bis ich tatsächlich in einem bestimmten Punkt oder irgendwelchen Dingen so gut geworden bin, dass der Lernprozess als abgeschlossen angesehen werden kann, im Hinblick auf bestimmte Dinge. Und tatsächlich ist es beim Spiel so, ich kann selbst wenn ich sehr viel Zeit mit einem Spiel verbringe, wird es immer irgendwann einen Punkt geben, wo ich sage, ich habe alles gemacht in diesem Spiel, ich bin der beste und jetzt höre ich auf. Also High-Level-Depression wenn man so will. Das geht tatsächlich nahezu jedem Spieler irgendwann mal so, wenn er das nur als sagen wir mal Hobby betreibt. Dass man irgendwann merkt, also ich bin jetzt sozusagen hier der Experte geworden und deswegen wende ich mich jetzt etwas anderem zu. Dem Menschen ist es zutiefst verinnerlicht, zu lernen. Und das machen wir auch alle gerne. Wir machen das vor allen Dingen deswegen gerne, weil wir intrinsisch davon angetrieben werden. Und man kann sich höchstens die Frage stellen, ist es problematisch, zum Lernen extrinsische Motivationsfaktoren einzusetzen. Also angefangen von so was banalem wie einer Benotung in der Schule, bis hin zu, du bist nicht versetzt, weil deine Noten so schlecht sind und so weiter und dem Aspekt zu sagen, du musst heute viel schaffen, damit du irgendwann später einen guten Beruf erlernen kannst. Zum Beispiel einem 13-Jährigen. Wenn du immer schön toll lernst und gute Noten bekommst, wirst du irgendwann mal in deinem Leben später was davon haben. Und das ist so ein bisschen die Schwierigkeit, das Lernen an sich macht an sich immer Spaß. Aber es muss im Prinzip so strukturiert sein, dass der Lernerfolg auch spürbar ist und dass er sich nicht nur in irgendetwas abbildet wie so was abstrakten, wie beispielsweise einer Note. Sondern, und das ist der zweite wichtige Punkt, der Spiele so effektiv beim Lernen macht, das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Ich tue etwas in diesem System und dafür sind Computerspiele tatsächlich sehr geeignet, weil sie ein Feedback geben können auf das was ich tue und das was dann im System passiert meldet mir dann zurück, ist das eine erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Strategie. Wenn ich in einem Aufbauspiel Wirtschaftsketten anfange zu bauen, ich fange an mit einer Holzhütte, nächste Produktionsstätte und so weiter und so weiter, dann ist das zwar kein Abbild der Realität, der Wirklichkeit, sondern es ist eine Vereinfachung, eine Abstraktion, aber mit Abstraktionen arbeiten wir immer. Aber es veranschaulicht bestimmte Prozesse, die aufeinander aufbauen und ich stelle also eine Holzhütte irgendwo hin und stelle fest, wenn ich mir das Spiel anschaue, okay es ist viel effektiver, eine Holzhütte direkt an den Wald zu stellen, als irgendwo in die Wüste. Und das heißt, ich fange im Grunde genommen an, in der Pädagogik nennt man das Learning by Doing, ich fange im Grunde genommen an, Prozesse zu lernen, indem ich ein sofortiges Feedback oder auch ein von mir aus etwas späteres Feedback bekommen, auf das was ich da tue. Also es heißt, es ist sinnvoll, kann ich damit das Problem lösen oder nicht? Und deswegen kann man Spiele zum Lernen hervorragend nutzen. Was natürlich nicht heißen soll, dass alle Computerspiele dafür gedacht sind. Das ist natürlich klar. Man kann zwar feststellen, ja in jedem Spiel lerne ich irgendwas.

Tim Pritlove
0:34:56
Linda Breitlauch
0:34:58

Sie könnten dafür gedacht sein, dann sagt man, okay das sind Serious Games, die sind jetzt wirklich explizit dafür gedacht, etwas bestimmtes zu vermitteln, eine bestimmte Kompetenz zu vermitteln und dann gucken wir auch, ob das wirklich so funktioniert. Aber de facto lernen wir natürlich in allen Spielen irgendwas und nicht immer ist das vielleicht auch sinnvoll, was man da lernt, aber das wiederum hat überhaupt nichts mit dem Thema des Spiels zu tun. Und das ist die Diskussion, die in den letzten Jahren viel zu häufig und teilweise auch falsch geführt wurden, nämlich zu sagen, es ist ein bestimmtes Genre, sagen wir mal ein Egoshooter, da lernen wir, Thema ist irgendwie eine Auseinandersetzung zum Beispiel mit dem Krieg und dann lernen wir sozusagen das Thema. Also vom Prinzip her ist das natürlich blödsinnig, weil was ich lerne ist nicht – ich lerne ja zum Beispiel in einem Jump n Run nicht springen und laufen, sondern da steuere ich eine Figur, die dann, das Gameplay ist springen und laufen und was lerne ich? Ich lerne eine bestimmte Form der Hand-Auge-Koordination. Eine bestimmte Form der Geschicklichkeit. Das heißt es ist immer eine Abstraktion. Deswegen muss man sich eben sehr genau anschauen, was eigentlich wird vermittelt? Also wenn ich ein Spiel habe, wo ich sehr schnell reagieren muss, es ist immer klassisch Hand-Auge-Koordination, Geschicklichkeit, Reaktionsvermögen. Wenn es in einem 3D-Raum stattfindet, in einem sehr verwinkelten vielleicht, dann lerne ich räumliches Vorstellungsvermögen und so weiter. Wenn ich sage, ich will mit einem Computerspiel Mathekenntnisse vermitteln, kann man das mit Sicherheit tun, aber man tut es nicht, indem man jetzt Matheaufgaben wie in einem Mathebuch darstellt und dann was weiß ich, einfach einen Lehrtext angibt und hinterher ein Häkchen dahinter macht, ist richtig, sondern man würde versuchen, in einem Spiel eine Aufgabe zu finden, wofür man diese Matheformel braucht, um sie zu lösen. Wenn ich also den Satz des Pythagoras vermitteln will, dann ist es doch viel sinnvoller, anstatt die Formel auswendig zu lernen, tatsächlich eine Umgebung zu schaffen, eine Spielherausforderung zu schaffen, in der ich den Satz des Pythagoras auch umsetzen muss, um dann zu merken, ah mit dieser Formel ist es mir möglich, diese Spielherausforderung zu lösen. Und das ist so ein bisschen die Problematik, dass man häufig denkt, bestimmte Genres haben einen bestimmten Effekt und das ist aber einfach nicht wahr. Es gibt ein Beispiel zu nennen, Spec Ops: The Line ist eben ein Egoshooter, der das Thema Krieg beinhaltet und was viele viele und gute positive Kritikerstimmen bekommen hat, weil es das Thema und das Genre eben so aufnimmt, dass es Gesellschaftskritik übt. Also sprich, es ist eigentlich man könnte fast sagen, ein Antikriegsspiel. Weil es dem Spieler vor Augen führt, was passiert, wenn sozusagen Entscheidungen getroffen werden müssen, die eben in sehr vielen Fällen in der Wirklichkeit auch dann wirklich zu Traumas führen, zu Traumata führen. Und deswegen ist das Spiel auch sehr gelobt worden, obwohl es sozusagen ein 18er Spiel ist.

