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FG071 Wirtschaft und Wettbewerb

Über unser Wirtschaftssystem und die Bedingungen für Regulierungen des Marktes

"Die Wirtschaft soll möglichst allen dienen – aber löst sie diesen Anspruch wirklich ein? In gar nicht wenigen Märkten sind Angebot und Nachfrage aus dem Lot, wird die sich wechselseitig ausgleichenden Kräfte des Wettbewerbs gestört sind. Weil neue Anbieter keinen Marktzugang bekommen. Weil natürliche Begrenzungen keinen funktionierenden Markt entstehen lassen. Oder weil Behörden in ihrer Kontrollfunktion versagen. Verkehr, Energie, Rundfunk, Telekommunikation oder auch Drogen – alles Beispiele für Märkte, die durch politische Regulierung anders aussehen, als wenn man ihre Akteure einfach frei machen ließe.

Zu wettbewerbspolitischen Grundsatzfragen meldet sich Justus Haucap (Jahrgang 1969) immer wieder in der Öffentlichkeit, und sein Wort hat Gewicht. Vielen wurde er als Leiter der Monopolkommission bekannt, als er etwa die Abwrackprämie für Autos als „Geldverschwendung auf Kosten des Steuerzahlers“ geißelte. Der Wirtschaftswissenschaftler lehrt heute an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und ist Gründungsdirektor des dort ansässigen Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE).

Haucap ist ein streitbarer Verfechter von Wettbewerbsprinzipien in der Marktwirtschaft und bezieht klare Positionen – auch gegen eine in Deutschland anzutreffende innovationskulturelle Verklemmung, die alles Neue erst einmal blockiert. Er erklärt nicht nur, was das mit der Fußball-Weltmeisterschaft zu tun hat. Auch das öffentlich-rechtliche Mediensystem, das viel Geld für bildungsferne Inhalte ausgibt, bekommt sein Fett weg. Und Haucap schaut durch die Brille des Ökonomen auf die Schattenwirtschaft des Cannabismarkts, bei dem Verbote nicht zu dessen Austrocknen geführt haben, sondern dazu, dass Konsumenten schlechte Ware für höhere Preise erhalten."

https://forschergeist.de/podcast/fg071-wirtschaft-und-wettbewerb/
Veröffentlicht am: 5. September 2019
Dauer: 2:29:05


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Begrüßung 00:00:42.901
  3. Persönlicher Hintergrund 00:01:47.594
  4. Instutute of Competition Economics (DICE) 00:14:15.607
  5. Monopolkommission 00:16:51.853
  6. Unser Wirtschaftssystem 00:21:48.985
  7. Marktversagen 00:32:59.926
  8. Liberalisierungen und natürliche Monopole 00:45:02.389
  9. Öffentliche Straßen 00:52:35.412
  10. Lenkungsfunktionen 01:01:17.266
  11. Telekommunikationsmarkt 01:06:39.972
  12. Trägheit der Entwicklung 01:19:21.151
  13. Soziale Umverteilung 01:24:19.814
  14. Erneuerbare-Energien-Gesetz 01:31:33.830
  15. Drogenlegalisierung 01:41:56.411
  16. Medienmarkt und öffentlicher Rundfunk 01:54:55.643
  17. Digitalwirtschaft und neue Monopole 02:06:34.746
  18. Zukünftige Baustellen 02:22:00.955
  19. Fortschritte in der Wirtschaftsforschung 02:24:31.182
  20. Ausklang 02:27:53.052

Transkript

Tim Pritlove
0:00:43
Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
0:04:18
Justus Haucap
0:04:36

Ja, ich bin mir nicht ganz sicher, die Menschen sind ja so unterschiedlich. Ich habe den Eindruck, viele, die Abitur machen, erst mal haben noch nicht im Blick, dass sie Wissenschaftler werden wollen zu dem Zeitpunkt. Das mag es auch geben, vielleicht in den eher technischen Fächern. In der Ökonomie oder in den Sozialwissenschaften ist das, glaube ich, eher selten, dass man nach dem Abi sagt, ich will Wissenschaftler werden und deswegen studiere ich jetzt XYZ. Sondern das Interesse am Studium das ist so von den Kollegen, die ich kenne, aber auch von mir selber, so gewachsen, dass man gemerkt hat, das interessiert einen immer mehr und man merkt, je weiter man studiert, wie viel man noch nicht weiß und denkt sich, so dann führe ich das noch ein bisschen fort und so war das bei mir auch. Habe ich gesagt, ich würde gerne noch promovieren, dann habe ich nochmal vier-fünf Jahre Zeit, mich mehr mit den Materien auseinander zu setzen, und da merkt man vielleicht, das ist immer noch nicht genug, ich würde gerne noch mehr wissen und das macht mir Spaß, Dinge zu erforschen, Dingen auf den Grund zu gehen und so bleibt man dann vielleicht in der Wissenschaft, während andere dann die Interessen sich anders entwickeln. Und sagen, eine wissenschaftlich Karriere ist mir zu riskant oder ich mach lieber einen wissenschaftlichen… mich interessiert mehr die Breite, möglichst viele Dinge, weniger das Tiefe. Und ich glaube, das ist dann eben bei vielen sehr unterschiedlich. Bei mir selber war es so, dass ich gemerkt habe, das macht mir so viel Spaß, dass ich das lieber gerne weitermachen möchte.

Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Ja.

Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Ja.

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Ja.

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Justus Haucap
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Justus Haucap
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Justus Haucap
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Ja.

Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
0:23:19

Ach, das ist natürlich eine Frage, das ist jetzt nicht so leicht zu messen wie, sagen wir, ist das Wasser kurz vorm Siedepunkt. Also die Wettbewerbsintensität zu messen, das ist ohnehin sehr schwierig, weil es nicht ein natürliches Maß gibt. Man kann Marktanteile messen, man kann Preis-Kosten-Margen messen, die Profitabilität von Unternehmen, Markteintritte und -austritte. Es gibt eine ganze Reihe von verschiedenen Maßen, wie man versucht das zu identifizieren, aber es ist natürlich nicht so was wie Meter, Kilo oder Druck, wo ich sagen kann, jetzt gucke ich mal auf das Thermometer, wie ist denn die Wettbewerbslage heute, sondern es ist eben sehr viel schwieriger, weil es auch ein schwierigeres Konzept ist als, ich sage mal, Gewicht oder Temperatur einfach. Man hat dann verschiedene Indikatoren und sagt, na gut, also wenn wir zum Beispiel sehen, was die Innovationsrate sozusagen ist, das ist auch schwer zu messen, aber da können wir messen, wieviele Patente werden denn angemeldet oder wie groß ist der Unterschied zwischen Preis und Kosten? Wenn man sagt, je kleiner der ist, desto eher spricht das dafür, dass da intensiver Wettbewerb vorherrscht, wenn der Unterschied zwischen Preis und Kosten groß ist, dann ist immer der Verdacht, es liegt daran vielleicht, dass da nicht genug Wettbewerb ist in dem Markt, dass die Unternehmen so einen hohen Preisaufschlag nehmen können. Man sieht, da gibt es keinen Markteintritt und -austritt, denkt man auch immer, das wird dann eher dagegen sprechen, dass da intensiver Wettbewerb ist, weil auf Wettbewerbsmärkten ist es eigentlich üblich, dass da mal jemand kommt, der eine neue Idee hat und in den Markt reingeht und dann aus der Natur der Dinge wahrscheinlich auch einer, der Dinge verschläft, auch wieder austritt aus dem Markt. Oder man sieht, der ist sehr statisch, da gibt es keinen Markteintritt und keinen -austritt, dann spricht das sehr gegen intensiven Wettbewerb in dieser Branche. Wenn die Marktanteile sehr statisch sind, wo man sieht, da gewinnt keiner Marktanteile auf Kosten eines anderen, ist das keine gute Indikation für intensiven Wettbewerb. Weil typischerweise denkt man, dass nicht alle immer die gleichen Ideen haben, sondern einer hat mal eine Idee und die ist dann gut oder schlecht, keiner weiß es so genau, aber am Ende findet man raus, der, der Marktanteile gewinnt, hatte wahrscheinlich die bessere Idee als der, der sie verliert. Von daher ist es schwer zu sagen, wir sind jetzt bei 90% oder was weiß ich auch immer, aber allgemein kann man sagen, wir haben eine Situation, wo wir schon eine ganze Reihe von Märkten haben, wo der Wettbewerb erst mal funktioniert ganz gut. Und dann gibt es natürlich die Sonderfälle, und das sind die, die interessant sind, auch aus Sicht des Forschers, sozusagen wo funktioniert der Wettbewerb weniger gut und was können wir denn tun, damit er vielleicht besser funktioniert. Also wenn ich mir angucke, sagen wir, den Markt für Schokolade oder so, da habe ich jetzt wenig Bedenken, da habe ich den Eindruck, das funktioniert ganz gut, die Leute kriegen die Schokolade, die sie haben wollen mehr oder weniger, vielleicht essen sie zu viel, aber das ist dann nochmal ein anderes Problem. Oder der Markt für Joghurt, da sehe ich jetzt keine großen Probleme, dass man sagt, da haben wir jetzt ein wirkliches Problem auf dem Joghurtmarkt.

