FG086 Klugscheißen im Fernsehen

Wissenschaftsjournalismus im Fernsehen in Zeiten von Corona und Klimawandel

Ralph Caspers
Ralph Caspers
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Er ist eines der populärsten Gesichter der Wissensvermittlung im deutschen Fernsehen: Ralph Caspers kennen Millionen aus der Sendung mit der Maus, „Wissen macht Ah!“ und „Quarks“ – also Bildungsfernsehen im besten Sinne. Doch diese Programme sind keineswegs nur für Nerds, die es cool finden, Neues zu lernen. Ihr Erfolgsrezept liegt darin, die Wissensinhalte unterhaltsam zu verpacken.

Fernsehen heißt: Geschichten erzählen, und das durchaus mal mit Mut zur Lücke. Denn es hilft nicht, sich in Details zu verlieren, bevor das große Bild noch nicht vor dem geistigen Auge entstanden ist. Warum nicht mal mit Humor arbeiten oder mit Herzblut sein Publikum mitreißen? Von solchen Regeln, die für TV-Formate gelten, könnte sehr wohl auch der klassische Bildungsbereich profitieren. Für Caspers (Jahrgang 1972) hat weniger der Unterricht den Spaß entfacht, Neues zu entdecken, sondern das Yps-Heft. Er meint: Die Form von Wissensvermittlung, wie sie an Schulen und auch Hochschulen bis heute praktiziert wird, hat sich im Grunde überlebt. Viel zu viele junge Menschen wurden davon überzeugt, dass lernen vor allem eines sei: langweilig. Aber das muss nicht sein. Geschichten erzählen zu können, ist sehr viel Handwerk, also etwas, das man lernen kann.

Während der Corona-Pandemie hat die Öffentlichkeit mehr denn je wahrgenommen, welch existenzielle Rolle Forschungsergebnisse in unserem Leben einnehmen. Das hat auch Skepsis auf den Plan gerufen, berechtigterweise. Denn Wissenschaft ist nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern ein Schritt auf dem Weg dahin. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Was heißt das nun für die Arbeit der Medien? Caspers plädiert dafür, eigentlich immer den wissenschaftlichen Konsens abzubilden und dabei Unsicherheiten transparent zu machen. Und er hofft, dass die Anerkennung für die Funktion von Wissenschaftsredaktionen als Schnittstelle zwischen Forschenden und Publikum auch anhalten wird, wenn die Pandemie einmal vorbei ist.

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8 Gedanken zu „FG086 Klugscheißen im Fernsehen

  1. Moin!

    Kurz zum Thema Präsentationsfähigkeiten der Schüler in DE. Man kann ja über die Waldorfschulen viel kritisieren. Ich tue das auch und wir haben unsere negativen Erfahrungen gemacht.
    Aber was mich immer beeindruckt hat, war das Selbstbewusstsein der Schüler und die Präsentationen, die sie gehalten haben. Das wurde gut vermittelt.

  2. Fange grade erst an mit dem Hören, muss aber gleich am Anfang schon eine konträre Meinung abgeben: Die YPS Urzeitkrebse waren super! Ich hatte jahrelang ein großes Weckglas auf meinem Schreibtisch stehen, in dem sie herumschwammen. Und man brauchte sich eigentlich um nix zu kümmern: Ernährt haben sie sich von den Algen, die dank Sonnenlicht an der Glaswand wuchsen. Und wenn sie mal wieder wegen Sauerstoffmangel gestorben waren, reichte es, mit einem Kochlöffel einmal kräftig umzurühren und den Bodensatz aus Salz, Krebseiern und sonstiger Biomasse aufzuwirbeln und etwas Sauerstoff ins Wasser zu bringen. Und schon ein paar Tage später schwammen sie wieder. Ich sollte vielleicht sagen, dass es dabei hilft, ihnen keine Namen zu geben.

    Ich habe sie seitdem auch schon mehrfach Kindern als Mitbringsel verschenkt (die Eier gibt es für sehr wenig Geld im Aquarienbedarf, da sie als Fischfutter verwendet werden).

  3. Hallo,
    sehr cool die Interpretation, dass Wissen eine Tablette ist die gegen (geistigen) Dünnschiss hilft.
    Das Analogiemodell werde ich verwedenen, um meine Schüler zu motivieren, auch mal bittere Wissenspillen zu schlucken mit Kopfschmerzen als Nebenwirkung.

    Viele Grüße

  4. Als Kind war Wissen macht Ah! eine meiner Lieblingssendungen im Fernsehen. Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, dass ich Ralphs Buch „Scheiße sagt man nicht“ mal zu Weihnachten bekommen habe (wahrscheinlich wegen dem bösen Wort im Titel…) Sehr interessantes Gespräch, danke für die Folge!

  5. Vielleicht solltest du dich mal ein bisschen durch die Didaktiker wuseln, vieles was ihr besprecht ist ein wichtiger Teil der Pädagogik der in Deutschland leider häufig komplett vernachlässigt oder nicht ernst genommen wird, aber da gibt es bestimmt viele interessante Gesprächspartner. Also didaktische Reduktion – Was muss rein, was kann ich weg lassen, was will ich vermitteln, wie kann ich das machen… Ich glaube dass sich da auch ein großer generationeller Wandel einstellen wird, da Frontalunterricht immer mehr zurück tritt und schon in der Schule mehr selbst präsentiert wird.
    Und gleichzeitig gibt es immer noch viele die es für wissenschaftliche Methodik halten, auf der ersten Folie einmal zu erklären was sie in der gesamten nächsten Stunde bis zur letzten Folie erklären werden – und sich dann wundern, dass alle abschalten. Keine Ahnung wo diese Unsitte ihren Ursprung hat.

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