Tim Pritlove
0:38:06
Linda Breitlauch
0:38:08
Tim Pritlove
0:38:27
Linda Breitlauch
0:38:33
Tim Pritlove
0:39:58
Linda Breitlauch
0:40:08
Tim Pritlove
0:41:04
Linda Breitlauch
0:41:17
Tim Pritlove
0:42:29
Linda Breitlauch
0:42:33
Tim Pritlove
0:43:19
Linda Breitlauch
0:44:43

Also ich glaube zwei Dinge sind da wirklich entscheidende Fragestellungen. Die eine ist die, lernen wir eigentlich wirklich auf die richtige Art und Weise, wenn wir uns Wissen reinziehen, auf irgendwelche Art und Weise? Man spricht ja nicht ohne Grund von der Akademikerbulemie. Ich lerne das alles irgendwie auswendig, schreibe dann die Klausur so irgendwie und danach vergesse ich alles wieder. Für manche Studiengänge vielleicht zum Teil auch unabdingbar das nicht zu bestreiten. Aber es wäre natürlich durchaus denkens- und wünschenswert, andere Methoden zu finden, außer denen sozusagen nur das Wissen in irgendeiner Form kontextlos in sich aufzunehmen, also sprich auswendig zu lernen. Sondern das Wissen in irgendeiner Form zu erwerben, die Kompetenzen in irgendeiner Form zu erwerben und da sind Spiele als Belohnungssysteme sozusagen und Feedbacksysteme absolut geeignet dafür. Das ist eine wichtige Fragestellung. Das heißt, man kann darüber nachdenken und das tun wir hier auch intensiv, wie kann man die Wissensvermittlung, was ja Hochschulen meistens tun, Kompetenzvermittlung, in künstlerischen Studiengängen auf jeden Fall auch, und nicht nur dort, also Wissens- und Kompetenzvermittlung, wie kann man das auf eine Art und Weise tun, die mehr Involviertheit seitens der Lehrenden erfordert. Also sprich einbeziehen, selber umsetzen. Spielprinzipien sind dazu sehr geeignet, weil sie eben die Möglichkeit schaffen, zu konstruieren. Also sprich, ich kann ein System schaffen, in dem Probleme gelöst werden müssen und ich kann selber nachvollziehen, wie das Problem gelöst wurde. Der andere Punkt ist das was eben sehr speziell ist für Gamesstudiengänge ist, wie können wir sozusagen die Komplexität der Spieleentwicklung vermitteln und verbessern. Das ist ja sinnvollerweise auch nicht alleine durch Wissensvermittlung umzusetzen. Und das bedeutet, dass im Grunde genommen, also das ist das was ich am Anfang sagte, warum wir so viele Projekte machen, die auch die eigenen Ideen der Studierenden mit aufnimmt, sie müssen im Grunde genommen ein Proof of Concept liefern, warum die Ideen, die sie ursprünglich haben, ob sie funktionieren oder nicht als Spiel und das ist gar keine so kleine Herausforderung. Denn ein Spiel – ich sage es jetzt mal auch wieder ein bisschen in Anführungszeichen – keinen Spaß macht, hat sein Ziel letzten Endes verfehlt. Es gibt natürlich ein bestimmtes Genre, also Non-Games, was sagt, diese Spiele wollen gar keinen Spaß machen, die haben aber eine andere Funktion, die will ich jetzt mal außen vor lassen. Aber ansonsten funktioniert ein Spiel nur dann, wenn es tatsächlich irgendeine Form von Freude bereitet. Also einen gewissen Unterhaltungswert hat. Und der wiederum entsteht nur dann, wenn ich tatsächlich mit dem Spiel was lernen kann. Wenn es zu einfach ist, wenn es zu schwierig ist, wenn das Feedbacksystem nicht gut funktioniert, wenn die Kommunikation im Spiel zum Spieler nicht gut funktioniert, dann macht es keinen Spaß. Also es sind so viele Komponenten, die dazu führen, und der wichtigste Punkt ist eben der, ich muss immer herausgefordert werden als Spieler, darf aber nicht überfordert werden. Im Prinzip vergleichbar und da sieht man eigentlich, wie nahe spielen und lernen aneinander sind, die Flow-Theorie. Die Flow-Theorie in der Lerntheorie ist identisch mit der Flow-Theorie in der Spieletheorie.