Tim Pritlove
0:25:56
Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Justus Haucap
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
0:33:47

Klassisches Beispiel sind sogenannte öffentliche Güter, wo man sagt, also ein Deich wird keiner bauen, weil ich kann ja keinen, was ist, wenn die Leute nicht zahlen wollen für den Deich? Was soll ich da machen? Dann wird den keiner bauen, also das müssen wir irgendwie staatlich organisieren den Deichbau in der Regel. Und so was wie die innere und äußere Sicherheit und viele sozusagen Dinge, wo man sagt, das sind öffentliche Güter, da hat der Staat eine große Rolle. Dann gibt es diesen Aspekt, wo man sagt, wir nennen das, externe Effekte, wo man sagt, da wird nicht berücksichtigt, dass man eigentlich entweder Dritten was gutes oder was schlechtes tut. Also häufig denkt man ja an das Schlechte, wo man sagt, das hat eine negative Konsequenz für andere, das klassische Beispiel ist immer die übermäßige Umweltnutzung oder Umweltverschmutzung oder auch jetzt die CO2-Debatte, wo man sagt, also wenn wir für CO2 keinen Preis haben, dann werden die Unternehmen das nicht mit drin haben in ihrem Kalkül für CO2-Ausstöße, also ist es das beste, wir legen da einen Preis drauf, dann muss ich die gar nicht erst zwingen, dann machen die das einfach aus ihren eigenen Gewinnoptimierungsüberlegungen, wie kann ich denn CO2 reduzieren, damit ich nicht so viele Steuern zahlen muss. Also das sind so diese Korrekturmechanismen, wo man sagt, sonst würden die das einfach nicht berücksichtigen in ihrem Kalkül. Umgekehrt natürlich auch, diskutieren über Impfen. Man sagt, jeder denkt nur über das Risiko für sich selbst oder für sein Kind nach, aber nicht darüber, dass Impfen ja auch eine positive Auswirkung für alle anderen hat, weil man dann ein Infektionsherd weniger sozusagen rumläuft. Das wird typischerweise nicht berücksichtigt. Dann sagt man, dann müssen wir da vielleicht regelnd eingreifen durch Anreize oder im Extremfall vielleicht eine Pflicht, aber ich würde sagen, vielleicht reichen auch Anreize, dass man sagt, dann kriegen prioritär Kinder einen Kitazugang, die geimpft sind. Dann fängt man an das stärker zu internalisieren sozusagen diese Überlegungen. Und der große Bereich, über den wir heute sozusagen auch in der digitalen Ökonomie nachdenken, sind eigentlich eher zwei Dinge, wo man sagt, das eine sind sogenannte natürliche Monopole, wo in gewisser Weise natürlich kein Wettbewerb entstehen kann, also früher haben wir immer gesagt, das sind diese Netzwirtschaften. Es wird keiner ein zweites Bahnnetz bauen, es wird keiner ein zweites Telekommunikationsnetz bauen, haben wir lange gedacht zumindest. Und heute wissen wir, das gilt nur noch in Teilen des Telekommunikationsnetzes, also sozusagen das, was als letzte Meile bezeichnet wird, das ist immer weiter ans Haus rangerückt. Also ich sage mal, die in Anführungszeichen etwas salopp formuliert, die Überlandkabel kann man kompetetiv bauen letztendlich. Oder im Strombereich, keiner baut ein zweites Stromnetz. Da hat man gesagt, das sind natürlich Monopole, also aus der Natur der Sache heraus wird da kein Wettbewerb entstehen, da ist dann Regulierungsbedarf. Weil sonst, wenn ich das jetzt sage, hier ist dein natürliches Monopol, dann wird der anfangen, Monopolpreise zu verlangen zum Schaden der Verbraucher. Und mit den ganzen anderen Konsequenzen, die ein Monopol typischerweise auch noch negativ hat, wie etwa das ist sehr abträglich für Innovation in der Regel. Weil es gibt einen schönen Spruch von John Higgs, einen bekannten britischen Ökonom, der hat gesagt, das schönste am Monopol ist das ruhige Leben, man weiß ja, also auch wenn man sich nicht um die Kunden kümmert, die müssen ja kommen, die können ja nicht weg. Und das ist auch wiederum der Vorteil, den viele am Wettbewerb eigentlich sehen, das man sagt, Wettbewerb schafft den Leuten, ist ja auch so was wie ein Ermächtigung für die Verbraucher, weil sie dann sagen können, wenn du nicht voll nett zu mir bist, dann gehe ich halt woanders hin. Und das ist natürlich der große Nachteil am Monopol, da kann ich so unfreundlich sein wie ich will. Jeder erinnert sich sicherlich noch früher an die Deutsche Post, die sagen, ach da steht ein Kunde vor der Tür, ich schließe lieber schnell ab, sonst kommt der gleich.

Tim Pritlove
0:37:23
Justus Haucap
0:37:25

Ja und in der Bahn, das haben die natürlich alles machen können, weil die keinem Wettbewerb ausgesetzt waren, weil die wussten, der wird morgen wiederkommen, der wird jetzt nicht zur anderen Post gehen, weil die gibt es ja gar nicht die andere Post. Und das ist das, was viele als Vorteil im Wettbewerb sehen, dass es eigentlich Verbraucher ermächtigt. Auch sozusagen, wenn du nicht das lieferst, was ich will, dann gehe ich halt woanders hin. Ach so und das dritte vielleicht das vierte noch, das habe ich vergessen, ein großes Problem, was jetzt auch im Zug auf die digitale Ökonomie, wenn es Informationsgefälle gibt. Wenn der eine viel mehr weiß als der andere. Das klassische Beispiel waren da immer die Gebrauchtwagen, das wusste oder, hat man irgendwie so ein Störgefühl, der Gebrauchtwagenhändler erzählt mir vielleicht nicht die ganze Wahrheit über das Auto und ich bin, wenn man nicht gerade Kfz -mechaniker ist, dann versteht man das nicht und deswegen begegnet man dem eher mit so einem gewissen Misstrauen, was der einem erzählt, oder sagen wir ein Finanzberater, Versicherungsmakler, man weiß nie so genau, ist das jetzt die beste Versicherung für mich oder für den Makler eigentlich, die er mir verkaufen will? Ist das die beste Finanzanlage für mich oder für ihn gerade? Und da sehen wir, da gibt es einen hohen Regelungsbedarf. Auf diesen Märkten, wo das Informationsgefälle hoch ist, kommt man nicht umhin typischerweise regulierend einzugreifen in die Märkte. Und deswegen ist so was wie die Versicherungsbranche, die Finanzbranche hochgradig reguliert. Im Prinzip auch beim Auto haben wir, also ich weiß sozusagen, also ich verstehe nicht viel vom Auto, aber ich weiß, wenn er einen TÜV-Plakette hat, dann ist er nicht so schlecht wie einer, der keine TÜV-Plakette hat.

Tim Pritlove
0:38:47
Justus Haucap
0:38:51
Tim Pritlove
0:39:11
Justus Haucap
0:39:49
Tim Pritlove
0:41:02
Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
0:45:40
Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Im Großen und Ganzen würde ich sagen, schon. Die Leute haben heute eine höhere Auswahl, die müssen nicht mehr bei ihrem … Viele machen das, die bleiben gerne bei ihrem Stadtwerk oder ihrem lokalen Anbieter, aber andere sagen, ich möchte lieber zu einem anderen Anbieter, weil er günstiger ist, weil er ökologischer ist, weil er meinen Fußballverein sponsert, warum auch immer, wechseln und das ist für Verbraucher erst mal gut, also wer sagt, ich bin zufrieden so wie alles ist, der kann das weitermachen und wer sagt, ich möchte aber was anderes tun, der kann was anderes tun und von daher ist das für die Verbraucher eine sehr vorteilhafte Sache. Und wir sehen, es gibt ja zumindest einen Teil der Leute, die nutzen das. Also anscheinend finden die das gut, sonst würden sie es wohl nicht machen tatsächlich. Also im Großen und Ganzen funktioniert das auf der Endkundenebene recht gut mit dem Strommarkt. Mit dem Gasmarkt eigentlich ganz ähnlich, auch da kann man den Anbieter wechseln. Wir haben natürlich auch im Telekommunikationssektor, da kann man sagen, das ist wahrscheinlich längst nicht perfekt sozusagen, aber viele werden sich vielleicht nicht mehr daran erinnern, ich weiß es noch sozusagen, als die grauen Drehscheibentelefone durch dann die unheimlich hippen vierfarbigen Tastentelefone abgelöst wurden, für die man dann mehrere Wochen warten musste, wenn man den Antrag gestellt hatte auf Einrichtung eines Telefonanschlusses. Man war immer in dieser Bittstellerrolle letztendlich und hatte auch keine Wahl sozusagen. Und heute ist es ein bisschen besser geworden, Festnetzanschluss dauert zum Teil noch immer, aber ich habe kein Problem, mir ein Handytelefon in kürzester Zeit zuzulegen, ein Mobiltelefon. Und das funktioniert natürlich auch, weil es da Wettbewerb gibt in dem Markt.

Tim Pritlove
0:47:30
Justus Haucap
0:47:49

Ja.

