Forschergeist
Horizonte für Bildung und Forschung
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Über unseren Bedarf an Mobilität und ihre Transformation durch Digitalisierung
Mobilität ist weit mehr als nur die vordergründige Frage, ob man das Auto, das Rad oder die Bahn nimmt, um von A nach B zu gelangen. Mobilität definiert die Freiräume in unserem Leben – also ob man die Orte und auch die Menschen erreichen kann, die einem wichtig sind. Und diese Chance der Fortbewegung und Welterfahrung ist eine Errungenschaft, die noch gar nicht so alt ist. Die fossilen Energieträger, das Auto und das Flugzeug haben in den letzten hundert Jahren der individuellen Bewegungsfreiheit einen immensen Schub verliehen. Doch die Epoche der Verbrennungsmotoren scheint abzulaufen. Wie kann in Zukunft unsere Mobilität aussehen?
Dazu forscht der Politik- und Sozialwissenschaftler Stephan Rammler. Neben seiner Professur für Transportation Design & Social Sciences an der an der TU Braunschweig ist er wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) in Berlin. Dort richtet er sein Augenmerk speziell darauf, wie sich die Megatrends Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Individualisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit auf die Mobilität auswirken.
Auch wenn die Zeichen auf Veränderung stehen: In die westliche Gesellschaft ist ein Mindset eingefräst, bei dem die Automobilität Freiheit verheißt, und ihr ökonomischer Wohlstand fußt zu einem beachtlichen Teil auf den dazugehörigen Industrien. Einerseits wächst die Einsicht, dass unser Verkehrssystem tatsächlich viele Schattenseiten besitzt. Umweltprobleme und hoher Flächenverbrauch bedeuten Einschnitte in die Lebensqualität. Andererseits ist der Käfig, in dem wir gefangen sind, noch immer ein goldener. Denn ein dickes Auto und Fernreisen gelten nach wie vor als Statussymbole, auch wenn ihre Strahlkraft vielleicht nachlassen. Es bleibt ein ganz dickes Brett, das zu bohren wäre, um Mobilität grundlegend neu zu definieren – und es wird darauf ankommen, wie transformierbar und wie transformierwillig unsere Gesellschaft überhaupt ist.
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Veröffentlicht am: 26. Februar 2020
Dauer: 2:01:33
Hallo und herzlich willkommen zu Forschergeist, dem Podcast des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft. Mein Name ist Tim Pritlove und ich begrüße alle zu einer neuen Ausgabe, unserer 76. Ausgabe. Und heute wollen wir mal ein wenig in die Glaskugel schauen, glaube ich und uns mit Zukunftsfragen auseinandersetzen, die diese Gesellschaft betreffen, mit so einem Schwerpunkt, da geht es um unsere Mobilität, aus der sich vielleicht das ein oder andere ganz gut ablesen kann. Und dazu begrüße ich erst mal meinen Gesprächspartner, nämlich Stephan Rammler.
Und Technologiebewertung, das darf nicht vergessen werden, das ist das T beim IZT, so wird es abgekürzt. Da kommen wir vielleicht gleich drauf, was sich dahinter verbirgt. Sie selber haben, glaube ich, unterschiedliche Sachen verfolgt. War so Wissenschaft bei Ihnen von Anfang an die Orientierung im Leben oder kam das erst später dazu?
Es war immer irgendwie klar, dass ich einen akademischen Weg gehen wollen würde. Das hat sich allerdings in ganz andere Richtungen ausgedrückt. Ich wollte lange Jahre Medizin studieren. Das war für weite Teile meiner Schulzeit und Abizeit total prägend. Mediziner war einfach der Weg. Kinderarzt war eigentlich mein Ziel oder Neurophysiologe. Also die ganze Fragen, wie ein Gehirn funktioniert, wie Intelligenz, das hat mich alles wahnsinnig interessiert und das war eigentlich das Thema. Und dann bin ich über den Zivildienst, den wir damals alle noch, ich bin 68 geboren, ich gehöre zu denen, die damals noch zwei Jahre Zivildienst machen mussten, auf einer Krebschirurgiestation in Braunschweig, wo ich herkomme. Und danach hat sich dann entschieden, dass Medizin vielleicht nicht der richtige Weg ist für mich.
Bedaure ich immer noch, vielleicht wäre es doch der richtige Weg gewesen. Ich bin dann über die Medizin und eine starke naturwissenschaftliche eigentlich Leidenschaft, die mich auszeichnet, immer noch auszeichnet, zu den Geisteswissenschaften gekommen. Habe dann in Marburg Politik studiert. Die Idee, mit der ich mir das dann damals schöngeredet habe, war, naja wenn ich also als Mediziner, schon immer irgendwie getragen von dem Gedanken „Gutes zu tun“ als Mediziner Menschen helfe, dann ist das am Ende der Kaskade dessen, was passiert in einer Gesellschaft. Und irgendwann auch neben Zufällen und Schicksal auch dazu führt, dass Menschen krank werden. Und Politik zu begreifen, zu verstehen und vielleicht auch für eine andere Gesellschaft zu arbeiten, war für mich eine Art Mediziner der Gesellschaft. Um es mal mit einer Metapher zu formulieren. Das war so der Gedanke, der mich dann getröstet hat, um zu sagen, ich fange am Anfang der Problemkaskade an. Und die Idee, die naive Idee damals mit 19, damals mit 21, war, ich lese alle Bücher der Welt in den Bibliotheken Marburgs und anderswo und dann weiß ich wie Politik funktioniert, wie ich die Welt ändern kann und dann tue ich das. Das war im Grunde damals in der Übergangszeit von der Pubertät und Schulzeit und Abiturzeit der ursprüngliche Gedanke, der mich dann zur Politikwissenschaft, zu Ökonomie und zu Soziologie im Studium gebracht hat.
Das war einfach, Sie sind aber sehr intim in den Fragen. Also es war einfach der Umgang mit Leiden. Der Umgang mit Menschen, die sterben, denen ich nicht helfen kann, die klar aus einer Hilflosigkeit … Das hat sicherlich auch was mit der Situation von Zivildienstleistenden damals zu tun gehabt. Die in dem Umgang mit Krankheit konfrontiert werden, mit Sterbenden, nicht begleitet worden sind. Das war, ich will jetzt nicht von Traumatisierung sprechen, aber das war durchaus in so einer Zeit, wo man sich neu orientiert und dann ohne Vorbereitung in so eine Chirurgiestation geworfen wird und dann kriegst du die Aufgabe, hey spritz dem mal Morphium und gehe mal dahin und dann hast du da Sterbende liegen. Das ist, nur wenn man ganz cool ist, vielleicht verkraftbar. Menschen sind ja unterschiedlich. Ich gehöre nicht zu den ganz Coolen und das war dann der Punkt, wo ich sage, das ist womöglich nicht ganz klar, ob ich das aushalte psychisch. Und das ist einer der Gründe. Es war jetzt nicht die Frage, dass mich das nicht interessieren würde, sondern eher die Frage des Settings. Das deutsche damals schon erkennbare Krankenhausmilieu oder Gesundheitssystem hat mich von Anfang an abgestoßen. Das sind ja Krankenhäuser im Wortsinne, Orte, an denen man krank hinkommt und wo man krank bleibt. Ich habe das jetzt gerade bei meiner eigenen Mutter erlebt, die jetzt vor kurzem gestorben ist, die in Reinform erleben musste und wir mit ihr, wie eine Neoliberalisierung der Gesundheitswirtschaft über 30 Jahre dazu geführt hat, dass wir in so einem reichen Land wie Deutschland extrem schlechte Gesundheitsstrukturen haben und die Menschen im Grunde an Orte kommen, wo alles möglich ist, aber nicht gesund zu werden. Es sei denn man ist auf einer, als Privatpatient in einer besonders guten Situation, vielleicht Chefarztbehandlung zu kriegen und so weiter, aber das sind ja die wenigsten. Es ist nicht gleich, nicht fair und in der Ausstattung ist das Gesundheitssystem, was wir haben, kein gutes. Und das kommt vielleicht noch dazu, dass damals schon erkennbar war, dass wir eigentlich das Gesundheitssystem ganz anders brauchen. Wir brauchen einen Ort, an dem Menschen sich wohlfühlen, an denen Gesundheit anders definiert als wir das heute tun. In dem wir nicht ein funktionalistisches, reduktionistisches Menschen- und Körperbild haben, in denen ganzheitlich Medizin betrieben wird, in dem die Kontexte, auch die sozialpsychologischen und psychologischen Kontexte mit dem Blick … Also der Mensch in seiner Ganzheit sozusagen, das sehe ich in der modernen Medizin nicht. Ich sehe nur immer weitere Spezialisierungen und Krankheit ist in meinen Augen viel mehr als etwas, was man repariert, wie ein Auto einen Vergaser ausgewechselt kriegt oder was auch immer. Und das insgesamt ist ein Bild der Medizin gewesen, was ich nicht besonders attraktiv fand und auch nicht sichtbar war, dass man als Einzelner so viel Kraft und Dynamik da hat, um das zu ändern beispielsweise.
Wir wollen ja es ein bisschen ausführlicher machen und dann mache ich es auch mal ein bisschen ausführlicher. Ich habe in Marburg angefangen, Politik zu studieren, und damals Anfang der 90er Jahre war das Thema Ozon ein riesiges Thema, auch in Marburg. Also die lokalen Emissionen der fossilen Mobilität waren in den 90er Jahren in keiner Weise, heute auch nicht, wir haben aber eine Zeit lang gedacht, wir hätten das im Griff, waren ein riesiges Thema. Die Ozonbelastung im Rhein-Main-Gebiet in Marburg im Tal waren einfach groß. Und es gab damals die Idee, jetzt verbinden wir mal die Aufgabe im Studium, eine praktische sozialempirische Vordiplomsarbeit zu schreiben mit der Idee, politisch ein Thema aufzugreifen, was auch handlungsrelevant ist, was vor Ort relevant ist. Also praktische Politik schon mit wissenschaftlicher Arbeit zu hinterlegen, zu unterlegen oder vorzubereiten. Und dann haben wir eine Studie gemacht über Verkehrssituationen, ein Kommilitone und ich in Marburg. Und wir haben eine Befragung gemacht unter Studierenden repräsentativ, mehrere hundert Studierende an verschiedenen Standorten der Universität, was sie denn halten würden von der Einführung eines Studententickets. Und das war sehr positiv, die Rückmeldung und dann haben wir auf der Grundlage das dem AStA zur Verfügung gestellt. Der Asta hat dann Gespräche mit der Stadtverwaltung geführt und irgendwann gab es dann ein Studententicket auch in Marburg, in Gießen, in ganz Hessen, was dann dazu geführt hat, dass meine Tochter, die dann 20 Jahre, glaube ich, später, 25 Jahre später dort studierte, in den Genuss eines Studententickets kam, was seinen Ursprung ein bisschen auch in dieser Studie hatte. Das war der erste Schritt zur Mobilität. Ich war damals bei Greenpeace als Praktikant. Ich habe das Thema unter anderem auch da weiter verfolgt. Und der eigentliche maßgebliche Ausgangspunkt für die Schwerpunktsetzung, die mich ja dann danach im Grunde seit dem Diplom bis hin zur Professur begleitet hat, die Mobilität nämlich, kam durch einen Auslandsaufenthalt in Berkeley. Ich habe über meine Studienstiftung die Chance gehabt, ein halbes Jahr in Berkeley zu studieren und dort auch zu arbeiten, im Lawrence Berkeley Lab, einer großen Forschungseinrichtung des amerikanischen Energieministeriums und des Departements of Transportation. Und habe dann da meine Diplomarbeit vorbereitet. Habe Daten, Fakten, Policies gesammelt, die in die Richtung ging, was auch heute wieder relevant ist. Deswegen ist das eine ganz interessante Frage, die Sie stellen. Ich habe eine Arbeit geschrieben über sofort wirksame Politikansätze zur Reduzierung der CO2-Emission des Straßenverkehrs. Das war damals ein Thema 92/93 erste Klimakonferenz. Es war ein Thema auch die Mobilität und in Kalifornien war es traditionell so, dass die Automobilität sehr schnell ihre Externalitäten gezeigt hat über lokale Emissionen, den Smog. Die wahnsinnigen Belastungen in den Infrastrukturen. Das Autoland per se Kalifornien. Und da lag es nahe, dass dort Politikansätze schon viel früher entstanden sind und auch ausprobiert wurden, von denen es Sinne machte, sich die mal anzuschauen mit Blick auf ihre Transportierbarkeit nach Europa, wo wir diese Debatte erst begonnen haben. Also Katalysator, Baumsterben, das war ja der erste Schritt und danach kam nicht viel und dann ging es um die Frage, wie kriegen wir denn eigentlich den Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen, wenn es denn so ein riesiges Thema ist, auch im Straßenverkehr runter, was können wir denn machen? Welche Policies gibt es, die ökonomieverträglich sind, verbraucherverträglich sind, die vor allen Dingen politikwissenschaftlich betrachtet auch mehrheitsfähig sind? Dann habe ich das aufgeschrieben und gesammelt, habe das mitgebracht. Das Interessante aber und eigentlich Entscheidende an dem Auslandsaufenthalt war nicht sich akademisch zu beschäftigen mit diesen Themen, das war natürlich auch sehr spannend, aber eher das Erleben Kaliforniens als moderner, kapitalistischer, hochmobiler, automobilgeprägter Teilstaat der USA. Eins der großen Laboratorien moderner Gesellschaftsentwicklung immer schon. Los Angeles, Kultur, die Autoindustrie. Einer der größten Automärkte der Welt. Und zu sehen, wie extrem entscheidend Mobilität für Gesellschaft ist. Grundsätzlich, aber auch in bestimmten Ausprägungen, im Positiven wie im Negativen. Wie verrückt die Amerikaner mit Mobilität umgehen. Wie im Kern die ganze amerikanische Gesellschaft auf Mobilität im weitesten Sinne basieren. Das hat mich weniger politikwissenschaftlich gestalterisch als vielmehr theoretisch, gesellschaftstheoretisch interessiert. Wie hängen eigentlich Modernität einer Gesellschaft, zivilisatorische Entwicklung und Mobilität zusammen im tieferen Sinne? Und mit diesen Gedanken bin ich dann zurückgekommen und habe meine Diplomarbeit geschrieben. Habe mich dann mit der Diplomarbeit am Wissenschaftszentrum Berlin hier in Berlin nach dem Abarbeiten beworben. Bin dann relativ schnell an die TU und von da ans WZB und habe dann über das Thema Mobilität und Moderne promoviert. So hat sich das ergeben, relativ so aus der Distanz natürlich mit Friktionen auch, aber relativ friktionslos und hatte dann fünf Jahre am WZB die Möglichkeit, in der Projektgruppe Mobilität einer der ersten Orte, in denen in der deutschen Sozialwissenschaft intensiv über die räumliche Mobilität, über Automobilität, über Technologiepolitik in dem Bereich nachgedacht wurde, hatte ich eine Promotionsstelle. Bin dann mit der Promotion 2001 fertig geworden und hatte 2002 schon die Professur in Braunschweig. Vor dem Hintergrund, dass ich mich spezialisiert hatte in einem Themenfeld, nämlich Verkehrssoziologie, Soziologie des Automobils. Die Frage der Zukunftspolitik der Mobilität, der Autoindustrie. Die dann dazu führte, dass ich in Braunschweig gefragt worden bin, eine Professur für Transportation Design zu übernehmen. Bewusst nicht Automotive Design. Heißt verlängerte Werkbank der Autoindustrie. Die Ingenieure denken was sie können, setzen das um und dann kommen die Designer und machen es ein bisschen hübsch. Sondern eher eine Umkehrung des Paradigmas, Designdenken anzudenken für die Lösung der Frage der Mobilität. Als komplexe Systemfrage. Also Mobilität ist ja mehr als, ich setze mich in ein Auto und fahre von A nach B. Mobilität ist, so wie ich es definieren würde, die Erreichbarkeit von Orten, an denen Menschen Dinge tun wollen, die ihnen wichtig sind. Arbeiten, Leben, Freizeit, Sexualität, Freundschaft, Verwandtschaft, Einkaufen, im weitesten Sinne all das, was wir Menschen tun, warum wir auf der Welt sind und meistens müssen wir dafür aus dem Haus gehen und woanders hingehen. Das heißt, das was wir tun als lebende Menschen, ist nolens volens Wohnen ist immer mit einer Raumüberwindungsaktion verbunden. Und jetzt kann ich Städte, raumsiedlungsstrukturelle Systeme, sage ich mal im allgemeineren Sinne, so gestalten und organisieren, dass sie ein möglichst hohes Maß an Mobilität im Sinne von Erreichbarkeit von Orten anbieten. Das heißt ein Ort wie Prenzlauer Berg, wo wir jetzt gerade sind, ist ein sehr dicht gepackter, sehr gut infrastrukturell, auch durch öffentliche Verkehrsangebote und auch durch Fahrradinfrastrukturen und Straßen angebundener Ort. Und da sind die Erreichbarkeiten wahrscheinlich sehr hoch. Ich kann in einer Stunde mit einem Fahrrad wahrscheinlich viele Wege machen. In der Gegend, wo ich herkommen, in Südostniedersachsen bei Peine, zwischen Peine Salzgitter und Braunschweig, da brauchen Sie für einen Weg eine Stunde mit dem Auto wahrscheinlich oder mit dem Bus. DAs hießt, Ihre Mobilität ist sehr viel geringer in einem Ort wie Peine als in Prenzlauer Berg, obwohl Sie betrachtet gemessen in Verkehrskilometern mehr Verkehr erzeugen in Peine als in Prenzlauer Berg. Das heißt, die Gleichsetzung von Verkehr und Mobilität, die wir heute in der öffentlichen Debatte haben, ist eigentlich falsch. Wir können ein hohes Maß an Mobilität im Sinne von Erreichbarkeit von Orten, an denen Menschen etwas wichtiges tun wollen, mit einem sehr geringen Maß an Verkehrsmobilität und an Verkehrsaufwand darstellen. Und das wäre auch schon der erste Hinweis auf eine mögliche politische Gestaltungsstrategie für urbane Mobilität. So und das ist ein Punkt, der mich damals sehr interessiert hat in Braunschweig. Eben dieses Paradigma zur Grundlage zu machen, zu sagen, nicht die Optimierung der Verkehrsträger, des Autos, der Flugzeuge, der Schiffe, der Busse und Bahnen, des Interial Design, das Exterial Design ist entscheidend, sondern die Frage der systemischen Kopplung dieser Verkehrsträger auf eine kluge Art und Weise. Also das System Design. Mit dem Gedanken bin ich dann hingegangen und habe diesen Lehrstuhl für Transportation Design als Diplomstudiengang aufgebaut. Dann verschiedene andere Studiengänge, dann ein Institut für Transportation Design, indem man genau in diesem Paradigma trans- und interdisziplinär Verkehrswissenschafter, Ingenieure, Psychologen, Soziologen, Techniksoziologe, Ökonomen und vor allen Dingen Designer zusammengebracht haben, um eine ganz komplizierte, facettenreiche und eben auch hinreichende Art und Weise Mobilität zu analysieren, aber eben dann auch zu gestalten. Das war der Ansatz, der mich dann nach Braunschweig geführt hat. Habe dann viele Jahre trotzdem Automotive Design auch für die umliegende Autoindustrie gemacht, einfach weil wir unsere Forschungsprojekte finanzieren wollten. Aber das ging dann schon stark in Richtung Elektromobilität, stark in Richtung Carsharing, in Richtung neuer Konzepte, Mobilität auch zu organisieren. Und das war im Grunde der Weg dann, wie Sie ihn gerade gefragt haben, von der Vordiplomsarbeit hin zur Professur innerhalb von dann letztlich fast zehn Jahren nur, das ging relativ schnell.