Tim Pritlove
0:48:18
Linda Breitlauch
0:48:19
Tim Pritlove
0:49:31
Linda Breitlauch
0:49:50
Tim Pritlove
0:50:18
Linda Breitlauch
0:50:21
Tim Pritlove
0:50:25
Linda Breitlauch
0:50:26
Tim Pritlove
0:50:27
Linda Breitlauch
0:50:30

Oder so was ja. Und wenn man das aber extrapoliert, also die technischen Möglichkeiten nimmt, die es gibt, ist immer der Moment, wo ich mit dem Spiel interagiere, ist das Spiel in der Lage, das zu sehen, was ich da tue. Und wenn er merkt, immer an der selben Stelle schafft er das Level nicht und das ist nicht nur einer, sondern das sind viele. Das ist das was in Testverfahren gemacht wird. Und da sagt man sich, musste der jetzt an dieser Stelle scheitern, ist das so gewollt vom Gamedesigner? Nein, eigentlich nicht, das soll eigentlich eine einfache Stelle sein, okay, dann kann man das erst mal ändern. Individualisieren kann man es auf genau dieselbe Art und Weise. Ich lese nicht nur sozusagen die Daten aller Spieler aus, sondern nur eines einzigen und stelle eben fest, wie schnell wie leicht kommt er da durch? Also wir kennen das jetzt halt durch diese üblichen Schwierigkeitsgrade, machst du dieses Spielegenre zum ersten Mal, brauchst du erst mal eine Einführung, möchtest du das Tutorial noch mal machen, du kannst sagen leicht, mittel, schwer. Was immer das dann bedeutet, das weiß man ja nicht, wenn man das Spiel noch nie gespielt hat. Das ist so die Krücke. Inzwischen aber geht das viel weiter. Man kann im Grunde genommen heute sehr wohl herauslesen, - also nicht alle Spiele machen das natürlich – aber es ist möglich, herauszulesen, wie gut kommt der Spieler mit dem Spiel zurecht. Müssen wir die Herausforderung quasi in Realtime etwas runter fahren. Also wird das Spiel leichter sozusagen, wenn man merkt, der Spieler kommt nicht so zurecht, wie er normalerweise zurechtkommen sollte. Oder umgekehrt, er kommt viel zu gut zurecht, machen wir es dann ein bisschen schwerer. Also gehen tut das schon, ist allerdings auch nicht so ganz einfach, weil Spieler so was auch schnell merken.

Tim Pritlove
0:52:09
Linda Breitlauch
0:52:27
Tim Pritlove
0:52:28
Linda Breitlauch
0:52:38

Also was wir tatsächlich machen, ja also das wünsche ich mir schon seit langem, und mehr und mehr versuche ich, das auch umzusetzen. Aber was wir hier vor allem machen ist, viel zu spielen tatsächlich, aber sofort auch zu analysieren, was tun wir da eigentlich. Das ist klar einfach mit Brettspielen, Kartenspielen, damit fangen wir in der Regel an und gehen dann eben eine Ebene weiter. Weil bei Brett- und Kartenspielen, da kann ich das Regelwerk durchschauen, da habe ich es ja sogar schriftlich daneben liegen, bei Computerspielen lässt sich das nicht so einfach durchschauen. Das heißt wir spielen sehr viel und analysieren dann aber auch nach den unterschiedlichen Aspekten. Welche Spielprinzipien stecken dahinter? Welche Mechanik wird angesetzt? Was ist, wenn ich bestimmte gesetzte Dinge ändere? Wie zum Beispiel den Aspekt, vollständige Information, unvollständige Information. Also es gibt eben eine ganze Menge Kriterien, die ich ansetzen kann, um ein Regelwerk zu verändern oder es zu optimieren. Ein ganz einfaches Beispiel, nehmen wir mal Pong, weil wir schon drüber gesprochen haben. Was wäre, wenn Pong ein Spiel mit unvollständigen Informationen wäre? Das würde bedeuten, ich sehe quasi nur meine Seite, ich sehe also meinen Schläger und ich sehe ab der Seite, wo der Strich in der Mitte ist, sehe ich erst das Spielfeld. Das heißt, ich habe viel weniger Zeit zu reagieren und sehe nicht, von wo der Ball kommt und dadurch würde das Spiel unglaublich viel schwieriger werden. Schneller wahrscheinlich auch, aber vielleicht auch weniger taktisch, mehr sozusagen nur auf Hand-Augen-Koordination, aber nicht mehr so taktisch, weil ich nicht weiß, wo der andere Spieler steht. Und so was machen wir tatsächlich dann indem wir es versuchen einfach. Wir schauen uns diese Spielregeln an und verändern sie zum Beispiel. Und reflektieren darüber, okay was bedeutet das? Und diese Bedeutung, wie können wir das nutzen für andere Zwecke?