Tim Pritlove
0:47:51
Justus Haucap
0:48:31
Tim Pritlove
0:48:54
Justus Haucap
0:49:37
Tim Pritlove
0:49:38
Justus Haucap
0:49:40

Vielleicht nochmal zurück, man darf nicht, häufig oder ab und zu wird es gemacht, Privatisierung und Wettbewerb in einen Topf geworfen. Das sind natürlich völlig unterschiedliche Dinge. Privatisierung heißt nur, wem gehört irgendwas und Wettbewerb heißt, können andere Teilnehmer am Markt sich betätigen? Im Wassermarkt, das ist eins, was ich vorher angesprochen habe, dieser natürlichen Monopole, aus der Natur der Sache heraus wird es da keine Wettbewerb geben. Und den wird es auch auf absehbare Zeit nicht geben, weil sich der Transport von Wasser über längere Distanzen einfach nicht lohnt. Der Transport ist viel zu teuer im Vergleich zum Preis des Wassers. Also da wird keiner anfangen, eine Wasserleitung quer durch Deutschland zu bauen, um dann aus dem Sauerland Wasser nach Berlin zu bringen. Also der Stromtransport kostet fast nichts so in dem Sinne, deswegen gibt es da Wettbewerb und beim Wasser wird das nicht passieren. Und jetzt hat man da ein Monopol, das heißt es gibt keinen Wettbewerb. Das heißt, wenn mir der Wasserversorger nicht gefällt, kann ich nichts machen, muss ich trotzdem da bleiben. Das heißt also, der Verbraucher ist dem ausgeliefert. Und jetzt die Stadt Berlin hat das natürlich als vielleicht Paradebeispiel dafür gemacht, wie man es nicht machen sollte. Hat gesagt, wir haben hier ein Monopol, die Verbraucher sind nicht durch Wettbewerb geschützt in dieser Situation und wir verkaufen das jetzt an einen Privaten und erwarten auch noch, dass wir möglichst viel Geld dafür bekommen aus dem Verkauf. Und wann bekommt man möglichst viel Geld? Wenn der weiß, ich kann die Preise möglichst stark erhöhen. Das heißt also, das Ziel der Berliner Senatsverwaltung war damals gar nicht, wir wollen das Wasser günstiger machen, sondern das Ziel war, wir wollen möglichst viel Geld für uns einnehmen und das geht nur, wenn man denen erlaubt, die Preise möglichst hoch zu machen. Und dann ist das Bundeskartellamt ja auch eingeschritten und hat gesagt, das ist ein Missbrauch, Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, es gibt hier keinen Wettbewerb, der ist marktbeherrschend, das ist ein Missbrauch eurer Situation, ihr müsst die Preise senken tatsächlich. Das ist sozusagen so, das Kartellrecht hat da diese Verbraucherschutzfunktion und sagt, wenn es keine Ausweichmöglichkeit gibt, wenn einer Marktbeherrscher ist sozusagen, dann darf der nicht tun und lassen was er will, sondern dann ist er an bestimmte Regeln gebunden, an die ein Wettbewerbsunternehmen nicht unbedingt gebunden ist, weil im Wettbewerb kann ich dann ja auswechseln, ausweichen zu jemand anders. Und da gab es ein paar andere auch, aber nicht nur Private tatsächlich, also auch gab es in Hessen in Mainz so verschiedene kommunale Betreiber, die genauso die Verbraucher geschröpft haben und die Wasserpreise missbräuchlich erhöht haben. Von daher, das ist ein Bereich, wo aus der Natur der Sache, das ist ein natürliches Monopol, würde ich sagen, da wird es keinen Wettbewerb geben im Wassermarkt, also von daher ist das sinnvollste, dass man da auch die Preise kontrolliert beim Wasser. Dagegen sträuben sich allerdings, muss man auch sagen, viele Kommunen. Weil viele Kommunen sagen, wir brauchen das Geld, wir wollen gar nicht verbraucherfreundliche Preise, im Wesentlichen brauchen wir das zur Finanzierung unserer kommunalen Haushalte. Sozusagen da haben wir große Gefechtslage. Also die Verbraucherschützer hätten gern Preise, die näher an den tatsächlichen Kosten sind und die Kommunen benehmen sich da im Grunde wie ein privater Monopolist und sagen, wir wollen möglichst viel Geld verdienen mit dem Wasser.

Tim Pritlove
0:52:35
Justus Haucap
0:52:42
Tim Pritlove
0:52:44
Justus Haucap
0:53:21

Ja, also das ist unterschiedlich, manche funktionieren gut, manche funktionieren weniger gut tatsächlich. Also der Kern ist und das ist das, worüber die Ökonomie oder Ökonomen dann auch immer wieder nachdenken, ist wirklich, wie kann man die Anreize in solchen komplexeren Verträgen denn optimal ausgestalten, dass der Vertragsnehmer, also wenn das jetzt ein privater ist, auch das tut, was wir wollen das er tut tatsächlich? Und idealerweise wäre das auch noch im Interesse der Kommune sozusagen, so einen Vertrag aufzusetzen. Das ist es natürlich gar nicht immer, weil die sozusagen auch wieder ihre eigenen Ziele gegebenenfalls haben oder der öffentlichen Hand. Und manchmal klappt es gut, manchmal klappt es tatsächlich nicht so gut, weil man die Anreize falsch gesetzt hat. Also ich fand dieses ganze Baustellenwesen zum Beispiel ganz interessant. In den USA hat man damit experimentiert und gesagt, wir geben denen quasi Sonderzahlungen, jeder Tag, mit dem die Baustelle vor der Planung fertig wird, gibt es noch eine Zahlung obendrauf. Und Überraschung, Überraschung, das funktioniert gut, weil die plötzlich dann sagen, na gut, wir haben jetzt den starken Anreiz sozusagen, dass das schnell fertig wird, weil dann verdienen wir da nochmal extra dran. Wir haben diese Art der Verträge nicht, wir sagen, wir haben so eine Pauschalisierung, die sagen halt, wenn die Leute gerade woanders benutzt werden, dann kommen die halt jetzt erst mal auf eine andere Baustelle, bauen woanders weiter und dann bleibt die Baustelle halt da länger tatsächlich. Und dann klar, dann funktioniert das weniger gut. Also die Frage ist, dann hat man zwar Geld gespart, aber mehr Stau.

Tim Pritlove
0:54:50
Justus Haucap
0:54:51
Tim Pritlove
0:55:03
Justus Haucap
0:55:04
Tim Pritlove
0:55:33
Justus Haucap
0:56:39
Tim Pritlove
0:57:08
Justus Haucap
0:57:11
Tim Pritlove
0:57:11
Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
0:58:36
Tim Pritlove
0:58:46
Justus Haucap
0:58:48
Tim Pritlove
0:58:55
Justus Haucap
0:59:00
Tim Pritlove
1:00:01
Justus Haucap
1:00:35
Tim Pritlove
1:01:17
Justus Haucap
1:02:02
Tim Pritlove
1:03:03
Justus Haucap
1:04:03
Tim Pritlove
1:04:07
Justus Haucap
1:04:09
Tim Pritlove
1:04:11
Justus Haucap
1:04:11
Tim Pritlove
1:04:24
Justus Haucap
1:04:28
Tim Pritlove
1:05:32
Justus Haucap
1:05:46
Tim Pritlove
1:05:51
Justus Haucap
1:05:55
Tim Pritlove
1:06:00
Justus Haucap
1:06:03
Tim Pritlove
1:06:31
Justus Haucap
1:06:38
Tim Pritlove
1:06:41
Justus Haucap
1:07:07

Ja.

Tim Pritlove
1:07:08
Justus Haucap
1:08:51
Tim Pritlove
1:08:58
Justus Haucap
1:09:00
Tim Pritlove
1:09:28
Justus Haucap
1:09:28
Tim Pritlove
1:09:36
Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
1:11:32
Tim Pritlove
1:11:35
Justus Haucap
1:12:30

Ja, also die Beispiele sozusagen von Unternehmen, die nicht in die Cloud verlagern können oder so, tatsächlich also mir scheint das kein Problem zu sein, was flächendeckend in Deutschland tatsächlich der Fall ist momentan. Wäre vielleicht nochmal sich sozusagen anzusehen, ob das sozusagen tatsächlich systematisch dann passiert. Aber momentan haben wir sehr stark diesen Fokus sozusagen auf diese Infrastruktur und gucken uns also die Anwendungen an, da haben wir sehr restriktive Bedingungen sozusagen. Also die werden so gut wie kaum oder da hängen wir sehr weit hinterher. Und ich kann das politisch auch verstehen, weil das schwierig ist immer, in den Bereichen was zu ändern, während das mit der Infrastruktur prinzipiell noch einfacher ist. Jeder Bürgermeister bemüht sich darum, müssen mehr Geld schaffen und das ist auch was, was jeder haben will im Prinzip. Also von daher sozusagen ist das noch verständlich, dass da der Fokus stärker drauf ist, auch wenn wir da vielleicht hinterherhängen. Dann gibt es natürlich verschiedene Gründe, warum das unter anderem so ist in den Infrastrukturen. Zum einen lag es daran, dass wir, bin gespannt, ob sich das ändern wird, auch im Bereich von Kabelfernsehen eine lange Zeit eine sehr zersplitterte Landschaft hatten. Da haben wir ja jetzt eine große Konsolidierung gesehen, sozusagen dass da Größenvorteile realisiert werden können sozusagen, weil das ja in vielen Bereichen jemand war, der dann sozusagen als Konkurrent aufgetreten ist zu den klassischen Telekommunikationsunternehmen. Wir bauen natürlich gerade, anders als in Ostasien, auch nicht, selbst in Tokyo hängen die Leitungen oberirdisch, bis auf im CBD, aber sonst, sobald man ein bisschen weiter draußen ist, hängt alles überirdisch, ist natürlich ungleich viel billiger das Ganze zu bauen. Die Präferenzen bei uns sind nicht so, dass man es möchte. Wir hatten teilweise auch Defizite in der Regulierung, das ist sehr langsam aufgeholt worden, dass wir gesagt haben, wir müssen mehr Leerrohre überhaupt schaffen, damit es billiger wird zu verlegen in den Straßen. Auch die Stadtwerke waren da zurückhaltend, die Mitnutzung ihrer Rohre wiederum für Telekommunikationsunternehmen zu öffnen, da gibt es jetzt einen stärkeren Zwang, dass die das tun müssen tatsächlich. Der Infrastrukturatlas hing hinterher. Wenn man sich den anguckt, die Bundesnetzagentur holt da jetzt zwar auf, dass man überhaupt weiß, wo ist überhaupt was? Das kann man ganz gut sehen bei der Bundesnetzagentur, manche Kommunen haben schon sehr intensiv alles da stehen, jede Straßenlaterne drin tatsächlich. Dann weiß man, jede Straßenlaterne könnte irgendwie ein 5G-Standort in Zukunft sein. Das ist natürlich viel besser als Kommunen, die muss man sagen, auch bei OpenData eben sehr stark hinterherhängen und wir deswegen auch gar nicht genug wissen, wo alles genau ist. Da sieht man gewisse Fortschritte, aber in der Tat sozusagen ist richtig, da ist nach wie vor Nachholbedarf. Meine Angst ist nur oder meine Befürchtung, über diesen ganzen Fokus auf die Infrastruktur, als die Leitungen, vergessen wir nach wie vor die ganze Anwendungsseite. Also wo könnten wir es machen? Im Bereich OpenData Deutschland hängt hinterher, da muss man noch nicht die Privatwirtschaft ermuntern, das ist was, was die öffentliche Hand selber tun könnte. eGovernment hängen wir hinterher, eHealth ganz bescheiden die Lage in Deutschland. Das sind alles Bereiche, die eigentlich sehr stark unter staatlicher Obhut sind im Grunde genommen, wo der Staat das selber alles machen könnte, aber er tut es nicht. Und von daher denke ich, ist meine Befürchtung, dass wir den Fokus zu sehr auf die Infrastruktur legen und zu wenig auf die Anwendungen.