Nein, ich war viele Jahre jetzt, ich bin immer noch in Braunschweig. Ich bin jetzt seit 18, fast 19, Jahre Professor in Braunschweig und habe meinen Schwerpunkt erst da gehabt. Lebe in Berlin, bin viel gependelt. Habe dann vor einiger Zeit aus verschiedenen privaten Gründen das nicht mehr so leistbar gesehen, habe dann reduziert, bin dann in Familienteilzeit gegangen, auf eine Viertel Professur. Und mach das, was ich jetzt als wissenschaftlicher Direktor am IZT mache, auch als Redner und als Berater in dem Rahmen, was mir möglich ist, eben noch zuzuarbeiten in dieser Beurlaubung. Und habe eben sozusagen verschiedene Hüte, verschiedene Kontexte, in denen ich mich bewege. Und nach einer Zeit, eben als freischwebender Berater, mit einer reduzierten Professur war klar, es braucht schon auch eine Institution, wenn man gesellschaftspolitisch wirksam sein will. Wenn man Botschaften hat, die man in die Politik bringen will oder in die Unternehmen bringen will, dann ist es nicht trivial, durchaus eine Institution im Rückhalt zu haben, mit der man arbeiten kann, die einen unterstützt, mentalitätsmäßig, intellektuell, mit Arbeitskraft, mit Gesinnung, mit der Tatsache, dass man sich einfach wohlfühlt in einem Kontext, wo man Leute findet, mit denen man an einem Strang ziehen kann. Ein Institut, was sichtbar ist vielleicht auch, was Bekanntheit hat, wo man Zugänge gewinnt. Und alleine ein solcher Titel, Direktor eines Instituts für Zukunftsforschung zu sein, hilft hin und wieder, das darf man nicht unterschätzen, eben ernst genommen zu werden. So ist die Welt immer noch strukturiert.
Und insofern war das wunderbar, weil klar wurde, ich will es mal ein bisschen inhaltlich nehmen, diesen persönlichen Fragen inhaltlich erklären. Es war klar, dass Mobilität, so wie es lange Jahre gestalterisch betrachtbar war und politisch kommunizierbar war, in Zeiten der digitalen Transformation nicht mehr ein Thema allein sein kann. Also wenn man Mobilität hinreichend begreifen und gestalten wollte, dann musste man … Das war vor sechs, sieben, acht Jahren ist mir das relativ klar geworden, da war es nötig, über Digitalisierung stärker nachzudenken. Digitalisierung zu verstehen in allen Facetten und zu begreifen, welchen enormen Einfluss die digitale Transformation zeitgleich auf das hat, was wir NachhaltigkeitsTransformation nennen, was wir Urbanisierung, demographischen Wandel, also dieses Konzert unterschiedlicher Megatrends, die zusammenarbeiten, hat einen massiven Einfluss auch auf die Art und Weise, wie wir wahrscheinlich in Zeiten der Nachhaltigkeit Mobilität organisieren müssen und können. Und da wurde klar, ich muss erst mal den Fokus weiten, um hier irgendwann wieder klug über Mobilität reden zu können. Ich muss erst mal diese Megatrends, die die Mobilität treiben, aus einer zukunftsanalytischen, aus einer digitaltechnischen, aus einer digitaltheoretischen Perspektive begreifen, um dann wieder zurückzukommen zu der Frage, die meines Erachtens ich von der Zeit nicht mehr hinreichend beantworten konnte, auf eine valide Art und Weise, wie ist denn Mobilität aus der heutigen Sicht klug und gut zu gestalten, was sind die heutigen Anforderungen. Das heißt, ich musste nochmal eine analytische, für mich auch eine Erkenntnisphase dazwischenschieben, weil klar wurde, ich kann nicht mehr hinreichend gegenwarts- und gegenstandsangemessen über Mobilität reden. So, das führte mich zur Zukunftsanalytik, zu Digitalisierung, zum Forschen darüber und das führte mich dann zum IZT.
Das IZT gibt es seit jetzt bald 40 Jahren. Wir haben im nächsten Jahr unser 40-jähriges Jubiläum. Ist gegründet worden von einem Berliner Professor. Das war in den 80er Jahren ein ganz mutiger Schritt zu sagen, wir gehen in eine nicht institutionell an einer Universität angebundenen, in keiner Weise verpflichteten, irgendwie einer Institution, zugehörigen Institution, wir machen das ganz frei. Die Zukunftsanalytik, wenn sie politisch sein soll, muss frei sein, wir dürfen nicht abhängig sein von irgendwelchen Lobbys oder Geldgebern oder Ministerien oder Forschungskonjunkturen, sondern wir machen das ganz frei. Das war die Zeit von Robert Jung, die Atomenergiezeit, es ging um Zukunftswerkstätten, Kritikphase, Visionsphase, Realisierungsphase. Zukunftswerkstätten waren ein Instrument der zivilgesellschaftlichen Gestaltung einer Gesellschaft im Umbruch, damals in den 80er Jahren. Die Atomdebatte war eine riesige Debatte, die Umweltdebatte begann. Das war eine Zeit, wo wir eine erste Öffnung hatten in Richtung Nachhaltigkeit. Und seitdem gibt es das Institut. Das hat sich dann in den letzten Jahren, den 90ern und 10er Jahren dann sehr stark auf die Frage der Nachhaltigkeit fokussiert. Im Institut gibt es im Grunde alle Themenfelder, die jetzt unter dem Stichwort Nachhaltigkeit eine Rolle spielen. Die Frage der Zukunft der Energiesysteme in einer Abteilung für Energie. Die Frage der Zukunft der Mobilität, jetzt ganz neu, mit meinem Amtsantritt habe ich das Ganze mitgebracht, die Frage der Gesundheit, der Zukunft der Gesundheit, die Technologiebewertung, die Frage der Bildung und so weiter und so fort. Ich will das gar nicht so länglich ausführen. Gerahmt durch das ganze Thema der digitalen Transformation, was im Sinne einer Matrix alle Themen durchdringt. Ich würde sagen, irgendwann sagen wir nicht mehr, wir leben in der digitalen Gesellschaft, sondern es ist automatisch, dass die Gesellschaft, in der wir leben, eine digitale Gesellschaft ist, wie man auch irgendwann nicht mehr drüber geredet hat, dass wir in einer industriellen Gesellschaft leben, sondern klar war, dass die Gesellschaft, in der man lebt, eine industrialisierte, mechanisierte, technologisierte Gesellschaft war und das sehe ich gerade, dass das gerade passiert. Also Digitalisierung muss überall drin sein, ist eins unserer Hauptthemen, mit Schwerpunkt auf die Frage, was macht eigentlich Digitalisierung mit der Nachhaltigkeit, im positiven wie im negativen Sinne. Und das Ganze, wenn Sie sich das so vorstellen wollen als eine Grafik, überdacht dann durch die ganze Frage der Zukunftsanalytik, also der Frage, welche Methoden braucht man, welche Methoden können wir weiterentwickeln und zu welchen Erkenntnissen kommen wir mit diesen Methoden, zu der Frage, wohin entwickeln sich Gesellschaften oder einzelne Teilsysteme der Gesellschaft denn in den nächsten Jahren? Das sind Spekulationen und da muss man sich über die Grenzen, aber auch die Fähigkeiten der Zukunftsanalytik gut im Klaren sein. Man muss die Methoden immer weiter entwickeln. Und nur als Marker werden wir vielleicht nachher nochmal über die Zukunftsforschung reden. Die Digitalisierung hat auch massive Implikationen, gerade wenn wir über künstliche Intelligenz, über sogenannte künstliche Intelligenz oder besser über maschinelles Lernen reden, dann sind auf Datenreichtum basierte maschinelle Mustererkennungsprozesse womöglich ein scharfes Schwert, Zukunftsanalytik besser zu machen mit Blick auf prognostische Fähigkeiten. Das sind auch Themen, die uns gerade interessieren, wo wir massiv gerade Kooperationen eingehen und gucken, was gibt es da eigentlich, was geht da eigentlich? Funktioniert das? Experimentieren, ausprobieren, also Digitalisierung ist der Haupttreiber gerade unserer Forschungsarbeit.
Dann bleiben wir doch vielleicht nochmal kurz im Definitionsbusiness. So Mobilität klingt immer gut, will man immer haben. Man kann vielleicht festhalten, so die Mobilität definiert auch so ein bisschen unsere Gesellschaft. Also die Freiräume, die sich durch Mobilität ergeben, tragen ja erheblich auch dazu bei, wie man so sein eigenes Leben so wahrnimmt. Also welche Möglichkeiten man hat. Wenn ich selber zurückdenke, vor 30 Jahren, was innerhalb von Europa erreichbar war, so, was ohne Weiteres besucht werden konnte, im Vergleich zu heute, ist da ein riesiger Sprung passiert. Ähnlich ist es auch mit Nahverkehrssystemen etc., also da ist auf jeden Fall mehr. Frage ist, was hat diese Mobilität mit dieser Gesellschaft gemacht und was ist daran auch ein positiver Trend und wo haben wir negative Trends, die es jetzt umzugestalten gilt.
Also da würde ich gerne mal ein Augenblick gesellschaftstheoretisch oder wissenschaftlich werden und die Frage beantworten wollen oder den Versuch einer Antwort auf die Frage zu geben, welche Rolle Mobilität für gesellschaftliche Entwicklung spielt. Und da würde ich sagen, vor dem Hintergrund meiner Beschäftigung im Rahmen der Doktorarbeit, die ging ja tatsächlich um die Frage, mit dem Titel auch, „Moderne und Mobilität“, „Die Wahlverwandtschaft von Moderen und Mobilität“, was ist das Verhältnis der beiden.
Meine Erkenntnisse daraus ist, dass im Grunde Mobilität anders als andere Handlungs- und Bedürfnisfelder wirklich einen paradigmatisch zentralen Charakter hat für gesellschaftliche Entwicklung. Immer schon, auch in vormodernen Gesellschaften. Zivilisatorischer Fortschritt, gesellschaftliche Entwicklung, menschliches Leben, was ja immer zum Streben nach erweiterten und verbesserten ökonomischen, kulturellen und politischen Möglichkeitsräumen strebt. Das Individuum auch hat immer im Wechselspiel mit verkehrstechnischen Entwicklungen die Ausweitung von Mobilitätsräumen als auch soziale Möglichkeitsräume mit sich gebracht. Und das ist wichtig, zu begreifen, dass das Leben nicht funktioniert ohne räumliche Bewegung. Angefangen von der Evolutionsbiologie bis hin zu modernen Gesellschaften, Mobilität steckt überall drin. Die Autoindustrie nutzt das sozusagen lobbymäßig legitimatorisch für Marketingstrategien, die ich nicht legitim finde. Nach dem Motto, Mobilität ist ein Evolutionsmotor, deswegen brauchen wir den 6er BMW. Das ist kurzschlüssig ohne Ende, das war aber in den 90er Jahren tatsächlich ein Slogan.
Hat auch dazu geführt zu dieser unseligen Gleichsetzung von Mobilität und Verkehr. Die reden über Verkehr, Mobilität ist was anderes, nämlich Erreichbarkeit von Orten oder systemische Verkopplung oder Vernetzungen. Von Anfang an ist das räumliche, sich in Raum und Zeit bewegen von Dingen, von Objekten, von Menschen und so weiter ist konstitutiv für Gesellschaft. Ist eine Basisprämisse, insbesondere für moderne Gesellschaftsentwicklung, weil moderne Gesellschaften hochgradig arbeitsteilige, ökonomisch differenzierte Gesellschaften sind. Und das kann man ganz deutlich machen, wenn ich in einem Land wie Deutschland zunehmend Arbeitsteilung im 19. und 20. Jahrhundert, Anfang des 17., 18., 19. Jahrhundert, Modernisierung, Neuzeit, nachholende sozusagen industrielle Revolution ausgehend von England, dann in Europa insgesamt, dann hat das immer damit zu tun gehabt, dass Standorte miteinander arbeitsteilig in Verbindung traten. Da gab es das Ruhrgebiet, da kam der Stahl und die Kohle her, dann gab es andere Standorte an der Küste, da wurden die Schiffe gebaut. So und da musste man eine Verbindung zwischen den beiden bauen. Also wir sagen, unterschiedliche Räume haben unterschiedliche geografische Voraussetzungen dafür, wie sie Ökonomie betreiben. Das eine ist eine Küstenregion, das andere ist eine Gebirgsregion und so weiter. Und das determiniert so ein bisschen, welche Ökonomie da betrieben wird. Das determiniert so ein bisschen auch die Spezialisierung, die dann eintritt. Ich rede jetzt nur über den Bereich der Ökonomie. Das heißt, man muss die Orte, an denen die Dinge passieren, wenn man einen Markt schaffen will, ein großes ganzes ökonomisches Geschehen, da muss man die miteinander in Verbindung bringen. Also die sagen als Soziologen, die Gesellschaft differenziert sich aus, die Ökonomie differenziert sich aus, die Ökonomie arbeitet arbeitsteilig, es finden Spezialisierungen statt, so wie Smith das beschrieben hat, Adam Smith. Auch mit der guten Begründung, dass arbeitsteilige Spezialisierung natürlich effizienzsteigernd wirkt. Das ist alles sehr wichtig zu begreifen und wenn wir nur die Ökonomie anschauen, dann ist ökonomische Arbeitsteilung ein Hauptmotor für Verkehrswachstum gewesen. Dann müssen wir die Frage beantworten, warum machen wir das eigentlich? Natürlich weil es wachsende Menschenmengen gibt, die ihre Konsumbedürfnisse befriedigen wollen. Das heißt, es müssen die Güter zu den Märkten, zu den Menschen gebracht werden. Das waren dann urbane Ballungsräume, die entstanden sind. Diese urbanen Ballungsräume haben sich aber auch intern ausdifferenziert. Da gab es Stadtteile, in Paris kann man das sehr schön sehen, das war ja schon geplante Politik. Die Stadtentwicklungsstrategie von Haussmann, Baron Haussmann, war ja elitäre Lebenswelten zu trennen oder Stadtteile zu trennen von denen, wo die Arbeiter wohnten. Die Idee war, dass die Verkehrswege Arterien und Venen zugleich sind. Morgens frisches Blut, also frische Arbeiter, frische Arbeitskraft, Humankapital in die Städte reinbringen, in die Fabriken und abends die erschöpften Arbeiter wieder rausbringen. Atmende, das war das Bild, die Stadt als lebenden Organismus zu begreifen. Überall haben Sie Metaphern, die im Grunde Verkehr und Mobilität mit Blutbahnen, Nervenbahnen, mit so was in Verbindung bringen, was auch im menschlichen Körper, im Sinne einer anthropomorphen Analogie, die eigentlich nicht zulässig sind in der Soziologie, aber die hier als Metapher hilfreich sind, immer wieder genutzt worden sind auch.