Tim Pritlove
0:54:30
Linda Breitlauch
0:55:28

Na ich glaube, man muss sich erst mal grundsätzlich die Frage stellen, was man überhaupt möchte. Möchte man Menschen etwas beibringen, was sie dann weitertragen? So ganz im Sinne von, ich stehe auf den Schultern eines Riesen und das bedeutet, ich muss erst mal so und so viel Material selber haben, bevor ich überhaupt alleine loslegen kann. Und je nachdem, in welchem Studiengang ich mich befinde oder in welchem Lehrgebiet ist der Anteil dessen, was ich sozusagen von anderen erfahren muss, relativ groß. Die Frage ist, muss man das auswendig lernen? Nein, da gibt es sicher ganz andere Möglichkeiten. Da zum Beispiel würde sich wirklich anbieten, so was in spielerische Kontexte umzusetzen. Aber ich denke, ein zweiter vielleicht noch spannenderer Punkt ist, sich zu vergegenwärtigen, wie häufig sich das Wissen der Welt verdoppelt. Man sagt so, alle drei Jahre verdoppelt sich das Wissen der Welt. Von wem kann man denn verlangen, selbst auf seinem eigenen Fachgebiet, alles zu wissen? Also wie viel Wissen, Bildung brauch ich denn überhaupt und wie viel mehr Kompetenz brauche ich in Bezug auf, wie kann ich selber Probleme lösen? Letzten Endes es gibt viele Professoren, die verbieten die Nutzung eines Computers, Internet, Skripte, Bücher oder so was bei einer Klausur. Ich bin ganz offen, ich halte das tatsächlich für wenig sinnvoll. Zumindest im Hinblick darauf, dass ich später mal irgendwann einen Job habe, wahrscheinlich in einem Büro sitze, wahrscheinlich Internet habe, wahrscheinlich Bücher im Regal habe, warum soll ich das nicht nutzen? Also warum soll mir das Wissen der Welt zu meinem Fachgebiet nicht permanent zur Verfügung stehen? Vielmehr wäre es doch überlegenswert, zu sagen, um zu wissen, was der Mensch, der da jetzt sitzt und seine Klausur oder was auch immer schreibt, wirklich kann, ist, stell ihm doch alles zur Verfügung was es gibt und stell einfach andere Fragen und guck mal, was er daraus macht. Es muss nicht unbedingt immer nur im Bezug auf den Beruf sein. Das ist ganz klar, ich meine wir sind eine Hochschule, wir sind stärker an der Berufspraxis orientiert als eine Universität. Aber dennoch, was wir doch eigentlich wollen sind Menschen, die …

Tim Pritlove
0:57:39
Linda Breitlauch
0:57:40
Tim Pritlove
0:58:47
Linda Breitlauch
0:59:05

Ja.

Tim Pritlove
0:59:07
Linda Breitlauch
0:59:44
Tim Pritlove
1:00:45
Linda Breitlauch
1:00:49
Tim Pritlove
1:01:23
Linda Breitlauch
1:01:25

Ganz genau, weil es darum ging, was kannst du mit dem was du hast entwickeln, um eine Fragestellung, ein Problem zu beantworten oder dir was auch immer zu erarbeiten. Also wenn es zum Beispiel um wissenschaftliche Fragestellungen ging, dann hilft einem das ja nichts, irgendwas irgendwo raus abzuschreiben, sondern muss man eigene Gedanken entwickeln und selbst reflektieren. Und da ich das dann relativ häufig gehört habe von Studenten, vor allem von denen, die jetzt gerade von der Schule kommen, habe ich natürlich irgendwann angefangen, das zu hinterfragen, woran liegt denn das? Und nachdem ich ja auch selbst eine Tochter großgezogen habe, ich meine es liegt natürlich zum Teil daran, dass es häufig die Auffassung gibt innerhalb von Lehrsystemen oder Lehrbetrieben, es gibt richtig und falsch. Und de facto ist das einfach eine viel zu kurze Möglichkeit, Dinge zu erklären. Es gibt nicht richtig und falsch, sondern es gibt immer unterschiedliche Entscheidungen, die unterschiedliche Konsequenzen haben und die muss man reflektieren und dann in irgendeiner Form dazu eine Position beziehen. Und das ist das, was wir viel mehr beibringen und unterrichten sollten. Also wenn wir schon von unterrichten sprechen. Nämlich, dass unterschiedliche Entscheidungen unterschiedliche Konsequenzen nach sich ziehen und man kann vielleicht noch nicht mal unbedingt immer sagen, was ist richtig und was ist falsch. Und gerade jetzt in einem Designstudiengang müsste man ja die Frage stellen, ist grün besser als rot? Darauf kann man keine eindeutige Antwort geben. Das wird man niemals können, weil grün ist nicht besser als rot oder irgendeine andere Farbe. In einem bestimmten Kontext allerdings gibt es vielleicht nur die Entscheidung für ein bestimmtes Logo für ein bestimmtes Unternehmen eben die Farbe grün oder rot zu wählen oder vielleicht eine Kombination aus beiden und dann macht es in diesem Kontext ergibt es Sinn, aber es gibt kein Richtig oder Falsch.

Tim Pritlove
1:03:09
Linda Breitlauch
1:03:19
Tim Pritlove
1:04:26
Linda Breitlauch
1:04:54
Tim Pritlove
1:06:13
Linda Breitlauch
1:06:57

Also haben sie tatsächlich schon. Also man entwickelt zwar nach wie vor immer noch verschwindet in geringer Anzahl Spiele, die explizit als Serious-Games zu bezeichnen sind, also klar verschwindend gering im Sinne von, gemessen am Restumsatz, was so umgesetzt wird mit Blogbustern. Nichts desto trotz findet man mehr und mehr Spiele, die auch mit einem sagen wir mal inzwischen halbwegs respektablen Budget entwickelt werden. Ich erinnere mich da na Ludwig, das ist ein Spiel, was man in Österreich entwickelt hat für Schulen und den Physikunterricht, ich glaube der 10. und 11. Klasse oder so was, und wo man wirklich ein komplettes Curriculum umgesetzt hat für ein Jahr, quasi als Ersatz oder zusätzlich zum Lehrstoff und der tatsächlich einen ganzen Lernstoff enthält, aber eben als Spiel. Und was unglaublich gut angenommen wird. Und mit diesen Erfahrungen, die man macht mehr und mehr, es gibt ja noch viele andere Beispiele und die Effektivität und Effizienz auch messen kann, auch positiv messen kann, desto mehr ist man auch bereit dazu, zu sagen, okay wir investieren da jetzt auch mal größere Budgets, das ist nämlich so das Hauptproblem, dass man da eben so wenig Geld in der Regel reinzustecken bereit ist. Wir investieren auch mal größere Budgets, weil wir sehen, dass es funktionieren kann, mit Spielen eben anstatt anderer Lernmittel zu operieren. Auf der anderen Seite und das ist glaube ich eine Tendenz, die wird noch stärker zunehmen, versucht man einfach, die Spiele, die es schon gibt, in Kontext von Lehre und Lernen einzubinden. Ein ganz profanes Beispiel, aber ebenso spannend, viele Lehrer benutzen inzwischen Minecraft im Unterricht. Stellen Aufgaben wie, baut doch mal den Eiffelturm nach im Erdkundeunterricht.