Tim Pritlove
1:15:53
Justus Haucap
1:16:01
Tim Pritlove
1:16:02
Justus Haucap
1:16:39
Tim Pritlove
1:16:52
Justus Haucap
1:16:53
Tim Pritlove
1:17:02
Justus Haucap
1:17:39

Ja, also es gibt viele viele Beispiele, wo man sagt, da gibt es Leute, die wollen irgendwas machen. Jedes neue sozusagen Geschäftsmodell führt ja immer dazu, dass andere irgendwie dann auch was verlieren im Wettbewerb. Man kann da so ein paar Beispiele nennen, selbst profane Beispiele. Sagen wir, es gibt jetzt die Onlineapotheken, teilweise sagt man, die wollen wir nicht, wird abgewürgt mehr oder weniger. Ist ja jetzt die Koalitionsidee, das möglichst klein zu halten. Kann man sagen, gibt es vielleicht gute Gründe für. Wir haben die eBooks, wird gesagt, die eBooks sind zu billig, die müssen wir teurer machen. Nachdem die erst ein Kartell gegründet hatten, was bebußt wurde, haben wir gesagt, dann machen wir das jetzt in Deutschland legal, dass die teuer gemacht werden können die eBooks, also die Preisbindung wird da eingeführt. Also wollen wir im Grunde auch nicht, aus Sicht des Buchhandels kann ich das verstehen, dass die sagen, wollen wir nicht die eBooks. Dann gehen wir so weiter durch die Liste, wir haben sehr viele sozusagen behindernde Maßnahmen im Grunde genommen, wo irgendwelche Leute sich was neues ausdenken. Apotheken habe ich länger Zeit mit verbracht, es gab so Tüftler, die haben sich so Apothekenautomaten ausgedacht, haben gedacht, da kann man auf dem Land, dann stellen wir da einen Apothekenautomat auf, sozusagen der Apotheker kann 20 Kilometer entfernt sitzen, über Video mit den Leuten kommunizieren, wird gesagt, wollen wir nicht, untersagt das Ganze. Und natürlich ich meine, Google Streetview ist so ein schönes Beispiel, gibt es in ganz Europa nur in Deutschland nicht und Österreich. Da kann man sagen, brauchen wir vielleicht auch nicht, keine Ahnung, aber natürlich muss man sich nicht wundern, da kann ich den Leuten noch so viel vor die Tür legen, wenn immer diese Haltung momentan ist sozusagen, da kommt irgendwas neues, es gefährdet irgendwas altes und dann wollen wir das lieber nicht sozusagen, dann wird uns allein, das ist ja mein Punkt, ich will nicht sagen, wir brauchen die Infrastruktur nicht, aber dann wird allein die Infrastruktur uns nicht helfen, solange die Attitüde ist, wer immer sich was neues ausdenkt, muss damit rechnen, dass ihm das möglicherweise verboten wird.

Tim Pritlove
1:19:21
Justus Haucap
1:19:37

Ja.

Tim Pritlove
1:19:38
Justus Haucap
1:20:09
Tim Pritlove
1:21:17
Justus Haucap
1:21:22

Die ist nicht gleichmäßig sozusagen, das ist ungleichmäßig. Aber im Grunde genommen sozusagen ist nicht die Frage momentan, wie machen wir den Kuchen größer, sondern wenn überhaupt, wie verteilen wir den Kuchen anders? Also die Frage, sollten wir prinzipiell Dinge ändern, sollten wir neue Geschäftsmodelle sozusagen stärker ermöglichen und so weiter, das wird im Moment nicht als notwendig gesehen. Müssen wir unser Unternehmen groß ändern, also das ist … Ich finde ganz interessant, hier kann man ein bisschen was aus dem Fußball lernen, denke ich. Von den letzten fünf Fußballweltmeistern sind vier in der Vorrunde ausgeschieden und man kann sagen, das ist reiner Zufall, das war jetzt Jogi Löw, der hat alles falsch gemacht. Ich würde sagen, das ist ein bisschen viel für reinen Zufall. Das ist eher so, wenn man alles erreicht hat und es gibt so ein schönes Plattencover von Fat Boy Slim, da hat er das T-Shirt an, „I’m No. 1 Why Try Harder?“ Und das ist natürlich so, wenn es einem blendend geht, warum soll ich denn dann jetzt irgendwie was groß anders machen? Und von daher sind wir in einer Situation, wo man sagt, das ist vielleicht der Kollateralschaden dieses zehnjährigen Aufschwungs, dass man nicht unbedingt sagt, wir müssen jetzt auch Dinge ändern oder so, sondern eigentlich weiter so wie bisher, ist doch eigentlich ganz gut gegangen. Und ich komplementiert wird das in Deutschland noch damit, also das ist auch wieder nicht alleine die Ursache, dass wir sagen, wir werden auch einen immer ältere Gesellschaft. Also bei der Europawahl waren jetzt der Medianwähler, also der Wähler, der gerade die Bevölkerung in zwei Teile zerlegt sozusagen, 55 Jahre alt. Das heißt und wir wissen das ja von uns selber und man wird ein bisschen, im Durchschnitt und nicht im Einzelfall, ein bisschen behäbiger und bequemer im Alter und sagt, warum brauche ich den ganzen neuen Schnickschnack eigentlich noch, geht doch auch so? Also ich sehe das ja an mir selber, dass ich dann sage, meine Kinder sind ganz anders, jede Neuigkeit mit Begeisterung gucken die, alles ist so toll und neu. Aber wenn sozusagen der Wähler immer älter wird, dann ist natürlich auch eine Politik auch die, die sagt, wir kümmern uns darum, dass sich nicht so viel verändert. Eine, mit der man Wahlen gewinnen kann, als eine Politik, wo man sagt, komm jetzt machen wir mal richtig was neues hier. Also von daher auch das ist nicht alleine der Grund, aber dieses Zusammenspiel aus einer sehr guten Situation mit sozusagen der demographischen Entwicklung führt dazu, dass wir momentan, Sie haben gesagt kulturelle Verklemmung vielleicht sitzen, dass sozusagen die Begeisterung, mit der neue Dinge angefasst werden, ich muss mal vorsichtig sagen, nicht besonders stark ausgeprägt ist in Deutschland.