Genau, ja es hängt alles miteinander zusammen. Und diese Organismusmetaphern waren ja auch in der ersten Zeit der Sozialtheorie ganz wichtige Metaphern, um zu beschreiben, wie eine Gesellschaft sich ausdifferenziert. Da hat Mobilität nochmal immer einen ganz fundamentalen Charakter, ich will es nochmal, weil Sie das vorhin so schön fragten, was hat das mit unserer Gesellschaft gemacht auch, anhand einer, ein Stück weit auch einer persönlichen Biografie, ich schließe einfach mal da an, wo ich vorhin aufgehört habe, und zwar fange vorher an oder ich fange vorher an, um einfach mal am Beispiel der Geschichte meiner eigenen Familie deutlich zu machen, wie in den letzten 100 Jahren sich der Möglichkeitsraum der Mobilität massiv verändert hat aus verschiedenen Gründen. Und wie das für gesellschaftliche Modernisierung eine große Rolle spielt. Und meine Großmutter kommt aus Schlesien. Die ist 1901 da geboren. Ich habe das in verschiedenen Büchern auch immer mal wieder so als Storyanker genutzt. Die hat noch erlebt, wie die Elektrizität eingeführt wurde und die hat erlebt, wie das erste Auto durchs Dorf fuhr. Und das ist wirklich eine Anekdote in der Familie für den Kaffeetisch immer gewesen, habe ich viele Jahre gehört. Das erste Auto fuhr auch gleich den schönen Hahn tot meiner Familie. Das war der erste Verkehrstote der Region, in de ganzen Gegend, in Grunau, im Riesengebirge, nahe der Schneekoppe fuhr das erste Auto und fuhr den Hahn der Familie tot, so das war ihr erleben. Dann kam Flucht und Vertreibung, das ganze Thema des Kriegs. Sie sind dann irgendwann in Niedersachsen gelandet, in der Nähe von Bad Gandersheim und Braunschweig. Haben da neu angefangen. Um es kurz zu machen, meine Großmutter hat in ihrem Leben keine andere Reise gemacht als diese von Schlesien nach Niedersachsen. Sie war nie an der See, sie war nie in den Bergen, sie hat keine weiteren Reisen als ein bisschen zur Nachbarstadt gemacht. Meine Mutter selber war einmal in ihrem Leben am Meer und einmal in ihrem Leben in den Bergen. Die ist jetzt mit 85 gerade gestorben. Sie ist nie geflogen in ihrem Leben. Ich selber bin in meinem Leben – das hat aber auch damit zu tun, dass ich bestimmten Nachhaltigkeitsvorstellungen in privaten Lebensstilen seit einigen Jahren nah anhänge – glaube ich, mal hochgerechnet nicht mal 25 mal geflogen bin in meinem Leben. Abgesehen von der Ausbildungszeit. Weil ich Langstreckenflüge ablehne, trotzdem ein globales Leben leben kann über digitale Medien. Aber wenn ich jetzt hingucke, was Leute in meinem Alter schon geflogen sind, dann sind das hunderte Male, sind viele viele viele Fernflüge. Will heißen, nur mal mit Blick auf die internationale Mobilität, die räumliche Mobilität, die immer mit der sozialen Mobilität auch zusammenhängt, muss man sagen, der Möglichkeitsraum hat sich massiv erweitert. Das ist Ausdruck von Lebensqualität, von Demokratisierung, wenn Menschen jetzt für wenig Geld nach Mallorca fliegen können und sich das leisten, ist das durchaus auch ein Ausdruck von Demokratisierung, klar. So viele Schattenseiten es auch hat, also will heißen die Möglichkeitsräume der modernen Mobilität haben sich im Zuge der Technisierung der Verkehrssysteme, der fossilen Bindung der Verkehrssysteme massiv erweitert. Wir haben sozusagen auf Kosten der Umwelt externalisiert. Wir haben den günstigen Treibstoff genommen. Wir wussten viele Jahre auch nicht, welche Schattenseiten es hat, spätestens seit den 90er Jahren wissen wir es. Aber bis dahin war das eine gute Idee, Benzin zu verbrennen. Benzin hat eine große Energiedichte. Das heißt, ich kann mit fossilen Energien einfach wahnsinnig gut Autos betreiben, Turbinen betreiben, Schiffe betrieben. Das war der Ursprung dessen, ich möchte fast behaupten, die fossilen Energien waren ein Stück weit auch der Startschuss moderner Gesellschaften. Ohne die wären wir vielleicht gar nicht so modern. Und es vermittelt sich massiv über die Verkehrstechnologien, die eben sehr günstig, sehr raumgreifend, sehr schnell dann plötzlich unsere moderne Gesellschaft unterwegs sein lassen haben. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich behaupte, unsere Generation, meine vielleicht, ich bin jetzt 51, ist eine der letzten Generationen, die auf diesem hohen Pik einer fossilgebundenen Mobilität leben konnte. Das ist historisch in meinen Augen eine einmalige Angelegenheit gewesen. Jetzt müssen wir Alternativen finden. Es gibt eine schöne Metapher von Buckminster Fuller, der vom Raumschiff Erde spricht. Und er sagt, das Raumschiff Erde, entstand damals in den 60er Jahren, als wir die Raumfahrt hatten und als zum ersten Mal die Erde vom Mond aus eben umgekehrt betrachtet werden konnte, das hat viel mit dem kollektiven Mindset auf der Erde gemacht. Der blaue Planet als fragiler, verletzlicher, quasi als Raumschiff im Weltraum. Und er hat das genutzt diese Metapher und gesagt, das Raumschiff Erde hat ein großes Gottesgeschenk – ich sage es mal in meinen Worte – mitbekommen, nämlich die fossilen Energien, ein Schatz. Und diese fossilen Energien sind die Anlasserbatterie für dieses Raumschiff. Und die nutzen wir gerade. Das 20. Jahrhundert, auch in meinen Worten jetzt mal weitergedacht, ist ein Jahrhundert, in dem wir aufbauend auf diese vielen Chancen, die wir mitbekommen haben, eben diesen riesigen Schatz der fossilen Energien, eine sehr moderne, sehr technisch ausgereifte Gesellschaft bauen konnten, um jetzt aber hoffentlich zu begreifen, dass die Anlasserbatterie, die die fossilen Energien waren für das Raumschiff Erde, jetzt irgendwann dazu genutzt werden müssen, den solaren Hauptmotor zu starten. Also es gibt eine Notwendigkeit, irgendwann zu begreifen, auch als moderne Gesellschaft, dass die fossilen Energien nur eine historische Phase waren. Nur dazu dienen konnten, die Modernität dieser modernen Gesellschaft so modern zu machen technisch, wissenschaftlich, dass wir jetzt auch die Fähigkeiten haben, mit Kernfusion oder Solarthermie oder Solarpanelen oder Windkraft oder was auch immer für Regenerative nutzen, diesen Hauptmotor zu starten. So das ist ein bisschen mein Bild auf die Geschichte, Bedeutung der Mobilität, sie hat massiv geholfen, die Modernität moderner Gesellschaften zu steigern. Sie hat massive externe Effekte dabei mit sich gebracht. Sie hat weltweit betrachtet auch extreme Ungerechtigkeiten erzeugt. Das sind alles natürlich Dinge, die wir nur für die westlichen industrialisierten Wohlstandsgesellschaften in Anspruch nehmen können. In anderen Teilen der Welt hat diese Art von Mobilität über die Art und Weise wie wir als westliche Gesellschaften den Energiezufluss gesichert haben, die Ressourcen, die wir brauchten, um die Autos zu bauen, oder wo wir den Schrott am Ende wieder hinbringen, überall Hinterlassenschaften oder auch gesellschaftlich destruktive Effekte erzeugt, wo wir sagen müssen, wir leben eigentlich in einer fossilen Externalisierungsgesellschaft. Wo der Wohlstand in diesem Teil der Welt, mit Blick auf die Frage der Mobilität ist hier spezifisch, erzeugt worden ist, mit einer Nichtbeachtung der Interessen Menschen in anderen Teilen der Welt. Es geht insbesondere um den nahen und mittleren Osten. Um die Frage neoimperiale Ressourcensicherungsstrategien bis heute, der Kolonialismus hat nie aufgehört. Und es ist nur anders kommuniziert und verbrämt, wir belügen uns nur anders heute, aber letztlich sind wir natürlich weiterhin abhängig von fossilen Energiegeberländern, Natürlich wird der Krieg im nahen und mittleren Osten und diese ganze verdammte Instabilität, die wir da haben, hat was damit zu tun, dass da Erdöl ist, da beißt die Maus keinen Faden ab. Und das sollten wir dringend ändern. Also so betrachtet hat Mobilität im Positiven wie im Negativen über, jetzt mal hier transportiert in meine Rede über den Begriff des Möglichkeitsraums, eine massive Implikation für die Modernisierung von modernen Gesellschaften.
Insbesondere die Änderung dessen, gerade wenn man jetzt das Beispiel mit dem nahen Osten aufgreift, kann ja im Prinzip die Einführung von regenerativer Energie langfristig halt ein Mittel sein, um die Situation in dieser Region zumindest langfristig wieder zu versuchen ins Lot zu bekommen. Ich meine, das ist so dermaßen außer Rand und Band, dass das nichts ist, was von heute bis morgen erledigt sein wird, aber das kann man sicherlich daran gut absehen. Aber es gibt ja auch andere Regionen, Südamerika oder eben auch Teile von Afrika, die in demselben Maße davon betroffen sind.
Was ich mitnehme vor allem, ist, eine Definition, dass Mobilität Erreichbarkeit ist. Und ich denke, jeder von uns denkt bei Mobilität zunächst erst mal tatsächlich an Verkehr. So dieses, ich kann fahren, ich kann gefahren werden, bis hin zu ich beame mich durch die Welt, so weit sind wir technisch noch nicht so, aber so dieses, sich selbst irgendwo hintransportierten, das ist definitiv das, wofür Mobilität steht und was uns ja auch eigentlich eingeimpft worden ist, dass das eine ganz tolle Sache ist und dass man irgendwie auch ein toller Hecht ist, wenn man irgendwie mit einem großen Auto durch die Gegend fährt. Statussymbole sind da sozusagen auch heraufbeschworen worden, die, wie ich so denke, so ein bisschen sich jetzt ändern, die andere verlagert sind, sicherlich noch nicht komplett raus sind, aber man merkt ja auch schon bei einer neuen Generation, dass der Stellenwert des Autos nicht mehr derselbe ist, was auch natürlich damit zu tun hat, dass es so überall ist und in gewisser Hinsicht auch normal ist. Aber dass die Erreichbarkeit sozusagen auch im Wesentlichen durch die Digitalisierung jetzt beeinflusst wird, ist dann natürlich eine interessante Erkenntnis, weil es ja so dieses Heilsversprechen auch mit sich bringt, dass eben durch Digitalisierung auf einmal der Verkehr nicht mehr so stark sein könnte, weil ich mich ja selber nicht unbedingt überall hinbringen muss. Ob das so stimmt, weiß ich nicht, dann sieht man ja sofort den modernen Pakethandel, da bewegt man sich dann halt selber nicht mehr, aber alles andere wird für einen bewegt. Kann man jetzt wahrscheinlich auch lange darüber diskutieren, ob es jetzt irgendwie besser ist, dass die Dinge, die ich haben will, erst mal überall irgendwo hingebracht werden und ich bring mich dann dahin, um sie dort abzuholen oder ob sie gleich den Weg zu mir finden. Aber insgesamt merkt man eben schon, dass eben ein anderes Verkehrsaufkommen jetzt auf einmal die Folge ist dieser anderen Erreichbarkeit, die halt die digitale Erreichbarkeit ist, weil man ja quasi alles auf einmal erreichen kann und in gewisser Hinsicht auch alles erreichen möchte.
Ich würde gerne nochmal vielleicht nochmal einen Schritt vorher. Also das ist natürlich eine Steilvorlage, die Sie hier gerade machen, Digitalisierung der Mobilität. Ich glaube, wir müssen aber vielleicht vorher nochmal, wenn wir über die Frage der Gestaltung von Mobilität reden, nochmal nur als Vorschlag, nochmal genauer definieren, warum wir denn Mobilität eigentlich gestalten sollten, warum ich von postfossiler Mobilität rede, warum ich sage, wir erleben eine Transformation der Mobilität bei Desaster sozusagen, um es zuzuspitzen, und was wir brauchen ist eigentlich eine Transformation der Mobilität überhaupt, aller Funktionssysteme moderner Gesellschaften by Design. Klüger, geplanter und dann ist die Frage zu stellen, was ist der richtige Weg, digitale Technologien und Medien da einzubringen. Im Augenblick, gebe ich Ihnen recht, gibt es diesen eher naiven Sprech, alles was wir digitalisieren ist automatisch auch nachhaltig. Das hat viele Jahre so getragen, wird auch immer noch von technologiepolitischen Akteuren, wie dem sehr geschätzten Christian Lindner von der FDP, immer wieder als Kuh durch das Dorf gejagt. Ist großer Unsinn. Aber ich würde gerne nochmal ein bisschen beschreiben, warum wir diese Transformation gerade erleben. Das hat vor allen Dingen … Also jetzt kommen wir mal zu den Feinheiten oder einigen Begriffen der Zukunftsanalytik, die arbeitet gerne mit Megatrends, mit dem Begriff der Megatrends, was im engeren Sinne keine wissenschaftliche Kategorie ist, sondern so ein Bindungsbegriff zwischen wissenschaftlicher und öffentlicher Debatte, mit denen Wissenschaftler sehr komplexe, facettenreiche, in sich differenzierte Entwicklungen versuchen, öffentlich kommunizierbar zu machen. So würde ich mal Megatrend definieren. Megatrends sind in einer kurzen Definition sehr langanhaltende, sehr tiefgreifend transformierend wirkende und sehr weit ausgreifend, also global ausgreifende Entwicklungstrends. Wie beispielsweise demographische Entwicklung, Bevölkerungswachstum oder Urbanisierung. Und da gibt es insbesondere vier Megatrends, die für die Zukunft, auch für die Herkunft, aber auch für die Zukunft der Mobilität im Augenblick relevant sind. Das ist Bevölkerungswachstum inklusive Urbanisierung, die Individualisierung, die NachhaltigkeitsTransformation und die digitale Transformation. Wenn Sie das zusammennehmen, dann muss man sagen, mal ein Beispiel, Bevölkerungswachstum von 1950 bis 2050 erwartet die Verfünf- bis Versechsfachung. Also von zwei Milliarden auf zehn bis zwölf Milliarden. Allein die schiere Summe des Zuwachses an Menschen bringt natürlich auch den schieren Zuwachs an damit verbundenen Bedürfnissen, Räume auch zu überwinden. Das ist logisch, wenn es mehr Menschen gibt, gibt es mehr Mobilitätsbedarf und damit auch mehr Verkehr. Wenn wir das nicht sehr effizient organisieren den Verkehr. Diese Menschen leben nicht verteilt überall, sondern die bündeln sich, das ist der sogenannte Megatrend der Urbanisierung. Das hat verschiedene Gründe, die wir hier jetzt nicht ausdiskutieren können, aber sie bündeln sich in Ballungsräumen. In manchen Teilen der Welt geht das gar nicht anders. In China wird erwartet, das in den nächsten zehn Jahren ungefähr 300-320 Millionen Menschen, 320 Millionen Menschen, ich muss es einfach nochmal langsam sagen, in den nächsten zehn Jahren aus den ländlichen Regionen in die Ballungsräume ziehen werden. Das ist ungefähr die Bevölkerungszahl plus 60 Millionen der USA, die in zehn Jahren in Ballungsräume ziehen werden. Das heißt, es wird extrem eng. Wir haben Urbanisierung überall auf der Welt, in Afrika, überall da, wo es Zuwächse gibt. Selbst in Europa haben wir Prozesse nachholender Urbanisierung, in sogenannten Schwarmstädten. Also um es auf den Punkt zu bringen, wachsende Bevölkerungsmengen plus Urbanisierung bringt die Menge in der Enge. Ist eine schöne Metapher aus Anfang des 19. Jahrhunderts, 20. Jahrhunderts, wo es um die erste Phase der Urbanisierung ging, wo es überhaupt darum ging zu begreifen, was bedeutet das denn eigentlich, wenn Menschen so eng aufeinander leben. Georg Simmel hat sich damit beschäftigt am Beispiel von Berlin. Willy Hellpach als Sozialpsychologe am Beispiel von Berlin. Und der hat diesen Begriff der Menge in der Enge geprägt, was macht das mit Menschen so? Und das ist eine schöne Metapher, wie ich finde, ich behaupte, das wird der zivilisatorische Normalzustand im 21. Jahrhundert überall auf der Welt sein. Weil wir einfach extrem viel mehr Menschen sein werden. Und diese Menschen sind nicht einfach nur mehr, sondern die wollen natürlich auch ein gutes Leben leben, so wie wir in unseren westlichen Industriegesellschaften die letzten hundert Jahre das auch gemacht haben und den Weg gegangen sind. Sozial gerechte, verteilungsgerechte, irgendwie einigermaßen moderne Gesellschaften, in denen wir alle gut leben können, aufzubauen. Das ist der Wunsch auch der Menschen in anderen Teilen der Welt. Das heißt, das ist eng verbunden mit dem, was ich nenne, Individualisierung, das ist auch ein Megatrend, eingeführter Begriff in der Soziologie. Individualisierung bedeutet, dass Menschen eben in dem Sinne, wie ich das gerade am Beispiel der Biografie meiner Familie deutlich gemacht habe, subjektive Strategien suchen ihren Weg zu machen. Erfolg zu haben, sich zu etablieren und dabei unterschiedliche Lebensstile ausprägen, die Schichtengrenzen überschreiten. Ich komme aus einem proletarischen Milieu und meine Bildungsbiografie ist mit einem extremen Maß an räumlicher Mobilität oder an Verkehr verbunden gewesen. Ich bin in meinem Leben über 30 Mal umgezogen, ich bin 51 wie gesagt, 36 mal umgezogen aufgrund dieser hohen Flexibilitätserwartung auch.
