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FG068 Risikoforschung

Wie wir Entscheidungen fällen und der Wert einer Fehlerkultur

Kopf oder Bauch? Wir treffen jeden Tag Entscheidungen und glauben, sie beruhen auf der rationalen Abwägung sachlicher Argumente. Doch das ist ein Irrtum! Viel öfter hören wir auf unser Gefühl. Und damit fahren wir meistens auch ganz gut, denn viele Risiken können wir gar nicht exakt abschätzen.

Der Umgang mit Ungewissheiten bei der Entscheidungsfindung hat den Psychologen Gerd Gigerenzer immer schon fasziniert. Er gilt als der Nestor der deutschen Risikoforschung. Der 71-Jährige ist Direktor emeritus des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und hat dort das Harding-Zentrum für Risikokompetenz aufgebaut.

Gerd Gigerenzer möchte den Menschen verständlich machen, was unsere Entscheidungen beeinflusst. Die Intuition, auf die wir uns im Alltag so oft verlassen, ist gerade in Führungspositionen geradezu verpönt – zumindest nach außen hin. Bauchentscheidungen lässt ein Vorstand deshalb häufig im Nachhinein durch Zahlenwerk absichern. Gigerenzer warnt vor einer solchen Rechtfertigungskultur, für die viel Zeit und Geld zum Fenster hinausgeworfen wird.

Risikokompetenz ist aktueller denn je in Zeiten von Algorithmen und Scoring-Systemen, die unser Leben immer stärker prägen werden. Gigerenzer fordert mehr Risikokompetenz, um Statistiken und Zukunftsprognosen kritisch zu hinterfragen. Das fängt bei der Wettervorhersage an: Was bedeutet eigentlich 30 Prozent Regenwahrscheinlichkeit? Und Data Literacy betrifft auch weniger banale Fragen – wie die Schufa unsere Bonität einschätzt oder welche Therapie uns der Arzt verordnet.

https://forschergeist.de/podcast/fg068-risikoforschung/
Veröffentlicht am: 30. Mai 2019
Dauer: 1:38:14


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Begrüßung 00:00:42.952
  3. Akademische Ausbildung 00:01:25.937
  4. Harding-Zentrum am MPI 00:07:57.958
  5. Statistische Information 00:10:04.106
  6. Entscheidungen und Big Data 00:20:32.078
  7. Bauchentscheidungen und Fehlerkultur 00:28:59.940
  8. Optimierung und Vereinfachung 00:58:35.145
  9. Deep Learning und Risiko 01:07:15.064
  10. Ethische Fragen maschineller Entscheidungen 01:13:23.630
  11. Sozialkreditsysteme 01:18:23.352
  12. Scoring und Datenschutz 01:29:51.430
  13. Ausklang 01:35:08.537

Transkript

Tim Pritlove
0:00:42
Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
0:04:16
Tim Pritlove
0:04:51

Ja.

Gerd Gigerenzer
0:04:52
Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
0:08:24
Tim Pritlove
0:08:30

Oh.

Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Ja.

Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
0:19:14
Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
0:20:31
Gerd Gigerenzer
0:20:50

Ja.

Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Ja.

Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
0:29:00
Gerd Gigerenzer
0:29:43

Ja.

Tim Pritlove
0:29:43
Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
0:36:46
Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
0:38:06
Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
0:39:46
Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
0:39:52
Tim Pritlove
0:40:28

Ja.