Tim Pritlove
1:23:54
Justus Haucap
1:24:03
Tim Pritlove
1:24:20
Justus Haucap
1:25:17
Tim Pritlove
1:25:47
Justus Haucap
1:25:48
Tim Pritlove
1:26:45
Justus Haucap
1:26:48

Nein, des privaten Haushalts. Also der ist ja ganz unterschiedlich. Es gibt Alleinstehende, es gibt Familien, gibt ganz unterschiedliche Arten, Haushalt mit Kindern und ohne Kinder und so weiter. Und letztendlich was so in der Sozialpolitik ist, da wird ja immer der Haushalt als die Basis genommen. Also hat die Familie, sagen wir mal, Vater, Mutter, zwei Kinder oder zwei Väter und drei Kinder oder was weiß ich, haben die genug Geld zum Leben? Ob jetzt er einzelne sozusagen da Person A mehr verdient als Person B ist uns erst mal egal in unserem System zumindest, deswegen gucken wir uns immer an sozusagen, kriegt der Haushalt genug tatsächlich? So ist das ganze Sozialsystem momentan angelegt, deswegen gibt es ja auch die gegenseitige Fürsorge, Ehegattensplitting und all diese Dinge sozusagen, weil man immer am Haushalt letztendlich oder an den Lebensgemeinschaften sozusagen ansetzt. Und da ist der Mindestlohn natürlich sehr, der trifft das nicht sehr gut sozusagen als Sozialleistung in dem Sinne, weil dann verdient der eine viel und der andere wenig möglicherweise, aber ob man damit die Situation, gut, die wird man in jedem Fall verbessern sozusagen, dadurch dass er mehr kriegt, aber es ist gar nicht so klar. Also der Mindestlohn an sich ist so ein Thema, wo ich eine gewisse Ambivalenz hatte. Was meine Kritik insbesondere war an den sektorspezifischen Mindestlöhnen. Das war insbesondere die Deutsch Post hat da ja Furore gemacht, nachdem dann beschossen wurde durch die Bundesregierung oder dem Bundestag, dass auch der Briefmarkt liberalisiert werden soll, also die Leute auch die Gelegenheit haben sollen, mit anderen Absendern Briefe zu verschicken, da hat die Deutsche Post sich ja dann 2008 kurz vor Weihnachten tatsächlich noch durchgesetzt, dass ein Mindestlohn im Postsektor von 9,80 Euro, also deutlich höher als der Mindestlohn, den wir später für alle anderen eingeführt haben, sein sollte. Was erst mal sozialpolitisch für mich völlig unklar ist, warum Briefträger 9,80 Euro kriegen müssen und andere Leute mit 8 Euro klarkommen können. Also es hat keine inhärente Logik sozialpolitisch. Und die Deutsche Post ist ja kein Unternehmen was sagt, wir sind jetzt besonders an der Sozialpolitik interessiert. Das hat die nur interessiert, weil sie gesagt haben, damit können wir die anderen Unternehmen aus dem Markt raushalten. Und es war ja kein Zufall, dass an dem Tag, als der Postmindestlohn besprochen wurde, der Aktienkurs der Deutschen Post einen besonderen Sprung nach oben gemacht hat, weil die gesagt haben, das sichert unsere Profite, dass hier kein Wettbewerb entstehen wird im Postmarkt. Weil im Postmarkt ist es relativ klar, wenn man klein anfängt im Postmarkt, dann kann man genauso ein guter Briefträger sein wie einer der Deutschen Post, aber man muss halt viel mehr fahren, bis man die Briefe verteilt hat, weil man nicht in einem Haus 100 Briefe einwerfen kann. Das heißt, die Stückkosten pro Brief sind natürlich viel geringer bei der Post als bei Wettbewerbern der Post. Die haben dann erst mal gesagt, wir zahlen erst mal etwas geringere Löhne, um das ein bisschen zu kompensieren und hoffen, dass wir wachsen und irgendwann genauso viele Briefe einwerfen können letztendlich. Aber das ist natürlich nicht im Interesse der Deutschen Post, dass ein Wettbewerb entsteht. Also von daher, wenn man gesagt hätte, wir führen jetzt einen allgemeinen Mindestlohn ein, der Postmindestlohn ist dann genauso gut wie der Mindestlohn überall anders, wäre das noch was anderes gewesen, aber hier war es allein sozusagen um den Wettbewerb totzukriegen. Was erfolgreich gelungen ist, muss man der Deutschen Post sagen, hat sie gut gemacht, der Wettbewerb ist tot im Briefmarkt.

Tim Pritlove
1:30:08
Justus Haucap
1:30:09
Tim Pritlove
1:30:17
Justus Haucap
1:30:22
Tim Pritlove
1:31:01
Justus Haucap
1:31:12
Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
1:32:31
Tim Pritlove
1:32:41
Justus Haucap
1:32:43
Tim Pritlove
1:33:30
Justus Haucap
1:33:32

Weil Heizen nicht, also ja genau, wenn man nicht gerade mit Strom heizt, genau, dann ist es nicht mit drin. Also Gebäude, also Heizen ist nicht drin, Verkehr mit Ausnahme der Bahn ist nicht drin und des inneneuropäischen Luftverkehrs, der ist auch drin und die Landwirtschaft ist nicht mit drin. Aber insbesondere die Stromproduktion ist eben drin. Das heißt also, das Emissionshandelssystem erfolgt so, wenn ich CO2 ausstoße, zum Beispiel weil ich Strom produziere, brauche ich dafür eine Berechtigung und die muss ich mir kaufen das Ganze. Dafür gibt es einen Preis. Und wenn ich sie nicht brauche, kann ich sie verkaufen. Und ich kann die verkaufen an wen ich will. Das kann ein Zementhersteller sein, irgendein Stahlproduzent, irgendeiner der es braucht, muss auch nicht in Deutschland sein, kann auch in Portugal oder sonst irgendwo sein. Was ja auch Sinn macht, weil man sagt, das Klimaproblem ist ja ein globales Problem. Also wo jetzt genau CO2 reduziert wird, ist eigentlich nicht so wichtig. Ob das jetzt gerade in Portugal oder Deutschland oder Polen ist, für das Klima ist es erst mal wichtig, dass es überhaupt reduziert wird. Von daher hat man gesagt, dann ist das eigentlich doch ein gutes System, weil diejenigen, die das am ehesten reduzieren können, die werden das am ehesten machen. Weil die dann sagen, dann können wir die Zertifikate verkaufen an jemanden, der anscheinend größere Probleme hat, CO2 zu reduzieren. Dann müssen wir denen das gar nicht genau vorgeben, wer jetzt genau was machen soll, Hauptsache insgesamt kommt die Menge runter. Jetzt ist das Problem, dann hat man in Deutschland parallel das EEG aufgesetzt und hat gesagt, wir reizen die Stromproduktion aus erneuerbaren an, was man ja ganz gerne machen kann. Ohne aber parallel in irgendeiner Weise die Menge der verfügbaren CO2-Zertifikate zu reduzieren. Das geht auch nicht, weil das ist ja eine europäische Sache. Man hätte die vielleicht rauskaufen können aus dem Markt und sagen können, wir nehmen Geld in die Hand und kaufen die Zertifikate raus. Hat man aber nicht gemacht. Das hatte dann diesen ganz perversen Effekt, wir haben jetzt viel Geld in die Hand genommen, momentan sind es ja ungefähr 25 Milliarden Euro pro Jahr, um Storm aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Die Stromerzeuger brauchen weniger Zertifikate, weil wir den erneuerbaren Strom haben. Was machen die mit denen? Zum einen, dass der Preis sinkt für die Zertifikate, weil man nicht mehr so viele braucht, da greift dann wieder die einfache Logik von Angebot und Nachfrage. Und die verkaufen die woanders hin. Die sagen ja nicht, wir brauchen nicht mehr, wir schmeißen die in die Mülltonne, sondern die sagen, okay dann verkaufen wir die an wen auch immer, wer die gerne haben will. Und das hatte diese ganz absurden Effekt, dass die CO2-Preise in den Keller gegangen sind, die Braunkohle hat plötzlich gesagt, CO2 ist so billig, da können wir mehr Strom produzieren. Also wir haben einen Braunkohleboom quasi ausgelöst auf der anderen Seite durch das EEG. Und irgendwelche anderen Stahlproduzenten haben gesagt, ach super, CO2 billig, wir kaufen die Zertifikate und insgesamt ist dieser Deckel aber unverändert geblieben. Das heißt, wir haben viel Geld für EEG ausgegeben, aber null CO2 eingespart. Also ein ganz perverses, also wie soll man sagen …

Tim Pritlove
1:36:27
Justus Haucap
1:36:33
Tim Pritlove
1:36:34
Justus Haucap
1:36:38
Tim Pritlove
1:36:59
Justus Haucap
1:37:08

Ich weiß es nicht ehrlich gesagt. Also das ist keine neue Kritik, die ist so lange vorgetragen worden. Also mir ist es auch schleierhaft, warum man nicht irgendwann gesagt hat, wir müssen da ran. Jetzt hat man Gott sei Dank beim Kohleausstieg, diesen Fehler will man nicht wiederholen, sondern man sagt, wenn die Braunkohlekraftwerke stillgelegt werden, dann werden die Zertifikate rausgenommen aus dem Markt tatsächlich. Das heißt, die muss man dann zurückkaufen, man kann sie nicht einfach stilllegen, weil das eine europäische Sache ist, aber dann werden die aus dem Markt genommen. Wenigstens das tatsächlich. Und dann hat man natürlich beim EEG handwerklich auch viele Fehler gemacht einfach. Also wir hatten ja das goldene Solarzeitalter, man hat denen Traumrenditen ermöglicht den Leuten. Was dazu geführt hat, dass das Ganze viel teurer geworden ist, als es hätte sein müssen. Und man hat nicht etwa gesagt, wir geben das einer kompetenten Behörde, die die Einspeisetarife festlegt. Zum Beispiel hätte man sagen können, warum lassen wir das nicht die Bundesnetzagentur machen? Die hat doch Erfahrung in Kostenregulierung. Warum legen die nicht die Einspeisetarife jedes Jahr neu fest? Sondern man hat gesagt, wir machen da Verhandlungsrunden, Bundestag, Bundesrat muss auch noch zustimmen. Immer wenn irgendwo eine Wahl ist, dann hat es diese politischen Konstellationen gegeben, die Bayern wollten dann, dass Solarenergie so gut vergütet wird wie irgendwie geht. Klar, weil in Bayern … Also wenn man sich diese Umverteilung in Deutschland anguckt, die Bayern profitieren wahnsinnig von der Solarvergütung. Weil da gibt es natürlich jede Menge Landwirte im Prinzip, die da viele Solarzellen aufgestellt haben überall. Also ganz großer Transfer geht nach Bayern in dem Sinne. Wind …