Und Möglichkeit auch, natürlich. Wenn es die Möglichkeit gibt, eine Professur in Braunschweig zu haben und in Berlin zu leben, weil die Verkehrstechnik so gut ist, dann ist das überhaupt erst möglich, diesen Karrieresprung zu machen, ohne die familiären Bindungen aufzugeben, weil die Gattin zu Hause noch einen Job hat und drei Kinder und so weiter. Das ist dann nur durch Verkehrstechnik möglich und so greift das alles ineinander. Jetzt habe ich den Faden verloren, geben Sie mir nochmal ein Stichwort?
Diesen Trend der Individualisierung gibt es überall, gerade in urbanen Regionen. Menschen, die in Städten leben, haben meistens das mit dem Ziel, ein besseres Leben zu leben, die Schichtengrenzen zu überschreiten, die Klassenbindung zu überschreiten und ein besseres Leben zu leben. Ein besseres Leben ist verbunden mit einem höheren Anspruch an ökonomischem Möglichkeitsraum. Also will heißen, das Standardmodell eines westlichen, besitzindividualistischen Lebensmodells ist, ein Haus im Grünen, surrounded by birds and trees und ein Auto vor der Tür, das ist der klassische Traum von Suburbia, der in Nordamerika entstanden ist. Ein eigenes Haus, eine kleine Familie, ein eigenes Auto, ein oder zwei Fernreisen im Jahr. Das ist das Bild, was mittlerweile auch in Asien eine große Rolle spielt. Ein eigenes Apartment, Mobilitätszugänge, vielleicht ein eigenes Auto. Manche Männer in China können gar nicht mehr heiraten, wenn sie nicht ein eigenes Auto mitbringen. Also als Insignium, als Symbol. Will heißen, die gehen genau denselben Weg, den wir gegangen sind, im Stichwort Individualisierung und das führt dazu, dass nicht nur mehr Menschen in den Städten leben, sondern die Ansprüche an Raum, Siedlungsstruktur, an Wohnraum, an Mobilitätsinfrastrukturen immer größer werden. So und diese drei Trends, Demographie, Urbanisierung, Individualisierung und dann der vierte, die NachhaltigkeitsTransformation, will einfach nur heißen, die Externalitäten, die wir über 100-150 Jahre moderner Gesellschaft erzeug haben durch diese Art fossiler Ökonomie und Mobilität sind so groß, dass wir ein Klimaproblem haben, was wir dringlichst lösen müssen, dass wir ein lokales Emissionsproblem haben, dass wir ein Stauungsproblem haben in der Mobilität, dass wir ein Ressourcenproblem haben, dass wir massiv ökologiepolitische Themen haben, die auch gelöst werden wollen, und zwar relativ schnell und wenn Sie das zusammennehmen, diese Megatrends, dann sind das sehr starke, treibende Pushfaktoren, die Mobilitätsveränderung erzeugen, erzwingen und überall auf der Welt sehen Sie sehr dynamische, facettenreiche, Such- und Experimentierbewegungen in Städten, in ganzen Nationen, die sagen, wir müssen, wir wollen, wir können, wir wollen das alles anders machen. Und gerade im Bereich der Mobilität eben innovative Strategien versuchen, weil dieser Bereich die größte Externalitäten mit sich bringt, aber auch die größten Chancen mit sich bringt, etwas zu verändern und eben auch so eine große Bedeutung hat für moderne Lebensstile. Deswegen sind die Suchprozesse in diesem Bereich so besonders groß. Und dann kommt die Digitalisierung dazu als letzter großer alles überschreibender Megatrend, der eben das Versprechen mit sich bringt, wie Sie das gerade eingangs vorhin sagten, wir müssen nur alles digitalisieren, dann wird auch alles nachhaltig, auch die Mobilität. Das ist die technologieoptimistische Variante. Und dann ist alles fein. Das haben wir 10-15 Jahre jetzt diskutiert. Zum Glück haben wir mittlerweile einen Diskurs, der sich ändert, der beschrieben ist mit den beiden Begriffen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Und damit sagen will, Digitalisierung ist mitnichten automatisch nachhaltig, sondern hat, ich nenne es mal, die vier R, rechtliche Dimensionen, hat ressourcenseitige Dimensionen, hat Resilienzeffekte auf moderne Infrastrukturen und Reboundeffekte, die so massiv sind, dass die Schattenseiten der Digitalisierung sehr groß sind. Wir müssen sie gleichzeitig in dem Moment, wo wir uns anschicken, diese Technologien in unsere Gesellschaftssysteme einzubauen, auch über diese Schattenseiten nachdenken und überlegen, wie wir diese Schattenseiten in den Griff kriegen. Sonst bauen wir eine insgesamt schlechtere Gesellschaft, ist meine Befürchtung. Und deswegen ist es wichtig, eben Digitalisierung als Megatrend zu beschreiben, der extrem viel Chancen mit sich bringt, Nachhaltigkeit in die Energiesysteme, vor allen Dingen aber auch in die Mobilitätssysteme zu bringen. Da können wir gleich nochmal drüber reden, wie das gehen kann. Aber wenn man das schlecht macht, dann macht es alles das, was an der fossilen Mobilität schon schlecht ist, nur noch schlechter, und zwar sehr viel schneller. Und das ist der entscheidende Punkt im Umgang mit diesem Megatrend. Digitalisierung ist ein sehr scharfes und zugleich zweischneidiges Schwert und deswegen ist es für mich so wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, wenn wir anfangen, Mobilitätssysteme zu digitalisieren, dann müssen wir uns über dieses Potenzial im Positiven wie im Negativen ganz klar sein und es jetzt schon diskutieren, wie wir das in den Griff kriegen.
Dazu braucht es natürlich auch Erfahrung. Und ich denke, die Gesellschaft hat noch nicht so die Erfahrung mit der Digitalisierung, die vielleicht angemessen wäre. Während so die ersten Entwicklungen, über die wir gesprochen haben, teilweise über 10, 20, 30, 40 Jahre gingen, ist die Digitalisierung gefühlt immer noch irgendwie eine Erfindung von vorgestern und wird halt von manchen noch überhaupt nicht gelebt. Ja, die Oma ist schon gefallen, die wahrscheinlich überhaupt gar keine Berührung damit gehabt hat, aber auch Leute so in unserem Alter haben natürlich auch teilweise so ihre Schwierigkeiten damit, je nachdem, wie früh sie dort herangeführt worden sind und erst langsam stellt sich so eine gewisse Normalität ein, auch die Auswirkungen zu erkennen und auch soweit zu internalisieren, dass man damit umgehen kann. Sieht man ja zum Beispiel im Bereich der Debattenkultur, wo ja sozusagen eine andere Erreichbarkeit, ich benutze jetzt mal bewusst das Wort, mit reinkam, die zu so einer globalen Diskussion geführt hat. Wo man vielleicht als naiver Zukunftshoffer anfangs dachte, naja wenn erst mal alle nur miteinander ins Gespräch kommen, dann lernt man sich ja auch besser kennen und dann wird der Friede überall und immerwährend sein. So eine Illusion, so eine Zukunftsdelusion, die sehr einfach an das Ganze herangeht und dann vollständig erschreckt wird dadurch, dass auf einmal eben Kulturen aufeinandertreffen und all das, wo sie sich eben nicht kennen, nicht verstehen, noch nicht irgendwie sich ausreichend abgetastet haben, dann doch sehr viel härter aufeinanderprallt, als das bisher gefallen ist.
Ja, da machen Sie ein großes Feld auf. Also ich will es mal versuchen zu strukturieren, indem ich mal versuche Digitalisierung zu definieren. Also es geht ja um die Frage, … Oder nochmal eine Antwort vorher, ich teile das, wir haben Anfang der 2000er eine erste Interneteuphorie gehabt und auf eine sehr extrem naive Art und Weise erwartet, dass sich die Dinge ändern, bis hin zur Frage der Mobilität. Dass wir dann irgendwann nur noch zu Hause sitzen und sozusagen als Monaden nicht mehr miteinander kommunizieren, nur noch über digitale Infrastrukturen. Damals hat Paul Virilio das Buch „Der rasende Stillstand“ geschrieben inspiriert durch diesen Gedanken, alles bewegt sich, die Daten, alles rast um uns herum, aber wir sozusagen sind stillgelegt als Individuen, gehen gar nicht mehr raus. Das ist natürlich eine sehr überzogene, sehr zugespitzte Variante. Wir können nachher nochmal über virtuelle Mobilität reden und über Virtualisierung von Mobilität und über Substitution realer Verkehre durch Datenverkehre. Da ist sicherlich Potenzial da, aber insgesamt ist Digitalisierung doch viel mehr als Virtualisierung. Und jetzt ist es tatsächlich so, ich will es nochmal wiederholen, wir haben zum Glück jetzt den Anknüpfer einer Diskussion, wo Menschen hingehen und zum ersten Mal sagen, Digitalisierung ist eben nicht nur die eierlegende Wollmilchsau, die alles gut macht. Sondern wir müssen sie gestalten auch wegen ihrer Gefahren. Und dazu gehört eben zu begreifen, wie Digitalisierung, was es ist überhaupt ist. Und ich will das nochmal deutlich sagen, was Sie gerade angedeutet haben, wir haben, wir haben Digitalisierung nicht begriffen. Das ist vor allen Dingen für die Politiker, für die technologiepolitischen Akteure eine riesige Herausforderung. Ich habe einen großen Respekt und großes Mitgefühl auch für Politiker an der einen Stelle, so sehr ich sie auch an andere Stelle oft kritisiere. Aber sie müssen sehr schnell über eine extrem komplizierte Materie entscheiden, Weichenstellungen treffen, von denen kein Wissenschaftler der Welt, so klug er auch ist, die Komplexität gerade absehen kann, vor allen Dingen im Zusammenspiel der Digitalisierung mit der Frage, welche Formen von neuer Ökonomie entstehen, welche neue Formen von Politik entstehen? Das ist alles so extrem angreifbar im Augenblick. Das, was jetzt über Cambridge Analytica gerade deutlich wird, wie datenreichtumsbasierte maschinelle Lernprozesse genutzt werden können, um Wahlen zu manipulieren. Oder mit Blick auf USA und England, da wird ja gerade massiv drüber diskutiert, inwiefern diese Firmen und auch Boris Johnson in den Sattel geholfen haben, zwei schlimme Populisten, das macht unsere Demokratie natürlich schlechter. Es führt Demokratien womöglich auf die schlüpfrige Bahn, wenn auf diese Art und Weise digitale Technologien und Medien genutzt werden, um demokratische Prozesse zu hinterlegen oder zu manipulieren. Das ist ja vor allen Dingen das Ziel gewesen, sie aus machtpolitischen Gründen zu instrumentalisieren und zu manipulieren. Auch das sind Dinge, die hat vor einigen Jahren noch keiner so vorhersehen können. Und trotzdem muss entschieden werden jetzt über 5G-Ausbau und mit wem macht man das und wie stark wollen wir unsere Verwaltungsstrukturen digitalisieren? Mit welchen Firmen arbeiten wir? Also permanent ein Entscheiden-Müssen unter hohem Zeitdruck in einem Nebel großer Unkenntnis. Und das geht vielen Wissenschaftlern auch so. Wir beginnen ja erst, uns mit den Themen zu beschäftigen. Und wir beginnen erst, aus den unterschiedlichen Disziplinen auch miteinander ins Gespräch zu kommen. Ein Softwareingenieur redet anders über Digitalisierung. Für den ist Digitalisierung der Übergang von der analogen zur diskreten Information. Für einen Sozialwissenschaftler ist Digitalisierung wohlmöglich, ich nehme jetzt mal eine ad-hoc Definition, die immer weitergehende Durchdringung aller Lebensbereiche und Lebenswelten. Die Kolonialisierung sozusagen unserer Lebenswelten, um den Begriff von Habermas zu nutzen, durch digitale Medien und Technologien im weitesten Sinne. Also überall geht es rein, Ubiquitous Computing. In alle Alltagsstrukturen, in alle Routinen, Gewohnheiten, Systeme geht Digitalisierung rein auf eine Art und Weise, dass diese Systeme irgendwann nicht mehr funktionsfähig sind, ohne dieses digitale Gerüst. Das ist übrigens bei der Mobilität genauso gewesen. Wir haben mit dem Auto, mit den fossilen Mobilitätssystemen im Kopf, Raum- und Siedlungsstrukturen gebaut, die nicht mehr funktionieren ohne diese Technologien. Deswegen haben wir so große Schwierigkeiten, heute uns von der Form von Automobilität zu verabschieden, mit allen ihren symbolischen, ästhetischen und funktionalen Bindungen die noch dazukommen. Und so ähnlich ist es mit der Digitalisierung eben jetzt auch, wir nehmen da eine sehr mächtige starke Technologie, von der wir noch gar nicht genau wissen, wie sie im Zusammenspiel mit anderen Einflussfaktoren und Dynamiken wirken wird und müssen trotzdem sie so shapen, zurichten, dass sie möglichst einer nachhaltigen GesellschaftsTransformation gerecht wird. Das ist ein gigantisches intellektuelles Projekt für die Wissenschaften und auch für die Politiker, die sehr schnell entscheiden müssen. Insofern gebe ich Ihnen total recht, eine ganz schwierige Angelegenheit, umso mehr müssen wir über Digitalisierung reden, immer wieder auch versuchen zu definieren, was ist das eigentlich, wie wirkt das auf die Ökonomie? Und ich mache das im Bereich der Mobilität immer so, dass ich sage, es gibt vier-fünf verschiedene Innovationslinien der Digitalisierung, das ist natürlich im Augenblick der Mainstreamdiskurs über die sogenannte künstliche Intelligenz, ich rede lieber über maschinelles Lernen, über algorithmenbasierte Mustererkennung, was ich besser und angemessener finde. Ich glaube nicht an die Singularität und die Machtergreifung tatsächlicher künstlicher Intelligenz. Wie Ray Kurzweil, der Cheftechnologe von Google, und andere das immer wieder vertreten, da glaube ich einfach aus erkenntnistheoretischen Prämissen und sozusagen meiner Vorstellung von dem, was das menschliche Gehirn ist, glaube ich nicht dran, dass das jemals funktionieren wird, aber sie können sehr mächtig werden im Sinne von für unsere menschliche Intelligenz. Im Sinne von konstellatorischen Denkwerkzeugen, wie Nida-Rümelin das mal formuliert hat. Also KI, maschinelles Lernen das hat zur Grundlage Konnektivität, weil irgendwo muss ja der Datenreichtum herkommen. Will heißen, die Frage der Vernetzung ganz unterschiedlicher Systemwelten, Lebensbereiche, Handlungsfelder und Produktwelten hat auch damit zu tun, nicht nur die Convenience im Alltag für die Konsumenten zu verbessern, sondern da halt Datenreichtum zu erzeugen, die wiederum Grundlage sind, der wiederum Grundlage ist für maschinelle Lernprozesse, der dazu dient, die Produkte besser zu machen, weil mehr lernen bedeutet ja bessere Applikationen. Das hängt ganz eng miteinander zusammen. Also Datenreichtum, Konnektivität, BigData. Konnektivität und maschinelles Lernen sind so drei Innovationslinien, die sehr eng miteinander zusammenhängen und nicht voneinander zu trennen sind. Damit hängt auch eng zusammen eine Innovationslinie, die ich mal nennen würde, das Entstehen der Plattformökonomien, wo wir auch nicht wissen, in welche Richtung das gehen kann. Ist das der Plattformkooperativismus, was als alternatives Modell immer wieder jetzt gerade versucht wird zu diskutieren. Als Gegenmodell zu Monopolisierungstendenzen, die wir gerade erleben. Was nämlich gerade passiert, ist, dass durch Datenreichtum, Datenernten, durch Netzwerkfeedbackeffekte, die vor allen Dingen die großen Firmen unterstützen in ihrer Produktpolitik, wie Facebook, Google, Amazon und andere, der Datenreichtum, den sie in ihren Monopolstrukturen, in ihren Ökosystemen erzeugen, wirkt immer nur zur Verbesserung ihrer eigenen Angebote und erzeugt eine Monopolisierung ohnegleichen. Das heißt, wir erleben einen automatischen Prozess in Richtung oligopole Monopolbildung durch den Charakter dieser Technologien. Solange sie nicht anders reguliert werden, solange Datenreichtum nicht kollektiviert wird, anders verteilt wird, indem wir nicht eine andere Daten-Governance haben auf kommunaler Ebene beispielsweise, Städte beispielsweise, eine ganz andere Daten-Governance machen. Erleben wir automatisch in kapitalistisch, marktwirtschaftlichen, sehr neoliberal verfassten Gesellschaften, bei wenig Bereitschaft zur Regulierung, den Trend zur Monopolbildung. Total gefährlich, weil diese Monopole natürlich irgendwann Politik massiv beeinflussen können und auch schon tun.