Gerd Gigerenzer
0:40:28
Tim Pritlove
0:40:47
Gerd Gigerenzer
0:40:52

Ja, also man kann sich das so einfach vorstellen, große Teile des Gehirns sind im Bewusstsein, hier der Sprache genau, nicht zugänglich. Dort wird aber Information gespeichert. Wenn Sie die jetzt nun ignorieren würden, dann viel Glück mit Ihren Entscheidungen. Die Intuition ist so definiert, dass man sagt, es ist eine Form von unbewusstem Wissen, das auf jahrelanger Erfahrung mit einem bestimmten Problem besteht und wo man in der Regel sofort spürt, was man tun oder lassen sollte, aber es nicht begründen kann. Also es ist keine Willkür, es ist keine göttliche Eingabe, es ist kein sechster Sinn, es ist auch nichts, was nur Frauen haben, wir Männer haben auch Intuitionen. Aber es ist in unserer Gesellschaft eine Tendenz, Intuition abzuwerten, weil man denkt, dass alles, was vernünftig ist, muss man begründen können. Stellen Sie sich vor, wo das hinführt. Also wenn Sie ein Fußballspiel haben und ein Spieler schießt ein Tor aus einem unglaublichen Winkel, dann müsste der Schiedsrichter zu ihm laufen und sagen, jetzt erklären Sie mir, wie Sie dieses Tor geschossen haben, wenn Sie es nicht können, gilt es nicht. Das ist ungefähr die Einstellung, die man in vielen großen Firmen hat, in vielen Verwaltungen und auch, was ein Problem inzwischen für viele Ärzte geworden ist, die Angst haben, ihrer ärztlichen Intuition zu folgen, weil sie es per Definition ja nicht erklären können. Und die Folge ist, dass in vielen Bereichen dennoch intuitive Entscheidungen gefällt werden, aber man gibt es nicht öffentlich zu. Nach meiner Arbeit mit großen DAX-notierten Unternehmen ist es so, dass nach Aussagen der Führungskräfte selbst etwa jede zweite wichtige professionelle Entscheidung am Ende eine Bauchentscheidung ist und ich betone am Ende, erst geht man durch die Daten, aber die sprechen ja nicht immer für sich. Und wenn man dann seiner Erfahrung folgt, obgleich man es nicht begründen kann, dann ist das damit gemeint. Die gleichen Führungskräfte würden das wie gesagt in der Öffentlichkeit nicht zugeben. Und ich habe zwei Methoden beobachtet, mit denen man mit der eigenen Angst vor Bauchentscheidungen und auch damit vor Verantwortung zu übernehmen umgeht. Verantwortung muss man für eine Bauchentscheidung immer selbst übernehmen. Die erste ist, man sucht nach Gründen im Nachhinein, also man stellt etwa einen Mitarbeiter ab, der zwei Wochen lang nach Gründen sucht und dann präsentiert der Vorstand die Bauchentscheidung als eine faktenbasierte Entscheidung. Das ist eine Verschwendung von Geld, Zeit und Intelligenz, nur weil man Angst hat. Eine Version davon ist etwas teurer, man stellt eine Beratungsfirma ein, die dann auf 200 Seiten mit PowerPoint die schon getroffene Entscheidung begründet. Ich habe mit großen Beratungsfirmen gearbeitet und ich habe ihn gefragt, wären Sie bereit mir zu sagen, welcher Prozentsatz Ihrer Kundenkontakte darin besteht, dass Sie schon getroffene Entscheidungen im Nachhinein begründen? Er sagte zu mir, Herr Gigerenzer, wenn Sie meinen Namen nicht nennen, sage ich es Ihnen, es ist über 50%.

Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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USA ist wahrscheinlich auch ein schwieriges Feld, um das zu untersuchen, weil natürlich auch die anderen Incentives schwierig sind. Also generell auch natürlich ein Gesundheitssystem, das haben wir auch bei uns, was ja weniger am Erfolg ausgerichtet ist, sondern eben sozusagen an realen Kosten, die in diesem komplett privatisierten System natürlich extrem sind. Da rät man dann gegebenenfalls auch zu Untersuchungen, die mir dann eben als Arzt einen persönlichen Vorteil einbringen, weil da einfach mehr Umsatz mit gemacht werden kann. Gehen wir vielleicht mal weg von der Medizin, sondern sozusagen auch generell. Ich meine, so ein ähnliches Absicherungsverhalten habe ich jetzt auch schon oft aus Behördenstrukturen zum Beispiel erlebt, wo eben Verantwortung nicht übernommen werden soll und Dinge werden erst dann getan, wenn die nächsthöhere Hierarchie das eben dann auch abgesegnet hat, dann kann man das alles machen. Also so ein Mangel an Bereitschaft, eben Verantwortung zu übernehmen, eben aus Angst einer Bestrafung durch ein System oder eben auch nur durch eine öffentliche Meinung, was spätestens dann zum Tragen kommt, denke ich, wenn wir in dieser Hierarchie wiederum ganz oben angekommen sind. Das ist sozusagen eine vertretbare, belegbare, vielleicht sogar in gewisser Hinsicht rationale Entscheidung, alles spricht dafür, nur eine wahrgenommene Bestrafungsoption, die im Raum steht, führt dann eben dazu, dass auch so etwas nicht durchgeführt wird. Kampf gegen Klimawandel könnte man vielleicht auch ein wenig in diese Kategorie schieben, ohne das jetzt hier gleich alles auf eine Ebene stellen zu wollen. Aber was tut man denn gegen diese Kultur? Was ist sozusagen der Ausdruck? Ich hatte vorhin auch noch gefragt, ist das jetzt nur so ein Zwischenstand oder ist das etwas, was sich schon immer verschärft hat? Oder gibt es auch Gesellschaften, die in einem bestimmten Moment nur so sind, aber dann später nicht mehr? Also bei China haben Sie gesagt, wandelt sich das jetzt so ein bisschen von dem Imitieren in jetzt müssen wir selber was machen, dann sind sie ja in gewisser Hinsicht vielleicht auch in Gefahr, in diese Zustand zu kommen.

Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Ja.

Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
0:58:21
Tim Pritlove
0:58:23

Ja.

Gerd Gigerenzer
0:58:23
Tim Pritlove
0:58:28

Das stimmt, sind aber düstere Aussichten. Jetzt haben wir … Also ich fasse das mal so ein bisschen zusammen. Also der Glaube, dass wir sozusagen rationale Entscheidungen treffen können, die gut begründet sind, der trifft so nicht zu, sondern die Realität ist, dass wir eigentlich im Leben niemals genug wirklich klare Regeln und Rahmenbedingungen vorfinden, anhand derer wir uns orientieren können, sondern es gibt immer Ungewissheiten, es gibt immer sowohl Ungewissheiten in meinem Umfeld, dass Dinge nicht klar sind, dass Dinge sich dynamisch zufällig chaotisch entwickeln können auf der einen Seite, aber andererseits, dass ich auch selbst überhaupt gar nicht das Besteck habe, um hier klare Schnitte vorzunehmen. Ich weiß nicht alles darüber, so das sogenannte gesunde Halbwissen kommt hier so zum Einsatz und es eigentlich vergebene Liebesmüh ist, nach klaren Kriterien zu suchen, weil sowohl mein Umfeld als auch wie ich selber aufgestellt bin, am Ende diese Bedingungen eigentlich gar nicht schafft. Sprich, ich muss eigentlich immer davon ausgehen, dass Dinge unklar sind und klare Entscheidungen nicht zu fällen sind, sondern es geht eigentlich eher darum, sich a) selber überhaupt zu motivieren und Entscheidungen überhaupt zu fällen, weil, ich glaube, so gar keine Entscheidungen fällen ist dann nochmal so die allerschlechteste Option, weil da kommt man ja auch nirgendwo hin. Und ich muss für mich einen Weg finden, wie ich herausfinde, welche Gewichtung ich den Dingen, die ich meine zu sehen, gebe. Eben diese Heuristiken zu entwickeln, um dann eben eine für mich brauchbare Lösung zu finden, die dann eben auch mit Mut und damit auch mit Überwindung von Ängsten vor dem eigenen Scheitern oder eben auch Ängsten vor dem wahrgenommenen Scheitern durch andere sozusagen mich davor verstecke. Ist das so eine brauchbar Zusammenfassung?

Gerd Gigerenzer
1:00:43
Tim Pritlove
1:00:45

Ja.

Gerd Gigerenzer
1:00:45

Also klare Entscheidungen kann man treffen, auch in der Ungewissheit. Nur was dort nicht geht, ist die Idee, dass man optimale Entscheidungen treffen kann. Optimal kann man nur definieren, wenn man alle Umstände kennt. Das heißt, es geht darum, sozusagen zu erforschen, wie Menschen, auch Experten, Entscheidungen unter Ungewissheit treffen. Und das ist anders als die klassische Entscheidungstheorie sich das vorstellt unter den Gewichten aller Konsequenzen und aller Optionen. Und wir haben wir am Max-Planck-Institut eine systematische Studie und das ist wahrscheinlich weltweit der Ort, wo das am meisten fortgetrieben worden ist, von Entscheidungen unter Ungewissheit analysiert. Wir untersuchen, welche sozialen oder individuellen Heuristiken Menschen wählen, um mit Ungewissheit zurechtzukommen. Und zum zweitem, unter welchen Bedingungen funktioniert das auch. Also das heißt, eine einfache Regel kann rational sein und auch besser sein als sehr komplizierte Methoden. Und Beispiele schließen ein, dass man eben Dinge besser vorhersagen kann, wenn man wenige Informationen nimmt. Also die Beispiele, mit BigData kann man nicht unbedingt besser vorhersagen als mit ganz wenig Daten. Im Aktienmarkt kann man mit nobelpreisgekrönten Methoden wie zum Beispiel Markowitz Portfoliooptimierung oft schlechter abschneiden als mit ganz einfachen Heuristiken wie zum Beispiel investiere in die Optionen, die du hast, gleich, ohne überhaupt Gewichte zu berechnen. Und ich arbeite auch mit der Bank von England zusammen, wie man durch einfachere Regulierungen mehr Sicherheit in die Welt der Finanzen bringt.