Tim Pritlove
1:38:50
Justus Haucap
1:38:52
Tim Pritlove
1:38:54
Justus Haucap
1:38:55

Und der Wind, da fließt das Geld nach Norden. Da haben sich politische Konstellationen ergeben und hat gesagt, nein wir reduzieren die ganzen Einspeisegebühren nicht, dann sind die ganzen Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen. Die Leute wurden immer frustrierter, weil der Strom auch so teuer für sie geworden ist. Und letztendlich hat man damit der Energiewende einen gewissen Bärendienst erwiesen, weil man hat die Akzeptanz geschmälert bei den Leuten, weil es viel teurer geworden ist als es hätte sein müssen. Wenn man von Anfang an stärker die Anpassung vorgenommen hätte. Oder man hätte gleich auf ein bisschen märktlichere Systeme setzen können. Man hätte sagen können, also ein Modell, was wir lange Zeit vorgeschlagen haben, haben gesagt, warum machen wir nicht so eine Art Zertifikatsmodell auch, dass wir sagen, jeder der Strom verkauft, also jedes Stadtwerk ist verpflichtet nachzuweisen, das X Prozent aus grünem Strom kommt, aber wie die das dann beschaffen, ist ihr Bier. Ob sie die selber aufbauen, ob sie den Leuten was zahlen, wie auch immer. Und dann sozusagen hätten wir die Menge viel besser steuern können, dann hätten wir sagen müssen, jedes Jahr müsst ihr X Prozent aus grünem Strom nachweisen, dass ihr den verkauft habt, aber wir überlassen das euch, wie man am besten rankommt an den grünen Strom. Dann hätte man mehr Markt da ermöglicht. Vielleicht hätten sie gesagt, wir bauen selber was. Wir bezahlen den Bürgern unserer Stadt was, wir kaufen anderen die Zertifikate ab, also man weiß ja nicht, wie es am besten funktioniert. Nur beim EEG hat man geglaubt, wir wüssten das ganz genau, wie es am besten funktioniert und wir hatten ja dann eine absurde Situation mit über 5000 verschiedenen Tarifen für verschiedene Einspeisungen, wo man gesagt hat, alles staatlich festgelegte Preise, wo wir sagen, das kann doch gar nicht funktionieren, das kann doch keiner verstehen. Und die Kritik, also das ist nicht, das wird häufig suggeriert dann, werde jetzt skeptisch über den Klimawandel reden, das ist natürlich völliger Irrsinn, natürlich nicht. Also ökonomisch ist völlig klar, es macht mehr Sinn, den Klimawandel aufzuhalten, selbst wenn man nicht dran glaubt. Also wenn man sagt, allein wenn man das wie eine Versicherung betrachtet und sagen, wir wissen es nicht, aber es gibt ein Risiko und sozusagen, ich weiß ja auch nicht, ob bei mir eingebrochen wird und trotzdem schließe ich eine Versicherung ab. Und selbst wenn ich nicht an Klimawandel glaube und sage, es gibt nur eine prozentuale Wahrscheinlichkeit, dass es doch stimmt, dass der ist, du dann sagst, ist es ökonomisch sinnvoll, das versuchen zu verhindern. So ähnlich wie bei Einbruch, ich weiß ja auch nicht, ob eingebrochen wird, trotzdem macht es Sinn, die Tür abzuschließen. So ähnlich ist es beim Klimawandel auch, also es macht Sinn, was dagegen zu tun, selbst wenn man nicht dran glaubt, wenn man nicht sicher ist, ob er existiert. Also von daher macht das Sinn sozusagen, nur man sollte dann, gerade wenn man will, dass das ein Exportschlager wird, es nicht unbedingt so machen, dass man sagt, jetzt haben wir ganz viel Geld ausgegeben und Deutschland hat immer noch kein CO2 reduziert, weil das ist dann nicht unbedingt ein Vorbild, wo alle Länder sagen, oh das haben die ja ganz toll gemacht die Deutschen, die haben ganz ganz viel Geld ausgegeben und null Tonnen CO2 reduziert. Also da habe ich da eine gewisse Skepsis, dass das zum Exportschlager wird.

Tim Pritlove
1:41:40
Justus Haucap
1:41:52

Ja.

Tim Pritlove
1:41:54
Justus Haucap
1:42:09

Ja.

Tim Pritlove
1:42:10
Justus Haucap
1:42:18
Tim Pritlove
1:42:19
Justus Haucap
1:42:28
Tim Pritlove
1:42:29
Justus Haucap
1:42:40
Tim Pritlove
1:43:19
Justus Haucap
1:43:22
Tim Pritlove
1:43:41
Justus Haucap
1:43:44
Tim Pritlove
1:43:49
Justus Haucap
1:43:51
Tim Pritlove
1:44:32
Justus Haucap
1:44:32
Tim Pritlove
1:44:41
Justus Haucap
1:44:41

Also es gibt auch schon Biogras sozusagen, aber natürlich haben die kein offizielles Biosiegel und ich muss dem auch vertrauen. In Kalifornien nach der Legalisierung hat man ja die Erfahrung gemacht, die Pestizidbelastung ist enorm. Natürlich, man muss ja nicht glauben, dass derjenige, der illegal Drogen anbaut, jetzt unbedingt sich Sorgen um Pestizide in großer Weise macht. Das heißt also, so was was man wahrscheinlich nicht zulassen würde, wenn das legal ist, diese hohe Schadstoffbelastung. Auch wenn das nicht typischerweise gegessen, sondern nur geraucht wird. Das heißt also, wir haben da eine ganze Reihe von Probleme und ich sagte am Anfang ja schon mal, man muss immer vergleichen. Man kann sagen, es gibt da schon gute Gründe, warum man da sozusagen eingreifen möchte in diese Markt, aber was ist denn der beste Mechanismus? Ein Vollverbot führt das zu den gewünschten Ergebnissen? Und die meisten Ökonomen haben schon lange die Auffassung, gibt es schon aus den USA alte Initiativen von Nobelpreisträgern, wo man sagt, faktisch die Prohibition funktioniert ja nicht, weil die Angebote und Nachfragen sind trotzdem da, nur die Leute bekommen schlechtere Ware für höhere Preise letztendlich und sehr viel schädlicher für sich selbst, ohne dass sie es wissen. Und mit den unangenehmen Begleiterscheinungen. Jetzt muss man da differenzieren, bei Cannabis ist sicherlich so eine Begleiterscheinung wie Beschaffungskriminalität kaum ausgeprägt, spielt da keinen bedeutende Rolle. In anderen Bereichen bei härteren Drogen ist das schon eher oder dass Leute sich mehr oder weniger unfreiwillig prostituieren, um an Drogen zu kommen oder so. Das sind ja alles Begleiterscheinungen, die sehr unangenehm sind.

Tim Pritlove
1:46:14
Justus Haucap
1:46:19
Tim Pritlove
1:46:36
Justus Haucap
1:46:37
Tim Pritlove
1:46:41
Justus Haucap
1:46:43
Tim Pritlove
1:46:45
Justus Haucap
1:46:45
Tim Pritlove
1:46:53
Justus Haucap
1:46:56
Tim Pritlove
1:47:14
Justus Haucap
1:47:15
Tim Pritlove
1:47:32
Justus Haucap
1:47:33
Tim Pritlove
1:48:39
Justus Haucap
1:48:45
Tim Pritlove
1:48:48
Justus Haucap
1:48:49
Tim Pritlove
1:50:07
Justus Haucap
1:50:25
Tim Pritlove
1:50:27
Justus Haucap
1:50:59
Tim Pritlove
1:51:00
Justus Haucap
1:51:06
Tim Pritlove
1:51:07
Justus Haucap
1:51:08
Tim Pritlove
1:51:11
Justus Haucap
1:51:13
Tim Pritlove
1:51:33
Justus Haucap
1:51:36
Tim Pritlove
1:51:37
Justus Haucap
1:51:45

Und man sieht, dass das im Prinzip gut funktioniert im Vergleich zu Ländern, die stärkere Prohibition haben, wo man dann eben dann doch den selbstgebrannten, nicht kontrollierten Alkohol mit den entsprechend noch viel gesundheitsschädlicheren Wirkungen hat. Also von daher eigentlich spricht alles dafür, das zu legalisieren. Und das Interessante in Colorado ist sogar, dass der Konsum, insbesondere bei Teenagern, von Cannabis sogar zurückgeht. Das mag erst mal überraschend sein, aber hat aus der Angebotssicht eine gewisse Logik. Weil während heute ein 16-Jähriger problemlos an Cannabis kommt in Deutschland, also mein Sohn geht ja selber aufs Gymnasium, der weiß also genau wo man da bei wem Cannabis kaufen kann und wer das auch konsumiert in der Schule. Wird das natürlich, wenn ich jetzt diesen Markt austrockne, mehr oder weniger eigentlich schwieriger, weil der legale Händler wird mir das eher nicht verkaufen wollen, weil der ja plötzlich sagt, dann verliere ich aber meine Lizenz, wenn ich dir das verkaufe, wenn ich dich hier in meinen Laden lasse. Natürlich wird man es nicht ganz verhindern können, vielleicht gibt es dann doch einen Kumpel, der über 18 ist und mir das Ganze besorgt und so weiter. Aber im Colorado sieht man, dass der Teenagerkonsum rückläufig ist und das liegt sicherlich auch daran, weil dieses traditionelle Händlernetzwerk ist weggebrochen, weil die großen Leute kaufen nicht mehr bei denen, weil die sagen, ich gehe lieber in den Shop und kaufe mir was qualitätsgesichertes.