Das ist der entscheidende Punkt. Wo man sagen muss, da ist also Digitalisierung ein sehr mächtiges Instrument, indem wir versuchen, diese Chancen auf die Straßen zu bringen über plattformbasierte neue Mobilitätskonzepte beispielsweise. RidePooling Ist ja eine, aus der Funktionssicht eines urbanen Mobilitätssystems betrachtet, erst mal gute Idee. Ich kann Nutzungseffizienzsteigerung erzeugen, da wo ich, was weiß ich, in Deutschland im Durchschnitt ein Fahrzeug …
Ich mache es mal so, wenn wir im Augenblick im Durchschnitt ein Auto 23 Stunden am Tag in Deutschland nicht genutzt wird, sondern nur eine Stunde am Tag, dann ist es betriebs- und volkswirtschaftlich betrachtet extrem effizient. Das würde sich kein Industrieunternehmen in diesem Land erlauben, für teures Geld angeschaffte Produktionsanlagen 23 Stunden am Tag stillstehen zu lassen. Das ist absolut unökonomisch. Im Bereich der Mobilität erlauben wir uns das. Im institutionellen Flottenbereich als auch im Bereich der privaten Mobilität. Und wir sehen ja an unseren Städten, dass die Knappheit, die Enge in der Menge, die ich vorhin beschrieben habe, so groß wird, dass eigentlich über eine reine Produkteffizienzsteigerung der Fahrzeuge selber nichts mehr zu holen ist. Also motorentechnische Entwicklungen, andere Antriebe. Auch ein Elektroauto ist ein Elektroauto, was Platz braucht. Und wenn Sie sich den e-tron von Audi angucken, ein perverses Auto in meinen Augen, zwei Tonnen, 2,5 Tonnen schwer, den braucht kein Mensch als Elektroauto und auch gar nicht in der Stadt. Also können wir doch überlegen, den urbanen automobilen Mobilitätsbedarf über das Pooling von Fahrten so effizient zu machen, dass wir nicht mehr so viele Fahrzeuge brauchen, um automobile Mobilität anzubieten. Das heißt, wir haben einen anderen Charakter, es ist nicht mehr die private Automobilität in dem Sinne, aber wir können in Kombination mit schienengebundenen Verkehrssystemen wie Straßenbahn, U-Bahn, S-Bahn, Radsysteme ein integriertes Verkehrssystem bauen, wo die erste und letzte Meile oder auch Zwischenwege durch Automobilbausteine abgedeckt werden, die ich entweder als Einzelner nutze oder im Pool mit anderen Personen. Ich will es an einem Beispiel deutlich machen, die Väter aus meinem Dorf, in dem ich groß geworden bin, sind in den 70/80er Jahren jeden Morgen als Fahrgemeinschaft zum Werk gefahren, weil es einfach ökonomisch war, die hatten eigene Autos, aber die sind natürlich nicht jeder einzeln gefahren, weil es total blödsinnig und Banane war, dass jeder einzeln fährt. Damals waren die Portmonees noch nicht so gefüllt und da hat man gesagt, natürlich fahren wir. Der Gedanke ist uralt und heute können wir das Poolen von Angebot und Nachfrage jenseits dörflicher Gemeinschaften, die das auf nachbarschaftlicher Ebene machen können, auf Basis anonymer Gesellschaftsstrukturen machen, indem wir einfach Plattformen bauen. Also ich will damit sagen, die Plattformtechnologie oder die Plattformphilosophie ist eigentlich keine schlechte, um in anonymen individualisierten Gesellschaften Fahrten zu teilen von Menschen, die sich gar nicht kennen, über digitale Vernetzung Applikation des Smartphones. Das ist erst mal eine gute Idee. Aber dadurch, dass Leute das nutzen, fördere ich natürlich die, die das anbieten, diese plattformökonomischen Akteure, die in Richtung oligopole Monopolbildung gehen. Will heißen, ich baue wohlmöglich als Mobilitätspolitiker auf Bundesebene – jetzt kommen wir zum politischen Bereich – eine Politik, die massiv auf solchen Technologien basieren soll, experimentiert das, entwickelt das, muss aber erleben, wenn ich nicht weit genug gedacht habe, dass ich damit einen Prozess unterstütze, der an andere Stelle, nicht unmittelbar, aber in 10, 15, 20 Jahren, wirksam wird, die Gesellschaft womöglich in ihrem ökonomischen Fundament aus den Angeln hebt. So das ist das, was ich meine, in der Komplexität dieser Entwicklungen. Unmittelbar kann das an der ein oder anderen Stelle wahnsinnig positive Effekte haben, diese Technologien anzuwenden, für die Optimierung von Mobilitätssystemen, Energiesystemen, Gesundheitssystemen, aber die langfristigen Wirkungen sind uns erst mal nicht ersichtlich. Ich sage immer, vor unseren Augen und hinter unserem Rücken digitalisiert sich unsere Welt. Vor unseren Augen unmittelbar auch getrieben durch unsere Bedürfnisse, unsere Gestaltungsprojekte, unsere politischen Anforderungen. Und hinter unserem Rücken passiert das, was wir nicht so richtig greifen können, auf einer Metaebene, bis hin zur Frage, was ist eigentlich die Conditio humana in Zukunft. Also wir bauen Gesellschaften um, beispielsweise zu totalitären Kontrollgesellschaften. Das wird in China gerade experimentiert mit digitalen Technologien und Medien. Auch hochmodern auf eine Art und Weise. Und Kalifornien erleben wir das andere Modell, dass Monopol- und Oligopolstrukturen entstehen, die letztlich auch nicht viel besser sind, wenn ich das weiter denke, im Einfluss auf ihre Gesellschaft. So und das ist das große Schwierige, wo optimiere ich auch in Sachen Nachhaltigkeit mit dieser Technologie? Und wo erzeuge ich größere Probleme an anderer Stelle, indem ich das tue? Das ist noch eine offene Frage.
Ja, an der Stelle muss dann, glaube ich, auch die Politik in gewisser Hinsicht ein bisschen, ja, sich selbst ermächtigen an dieser Stelle, diesen Trends möglichst frühzeitig, ohne jetzt die eigentliche Entwicklung zu sehr zu begrenzen, Öffnungsklauseln quasi mit einzuführen. Wenn wir vielleicht mal bei diesem Beispiel dieses RidePooling bleiben, wo wir ja jetzt sozusagen mal wieder ganz unmittelbar zu Digitalisierung und Verkehr konkret zurückgekommen sind, während ja die Fragen von Machine Learning und so weiter noch sehr viel weitergehender sind. Hier gibt es ja auch Ideen, sagen wir mal, diese Daten, die dort gewonnen werden, in gewisser Hinsicht auch einer Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Natürlich ist es interessant für diese Unternehmen zu sehen so, ah unsere Autos, die jetzt hier per App mal eben schnell irgendwo gemietet werden können, da sehen wir dann, wo die Nachfrage ist, da können wir sehen, wo wir unseren Betriebsbereich weiter ausbilden. Das heißt, hier wird eine Information generierte die natürlich betriebswirtschaftlich hochinteressant ist und natürlich an der Stelle auch ausgewertet werden muss, wo man aber auch genauso gut sagen kann, Momentchen mal, das mag ja alles sein, aber ihr nutzt ja in gewisser Hinsicht hier für euer Betriebs- und Verdienstmodell den öffentlichen Raum, der gehört uns ja allen und diese Daten, die ihr dort erlangt, dieses Wissen, was ihr hier über die Bewegung der Gesellschaft auch generiert, die muss auch allen zur Verfügung stehen oder zumindest muss dem Staat oder der Gesellschaft, in welcher Ausdehnung dann im einzelnen Beispiel auch immer, zur Verfügung stehen, damit wir die auch alle nutzen können, damit die auch andere nutzen können, um auch diesem Monopolisierungstrend vielleicht etwas entgegenzusetzen. Also ihr dürft nicht einfach nur hier den öffentlichen Raum für euch nutzen, sondern der öffentliche Raum muss insofern auch öffentlich bleiben, dass in dem Moment, wo er bewirtschaftet wird, auch andere davon profitieren können.
Das haben Sie wunderbar erklärt, das muss ich ja gar nicht nochmal erklären. Also vollkommen einverstanden. In der Debatte wird das mit den beiden Begriffen Datenextraktivismus oder Datendistributismus benannt. Also Extraktivismus ist genau diese monopolartige, ich baue Ökosysteme, die dazu dienen, Daten zu extrahieren, die dann wiederum dazu dienen, auf Basis maschineller Lernprozesse bessere Produkte anzubieten, die ich dann und so weiter, habe ich ja gerade erklärt. Datenextraktivismus. Bei Datendistributismus lässt sich das gerade am Beispiel der Mobilität besonders gut auch herleiten und begründen. Mobilität in urbanem Kontext, beispielsweise nehmen wir mal Berlin, hat immer einen Aspekt der Daseinsvorsorge. Also der Staat ist aufgerufen, ein Minimum an infrastruktureller Vorleistung für seine Bevölkerung … dafür gibt es den Staat ja, dafür gibt es auch Steuern, ne? Straßen, öffentliche Verkehrssysteme, damit wir eben mobil sein können, weil Mobilität so wichtig ist. Energiesysteme, Gesundheitssysteme. Also Allmende, die finanziert wird durch unsere Steuergelder, Daseinsvorsorge. Und immer, wenn ich jetzt versuche, die Systeme der urbanen Daseinsvorsorge, der urbanen Mobilität zu optimieren, und das tue mit rein privatwirtschaftlichen Produkten und Modellen, bekomme ich genau dieses Problem, dass ich in ein System einer kommunalen Verkehrsangebotspalette, die meistens von der betrieben wird, hier in Berlin die BVG oder kommunaler Hand ist, die ja per se im Grunde ja auch Datenextraktivismus betreibt. Immer schon. Die wissen ja auch, wo die Kunden sind und wo sie Buslinien dann verstärken müssen und wo mehr Nachfrage und weniger ist, wie sich das entwickelt, das sind ja alles auch auf eine Art und Weise vordigitale Daten, die immer schon genutzt worden sind, um das Betriebsmodell zu optimieren. Auch im Grunde extrahiert, aber eben im Sinne der Daseinsvorsorge kommen sie wieder dem Großen und Ganzen zugute. Und das ist der Unterschied jetzt. Wenn ich nicht aufpasse, dass die Moias und andere dieser Welt nicht ein Stück weit diese Daten auch kollektivieren und sie anderen zur Verfügung stehen, die dann auf der Grundlage ihre eigenen Machine Learning-Prozesse aufbauen können, dann habe ich eben diese Oligopolbildungsprozesse und dann habe ich die Systemvermischung zwischen privatwirtschaftlich und Daseinsvorsorge, die nicht gut miteinander zu verheiraten ist. Deswegen gehen Sie in Barcelona und anderen Städten beispielsweise einen anderen Weg und bauen das aus der Perspektive kommunaler Daseinsvorsorge, das digitale Ökosystem, so, dass alle auf die Daten, die in einer Kommune im Bereich der Mobilität oder anderer Funktionalitäten urbaner Dienste entstehen, angreifbar sind, um auf der Grundlage maschinelle Lernprozesse laufen zu lassen. Das ist in meinen Augen eine Daten-Governance, sogenannte Datendistributismus, den ich für klug halte. Mit Blick auf unsere Tradition der Daseinsvorsorge, die es zu schützen gilt, und mit Blick eben auf die Frage der jetzt sichtbar werdenden destruktiven Effekte von KI-basierten Angebotsoptionen in Richtung Monopolbildung und eben politische Einflussnahme, die immer dann auftreten, wenn ich eben Systeme habe, die nicht interagieren mit anderen und die sich schließen.
Also jetzt haben wir ja ein paar Herausforderungen oder auch Zustandsbeschreibungen geliefert so. Also Erreichbarkeit ist erheblich durch Digitalisierung beeinflusst, auf verschiedensten Ebenen. Wir haben diesen Aspekt der Geschwindigkeit, den Aspekt der Verfügbarkeit dieser Daten und dem damit vielleicht verbundenen Zwang zu einer Öffnung angesprochen. Wenn wir vielleicht auch mal auf den Elefanten im Raum schauen, nämlich eben genau die immer wieder nebenbei angesprochene Automobilität, die ja derzeit eben alles definiert und die ja sozusagen auch so unsere Vorstellung davon, was ist und sein kann, so schwer gedanklich vorprägt, das ist es ja immer schwierig ist, darüber hinauszudenken, ja wie könnte es denn ganz anders sein? Bis man dann mal irgendwie nach Holland fährt und sieht so, ah okay, so kann man Kreuzungen auch bauen und so kann man Innenstädte auch kanalisieren, das ist ja ganz interessant. Wir haben ja jetzt konkret in Deutschland auch noch das Problem, dass eben auch unsere Gesellschaft auch wirtschaftlich erheblich auf diese Präsenz von Automobilität abgestellt ist, dass viele Dinge nicht getan werden, eben weil so viel davon abhängt, soviel damit geprägt ist. Ja, also schon der Niedergang der fossilen Verbrennungsmotoren stellt jetzt schon eine Bedrohung, allein für das Existieren der Händler- und Werkstattnetz, dar, die dann irgendwie nicht wissen, was sie an so einem Elektroauto überhaupt noch reparieren wollen, auf der einen Seite. Auf der anderen Seite eben die Verkehrsplanung, die dann auf einmal mit ganz anderen Dynamiken umgehen muss, und wenn dann das Auto als solches auch noch verschwindet, auch den gesamten Raum, den ganzen urbanen Stadtraum komplett neu denken muss. Was sind denn so die Herausforderungen, die so für uns als Gesellschaft aus Ihrer Perspektive jetzt primär anstehen? Was ist moderierbar, was ist unvermeidlich, was muss kommen, auch wenn es wehtut?