Tim Pritlove
1:03:09
Gerd Gigerenzer
1:03:09
Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
1:04:45
Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
1:05:33
Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
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Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
1:10:28
Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
1:11:40
Tim Pritlove
1:13:23
Gerd Gigerenzer
1:13:38
Tim Pritlove
1:13:41
Gerd Gigerenzer
1:13:45

Ja.

Tim Pritlove
1:13:46
Gerd Gigerenzer
1:14:28
Tim Pritlove
1:15:33
Gerd Gigerenzer
1:15:48
Tim Pritlove
1:15:55
Gerd Gigerenzer
1:15:58
Tim Pritlove
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Gerd Gigerenzer
1:16:42
Tim Pritlove
1:16:42
Gerd Gigerenzer
1:16:45
Tim Pritlove
1:18:22
Gerd Gigerenzer
1:18:43
Tim Pritlove
1:18:46

Ja.

Gerd Gigerenzer
1:18:47

Um das einzuordnen, damit so BigData-Systeme, wie was sie da benutzen, sind sehr erfolgreich im analysieren der Vergangenheit. Das ist jetzt was anderes als die Vorhersage, da sind sie gut, also sozusagen im Analysieren von Zusammenhängen von allen möglichen Daten. Und damit eignen sie sich auch sehr zu Spionage und Überwachung. China baut ein System auf im Moment, das sogenannte soziale Kreditsystem, wo jeder Bürger in den nächsten Jahren, hofft man, einen sozialen Kreditwert bekommt. Das könnte ein Wert zwischen 350 und 950 sein. Je höher desto besser. Darin fließt ein nicht nur wie bei finanzieller Kreditwürdigkeit, etwa Schufa in Deutschland, die ihr Zahlungsverhalten, sondern auch ihre ganze kriminelle Vergangenheit, einschließlich Parkverbottickets und ihr politisches, ihr soziales Verhalten, das Verhalten ihrer eigenen Freunde und Familie, also ihr gesamter digitaler Fingerabdruck. Es wird im Moment an etwa 40 Städten experimentell überprüft und hier macht China was interessantes, was man in Deutschland eher nicht machen würde, nämlich man gibt ein Ziel vor und lässt Städte experimentieren, statt die Sache vorzuschreiben. Und das Ziel ist dann, durch einen sozialen Kreditwert, der Konsequenzen hat, das moralische Verhalten der Menschen zu verbessern. Also China leidet wie andere Länder drunter, dass Menschen betrügen, lügen, stehlen, Korruptionen, dass Firmen entsprechend Menschen ausbeuten und Firmen haben auch einen sozialen Kreditscore. Das Mittel dazu ist ein altes psychologisches Mittel, man belohnt die Guten und man bestraft die mit einem geringen Score. Das kann man sich so vorstellen, die Belohnung funktioniert so wie ein Meilenprogramm bei der Lufthansa, also wenn Sie viele Meilen haben, dann kriegen Sie Goodies und auf der anderen Seite, wenn jemand wenig Kredit hat, also einen niedrigen Wert, dann werden massive Strafen eingesetzt. Zum Beispiel wissen wir, dass in den letzten Jahren hunderttausende von Chinesen mit niedrigem Wert nicht erlaubt wurde, ein Flugzeugticket zu buchen oder sie durften mit den schnellen Zügen nicht mehr fahren, also die Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt. Es gibt Städte, die auch folgendes tun, dass Personen, die einen niedrigen Wert haben, dass deren Kinder nicht mehr auf die besten Schulen gehen dürfen. Und Sie können sich vorstellen, wenn Sie dann meinen, dass Sie sich nicht scheren um Ihren sozialen Kreditwert, Ihre Kinder werden Ihnen das austreiben, denn sie leiden unter Ihnen. Und ein solches System wird möglicherweise ein Selbstläufer werden, jeder beeinflusst den anderen, jeder möchte einen hohen Score haben, so wie auch bei vielen Internetspielen man bereit ist alles zu tun, nur um seinen Score zu erhöhen. Und es gibt Mitteilungen aus China, dass inzwischen in vielen Partnerschaftsanzeigen die Männer und Frauen nicht nur ihre Körpermaße und Körpergewicht und Alter angeben, sondern auch den sozialen Kreditscore. Und wenn Sie eine Anzeige schalten und Ihren sozialen Kreditscore nicht angeben, dann kann das schon gegen Sie ausgewertet werden. Die Vision ist eigentlich die, dass man mit Hilfe von, in der Psychologie nennt man das, Prinzipien des operanten Konditionierens, also gutes Verhalten zu belohnen, schlechtes zu bestrafen, also das ist Spinner, B. F. Skinner, nun eine ganze Gesellschaft lenkt und in einer Art und Weise wie man es früher nie konnte ohne digitale Medien. Und mit digitalen Medien kann man einen Menschen 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche überwachen. Was wird die Zukunft sein? Nun, wahrscheinlich werden die Chinesen das Programm hinkriegen, würde ich meinen. Dann kommt eine zweite Phase, die schon begonnen hat, einige andere Länder, die ähnliche autoritäre oder Einparteiensysteme, sagen wir es mal neutral, haben oder haben möchten, werden das imitieren, also Sie können sich vorstellen, das können asiatische Länder wie Nordkorea, Thailand vielleicht auch Singapur sein, das können aber auch europäische Länder sein, die eine ähnliche Struktur haben, wie Ungarn, Polen oder die Türkei.