Tim Pritlove
1:08:49
Linda Breitlauch
1:08:52
Tim Pritlove
1:09:08
Linda Breitlauch
1:09:15
Tim Pritlove
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Linda Breitlauch
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Tim Pritlove
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Linda Breitlauch
1:09:56
Tim Pritlove
1:10:00
Linda Breitlauch
1:10:03

Ja.

Tim Pritlove
1:10:04
Linda Breitlauch
1:10:07
Tim Pritlove
1:10:13
Linda Breitlauch
1:10:17
Tim Pritlove
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Linda Breitlauch
1:10:23
Tim Pritlove
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Linda Breitlauch
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Star Wars Universen und so weiter. Und da ist es natürlich möglich, quasi so was wie originalgetreue, also in dieser Welt originalgetreue, Dinge nachzubilden und das kann man in vielen Kontexten anwenden. Ich sagte ja schon Erdkunde oder Geschichte beispielsweise. Und wenn man eben so denkt, dass man sagt, wir unterrichten nicht nur Fächer, sondern wir unterrichten tatsächlich Schüler und Studenten statt Fächer, dann findet man auch noch viele andere Anwendungsmöglichkeiten. Auch in Deutschland an den Schulen wird es schon tatsächlich seit den 90er Jahren diskutiert sogar, zusammen mit dem Bundesamt für politische Bildung, kann man die existierenden Spiele nicht in den Kontext von bestimmten Fächern, zu denen sie sich eignen, stellen. Wie gerade in Geschichte. Es gibt viele Spiele, die eben geschichtliche Inhalte adressieren. Und da hat man dann natürlich zum Teil auch festgestellt, das ist nicht so unproblematisch. Die Spiele würden zwar zum Teil passen zu dem Thema. Nehmen wir mal zweiter Weltkrieg, aber das Problem ist, das würde mit der USK nicht funktionieren. Das heißt also das was im Geschichtsbuch steht, kann für die 12. Klasse sozusagen rausgegeben werden, aber wenn man dasselbe in einem Spiel wiederfindet, funktioniert es nicht, weil es in der Regel 16er oder 18er Titel sind. Das ist so eine Problematik. Die andere Problematik ist, man muss natürlich auch eine gewisse Kenntnis haben. Also welche Spiele eignen sich denn überhaupt für welchen Unterricht? Und die eher jungen Lehrer, die also mit Spielen aufgewachsen sind, die wissen das eben aus eigener Anschauung. Einer hat mir mal geschrieben, ich habe Cultures gespielt, das benutze ich jetzt auch im Unterricht, um Geschichtswissen zu vermitteln. Oder Assissin's Creed, auch so ein typisches Beispiel. Also ein echter Action Blockbuster wenn man so will, aber die Szenarien, die in Assassin's Creed enthalten sind, referenzieren eben historische Ereignisse. Und viele, die das dann wirklich sehr intensiv gespielt haben, haben hinterher auch gesagt, jetzt weiß ich echt in Florenz so wo da alles so ist und keine Ahnung, ich habe Leonardo Da Vinci getroffen.

Tim Pritlove
1:12:38
Linda Breitlauch
1:12:45
Tim Pritlove
1:14:10
Linda Breitlauch
1:14:22

Also tatsächlich bietet es sich ja für die Naturwissenschaft ja fast noch viel mehr an, Spiele zu nutzen. Und für den Informatikunterricht gibt es auch schon wahnsinnig viele tolle Spiele, die sozusagen die ersten Schritte des Programmierens beibringen, ohne dass du irgendeinen Code schreiben musst, sondern nur das Grundprinzip. Naturwissenschaft ist es deshalb erst mal eigentlich einfacher, weil du eine viel bessere Möglichkeit, - also in der Naturwissenschaft funktionieren viele Dinge eben auch im Kontext von richtig und falsch. Ob das Mathe ist oder was auch immer. Das ist ein Vorteil. Das heißt, man kann es sozusagen computerseitig besser bewerten als richtig oder falsche Antwort. Der Nachteil ist allerdings, weil das so offensichtlich einfach ist, sind die meisten Spiele in dem Bereich tatsächlich nichts anderes als eine interaktive Umsetzung eines Mathebuches. Und damit hat man eben auch noch kein neues gutes Konzept gefunden, Naturwissenschaft besser zu vermitteln. Aber nehmen wir beispielsweise mal so was wie ... - also es gibt so eine Menge Physikspiele. Welche fallen mir denn da jetzt ein? Angefangen von Portal. Portal ist kein Serious Game, sondern ein relativ erfolgreiches Mod von ... also mit der Source Engine also von Half Life letzten Ende, wo man im Grunde genommen Physikrätsel löst. Referenziert Naturwissenschaft, aber keine einzige Formel lernt oder so was. Sondern es geht nur darum, bestimmtes physikalisches Denken und Verhalten zu generieren. Nehmen wir so was wie Incredible Machine, wo ich irgendwelche Abläufe aufbauen muss, die dann irgendwie mit Zahnrädern und so weiter ineinandergreifen und funktionieren müssen. Ich kann es so lange ausprobieren, bis es funktioniert. Extrem erfolgreiches Format, eben genau deswegen, weil es eben sehr experimentell ist und sehr veranschaulichend. Und und und. Also es gibt wahnsinnig viele in dem Bereich, die das versuchen, eben über die Visualisierung und auch eben dadurch, dass wir jetzt in den letzten Jahren eine unglaubliche Weiterentwicklung in Sachen Physik-Engines haben. Also das heißt, dass wir auch Physik wirklich abbilden könne in einer Engine, hat sich da wahnsinnig viel getan. Aber haben nach wie vor immer noch die Problematik, es müssen trotzdem irgendwie angemessene Spielformate sein, die sich eignen sozusagen naturwissenschaftliches Wissen zu vermitteln.