Das ist auch ein, wie sagt man neudeutsch, Learning, was ich damals hatte, eben nicht nur das Verständnis für die enorme Bedeutung von Mobilität für moderne Gesellschaften. Die Faszination auch der modernen westlichen Automobilität. Das klingt vielleicht paradox, wenn ich am Rande jetzt bemerke, dass ich ein, gleichwohl ich ein Elektroauto fahre und als sehr kritischer Mobilitätsforscher gelte, ein großer Freund schöner Fahrzeuge, Automobile bin. Ich liebe den Dodge Ram, Baujahr 80, blau-metallic mit Weißbandreifen. Den kann man aber auch nur in der Wüste von Nevada fahren, also gar nicht, insofern brauche ich ihn auch nicht, aber ich mag ihn. Will heißen, mir ist in Kalifornien auch klar geworden, das, was Innovationsökonomen oder auch Techniksoziologen als die sogenannte Pfadabhängigkeit benennen, P F A D, der Pfad, den wir einmal eingeschlagen haben und immer weiter gehen, definiert natürlich auch immer die Frage der Gestaltbarkeit der Zukunft. Das ist nochmal ganz wichtig, wenn ich jetzt auf Punkte komme, wie wir anders gestalten können, nochmal klarzumachen, wo die Hemmnisse und die Schwierigkeiten der Gestaltbarkeiten – Sie haben das ja selber mir in den Mund gelegt mit einigen Aspekten – wo die liegen eigentlich. Wo sind die Hemmnisse? Und da muss man sagen, wir leben in einer fast 100 Jahre mit der Automobilität lebenden Gesellschaft. Wir haben viele Jahre geglaubt, dass Automobilität, so wie wir sie heute leben, der richtige Weg ist, um Mobilität zu garantieren in modernen westlichen fossilgebundenen Gesellschaften. Wir wollten viele Schattenseiten nicht wahrhaben, die es schon früher zu erkennen gab, aber richtig klar geworden ist das seit 92 mit dem Klimathema, dass eigentlich fossile Mobilität keine gute Idee ist, weil sie eben so essentiell ist, so schwierig alternativlos zu machen und so weiter. Und da saßen wir aber schon tief in dem, was ich den goldenen Käfig der modernen Automobilität nennen möchte. Ich habe, wie gesagt, darüber promoviert, mich lange mit der Frage beschäftigt, warum Automobilität so attraktiv ist. Und das hat in den USA und auch in der Bundesrepublik eine Vorgeschichte, die man kennen muss. Mit dem Automobil im Kopf haben die USA im Rahmen des New Deal beispielsweise ihr gesamtes Land mit Straßen überzogen. Das war das achte Weltwunder damals, dass man bis in jede kleine Ecke der USA auch touristisch betrachtet, damals wurde das touristische Reisen mit dem Automobil erfunden in den USA, weil man überhaupt erst mal irgendwo hinkommen konnte. Das war ein wahnsinniger Demokratisierungsakt, dass der einzelne Amerikaner mit seinem Ford T dann irgendwo hinfahren konnte oder später mit anderen Fahrzeugen und mobil sein konnte. Man hat Straßen gebaut, man hat Siedlungen mit dem Automobil im Kopf konstruiert. Städte im mittleren Westen oder überhaupt im Westen, die spät entstanden sind, sind automobile Städte. Los Angeles ist eine automobile Stadt oder wurde zumindest zu einer solchen umgebaut. Das heißt, Lebensstile, auf einer funktionalen Ebene erst mal nur betrachtet, sind massiv determiniert durch automobile Kultur und die ihn gemäßen Raum- und Siedlungsstrukturen. Also wir Designer unterscheiden immer eine funktionale, eine ästhetische und eine symbolische Dimension von Objekten. Wenn ich das mal auf das Automobil beziehe, dann habe ich, ästhetisch ist ja klar, Citroen DS ist ein wunderschönes Auto. Dodge Ram in meinen Augen auch, andere sehen das anders, andere finden SUV schön. Dann gibt es die symbolische Ebene, das ist die, die Sie vorhin angesprochen haben, dass gerade die Automobilität und das darf man überhaupt nicht unterschätzen, eine auf einer symbolischen sozialintegrativen Ebene massive Bedeutung hatte und hat, für die Frage einer Anzeigefunktion im Sinne demonstrativen Konsums, wer bin ich denn eigentlich oder wer könnte ich sein oder wer will ich sein? Das wurde immer schon und wird auch heute mit dem Automobil transportiert. Das ist so die moderne Form von, Kleider machen Leute, also das Auto als Statussymbol. Ja, mittlerweile, das war in den 70er, 80er, 90er Jahren noch stärker. Mittlerweile entzaubert sich das ein Stück weit, wir leben in hochentwickelten, hochmotorisierten Automobilgesellschaften, in sehr reifen Automobilgesellschaften, wo Sie ja vorhin selber angedeutet haben, dass das Auto, da wo es dysfunktional wird, in bestimmten Milieus auch entzaubert wird, auch bei jüngeren Milieus und Zielgruppen gerade in urbanen Kontexten, aber nicht überall. Wir haben Regionen auf dem Land, wo das das ganze Gegenteil ist, wo die Leute massiv, die jungen Leute, aus einer funktionalen Perspektive betrachtet, abhängig sind vom Auto und es dann symbolisch und ästhetisch auch über Formen zum Lebensmodell machen. Das hängt ganz eng miteinander zusammen. Und diese symbolische und sozialintegrative Funktion der Automobilität darf man überhaupt nicht unterschätzen. Also die Anzeigefunktion, dass ich mit meinem Auto, aber auch mit der Art und Weise wohin ich fahre und wie ich fahre, etwas demonstriere oder ausagiere. Das ist an sich schon ein Datum, eine Pfadabhängigkeit, in einer Gesellschaft, die als sozusagen kulturelles Leitbild in den letzten 100 Jahren entwickelt hat, dass schnelles Fahren, freie Fahrt für freie Bürger mit hochmotorisierten Fahrzeugen eine hohes Gut ist. Haben Sie natürlich in dem Augenblick, wo Sie über die vernünftige Perspektive einer flächendeckenden Tempo 130 Regelung diskutieren wollen, die wirklich rational ist, also es ist ja das Gegenteil der Fall. Nicht diese Forderung ist gegen jeden gesunden Menschenverstand, wie Herr Scheuer sagte, sondern das, was er darauf sagt, ist gegen jeden gesunden Menschenverstand, es ist nicht verstehbar, dass man glaubt, es wäre ein Ausdruck freier Fahrt für freie Bürger. Es ist einfach in keinerlei Hinsicht funktional, schnell zu fahren. Und Deutschland ist neben, ich glaube, neben Kambodscha oder neben Korea und Afghanistan eins der wenigen Ländern, die noch unbegrenzte Geschwindigkeitslimits hat. Also das sind so Mindsets, die entstanden sind, die werden dann hinterlegt mit einer Autoindustrie, der einen großen, nach wie vor einen immensen Teil der Wertschöpfung in diesem Land mit generiert. In fünf großen Automobilregionen, in denen die Beschäftigung auch massiv abhängig ist, also auch eine Pfadabhängigkeit eine ökonomische. Das heißt, wir haben mit viel Kapital in Stahl und Beton gegossene Infrastrukturen, die dazu gebaut, verbrennungsmotorische Fahrzeuge zu produzieren. Wir haben auf der Nachfrageseite über 100 Jahre Sozialisations- und Gewöhnungsprozesse bis in die Strukturierung unserer Raum- und Siedlungsstrukturen und unserer Alltagsvollzüge eine Abhängigkeit von diesem Fahrzeug aufgebaut. Und in den letzten Jahrzehnten auch nochmal vergrößert. Neoliberale Verkehrspolitik in den letzten 30 Jahren hat die Abhängigkeit in ländlichen Regionen vor allen Dingen vom Automobil noch massiv erhöht.
Durch den Verkauf von kommunalen an Dienstleistungen, durch das Reduzieren und Ausdünnen von Verkehrsangeboten, von Buslinien. Wenn man sagt, wir wollen sparen kommunal und der demographische Wandel dazu führt, dass tatsächlich in manchen Regionen nicht mehr so viel Nachfrage durch Schülerverkehre da ist und ich dann nicht mehr kostendeckend oder teilweise kostendeckend ich die Busse mindestens einmal in der Stunde fahren lassen kann, dann fahren die eben nur noch alle zwei Stunden oder alle drei Stunden. Dann sind aber die, die noch über sind, gezwungen, mit dem Auto zu fahren und sind immer tiefer im goldenen Käfig der Automobilität. Umso mehr kann ich natürlich noch abbauen und plötzlich sind alle im Automobilen. Aber die Raum- und Siedlungsstrukturen verändern sich auch so, dass auch diejenigen, die noch mit Bus und Bahn unterwegs sein wollen, gar nicht mehr irgendwo hinkommen und nicht mal mehr im eigenen Ort oder im Nachbarort Infrastrukturen finden, die sie noch erreichen könnten, die müssen dann auch noch mit dem Auto fahren. Also wir haben eine Spirale der Verschlechterung der Erreichbarkeitssituation derjenigen, die ohne Automobil unterwegs sein wollen, wenn ich diesen Weg gehe. Und das alles zusammengenommen ist ein Datum für Innovationspolitik. Also wir haben jetzt eine Gesellschaft, in der symbolisch, ästhetisch, funktional, ökonomisch und was die Politik angeht auch massiv getrieben durch ökonomische Lobbys nach wie vor, das können wir ganz offen so sagen, es gibt eine massive, extrem gut organisierte, hochprofessionelle Lobby, die Automobilpolitik in diesem Land noch treibt und die auch hochgradig bigott ist und auch in sich zerrissen, die auf der einen Seite das sagt und auf der anderen Seite das tut, die in meinen Augen noch nicht so richtig weiß, wohin sie will. Und das alles zusammen sind sozusagen Pfadabhängigkeiten, sind Hemmnisse, wenn man denn drüber nachdenkt, wie können wir denn den Modalsplitanteil in Berlin verschieben? In einer Stadt, wo ohnehin das Automobil nicht die dominante Fortbewegungsform ist für die meisten Menschen, sondern der öffentliche Verkehr, ist aber das Automobil von der Flächeninanspruchnahme was den fließenden und ruhenden Verkehr angeht, das dominante Verkehrsmittel.
Berlin hat aufgrund seiner, historisch betrachtet auch, dass es eine Grenzstadt war und eben die Suburbanisierungstendenzen nicht stattfinden konnten und die Verflechtungsprozesse historisch, die in anderen westdeutschen Städten mit dem Umland stattgefunden haben, hat es nicht diese Einpendlerverkehre und hat ein relativ geringen Anteil privater Automobilität. Heißt, wir haben gute Voraussetzungen hier eigentlich noch mit wachsender Tendenz, aber zum schlechteren. Und das ist so die Situation jetzt in Berlin, dass die Infrastrukturen, die Lobbys, all das ist auf Automobil noch gepolt. Wir haben seit den 60er Jahren eine automobilorientierte Stadtentwicklungspolitik in allen westdeutschen Städten gehabt. In der Stadt, aus der ich komme, Braunschweig, Hannover die Region, gelten als paradigmatische, beispielhafte Inbegriffe einer autogerechten Stadt, die sind so gebaut worden. Und wenn Sie eine Stadt haben …
Das war dann schon der Berliner Weg in einer Grenzstadt oder in tatsächlich einer Stadt, die abgeschottet war, Automobilität im westdeutschen Sinne zu leben, waren die Stadtautobahnen. War westliche Form von automobiler Orientierung. Und klar, in sozialistischen Staaten war die Daseinsvorsorge über kollektive Verkehrsträger auch dem kulturellen Mindset eher entsprechend und deswegen haben wir diese Systeme hier noch und auch eine hohe Nutzungszahl auch. Das heißt, Berlin hat einen Modalsplitanteil, der unüblich ist, im Vergleich zu anderen westdeutschen Städten. Wir haben aber in Skandinavien Städte, die einen Modalsplit haben, nehmen wir mal das Beispiel, die absolute Beispielstadt immer Kopenhagen, die es über 20-30 Jahre Transformationspolitik, Stadtentwicklungspolitik geschafft haben, einen Modalsplit zu bekommen, wo im morgendlichen Ausbildungs- und Berufsverkehr 60-70% aller Verkehrsteilnehmer mit dem Fahrrad zur Arbeit oder zur Ausbildung fahren. 60-70% Modalsplitanteil, der Rest ist Auto, Bus und Fußgeher, das ist gigantisches. Also in manchen Teilen der Welt ist das Fahrrad das Verkehrsmittel der Zukunft, das Verkehrsmittel des 21. Jahrhunderts, möchte ich behaupten. Also das sind Modalsplitanteile. Man kann auch das Ziel sagen, wir hätten gerne 25/25/25/25. 25 Auto, 25 Öffentliche, 25 Fahrräder und 25 Mikromobilität, also diese kleinen Elektroroller plus zu Fuß gehen und so weiter. Das ist der Modalsplit, den kann ich auf eine Stadt runterrechnen, auf einen Stadtteil, auf ein Quartier oder eben auf eine Person. Sozusagen der Modalsplit dieser Person ist, er geht in einer bestimmten definierten Zeiteinheit, die ich betrachte, so und so viel zu Fuß, fährt so viel Fahrrad, so viel Auto und so viel öffentlichen Verkehr. Und das ist ein verkehrspolitisches Steuerungsinstrumentarium, wenn ich sage als Berliner Senat, ich möchte den Modalsplitanteil des Fahrrades gegenüber dem Automobil oder überhaupt, was weiß ich, 20-25% erhöhen, dann muss ich sagen, wie ich das tun kann. Dann muss ich Infrastrukturen ausbauen, das ist das große Thema. Fahrradpolitik ist einfach, ich muss sichere Infrastrukturen für Leute anbieten, dass sie sicher und verlässlich von A nach B kommen, ohne sich und ihre Kinder zu gefährden. Sicherheit ist das A und O. Während der Fahrt, aber auch für die private Fahrräder oder lassen Sie es kleine Lastenbikes sein oder was auch immer, wenn ich sie abstelle oder elektrisch unterstützte Segways, Pedelecs, das sind alles Dinge, die auch sehr gern geklaut werden. Es gibt zwei Dinge, die Sie machen müssen, wenn Sie Fahrradpolitik machen, um einen Modalsplitanteil in einer Stadt wie Berlin zu erhöhen, Infrastrukturen ausbauen und sichere Abstellmöglichkeiten schaffen. Jetzt haben Sie dann aber ein Problem, wenn Sie das aufrufen, was ich vorhin sagte, die Menge in der Enge, ist auch in Berlin die Situation. Berlin ist eine Schwarmstadt, Berlin wächst, es wird immer enger, es gibt immer mehr Menschen, die sehr individuelle Lebensstile leben, deswegen größeren Raumbedarf haben, größeren Möglichkeitsraum für sich in Anspruch nehmen. 60% aller Menschen in Berlin leben als Single. Das bringt natürlich enormen Raumbedarf mit sich. Und all das zusammengenommen heißt eben, wenn ich Fahrradmobilität fördern will, in einer Stadt wie Berlin, muss ich an anderen Teilen des Verkehrs etwas wegnehmen. Ich habe nun die urbane Fläche nur einmal zu verteilen, und da sehe ich jetzt schon den Beginn und das wird noch stärker werden, den Beginn einer extremen raumethischen, raumpolitischen Debatte. Nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Städten. Wo es um die Neuverteilung der Zugangschancen zu urbanen Flächen geht. Da werden alle Branchen miteinander kämpfen. Die Mobilitätsbranche, Tourismusbranche, Kulturbranche, Gastronomie, urbane Dienste, Immobilienbranche, alle brauchen die knappe Fläche Boden, die sehr teuer ist. Und in einem Prozess der normativen Kraft des Faktischen, also will heißen, einfach durch Gewöhnung hat sich in den letzten 60 Jahren hier etwas etabliert, das da heißt, jeder, der ein Auto hat und sich gekauft hat, hat automatisch Anrecht auf mehr Raum im fließenden Verkehr. Ein Auto braucht einfach extrem viel Raum, um sicher im fließenden Verkehr unterwegs zu sein. Mehr Raum im ruhenden Verkehr. Dafür gilt es, wenig zu bezahlen und die Einpendler, die aus Brandenburg kommen, haben auch den Anspruch hier umsonst einen Parkplatz zu finden. Das sind alles Standards, die vielleicht in den 70er Jahren noch sinnvoll waren, als die Städte noch nicht so überfüllt waren, also nicht so viele Fahrzeuge fuhren, als die externen Effekte noch nicht so groß waren, die Ansprüche an Lebensqualität auch nicht, aber heute geht das eigentlich nicht mehr und deswegen werden wir diese Debatten noch weiter führen. Sie werden auch schon geführt in einigen Städten. Wie sozusagen der Modalsplit die Förderung und Etablierung anderer Verkehrsträger gegenüber dem fossilen Automobil eine Stadtentwicklungspolitiksmaßnahme auch sein kann und muss.
Was könnte denn so der finale Treiber sein? Weil ich meine, je nachdem, welche Position man so derzeit einnimmt, ob man da für sich selber noch den Raum, den man hat, jetzt beschützen möchte, so mein Parkplatz, meine dreispurige Straße, dann haben wir es ja auch mit einer, also gerade in Berlin ist das sehr … Nicht nur in Berlin, aber gerade in Berlin, so eine neue Fahrradbewegung, die eben sehr lautstark neue Infrastrukturen einfordert. Trotzdem hat man manchmal das Gefühl, es bewegt sich alles nicht schnell genug. Sind wir kurz vor so einem Tipping point oder fehlt uns eigentlich noch die Durchschlagskraft, um diese gesellschaftlichen Veränderungen auch tatsächlich abzurufen?