Tim Pritlove
1:53:04

Ja.

Justus Haucap
1:53:05
Tim Pritlove
1:53:24
Justus Haucap
1:53:27
Tim Pritlove
1:53:30
Justus Haucap
1:53:32
Tim Pritlove
1:54:13
Justus Haucap
1:54:16
Tim Pritlove
1:54:28
Justus Haucap
1:54:42
Tim Pritlove
1:54:56
Justus Haucap
1:56:10
Tim Pritlove
1:57:37

Ja.

Justus Haucap
1:57:38
Tim Pritlove
1:58:19
Justus Haucap
1:58:27
Tim Pritlove
1:59:16
Justus Haucap
1:59:28
Tim Pritlove
2:00:16
Justus Haucap
2:00:18

Sportarten, die sie nicht interessieren, Randsportarten oder kritische Sportberichterstattung, also investigativer Sportjournalismus. Aber wahrscheinlich weniger Volksmusik und Fußball Bundesliga übertragen. Und das ist natürlich absurderweise auch noch das, was am teuersten momentan ist. Und das öffentlich rechtliche Fernsehen hat sich tatsächlich auch immer weiter wegentwickelt, also gerade im Bereich der Sportberichterstattung, sozusagen ist die Konzentration auf Fußball immer extremer geworden. Und die Berichterstattung über Randsportarten immer dünner geworden tatsächlich. Also eigentlich versuchen sie heute das zu machen, was der Privatfunk ansonsten machen würde und nicht zu sagen, wir wollen jetzt aber dezidiert das machen, was die eigentlich nicht sowieso machen würden. Und aus einer marktwirtschaftlichen Sicht würde man sagen, warum machen wir es nicht anders? Warum sagen wir nicht, dann sollen die Privaten doch meinetwegen im werbefinanzierten Fernsehen die Bundesliga zeigen und der öffentlich rechtliche Rundfunk komplementiert dieses Angebot durch eine kritische Sportberichtserstattung, die ja auch im öffentlich rechtlichen Rundfunk eine marginale Rolle nur spielt. Und eine Berichterstattung über Sportarten, die vielleicht sonst weniger stark transportiert werden würden. Aber genau das findet momentan nicht statt, sondern es hat eine gewisse Eigendynamik entwickelt, auch im öffentlich rechtlichen Rundfunk spielen Quoten eine überbordende Rolle. Eigentlich genau das, also sie wollen gucken, sind wir eigentlich so erfolgreich am Markt wie es ein privates Unternehmen wäre? Aber wenn man so agiert, könnte man sagen, dann brauchen wir eigentlich keinen öffentlich rechtlichen Rundfunk. Prinzipiell sozusagen würde man in der Ökonomie sagen, wir brauchen nicht öffentliche Unternehmen allgemein, die genau das machen, was private Unternehmen machen. Sondern öffentliche Unternehmen müssen sich dadurch rechtfertigen, dass sie genaue etwas machen, was private Unternehmen ansonsten nicht machen würden. Und das fehlt momentan beim öffentlich rechtlichen Rundfunk in Teilen. Die billigsten, von der Produktionsweise witzigerweise billigsten Teile des öffentlich rechtlichen Rundfunks sind anscheinend die, die genau den Auftrag erfüllen. Also so Dinge wie Deutschland Radio Kultur, Deutschlandfunk, die politische Berichterstattung, Nachrichten sind verhältnismäßig günstig im Vergleich zu Sport und Volksmusik.

Tim Pritlove
2:02:36
Justus Haucap
2:02:58
Tim Pritlove
2:03:08
Justus Haucap
2:03:12
Tim Pritlove
2:03:14
Justus Haucap
2:03:15
Tim Pritlove
2:03:28
Justus Haucap
2:03:28
Tim Pritlove
2:03:32
Justus Haucap
2:04:23

Also ich glaube zweiteres. Also den allermeisten geht es auch nicht darum, dass sie sagen, wir wollen keinen öffentlichen Rundfunk mehr haben. Die Frage ist eher, das Ausmaß des öffentlich rechtlichen Rundfunks, brauchen wir wirklich so viel davon? Und müssen die alles das machen, was Private schon besetzen? Das ist natürlich nicht nur Springer, auch ich weiß Spiegel Online und so die leiden schon darunter, dass sie sagen, wir müssen sozusagen immer wieder gucken, dass wir uns irgendwie refinanzieren das Ganze, wir begreifen uns schon als Qualitätsmedium. Oder auch die anderen, wir haben ja eine gute Presselandschaft, Zeit, FAZ, Süddeutsche etc., Welt. Also auch die sagen natürlich, wenn uns jetzt die Tagesschau versucht, mit immer mehr Ressourcen und immer mehr Geld das Wasser abzugraben, dann ist das eigentlich nicht vielfaltsichernd, sondern wird irgendwann dazu führen, dass wir die Angebote werden einstellen müssen, weil wir sie nicht mehr refinanzieren können und dann haben wir quasi die Monopolisierung durch die Tagesschau.de oder so und das kann sicherlich auch dem Ziel, das man eigentlich hat, also für die ja nicht gut sein. Also von daher stellt sich schon die Frage, wie kann man auch Schranken auflegen, dass sozusagen das Angebot nicht den Wettbewerb zerstört. Und die Briten haben das ganz intelligent gemacht mit der BBC. Die haben eigentlich gesagt, wir machen so ein System, was wir in ähnlicher Weise eigentlich auch haben mit dem drei-Stufen-Test, wo wir sagen, wenn ihr ein neues Angebot schaffen wollt, dann muss das so eine Art Test durchlaufen, aber in Großbritannien durch eine unabhängige Behörde, die Ofcom, die sagt, wir müssen abwägen, wie ist der Mehrwert, sozusagen der journalistische Mehrwert, gegenüber den Gefahren, die dadurch sozusagen private Angebote verdrängt. Das müssen wir irgendwie abwägen miteinander. In Deutschland hat man sich anders entschieden, man hat gesagt, diesen Test führen die Fernsehanstalten mehr oder weniger selber durch.

Tim Pritlove
2:06:11
Justus Haucap
2:06:14
Tim Pritlove
2:06:35
Justus Haucap
2:06:47
Tim Pritlove
2:07:00
Justus Haucap
2:08:32
Tim Pritlove
2:08:32
Justus Haucap
2:08:34
Tim Pritlove
2:08:35
Justus Haucap
2:09:20

Ja, das ist einer der großen Herausforderungen, die wir jetzt tatsächlich haben in der Wettbewerbspolitik. Also wie ist umzugehen mit den großen Plattformen letztendlich, die sich herausbilden? Und es gibt da heute schon Ansätze, also nicht umsonst hat ja die Europäische Kommission verschiedene Verfahren schon geführt gegen Google. Und Google immer wieder in diversen Bereichen in die Schranken gewiesen. Auch gegen Apple. Jetzt läuft ein Verfahren gegen Amazon. Also es gibt sozusagen eine kartellrechtliche Aktivität mit auch substanziellen Bußgeldern, die verhängt werden, um bestimmte Praktiken abzustellen. Gleichwohl ist schon die berechtigte Frage, kann man da noch Dinge verbessern? Kann man da noch mehr dafür tun? Weil es ist völlig richtig, ein Teil dieser Märkte, also diese Plattform zumindest sind durch diese indirekten Netzeffekte geprägt. Das heißt also, letztendlich ist es ein bisschen so wie früher in der Dorfdisko, alle wollen da sein, wo alle sind, weil eben alle da sind. Und so ähnlich ist es bei diesen Plattformen auch, alle sind bei Facebook, weil alle anderen auch da sind, wobei sich das zwischen den Generationen so ein bisschen verschiebt. Bei Plattformen wie Amazon, Amazon Marketplace ist es natürlich so, dass wir diese indirekten Netzeffekte haben, die Käufer gehen dahin, wo die meisten Verkäufer sind und die Verkäufer gehen dahin, wo die meisten Käufer sind und deswegen schaukelt sich so das nach oben. Gleichwohl gibt es auch eine große Chance bei diese Plattformen, weil anders als früher ist es auch leichter, parallel sich auf verschiedenen Plattformen zu betätigen. Das heißt also, der Fachterminus ist da das sogenannte Multihoming, dass man sagt, wenn ich einen Shop bei Amazon eröffne, ist es auch jetzt kein großes Ding mehr, auch noch einen Shop bei Ebay zu eröffnen, ich kann ich auch noch meinen eigenen Internetshop aufmachen und ich kann auch noch zahlreiche andere Distributionswege mir suchen. Das ist eigentlich relativ leicht. Deswegen ist im Kern Ansatzpunkt momentan auch in der Debatte darüber, wie wir das Kartellrecht reformieren sollen, dass man sagt, dieses Multihoming müssen wir weiter ermöglichen. Denn prinzipiell spricht ja erst mal nichts dagegen, dass man sagt, alle Shops der Welt können bei Amazon sein und alle Shops der Welt können parallel auch bei Ebay sein. Und alle Shops der Welt können parallel auch noch bei irgendeiner anderen Plattform sein. Man könnte also ganz viele Plattformen haben parallel sozusagen und alle Nutzer der Welt für die ist es ja auch kein Problem zu sagen, gucke ich bei Amazon, dann gucke ich nochmal bei Ebay, dann gucke ich nochmal bei Plattform XYZ und gucke da, gucke nochmal bei Ladenzeile.de, bei Idealo.de, vielleicht bei Google Shopping, auch da sozusagen ist es eigentlich leicht. Deswegen ist ganz wichtig, dass man verhindert sozusagen, dass da so was wie ein Sog entsteht, dass die Plattformen, das ist immer wieder eine Strategie, die man auch versucht zu fahren. so was wie Exklusivitätsvereinbarungen und so was treffen. Zu sagen, wenn ihr hier bei uns einen Shop eröffnet, dürft ihr nicht parallel woanders sein. Weil dann würde der Wettbewerb relativ schnell sterben und dann kippen die Märkte um und dann hat man dieses „The Winner Takes All“-Phänomen. Und das hat man eben teilweise in der Vergangenheit versucht sozusagen und da ist kartellrechtlich momentan die Diskussion, ob man da nicht auch viel früher intervenieren muss, wenn so was ersichtlich wird tatsächlich. Denn prinzipiell hat das Internet natürlich Wettbewerb in viele Märkte injiziert oder den Wettbewerb stark intensiviert. Denken wir gerade an so was wie den Handel, früher wenn man sich was kaufen wollte, hat man sich auf die Umgebung konzentriert mehr oder weniger. Heute kann ich ja von Flensburg bis Passau und von Saarbrücken bis Greifswald mir quasi alle Shops angucken, die im Internet sind. Und ich bestelle dann möglicherweise was beim Antiquitätenhändler in Flensburg, was ich früher nie gesagt hätte. Der steht plötzlich im Wettbewerb mit einem Antiquitätenhändler aus Passau. Also von daher hat es auch eine wettbewerbsbelebende Funktion natürlich in vielen Bereichen.