Tim Pritlove
1:16:41
Linda Breitlauch
1:17:20
Tim Pritlove
1:18:08
Linda Breitlauch
1:18:13
Tim Pritlove
1:18:16
Linda Breitlauch
1:18:19
Tim Pritlove
1:18:39
Linda Breitlauch
1:19:43
Tim Pritlove
1:20:27
Linda Breitlauch
1:20:29
Tim Pritlove
1:20:44
Linda Breitlauch
1:21:30

Wir bekommen von Spieleentwicklern sogenannte SDKs oder Engines oder was auch immer oder die Möglichkeit, oder irgendwelche Editoren, also die Möglichkeit sozusagen, ein bereits nahezu bestehendes Programm, also eine fertige Entwicklungsmaschine, wenn man so will, eine fertige Gameengine, ein fertiges Editorrahmenprogramm zu benutzen und das dann weiter zu entwickeln oder damit neue Inhalte zu erstellen. Das sind so die ersten Schritte, das macht man auch viel an Schulen. Man nimmt dann ganz einfach so was wie einen Gamemaker oder man nimmt Spiele, die ein eigenes Entwicklertool da dran haben, kann damit neue Levels bauen, neue Welten gestalten. Ich habe das schon vor Jahren an der Hochschule in Brandenburg gemacht mit einem uralten Spiel, Caesar glaube ich hieß das, das kam eben mit so einem kleinen Leveleditor daher und man konnte im Prinzip Städte und eine ganze Geschichte nachbilden, schon vor 10 Jahren war das total easy eigentlich. Aber heute nennt man das Modding, nannte man damals natürlich auch schon so, aber de facto hat man das vorher noch niemals irgendwo in der Lehre eingesetzt, sondern das war eine reine Unterhaltungscommunity, also eine Spielercommunity, die das ja inzwischen mit jedem Spiel machen, solange du die Möglichkeit hast. Solange du in irgendeiner Form einen Editor dazu bekommst, wird das auch gemacht. Also das ist ja eine ganz interessante Entwicklung der jeweiligen Gamescommunitys, dass sie auch bereit sind und das referenziert vielleicht auch nochmal deine Frage von eben, also selbst Inhalte in diesem Framework zu erstellen und den dann auch öffentlich zu machen.

Tim Pritlove
1:23:11
Linda Breitlauch
1:24:05
Tim Pritlove
1:24:08
Linda Breitlauch
1:24:31

Ja unbedingt. Also das ist auch genau das, was wir hier zum Teil zumindest schon machen. Im Prinzip geht es in die Richtung, die ich eben gesagt habe, im Prinzip ist das erst mal eine Form von Modding. Du bekommst also erst mal ein Framework, wie auch immer das aussieht und entwickelst weitere Inhalte mit einem bestimmten Zweck. Nämlich zum Beispiel dem, dass man es in der Lehre einsetzen kann. Wir entwickeln ja auch tatsächlich, also viele Studierende entwickeln hier auch tatsächlich Serious Games Ansätze, weil die es sehr sehr spannend finden, hey was gibt es für Möglichkeiten, was weiß ich, wie ich besser 10-Finger-Schreiben lernen kann. Da haben wir hier ein ganz tolles 3D-Adventure. Usw. Aber es ist natürlich, was es explizit nicht gibt ist ein Studiengang, der sagt, genau das was du gerade beschrieben hast, machen wir jetzt. Was es aber gibt ist, und das ist ein Studiengang, der beginnt tatsächlich erst nächsten Sommer, der erste Studiengang, der sich mit dem Thema Lernsystemgestaltung beschäftigt. Der in Stuttgart jetzt anlaufen wird und der dann tatsächlich der erste in Deutschland ist, der sich mit dem Thema Entwicklung neuer Lernsysteme unter Einbeziehung von Technologien, aber auch durchaus Games und Serious Games, allerdings nicht nur, aber eben auch e-Learning, verteiltes Lernen, Moocs und was weiß ich nicht auseinandersetzt, das gab es bisher tatsächlich noch gar nicht. Also so was kam eigentlich auch nicht über einen Studiengang, sondern meistens irgendwie über andere Mediengestalter beispielsweise oder so was. Aber jemand, der sich wirklich explizit als Forschungseinrichtung, als Lehreinrichtung, als Hochschule mit dem Thema Umsetzung von Lerninhalten auf allen Ebenen und mit allen Technologien beschäftigt, das ist tatsächlich neu.