Also ich rede jetzt mal aus dem Nähkästchen und ganz offen und ehrlich. Ich vertrete auf offener Bühne natürlich immer eine positive, optimistische, so gut es geht Konstrukte Vorstellung, dass eine Gesellschaft, die es wirklich will, die großen Herausforderungen, die vor uns liegen, schaffen kann. Mit Blick auf gerade die Frage der Mobilität und die Borniertheit und Mindsets, auch die Bigotterien und Verlogenheiten, die es da gibt, über die muss man auch reden. Es ist für mich zum Beispiel nach wie vor immer wieder ein großes Rätsel, dass 80% der deutschen Bevölkerung in jeweils aktualisierten Befragungen durch das Umweltbundesamt und andere Akteure, sagen 80%, wir wollen sauberere Städte, wir wollen weniger Automobilverkehr, wir wollen geringere Geschwindigkeiten, weniger Verkehrstote, wir wollen weniger Klimawandel, wir wollen einfach die UmweltTransformation. Das geht nicht zusammen mit der Tatsache, dass die Deutschen die PS-Zahl mittlerweile 170 PS bei allen Neuwarenkäufen liegt, und jedes zweite bis dritte Fahrzeug mittlerweile ein SUV ist, das passt nicht zusammen. Da gibt es also offenkundig, um es freundlich auszudrücken, kognitive Dissonanzen oder wenn Sie es deutlich sagen wollen, Verlogenheit oder Bigotterien, die eine Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund, aber auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Lobbypolitik der Autoindustrie in meinen Augen noch ziemlich Hardcore ist und sie auf einer öffentlichen diskursiven Ebene sagen, ja wir haben verstanden, aber letztlich mit ihrer Lobbypolitik noch sehr stark beinhart für das Alte lobbyieren. Und nicht den Konsens und die Kooperation, den großen Mobilitätspakt mit der Politik suchen. Das mit der Tatsache der digitaltechnischen Innovation in dem Bereich, die ganz stark eben in Richtung neoliberale Angebotsformate gehen, die eben nicht im Sinne der Daseinsvorsorge diskutiert werden. All das macht mich sehr skeptisch gerade. Ich glaube eben nicht, dass wir diesen Tipping point schon erreicht haben. Das kann nur ein sozialpsychologischer Tipping point sein. Ich glaube, dass die Dringlichkeit der aktuellen Situation bei den meisten Menschen noch nicht richtig angekommen ist. Also die Dramatik der Situation, wie groß die Effekte des Klimawandels sein werden. Wenn man sich so lange Jahre damit beschäftigt, wie ich das tue, und aus so verschiedenen Perspektiven, dann kommt man zu dem Schluss, dass die sogenannten Tipping points im Bereich des Klimawandels, die alle als optional erwarten, wohlmöglich systematisch in ihrem Eintreten zu erwarten sind. Dass wir einfach davon ausgehen müssen, dass Klimawandel in einem sehr viel stärkeren Maß stattfinden wird, ohne dass wir ihn bewältigen können. Also das ist alles schon sehr viel schwieriger aus der Perspektive. Und so betrachtet bin ich immer wieder skeptisch, das haben die Leute noch nicht richtig begriffen, dass wir in der Erwartung, dass Klimawandel eintreten wird und dass wir Resilienzstrategien entwickeln müssen, um darauf zu reagieren, trotzdem alles tun müssen, um die so klein wie möglich zu halten. Und in dieser sozialpsychologischen Gemengelage, dass Menschen hochgradig verunsichert sind, nicht nur durch Klimawandel, aber auch durch das ganze Thema Digitalisierung, die Arbeitsmarkteffekte und Beschäftigungsverluste durch die Digitalisierung. Die ganzen NachhaltigkeitsTransformationsdebatten, die wir haben und die Frage der Zukünfte der Politik, eine dermaßen große Unsicherheit gerade sozialpsychologisch entsteht, dass das passiert, was Zygmunt Bauman retrotopische Tendenzen nennt. Die Leute orientieren sich wieder nach hinten in ihren visionären und utopischen Vorstellungen. Das Utopische, das Gute liegt nicht mehr im Unbekannten, Neuen, noch zu erfindenen, sondern liegt im Rückschritt zum Biedermaier dessen was man kannte. Im Nationalismus, im Mief, im Zurückgehen und das beobachte ich gerade als Reaktionsweise dieser Gesellschaft, dass die Unsicherheit nicht zu produktiven mutigen Schritten nach vorne führt, wo man sagt, wir kennen Technologien noch nicht, wir müssen die aber ausprobieren. Wir wissen von den normativen Standards her, wo wir hin wollen, was nötig wäre, den Rest wissen wir nicht. Wir müssen uns alle auch in unseren Lebensstilen, in unseren Routinen nicht massiv, aber ein bisschen, bewegen, niemand wird sich radikal ändern müssen in Deutschland, aber ein bisschen wird er sich ändern. Und selbst dieses bisschen ändern, will heißen, zu akzeptieren, dass es ein Tempolimit von 130 gibt auf deutschen Straßen, selbst das fällt vielen schon schwer. Und deswegen bin ich im Augenblick relativ skeptisch, was die Transformierbarkeit und Transformationsdynamik unserer Gesellschaft angeht. Was fehlt sind auch eine Politik, die begriffen hat, dass sie in meinen Augen der einzige Akteur ist, der eine Rolle übernehmen kann, diese Prozesse zu moderieren. Die Politik muss einladen, muss moderieren in meinen Augen. Zivilgesellschaftliche Akteure, die Umweltverbände, die Unternehmen, die Gewerkschaften, alles, was unser Gesellschaft ausmacht, an einen Tisch zu bringen und die Frage zu stellen und gemeinsam zu beantworten, wie kann denn der neue Weg in die Zukunft aussehen? Von den Prämissen, die wir jetzt hier haben und wie kann es so schnell wie möglich gehen. Und wie kriegen wir mit der Demokratie, die wir haben, das auch noch hin? Weil die Demokratie, die wir haben, ist eigentlich nicht gemacht für solche langfristig angelegten Transformationsprozesse. Wir bräuchten eigentlich längerfristige Perspektiven. Wir bräuchten eigentlich eine andere Art von Mechanismen der Machtgenerierung. Im Augenblick erleben wir, dass wir eine posteriorische Meinungsfindung im pluralistischen Meinungsbild haben. Das heißt, wir wählen Parteien und in dem Zusammenhang, diese Parteien müssen machtpolitisch auch agieren, und um die Macht zu erlangen, müssen sie viele Dinge tun, die im Sinne der Pfadabhängigkeiten des Alten nicht mehr sinnvoll sind. Da wird dann Sachpolitik zum Vehikel der Machtpolitik gemacht. Also wenn Herr Scheuer das tut, was er tun muss als Parteipolitiker, um es mal konkret zu machen, nämlich Macht zu erhalten und zu erlangen, dann muss er dummerweise erst mal die Klientel und die Lobbys bedienen, die ihn dazu bringen, dass er Macht hat, nämlich die Autofahrer im Lande, die Autoindustrie, bei BWM, den VDA und dann kommt so eine Politik raus, wie wir sie gerade erleben, völlig kopflos und borniert und unklug. Aber er muss das machen als guter Machtpolitiker. Als guter Sachpolitiker müsste er sich um NachhaltigkeitsTransformation, Klimawandel, neue Mobilität, Tempo 130 auf den Autobahnen, Daseinsvorsorge in der kommunalen Mobilität, Radverkehrspolitik und andere schöne Dinge kümmern. Tut er aber nur marginal. Es zementiert sozusagen den status quo des Alten, diese Art von Demokratie. Dazu kommt, dass die demographischen Wandlungsprozesse dazu führen, dass die unter 30-Jährigen, also 16-30-Jährigen, die am geringsten im politischen Prozess repräsentierte Bevölkerungsgruppe sind. Also die, die das, was zukünftig passiert, am meisten betreffen wird, sind am wenigsten repräsentiert. Und die Älteren, wo man sagen kann, ältere Gesellschaften sind immer auch friedlichere, sicherere und status quo orientierte Gesellschaften. Das hat ja erst mal einen Wert an sich. Aber wenn das auf einen historischen Zustand trifft, in dem man eigentlich alles andere braucht als Stabilität, sondern Experimentierbereitschaft und den Mut ins Offene zu gehen, dann ist natürlich die Alterung einer Gesellschaft mit einem starken Hang zum Konservatismus, mit dem starken Bedürfnis, das was man 50-60 Jahre gelebt hat, nämlich Automobilität, Privatheit im eigenen Eigenheim und so weiter, das weiter zu leben ist natürlich stark und stabilisierend. Und wir brauchen aber eigentlich das Überwinden dieser Innovationsbarriere und dieser Hemmnisse, dieser Pfadabhängigkeiten. Das alles zusammen macht mich ein bisschen skeptisch. Das heißt nicht, dass wir es nicht hinkriegen, wenn wir es offen diskutieren, aber es ist ein richtig dickes Brett, was es zu bohren gilt.
Da ist natürlich die Frage, welche Strategien man jetzt dann an den Tag legen sollte, wenn man trotzdem noch an einem Systemwandel Interesse hat, ohne jetzt einfach auf die nächste Katastrophe zu warten. Weil ich meine, das ist ja dann eh klar, also in dem Moment, wo dann die Katastrophen eintreten, dann haben es ja alle auch schon immer gesagt. Gerade da wir jetzt viel über die Automobilindustrie geredet haben, die ja ganz zweifelsohne hier so ein Major Player in dieser Verhinderungsdebatte zu sein scheint, dass die sich eigentlich auch ins eigene Fleisch schneidet. Man hat ja jetzt schon so den Eindruck, dass wir so den Trend zur Elektromobilität, wenn nicht komplett verschlafen hat, doch zumindest nicht so richtig als erste aus der Spur gekommen ist und so ein bisschen Gefahr läuft, hier komplett abgehängt zu werden, und sich im Prinzip das Fundament wegzukloppen, auf dem sie selber noch ruht.
Das ist genau der Punkt. Die digitale Transformation in Kalifornien und der enorme Bevölkerungsdruck und das politische System im Zusammenspiel mit dem, was in China insgesamt so passiert, bilden … Ich bringe es jetzt mal wirklich ganz zugespitzt auf den Punkt, das ist natürlich alles viel komplizierter, aber wir erleben eine Zangenbewegung zwischen Kalifornien und China, um es mal auf den Punkt zu bringen. China treibt die Elektromobilität aus verschiedenen Gründen. Das war aber alles erwartbar und wir haben vor zwei Jahren eine Studie, ich habe eine Studie für die Friedrich-Ebert-Stiftung als wissenschaftlicher Projektleiter begleitet und auch überwiegend geschrieben, wo es genau um die Frage geht, die kann man sich anschauen, Transformation by Design oder by Desaster, die Zukunft der deutschen Autoindustrie. Da ist das auch ganz wunderbar beschrieben. Die Transformationsprozesse, die von Asien und von China ausgehen, haben vor allen Dingen damit zu tun, dass China ein dezidiertes, industriepolitisches Modernisierungsprojekt vor hat. Sie wollen eine eigene nationale Autoindustrie aufbauen. Sie wissen, dass sie die verbrennungsmotorische Technologie niemals beherrschen werden in dem Maße, wie die westdeutsche Autoindustrie das gekonnt hat oder die deutsche und die europäische. Das ist einfach ein derartiger Kompetenz-Asset, den die Industrie hat, gerade die europäische, dummerweise in einem Bereich, der nicht zukunftsfähig ist, aber eigentlich muss man sagen, deutsche Autoindustrie kann technologisch sehr viel. Ich arbeite ja seit vielen Jahren mit denen, ich habe auch großen Respekt vor vielen Fachspezialisten in dieser Industrie. Aber sie haben das falsche Produkt. Und China hat jetzt begriffen, dass, wenn sie im globalen Automobilmarkt als Akteur mitspielen wollen, dann müssen sie den Leapfrog, den technologischen Leapfrog, den Quantensprung über die hier etablierte Technologie, über die Kompetenz, die verbrennungsmotorische Kompetenz machen und müssen gleich in eine neue Technologielinie reingehen. Entweder Wasserstoff-Brennstoffzelle oder eben Elektromobilität oder am besten beides zusammen kombinieren. Für mich ist Elektromobilität definiert über den Antrieb. Und was dann an Bord die Speichertechnologie für die Primärenergie ist, das ist für mich offen und hängt auch von der Region ab, wo sie eingesetzt werden. Es gibt für Städte kein besseres Modell als die batterieelektrische Variante eines Elektroautos, aber für ländliche Regionen und andere Teile der Welt, wo ich auch einen anderen Energiemix habe, wie zum Beispiel in Japan oder Island, wo ich geothermisch erzeugten Wasserstoff produzieren kann, da liegt es nahe, über brennstoffzellenelektrische Mobilität nachzudenken. So, will heißen …
Ja klar, das ist sowieso der Bereich, wo brennstoffzellenelektrische Mobilität sowieso sinnvoll ist. Also Schiffe vor allen Dingen, Flugzeuge mal gucken, da wird es wahrscheinlich eher über die Turbinen gehen, aber vielleicht auch Leichtfahrzeuge geben, die mit Elektromotoren laufen, die über Brennstoffzellen funktionieren. Aber vor allen Dingen im Logistikbereich spielt das eine große Rolle. Also Zugsysteme, die ich über brennstoffzellenelektrische Traktion betreibe. Aber jetzt geht es vor allen Dingen um den Automobilbereich und da ist der entscheidende Punkt, dass China diese Technologie jetzt gerade beherrschen lernt, die elektromotorische. Und jetzt eine eigene, das ist der industriepolitische Moment, gleichzeitig haben sie wachsende Bevölkerungen und eine ökologische Situation in den Städten, die nicht mehr so handhabbar ist, das heißt, es gibt einen Druck. Sie müssen was tun. Das beides zusammen hat diese enorme Dynamik und sie haben politische Systeme, in denen sie relativ schnell große Grundgesamtheiten ihrer Bevölkerung schier dazu zwingen können, die Produkte zu kaufen, die ihre eigene Industrie produziert. Das können wir hier nicht. Also in Deutschland ist es eben nicht möglich, dass die Politik mal eben sagt, wir steigen 2022 aus allen verbrennunsgmotorischen Produktionen aus, bis dahin muss es die Autoindustrie geschafft haben, andere Fahrzeuge zu produzieren und das setzen wir einfach. Das wäre natürlich der stärkste Innovationstreiber über Ver- und Gebote zu gehen. Das ermöglicht unserer Demokratie nicht. Unsere Form von pluralistischer Meinungsbildung, wo Lobbys eine Rolle spielen dürfen, wo Interessengruppen eine Rolle spielen dürfen, wo eben das gewollt ist im Sinne eines pluralistischen Meinungsbildes. Das alles hat dazu geführt, dass China sehr schnell den Markt in diese Richtung gedrängt hat, das war absehbar. Und in Nordamerika, Stichwort Kalifornien, Silicon Valley, kam der Weg ganz anders zustande, nämlich über die Beherrschung der künstlichen Intelligenz, der sogenannten, und über die Frage, wie kriegen wir eigentlich den Datenreichtum erzeugt, den wir brauchen, um unsere Monopolsysteme und unsere Ökosysteme besser zu machen? Und da war der Bereich der Mobilität einer der letzten großen Bereiche, wo man massiv Datenreichtum ernten kann. Also ich glaube, will ich damit sagen, die Story der Zero Accident Strategie, die Google dann hinterlegt mit einer persönlichen Story von Thrun, Damals Chefforscher im Bereich autonomes Fahren. Es gab ja de Story, er hat seinen besten Freund mit 18 verloren und seitdem ist er getrieben von der Vision, unfallfreie private Mobilität zu … Das mag auf der persönlichen Ebene durchaus eine Rolle spielen, ich glaube, als unternehmerische Strategie ist das eine rhetorische Strategie. Es ging vor allen Dingen darum, in die Bereiche reinzukommen, in denen man eben noch keinen Datenreichtum ernten konnte, weil die Menschen eben ihre Handy am Lenkrad haben und nicht am Smartphone. Die man nicht ernten konnte, weil man nicht wusste, wo die Fahrzeuge waren, weil sie nicht konnektivitätsfähig waren. Deswegen kann man weder über Standortdaten noch über die Nutzung der digitalen Applikationen im Fahrzeug, kann man Datenreichtum ernten, deswegen war das jetzt ein ganz interessanter Bereich für diese Industrie, in diesen Bereich zu gehen. Das ist meine politökonomische Analyse, warum das ein starker Treiber war. Und sie konnten es eben auch. Und konnten in dieser Kombination sagen, naja Elektroautos kann eigentlich fast jeder bauen technologisch. Ist wirklich so. Hat Tesla jetzt bewiesen, wie schnell das geht. Also auch da ein Leapfrog. Wir haben die urbane Entwicklung, die dahingeht, dass wir eher emissionsfrei innerstädtische Verkehre brauchen, die eben mit null Emissionsantrieben ausgestattet sind, das spricht für Elektromobilität. Wir haben Trends zu Sharing Mobility oder Sharing Economy überhaupt. Das heißt, Menschen sind in urbanen Regionen vor allen Dingen in hochindividualisierten Milieus tendenziell eher bereit, auf privaten Besitz, pay and use, zu verzichten für pay per use. Also das Zahlen für die Nutzungseinheit, für die automobile Nutzungseinheit zu zahlen. Die sogenannte Sharing Mobility. Ob Sie nun das auf Autos beziehen oder Elektroroller oder Fahrräder. Das alles zusammen hat für diese Industrie dazu geführt, dass sie sagen, es ist eine gute Idee, wir brauchen Datenreichtum, wir haben das mit der Sicherheit als Story, wir wollen in die Elektromobilität rein, das können uns Fiat bauen, als White Label Produzent Fiat hat ohnehin keine großen Ambitionen technologisch mehr. Das ist ein Blechbieger. Fiat Chrysler könnte die Firma sein, die in White Label Produkte liefert. Dann wird das Auto, was ja ohnehin tendenziell eher immer mehr ein rollender Computer wird, durch die digitalen Kompetenzen dieser Firmen ausgerüstet und ausgestattet, wird zum Produkt gemacht, zur Marke. Zum Google Auto oder zum Apple Auto oder was auch immer und gilt dann als mehr oder minder halbautonom oder vollautonom fahrendes Automobil. Als permanente Datenreichtumserzeugungsquelle für diese Industrie. Das hat die deutsche Autoindustrie auch eiskalt erwischt. Das ging auch relativ schnell. Und jetzt ist man in dieser Zangenbewegung und wird meines Erachtens nur die verlorene Zeit aufholen können, indem man kooperiert untereinander, also mit anderen Partnern, VW, Daimler und BMW werden meines Erachtens irgendwann nolens volens beginnen müssen zu kooperieren. Sie werden kooperieren müssen mit der Politik. Also nicht mehr die klassische Lobbynummer, nach dem Motto, ich rufe mal im Kanzleramt an und dann macht Angela schon, was der ehemalige Verkehrsminister Wissmann als VDA-Vorsitzender möchte. Das funktioniert dann auch nicht mehr. Sondern man muss mit der Politik arbeiten und auch vielleicht die ein oder andere Kröte fressen. Und man muss vor allen Dingen mit den Kommunen arbeiten auf Augenhöhe und muss lernen, dass die Kommunen in Zukunft wohlmöglich die Gebietskulissen sind, die entscheiden darüber, wie Mobilität in ihrer Gebietskulisse organisiert wird, mit Blick auf das, was die Stadtbevölkerung eigentlich will. Das heißt, eine Stadt wie Hamburg könnte mit der politischen Idee, einen ganz anderen Modalsplit zu erzeugen als die Stadt Berlin oder München, eine ganz andere Politik betreiben. Also habe ich als Autobauer, der die Notwendigkeit haben wird, in Zukunft stärker in Richtung Mobilitätsdienstleistung zu gehen, weil das der Trend ist für urbane Ballungsräume, nicht mehr, Autos nur zu verkaufen, sondern als Dienstleistungsproduktservicesysteme anzubieten, die Notwendigkeit auch noch mit den Kommunen zu kooperieren. Also ich muss als Industrie jetzt plötzlich zu kooperieren, das ist was völlig neues. Und da bin ich noch nicht sicher, ob diese Industrie in der Lage ist, das zu tun.