Tim Pritlove
2:13:24
Justus Haucap
2:13:44
Tim Pritlove
2:14:32
Justus Haucap
2:14:33
Tim Pritlove
2:14:51
Justus Haucap
2:15:40

Wir haben ein Defizit, dass wir selber keine Plattform haben in dem Sinne, dass sich die hier nicht entwickelt haben, aber gestaltend wirken wir schon. Also es gibt eine ganze Reihe von Vorgaben, die gemacht werden sozusagen, die von Unternehmen dann auch einzuhalten sind. Und hier gibt es sicherlich, also wie gesagt, dass dieses Multihoming weiter ermöglicht wird, dass man sagt, wenn mir die Regeln von Plattform A nicht gefallen, dann wechsle ich zu Plattform B, das ist wichtig. Zweites wichtiges Thema ist so was wie Datenportabilität, haben wir durch die Datenschutzgrundverordnung für Privatleute immerhin bekommen. Stellt sich immer noch die Frage, geht das überhaupt? Ich muss ja auch einen haben, der die Daten aufnehmen will. Klar, wenn die keiner haben will, dann hilft mir die Portierung auch nicht letztendlich, aber da gibt es immer noch Defizite, weil sobald ich gewerblich bin, habe ich das Recht auf Portierung nicht im gleichen Maße wie als Privatperson, da ist die Frage, muss man da nicht nachschärfen, dass auch gewerblich portiert werden kann? Und es gibt eben diese Entwicklung, dass man sagt, brauchen wir nicht – die SPD Hat das genannt - Daten für alle Gesetz, für alle ist vielleicht ein bisschen übertrieben sozusagen, aber ist nicht die Frage, müsste man nicht auch Wettbewerbern verbesserten Zugang zu Daten ermöglichen? Also sofern nicht Gründe wie der Datenschutz, die Privatsphäre dagegenstehen. Aber das ist momentan eine große Diskussion. Die europäische Kommissarin, Frau Vestager, hat das ja auch schon angesprochen und gesagt, sie setzt auch darauf, dass sozusagen das Teilen von Daten und das Verfügbarmachen von Daten auch für andere wiederum auch, also es gibt nicht diese universelle Lösung, wo man sagt, okay dadurch wird jetzt alles erreicht. Aber das ist ein Baustein, um auch den Wettbewerb am Leben zu halten im Markt. Dass man sagt, Multihoming, die Frage der Fusionskontrolle müssen wir uns noch stellen sozusagen, muss man da nicht noch ein bisschen schärfer werden als man in der Vergangenheit war?

Tim Pritlove
2:17:26
Justus Haucap
2:18:40
Tim Pritlove
2:18:54
Justus Haucap
2:18:56
Tim Pritlove
2:19:15
Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
2:20:15
Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
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Justus Haucap
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Tim Pritlove
2:21:34
Justus Haucap
2:21:34
Tim Pritlove
2:21:38
Justus Haucap
2:21:42
Tim Pritlove
2:22:02
Justus Haucap
2:22:27

Es gibt natürlich was, wo man ganz grundlegend drangeht, also wir haben die Digitalisierung als den großen Megatrend. Dann die Globalisierung haben wir ein bisschen drüber geredet, also da die neue Konkurrenz durch China, das ist sicherlich noch eine Baustelle, wie geht man um mit teilweise der unfairen Konkurrenz sozusagen durch chinesische Staatsunternehmen, wo auch eher Europa gefordert ist als Deutschland speziell. Wenn man jetzt nochmal guckt, was sind in Deutschland Probleme, dann ist natürlich etwas, wo wir uns Gedanken drüber machen müssen, der demographische Wandel. Also heute sind wir noch in der Situation, wo die ganzen geburtenstarken Jahrgänge alle noch arbeiten und in die Rentenkasse einzahlen, aber nicht mehr allzu lange. In zehn Jahren kippt das alles langsam um sozusagen und es werden immer mehr Rentner oder Anspruchsinhaber sein und immer weniger. Leute, die vor 15 Jahren nicht geboren sind, die sind halt nicht da, die gehen dann nicht in den Arbeitsmarkt rein. Das wird uns sicherlich in Zukunft noch sehr beschäftigen, wie schaffen wir die Altersabsicherung. Also weil das jetzt in den nächsten 20 Jahren relativ schnell kippt von, momentan ist es so, dass ein Rentner oder ein Inhaber von Ansprüchen von drei Arbeitnehmern im Prinzip finanziert wird, die heute arbeiten, weil wir ja dieses Umlagesystem haben und das wird sich in 20 Jahren auf ein Verhältnis von 3:2 umkippen, das heißt also, drei Arbeitnehmer müssten dann zwei Rentner bezahlen. Und da muss man auch kein Teufelskerl in Prognosewerkzeugen sein, weil man weiß einfach, wer heute geboren ist und wer nicht geboren ist und wie alt die Leute in 15 Jahren sein werden im Durchschnitt. Also das wird noch eine große große Herausforderung für uns werden, die Politik scheut da immer noch und schiebt das immer noch vor sich her im Prinzip dieses Problem. Und irgendwie wird man das lösen müssen.

Tim Pritlove
2:24:31
Justus Haucap
2:24:52
Tim Pritlove
2:25:39
Justus Haucap
2:25:41

Machine Learning, es gibt schon eine Zeit lang so Modelle Agent Based Simulation heißt das, das hängt natürlich irgendwie auch an Rechenkapazität. Also früher war das jetzt nicht, dass man gesagt hat, das ist langweilig, aber es ging halt einfach nicht oder auf kleinem Niveau. Mittlerweile sieht man, man kann da viel mehr mit Simulationsmethoden machen als man das in der Vergangenheit machen konnte. Das hilft natürlich, bestimmte Dinge besser zu verstehen. Die letzten, würde ich mal sagen, 30 Jahre hat sich dieses ganze Feld der experimentellen Wirtschaftsforschung und Verhaltensökonomie einen unheimlichen Boom erlebt. Also zum einen, dass man sagt, es gibt jetzt eben ein bisschen mehr wie in der Psychologie auch eine Art Laborexperimente viel stärker in der Ökonomie. Dass man untersucht, wie reagieren Menschen, wenn man irgendwelche Dinge ändert? Sowohl im Labor, aber immer mehr auch solche Feldexperimente, aus denen man viel lernen kann, in verschiedenen Bereichen. Also ganz unterschiedlich, dass man sagt, in der Entwicklungspolitik zum Beispiel, dass man hier in einem Dorf Solaranlagen aufgebaut werden sozusagen, die Leute haben eine Elektrifizierung und müssen nicht mehr Holz in die Öfen schmeißen. Im anderen Ort ist das nicht und dann kann man daraus lernen, was passiert denn da eigentlich? Diese Art der Forschung hat unheimlich zugenommen, diese quasi experimentelle Art der Forschung. Und die Verhaltensökonomie, die Verhaltensökonomie ist ja eher sozusagen die Verquickung von Psychologie und Ökonomie. Also das ist mittlerweile würde ich sagen absoluter Mainstream in der Ökonomie, dass man sagt, traditionell war die Sichtweise, die Leute sind rational und tun das, was am besten für sie ist. Und mittlerweile weiß man, die Leute versuchen das in der Regel schon, das zu tun, was am besten für sie ist, aber das gelingt ihnen halt nicht immer. Die machen Fehler und manche Fehler machen die auch immer wieder. Und dann stellt sich schon die Frage, welche Auswirkung hat das, entsteht dadurch ein neuer Handlungsbedarf? Muss man die Rahmenbedingungen anders setzen, damit die Leute sozusagen nicht aus Versehen das tun, was sie gar nicht tun wollen? Das ist ein großer Zweig, der in den letzten 10-20 Jahren sozusagen geradezu geboomt ist, würde ich sagen. Also von daher wie jede Wissenschaft wandelt sich auch die Ökonomie.

Tim Pritlove
2:27:51
Justus Haucap
2:27:53
Tim Pritlove
2:27:59
Justus Haucap
2:28:07
Tim Pritlove
2:28:07