Tim Pritlove
1:24:26
Gerd Gigerenzer
1:24:29
Tim Pritlove
1:25:42
Gerd Gigerenzer
1:27:07
Tim Pritlove
1:28:38
Gerd Gigerenzer
1:28:47
Tim Pritlove
1:29:54

Das wird sich zeigen. Ich meine, es gibt sicherlich auch eine Gegenbewegung, gerade was jetzt die Wahrnehmung von Privatsphäre, deren Bedeutung, betrifft, hier gibt es auch Leute, die mit der Schufa schon negative Begegnungen hatten und einen niedrigen Score erhalten haben, ohne dass in irgendeiner Form jemand erklären kann, warum denn das jetzt so ist, also weder die Person selbst noch die Schufa, die ja eben dann zur Dokumentation der Algorithmen eben auch nicht bereit ist. Ist auch die Frage, ob man überhaupt ein System akzeptieren sollte, in dem die Regeln nicht klar sind. Weil wenn die Regeln festgelegt werden von einem Algorithmus, dieser aber nicht erklärt wird, lebt man ja nach Regeln, die man nicht kennt. Das ist ja im Prinzip so eine kafkaeske Situation, wo einem immer irgendwie gesagt wird, das geht jetzt nicht und später, kann ich dir aber nicht erklären warum. Das ist ja so fast so eine Gefängnissituation, in der man irgendwie die ganze Zeit eine Beschränkung erhält, aber eigentlich überhaupt die Regeln gar nicht mehr kennt, nach denen man hier reglementiert wird. Und das entspricht zumindest jetzt nicht unbedingt meiner Vorstellung einer freien Gesellschaft. Und die andere Frage ist, würde man aber diese Regeln transparent machen, wären diese Algorithmen klar, wären die Kriterien vielleicht auch einfach und nachvollziehbar, wie Sie das vorhin ja gefordert haben, um irgendwie gute Entscheidungen fällen zu können, kann das System denn dann überhaupt dem Cheating des Systems sozusagen entgehen? Also kann ein offen dokumentiertes System überhaupt so resilient sein, dass es nicht die ganze Zeit von seinen Teilnehmern ausgetrickst wird?

Gerd Gigerenzer
1:31:43
Tim Pritlove
1:33:29
Gerd Gigerenzer
1:33:31
Tim Pritlove
1:35:10
Gerd Gigerenzer
1:35:29
Tim Pritlove
1:37:08
Gerd Gigerenzer
1:37:15
Tim Pritlove
1:37:17