Das wäre vielleicht ein schöner abschließender Gedanke für das Ganze auch. Für die Frage, um das Ganze ein bisschen optimistisch nochmal zu framen und zu fassen, weil ich ja gerade einige Sachen gesagt habe, die durchaus zu denken geben können und mich auch selbst besorgen. Aber wenn ich eine Hoffnung habe, jetzt konkret im Bereich Mobilitätspolitik als Zukunftspolitik, im Sinne einer nachhaltigen Transformation für das Verringern der Klimaemission, für Ressourcen, Extensivität, für Resilienz und so, all das was wichtig ist, wenn wir die Mobilität der Zukunft gestalten, dann müssen wir ökonomische, ökologische, soziale Faktoren der Nachhaltigkeit und die Resilienzfrage, also die Frage der Angreifbarkeit oder der Widerstandsfähigkeit unserer Infrastrukturen müssen wir unter einen Hut kriegen. Und da, glaube ich, können die Kommunen eine tatsächlich große Rolle spielen. Ich erwarte von der nationalen Verkehrspolitik im Augenblick relativ wenig. Das habe ich in verschiedenen Arten und Weisen gerade erklärt, warum das so schwierig ist für die nationale Politik, aufgrund der Pfadabhängigkeit dieses Landes. Aufgrund der Art und Weise, welche Art von Demokratie wir haben. Was nicht heißen soll, dass wir abschaffen sollen, um Gottes Willen.
Weiterentwickeln, modernisieren. Aber das macht es eben schwieriger. Das alles zusammengenommen und das ist eben die Frage der Mobilität gerade in urbanen Regionen, damit zu tun hat, dass wir sehr starke, sehr modernisierungsoffene, technologieaffige Milieus in den Städten jetzt finden, in sogenannte Schwarmstädten erst recht, die digitalaffin sind, die Sharing Economy affin sind, die aufgrund des wachsenden Raumdrucks in den Städten gar keine andere Wahl haben, als oft genug auf das eigene private Auto zu verzichten, weil sie gar keinen Parkraum finden. Also Sharing Economy nicht nur wenn es gesinnungsethisch ohnehin schon gewollt ist, auch funktional eine gute Idee ist.
Höhere Mieten, das alles kommt zusammen, die Möglichkeitsräume für obere Mittelklassebürger im Alter zwischen 30 und 40 werden allein durch die Mieten aufgefressen, wo unsere Generation noch viel mehr Spielraum hatte für andere Dinge, weil wir nicht so hohe Mieten zahlen müssen, wird ein Großteil des privaten Budgets jetzt durch Mieten weggefressen, da müssen die an anderer Stelle vielleicht sparen. All das sind wichtige Aspekte, warum Kommunen, natürlich jede ist anders, aber die Kommunen tendenziell die Orte sind, wo der Boden, die Fruchtbarkeit für das, was neue digital hinterlegte urbane Mobilität sein kann, sehr groß ist. Die Bereitschaft Radmobilität, Elektromobilität, Mikromobilität auszuprobieren. Kollektive Verkehrsangebote wie Ride-Sharing, Ride-Pooling und so etwas, alles mal sozusagen sehr experimentell auszuprobieren, ist in Städten wie Berlin und Hamburg und München und Köln und Frankfurt sehr hoch. Deswegen habe ich da eine sehr günstige Laborsituation, das Neue, was es braucht, zu experimentieren. Ich habe aber, da komme ich gleich noch drauf, im Land eine andere Situation. Bleiben wir mal bei den Kommunen, deswegen sind die Kommunen für mich ein Ort der Hoffnung, da ist der Weg zwischen Problementstehung, zwischen Zivilgesellschaft und Bürgern, die mitsprechen dürfen und sollen, was sie wollen und was sie möchten, und den regulativen Akteuren, die die Probleme dann auch lösen, sehr eng. Ich kann einen sehr engen zivilgesellschaftlichen Diskurs in der Gebietskulisse einer Stadt führen viel besser als auf einer nationalen Ebene, wo ganz andere Einflüsse noch eine Rolle spielen. Wenn ich über Mobilität rede, dann muss ich womöglich, wenn ich zum Deal kommen will über Mobilität, machtpolitisch an anderer Stelle einen Kompromiss eingehen, in der Kohlepolitik oder so. Wobei ist ja Parteipolitik. Auf einer kommunalen Ebene findet das natürlich auch statt, aber sozusagen der Diskus, die Diskursnähe und die Diskursdichte ist eine andere. Deswegen hat ja Benjamin Barber, der leider verstorbene amerikanische Politikwissenschaftler, vor Jahren schon die Formulierung geprägt, wie ich finde, eine sehr schöne, eines global parliaments of mayors. Also eines Parlaments von Oberbürgermeistern, weil die Ebene der kommunalen Entscheidet eben immer wichtiger wird. Wir haben den deutschen Städtetag, wir haben den deutschen Städte- und Gemeindebund, das sind alles Verbände, die ich sehr schätze, den ich auch sehr gerne arbeite, weil sie eben verstanden haben, dass die Kommune der Ort ist, wo wir Mobilitätspolitik oder auch Energiepolitik oder auch zukunftsfähige Stadtentwicklungspolitik in der Gebietskulisse einer Stadt vor dem Hintergrund der jeweiligen dort vor Ort verankerten Zivilgesellschaft betreiben können. Und ich hoffe, dass diese Bürgermeister sich besser organisieren, dass sie gemeinsame Politik betreiben über diese Institutionen, die sie haben, oder vielleicht auch neue Institutionen erzeugen dann gegenüber der nationalen europäischen Politik durchaus auch eine eigene Lobby darstellen. Also nochmal, die Kommunen, die Bürgermeister, so schwierig das auf einer kommunalen Ebene oft im lokalen dann ist, wir wissen von Anfeindungen, von massiven Bedrohungen und so weiter, aber rein politiksystemisch betrachtet halte ich das für die Ebene der Politik, die mit Bezug auf Mobilitätsgestaltung die hoffnungsvollste ist im Augenblick.
Ja und die ja auch durchaus sichtbar sind. Also auch gerade im europäischen Kontext ja sozusagen auch eine Zahl von Regionen repräsentieren, wo sie sich auch schnell einig werden können. Also wenn jetzt so Regionen wie Paris etc. Barcelona mit ihren Modellen und dann eben auch mit ihren kollektiven Forderungen sich da in der Politik aufstellen, dann ist das ja jetzt auch nicht ohne Wirkung.
Genau, das ist genau die Idee, die Barber hatte und die jetzt im Grunde greift und sehr sichtbar wird am Beispiel der Mobilität, dass das funktionieren kann. Ich beobachte solche Prozesse, deswegen sind wir mit unserer Tochterfirma, die wir gerade gründen, ganz massiv strategisch auch drauf orientiert, in den Bereich der kommunalen Beratung zu gehen, für Digitalisierung, für digitale kommunale Daseinsvorsorge, für die Frage der smarten oder der klugen Stadt. Für die Frage vor allen Dingen der smarten Mobilität. Und wie macht man das politisch auch. So das ist das eine. Wir müssen aber auch über die … Und noch ein Beispiel dafür, wir sehen natürlich auch, dass in beispielhaften Kommunen wie Kopenhagen, Wien, Amsterdam, das, was ich gerade behaupte, da aber tatsächlich auch gut funktioniert. Partizipatorische Prozesse, in denen die Bevölkerung eben in der Politikentstehung von Anfang an mit begleitet. Das ist für die Legitimität von konflikthaften Politken total wichtig, dass sie Bevölkerung mit einbeziehen. Und das ist ja über 20-30 Jahre passiert und das können wir hier, glaube ich, lernen und das können wir stärker zum substanziellen Bestandteil unserer politischen Strategien machen auf kommunaler Ebene. Wir müssen aber über die ländlichen Regionen und über die suburbanen Regionen reden, weil die sind das große gestaltungspolitische Problem der Mobilität. Nämlich die Menschen, die nach wie vor in ländlichen Regionen im Automobil sitzen. Der goldene oder da vielleicht ein bisschen weniger goldene Käfig der Automobilität. Da ist viel erzwungene Mobilität auch dabei. Was mache ich mit denen? Ich sage dann immer, wir brauchen eine Politik der zwei Geschwindigkeiten für urbane und für ländliche Regionen. Die urbanen Regionen, wenn wir das klug machen, können wir sehr schnell, sehr viel moderner, emissionsärmer, nachhaltiger gestalten. Aber in ländlichen Regionen haben Sie tatsächlich ganz andere Voraussetzungen, da wird es länger dauern, da brauchen wir andere Konzepte, aber auch da können die Kommunen natürlich eine große Rolle spielen. Können kommunale Verbünde eingehen, können kommunal miteinander kooperieren. Aber es ist nochmal ganz deutlich zu sagen, Mobilität in ländlichen Regionen ist was anderes als in urbanen Regionen. Es differenziert sogar sich danach, wie nahe eine Stadt am nächsten Ballungsraum, so ein Dorf am nächsten Ballungsraum liegt. Ich kann Kleinstädte haben, die im Einzugsbereich einer Großstadt wie Frankfurt ist, das ist eine ganz andere Form von Mobilität dann, die Sie da erleben werden, aufgrund des Einpendlersoges, den die Stadt Frankfurt hat, als eine Kleinstadt in einer ländlichen Region zu haben, die dann selbst wiederum Gegenstand der Einpendlerverkehre der Dörfer im Umland ist. Und je nachdem welche Quartierslage, welche Gebietskulisse Sie sich anschauen, haben Sie andere Funktionalitäten, andere Verkehrsströme und andere Schwierigkeiten. Aber klar ist, Sie haben in ländlichen Regionen eine höhere Affinität zum Automobil per se und es wird ländliche Regionen in der Bundesrepublik geben, von denen ich behaupte, da macht es gar keinen Sinn zu hoffen, dass man die von der Autoaffinität wegkriegt. Da muss man einfach sagen, das geht in eine andere Richtung.
Genau, ich spreche von einer anderen Variante, die mir sehr gut gefällt, ich spreche immer von Range-Extendern, also das umgekehrte Hybrid-Prinzip. Sie haben ja heute das Prinzip, dominant fossiler Verbrennungsmotor und ergänzt durch Elektromotor, der dann Effizienzvorteile und auch Emissionseinsparung mit sich bringt. Wenn Sie das Prinzip umkehren, dominant elektrisch fahren, einen batterieelektrischen Antrieb mit einer Reichweite von 200-300 Kilometern haben, das ist gut machbar in einigen Jahren und auch jetzt schon. Und das dann ergänzen durch einen kontinuierlich laufenden zwei- oder viert-Takt-Verbrennungsmotor, der nicht getriebeseitig mit dem Motor gekoppelt ist. Sondern kontinuierlich sehr effizient auf eine Geschwindigkeit…
Der dann nur zum Nachladen da ist. Dann haben Sie auch für solche Regionen … Das können Sie auch regulierungspolitisch sehr klug differenzieren. Sie können sagen, Menschen, die in bestimmten Einzugsgebieten leben, haben eben steuerrechtlich die Option, ein solches Fahrzeug anders abzusetzen oder anders gefördert zu bekommen als Menschen, die jetzt in der Stadt leben. Auch das ist in meinen Augen kein Zauberwerk. Man muss nur den Mut haben, das vielleicht als letzter Gedanke, politisch, also als Politiker, ökonomisch als Unternehmenslenker, aber eben auch als Konsument nutzerseitig, das hoffe ich mir, erwarte ich mir und fordere ich eigentlich. Zumindest das kann man auch fordern, glaube ich, ohne allzu große Zumutungen auszusprechen. Die Bereitschaft, miteinander zu reden, die Bereitschaft, Ängste miteinander zu teilen und konstruktiv nach vorne zu bringen. Die Bereitschaft, miteinander zu kooperieren, um die Dinge, die diskutiert werden, überhaupt mal auszuprobieren. Was ich nicht akzeptiere ist, von vornherein zu sagen, ich weiß, dass das nicht funktioniert, das ist Blödsinn, das widerspricht meinen Interessen, Gewohnheiten, meinen Orientierungen, deswegen wollen wir das nicht, das ist heutzutage, glaube ich, nicht mehr angemessen. Ich glaube, man kann von jedem Menschen in diesem Land, in einem der reichsten Länder dieser Welt, … es gibt hier auch Armut, es gibt hier auch soziale Ungleichheit, ganz klar, aber es ist nach wie vor eines der reichsten Länder der Welt und wir müssen natürlich soziale Strategien der Abfederung, da bin ich einer der ersten gewesen, die mobilitätsgerechtigkeitspolitische Fragestellungen mit gefordert haben, das alles muss passieren. Aber dennoch kann man erwarten von den so gut ausgebildeten, sehr wohlhabenden Menschen in diesem Land, mit einer hohen kulturellen Modernität und Offenheit gerade gegenüber den Fragen der Nachhaltigkeit, mit einer großen Betroffenheit auf einer rhetorischen Ebene, kann man erwarten, dass zumindest die reallaborhafte Bereitschaft zum Experimentieren da ist. Und die sehe ich eben so noch nicht und deswegen spreche ich von Bigotterie und Verlogenheit, weil jemand, der sich offiziell in Umfragen so viele Sorgen macht um den Klimawandel, um die Zukunft seiner Kinder, kann nicht privat, ohne dass da irgendwie was schiefläuft, einen SUV kaufen und den fahren und das auch noch für sich begründen. Man kann auch übrigens in ländlichen Regionen mit einem nicht-SUV, mit einem sehr effizienten Kleinfahrzeug sehr gut mobil sein im Sinne der eingangs definierten begrifflichen Fassung von Mobilität als Erreichbarkeit von Orten. Das hängt aber damit zusammen, ob ich der Meinung bin, dass ich, wenn ich mobil bin, gleichzeitig noch Beschleunigungskraft haben muss, um von 0 auf 100 in drei Sekunden zu kommen, ob ich eine Panzerarchitektur um mich herum haben muss, weil ich mich unsicher fühle oder ob ich diese Probleme der Kooperation im Verkehr über eine andere Geschwindigkeitskultur, über eine andere Verkehrsregulierung, über eine andere Bereitschaft im Miteinander im Verkehr auch aufeinander acht zu geben, lösen will. Wenn ich hochgradig konkurrenzorientierte Verkehrskultur habe, in dem alle aufeinander prallen, dann habe ich natürlich auch einen tendenziell steigenden Trend der Bereitschaft SUVs zu kaufen, weil man sich darin einfach sicherer fühlt. Aber diese Fahrzeuge bauen ja gleichzeitig in diesem System eine Abwärtsspirale der Verkehrskultur immer weiter nur vor, dass Verkehrskultur aggressiver, gefährlicher wird. Man sitzt sicherer, man sitzt höher, man sieht vieles auch nicht, was man tut, in diesen Fahrzeugen. Elektrofahrzeuge selber haben mit ihrer Beschleunigungskraft einen signifikanten Anteil, behaupte ich, einer Veränderung der Verkehrskultur, weil ich anders damit fahren kann. Das sind alles Dinge, die nicht gut sind, man kann doch zumindest die Bereitschaft erwarten, dass man die Dinge auf einer sozialen Ebene löst. Und wenn ich bereit bin, kooperativ zu fahren, wenn ich bereit bin, Radfahrern Vorrang einzuräumen und mal den Schulterblick zu machen, wenn ich bereit bin, auf der Autobahn Tempo 100 oder 130 zu akzeptieren, dann habe ich eine ganz andere Verkehrskultur, eine ganz andere Funktionalität im System auch und dann brauche ich auch diese großen Fahrzeuge nicht, sondern kann mit kleinen Fahrzeugen sehr gut, sehr sicher, sehr effizient, nachhaltig mobil sein, auch in ländlichen Regionen.