Tim Pritlove
1:26:19
Linda Breitlauch
1:27:41

Ja also die eine Seite, das ist auch so ein bisschen ein Trend, der sich unter dem Begriff Gamification jetzt gerade tummelt, ist zu sagen, wie kriege ich es hin, sozusagen die Benutzer dazu zu „benutzen“ durch ein Spielerlebnis an Usergenerated Content zu kommen zum Beispiel. Das was du genannt hast ist ein Beispiel. Andere Beispiele gibt es ja zu Hauf. Jemand, der als Museum mit wenig Geld, seinen Fundus katalogisiert und verschlagwortet, indem er einfach ein Spiel anbietet, wo immer zwei gegeneinander spielen. Und immer wenn zwei dieselben Schlagwörter genannt haben, dann kriegt man doppelt so viele Punkte. Das ist ein super System. So was gibt es ganz viel, bis hin zu so was wie Folded, das ist ein Spiel, was mal jemand aus dem Bereich Medizinforschung im Kontext Eiweißproteinsynthese oder so was entwickelt hat, ich bin kein Mediziner, man möge mir das verzeihen. Aber den Medizinern ist aufgefallen, dass dieses Proteinfalten eigentlich etwas ist, was man in irgendeiner Form in ein Gameplay übersetzen kann, ohne selber Experte dafür zu sein. Und tatsächlich hat das funktioniert, er hat dieses Spiel Folded irgendwie öffentlich gestellt für jeden zugänglich und hat dann solche Aufgaben rein gestellt, wie sie normalerweise eben in der Forschung vorkommt und das mit unglaublichen Ergebnissen. Also die weltweite Community hat da innerhalb von wenigen Tagen Ergebnisse hervorgebracht, die die Expertengemeinschaft nicht in 10 Jahren hinbekommen hat. Und nicht deswegen weil sie schlauer sind, sondern deswegen weil es wahnsinnig viel mehr sind und weil die Ansätze von nicht-Experten zum Teil manchmal kreativer sind als die von Experten, die vielleicht bestimmte Dinge, also betriebsblind bedingt, vielleicht auch gar nicht mehr sehen. Also was ich damit nur sagen will ist, man kann das ja durchaus so denken, dass einerseits Spielprinzipien die Welt wie sie ist ein bisschen besser machen können, aber umgekehrt, dass das was wir an Wissen haben, dann wirklich umzusetzen in wirklich nutzbares Wissen. Zum Beispiel eben in Form eines Spiels. Da sind wir tatsächlich, das sehe ich ganz ähnlich, immer noch zu sehr am Anfang. Da könnten wir tatsächlich schon sehr viel weiter sein. Und ich glaube, dass es damit zusammenhängt, dass man Wissen immer noch für eine heilige Kuh hält, der man sich nur auf eine sehr ernsthafte und auch mit Leiden verbundene Auseinandersetzung sich wirklich aneignen kann. So dieses ganz berühmte alte Wort, Lernen muss weh tun, das haben dann ja doch sehr viele verinnerlicht. Also vor allem sehr viele Lehrende habend das verinnerlicht. Also es kann nur ernsthaftes Wissen sein, wenn man sich wirklich sehr intensiv und mit Leid und Schmerz damit beschäftigt.

Tim Pritlove
1:30:26
Linda Breitlauch
1:31:41

Ganz genau. Also der eine Punkt, den du zuerst genannt hast, mit dem Vokabeltrainer, das ist so ein Punkt, wo ich mich dann frage, ist das denn wirklich die effektivste Methode, eine Sprache zu lernen? Vokabeltraining, nein. Wir wissen ganz genau, dass es nicht so ist. Immer wenn jemand sagt, ich habe nur Schulenglisch oder Schulfranzösisch, dann ist es gleichbedeutend mit „ich habe keine Ahnung“, ich kann mir vielleicht gerade mal einen Kaffee bestellen. Und das ist das, was daran so grotesk ist. Wir wissen eigentlich, dass Sprache sprechen die beste Möglichkeit ist, Sprache zu lernen und trotzdem üben wir Vokabeln. Wobei ich nicht bestreiten will, dass Vokabeltraining sicher ganz sinnvoll sein kann ab einer bestimmten Kompetenzstufe. Aber als Beispiel dafür, vielleicht muss man einfach ganz andere Möglichkeiten finden oder vielleicht können wir jetzt auch ganz andere Möglichkeiten finden, des sich gegenseitig was Beibringens und dein Beispiel fand ich übrigens tatsächlich sehr gut, die aber erst mal voraussetzen, dass wir von so ganz klassischen Lernformaten einfach mal weggehen und einfach mal anders darüber nachdenken, welche Möglichkeiten gibt es denn? Und dann können wir hingehen und sagen, heute ist es kein Problem mehr, wenn einer in Spanien sitzt und der andere in Deutschland oder wo auch immer. Das war sicher vor 20 Jahren eine unlösbare Aufgabe oder eine vergleichsweise unlösbare Aufgabe. Heute haben wir Onlinekurse von Stanford oder wem auch immer, da gucken 20.000 Leute zu. Die machen da nicht alle ein Zertifikat, aber was sie sich anschauen trägt ein Dozent vor, das ist der eine Punkt, aber der viel spannendere Punkt ist, was danach passiert. Nämlich wenn irgendjemand anfängt, diese Kurse zu übersetzen in alle möglichen Sprachen. Ich habe da selber einen mitgemacht, innerhalb von einer Woche gab es dort die Vorlesung, also jede Vorlesung wurde da innerhalb von einer Woche in 15-20 unterschiedliche Sprachen übersetzt mit untertiteln. Das ist das Tool, was da sozusagen mit beigegeben hat und der ganzen Diskussion, die wir eben von Wikipedia kennen. Du das hast du vielleicht noch nicht so 100% richtig übersetzt, ich mache mal den und den Vorschlag. Und dann kommt wieder eine neue Sprache dazu und dann diskutieren alle miteinander. Und das habe ich als den eigentlichen Lerneffekt empfunden. Gar nicht unbedingt das Video, sondern diese Diskussion, die danach in der Community stattfand derer, die die Videos übersetzt haben in andere Sprachen. Und genauso hat Wikipedia ja im Grunde genommen auch ... funktioniert ja Wikipedia ja auch. Die Diskussion, um wirklich zu einem Artikel zu kommen, der eigentlich alle wichtigen Aspekte des Themas behandelt, die sind ja eigentlich das spannende. Und wie viele Menschen gibt es, die an bestimmten Wikipedia-Aspekten arbeiten. Die dann selber eine eigene Community führen, die selber dann als Redakteure eingestellt werden und so weiter. Aber letzten Endes ist es ja Crowdwissen.

Tim Pritlove
1:34:26
Linda Breitlauch
1:34:40
Tim Pritlove
1:34:45

Nein, es muss sich ja nicht gleich abschaffen, wenn es sich wandelt. Also es würde sowieso nicht von heute auf morgen stattfinden und das war jetzt auch gar nicht meine Intention mit der Frage. Aber wenn man halt sieht, wie viel auf einmal geht mit dem Netz, wenn man auf einmal sieht, wie viel geht mit einer interaktiven Spielegestaltung. Indem man sozusagen sowohl die Motivation als auch den Lerneffekt als solchen ganz anders angeht. Und einfach wegkommt von dem reinen, hier ich hau es dir rein, und ich frage es in zwei Wochen ab und wenn du 5 Punkte hast, dann gilt das jetzt als erlernt. Das mag ja dann ein System sein, was eine gewisse Effizienz auch gehabt hat bis heute, weil es eben keine anderen Möglichkeiten gab. Jetzt haben wir diese anderen Möglichkeiten, jetzt haben wir interaktive Maschinen, die ein beträchtliches Wissen vorhalten können, also sehr viele Daten vorhalten können. Wir haben genug Möglichkeiten, diese Daten in eine beliebige Kombinatorik zu bringen und eben auch in solche Spielstrategien mit einfließen zu lassen und wir haben das Internet dazu und eine generelle Vernetzung und man sieht auch, Vorlesungen naja, warum hält man die eigentlich jetzt immer wieder nochmal, wenn man sie auch einmal aufzeichnen kann, weil danach ist es ja immer noch dieselbe. Also dadurch ändert sich ja im Prinzip die ganze Hochschullandschaft langfristig ganz automatisch. Da muss man doch jetzt auch schon drüber nachdenken, was so die Antworten von übermorgen sind.

Linda Breitlauch
1:36:14

Ja das ist absolut richtig. Also das sehe ich ganz genauso. Was wir auf jeden Fall erst mal überdenken sollten, um da einen Ansatz zu finden, ist denn wirklich jede Fachrichtung und jeder Beruf, der daraus resultiert, hat andere Anforderungen. Aber ich glaube wir sollten viel mehr thematisieren, was ist der Unterschied zwischen Lernen und Lernabfrage. Ich habe oft das Gefühl, dass die meisten unter Lernen verstehen, dass sie am Schluss irgendeine Frage richtig oder falsch beantworten können, also die Abfrage. Das ist das was bewertbar ist. Das ist auch immer das Argument, wir müssen es ja bewerten. Das ist das universitäre System, in dem muss alles bewertet werden oder nahezu alles bewertet werden in irgendeiner Form. Da kommen wir auch nicht dran vorbei, das ist wenn man so will ja auch eine Form von Vorschrift, ohne das jetzt weiter erläutern zu wollen, aber das heißt wir können die Leute nicht einfach nicht benoten. Und die Frage wäre auch, ist das überhaupt sinnvoll. Die Frage ist, wer gibt die Note? Und geben sie sich selber, indem sie ein bestimmtes Aufgabenfeld bearbeiten und es erfolgreich ist und damit ergibt sich die Note auch selber, weil das wäre ja theoretisch jetzt schon möglich. Dann der zweite Aspekt ist der, nochmal viel deutlicher sich klarzumachen, wie schaffen wir das, dass wir Lernprozesse also wirklich effektiv und effizient, also sprich nachhaltig machen. Also nachhaltig da gibt es mehrere Komponenten, ja es muss Spaß machen, es muss in irgendeinem Kontext stehen, ich habe da was gebaut und es funktioniert. Dann ist es sehr viel nachhaltiger, als wenn ich das einfach nur in der Theorie gelöst habe usw. Es gibt da also viele Kennzeichen dafür, wie man sagen wir mal das reine Lernen deutlich verbessern kann. Und ein Punkt ist eben der, dass man sagt, die Abfrage steht auf dem zweiten Blatt. Weil wenn man diese Klausuren, die meisten Klausuren, wenn man die nach einem halben Jahr nochmal schreiben würde ohne Ankündigung, dann würde aus einer 1 oder einer 2 auch ganz schnell eine 5 werden. Weil man eben ganz viel wieder vergisst. Das wissen im Grunde genommen auch alle Lehrenden, aber man nimmt es eben so hin, als so eine Lernkonvention. Und wenn man sich viel mehr darauf konzentrierten müssten, was müssen wir für Kompetenzen haben in den nächsten 2, 3, 4 Jahren und darüber hinaus in einer auch von mir aus als moderne Mediengesellschaft bezeichneten Welt, wo wir alle miteinander vernetzt sind, wollen wir nicht besser Werkzeuge schaffen, im Grunde genommen das was du vorgeschlagen hast, um Menschen die Möglichkeit zu geben, voneinander mehr zu lernen? Und die einfach nur besser miteinander zu verknüpfen. Und damit im Grunde genommen viel besser vorbereitet zu sein, auf das was dann auf uns zukommen wird, wenn wir Bildung als – und das tue ich tatsächlich – Bildung als eins der wichtigsten Güter, die wir als Menschen haben zu betrachten. Bildung, Aufklärung, das ist eigentlich das was wir als Ressourcen haben. Eine der wichtigsten Ressourcen glaube ich, die wir haben. Und die kriegen wir nicht dadurch, dass wir Menschen beibringen, dass ihr hinterher irgendein Haken sagt, richtig oder falsch, wie bei einer Matheaufgabe, da mag es noch stimmen. Aber in den Herausforderungen, die noch gesellschaftlich auf uns zukommen werden, globalgesellschaftlich auf uns zukommen werden, wird das nicht mehr reichen.

Tim Pritlove
1:39:33
Linda Breitlauch
1:39:44
Tim Pritlove
1:39:54
Linda Breitlauch
1:39:57