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FG057 Artenschutz und Zoos

Die Ausrottung der Arten und die Rolle der Zoos für den Artenschutz

Der Biologe Manfred Niekisch ist ein international bestens vernetzter Vorkämpfer für Artenschutz und Biodiversität. Er setzt sich mit seinem großen Erfahrungsschatz dafür ein, den Schutz der Natur zum Ausgangspunkt politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen zu machen. Niekisch war bis 2017 Direktor des Frankfurter Zoos, außerdem hatte er Professuren für Internationalen Naturschutz an den Universitäten Greifswald bzw. in Frankfurt a.M. inne.

In dieser Folge sprechen wir über Niekischs Ideen für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung der natürlichen lebenden Ressourcen. Dazu gehören Schutzmaßnahmen für tropische Wälder, Managementkonzepte für Naturschutzgebiete und Ausarbeitungen eines sozial- und umweltverträglichen touristischen Zugangs zu diesen Arealen. Mit seinem Engagement will Niekisch zu der Veränderung menschlicher Verhaltens- und Wirtschaftsweisen für einen vorausschauenden Umgang mit der Natur beitragen. Er hat in zahlreichen Ländern der Erde, mit Schwerpunkten in Vietnam und in den Ländern Lateinamerikas, geforscht.

Nicht zuletzt sprechen wir in dieser Folge über die Aufgaben und Bedeutung von Zoos und inwieweit Wissenschaft für die Strategie, die Konzeption und die Organisation eines Zoos von Bedeutung ist.

https://forschergeist.de/podcast/fg057-artenschutz-und-zoos/
Veröffentlicht am: 16. Mai 2018
Dauer: 1:39:35


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Begrüßung 00:00:42.543
  3. Persönlicher Hintergrund 00:03:22.277
  4. Zusammenarbeit mit Bernhard Grzimek 00:25:08.729
  5. Ausrottung der Arten 00:34:18.121
  6. Organisationen gegen das Artensterben 00:38:41.950
  7. Das Insektensterben 00:41:33.361
  8. Konsequenzen des Artensterbens 00:50:10.310
  9. Die Rolle der Zoos 00:57:08.051
  10. Wissenschaftliche Führung 01:04:08.196
  11. Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit 01:11:01.026
  12. Erfolgsmessung 01:13:23.462
  13. Kritik an Zoos 01:17:52.834
  14. Beziehungen zu Bären 01:24:08.268
  15. Organisation eines Zoos 01:29:08.870
  16. Der Zoo der Zukunft 01:35:16.230
  17. Letzte Gedanken 01:37:40.929

Transkript

Tim Pritlove
0:00:42
Manfred Niekisch
0:01:18
Tim Pritlove
0:01:20
Manfred Niekisch
0:01:23

Ja.

Tim Pritlove
0:01:25
Manfred Niekisch
0:01:28
Tim Pritlove
0:01:55

Ja.

Manfred Niekisch
0:01:56
Tim Pritlove
0:02:05
Manfred Niekisch
0:02:08
Tim Pritlove
0:03:17
Manfred Niekisch
0:03:35
Tim Pritlove
0:04:24
Manfred Niekisch
0:04:26
Tim Pritlove
0:05:12
Manfred Niekisch
0:05:16
Tim Pritlove
0:06:13
Manfred Niekisch
0:06:15
Tim Pritlove
0:06:31
Manfred Niekisch
0:06:36
Tim Pritlove
0:07:22
Manfred Niekisch
0:07:24
Tim Pritlove
0:07:28
Manfred Niekisch
0:07:31

Nein das Thema war vorbei. Also es hat mir sehr sehr viel Spaß gemacht, ich habe viel Feldarbeit gemacht. Und bin dann über einen Auftrag des Bundesamtes für Ernährung und Forstwirtschaft, das gab es damals noch in dieser Form, gebeten worden, ein Erkennungshandbuch für das Washingtoner Artenschutzübereinkommen zu überarbeiten. Das heißt, ein Handbuch, damit Zöllner am Frankfurter Flughafen oder sonst irgendwo in Deutschland Tiere, die an der Grenze nach Deutschland reingebracht werden sollten, identifizieren können und diese Identifikation dient dann dazu zu sagen, okay das Tier darf importiert werden oder es darf nicht importiert werden. So bin ich also ans Bundesamt gekommen und dann hat der WWF Deutschland, der World Wildlife Fund, wie er damals hieß, eine Stelle eingerichtet, wo es speziell um die Beobachtung des Handels mit wildlebenden Tieren und Pflanzen geht. Und die habe ich aufgrund dieser Vorarbeiten und meiner ganzen Kontakte und meines Engagements bekommen. Das war also mein beruflicher Einstieg in den Naturschutz. Ehrenamtlich war ich schon vorher im Naturschutz aktiv, allerdings eben nur im heimischen Bereich. Das war eine wahnsinnig spannende Zeit und wir haben ein internationales Netzwerk aufgebaut, das es heute noch gibt. Das heißt Traffic Trade Records Analysis of Fauna and Flora in Commerce. Also die Beobachtung von Fauna und Flora im Handel, um zu sehen, welche Formen des Handels gefährden denn Tier- und Pflanzenarten? Welche Tier- und Pflanzenarten tauchen im Handle auf? Bei welchen ist es unproblematisch und vor allem, wie kann diesen illegalen Handel stoppen? Da gab es dann auch eine große internationale Konvention dazu, das Washingtoner Artenschutzübereinkommen. Und da habe ich mich nicht nur engagiert, sondern war auch bei vielen dieser Konferenzen. Zumal in der Anfangszeit Mitglied der deutschen Regierungsdelegation. Das war also wirklich eine spannende Zeit, aber ich irgendwie gemerkt, mein Bild von den bösen Wilderern, die die armen Tiere fangen und dann hier auf den Markt bringen, das bekommt doch immer mehr Risse. Denn ich war dann unter anderem in Indonesien unterwegs, um zu sehen, wo eigentlich diese ganzen illegalen Kakadus herkommen. Und musste dort feststellen, die Leute, die die fangen, sind nicht böse Wilderer, sondern arme Bauern, die gar keine andere Chance hatten, als sich ein bisschen Geld mit Tierhandel zu verdienen. weil sie nämlich vom Militär aus ihrem Dorf vertrieben worden waren, dort sollte nämlich ein Golfplatz für das Militär gebaut werden. Und dann habe ich gesagt, nein dieser Ansatz, nur hinter Tierfängern und Schmugglern herzulaufen, der ist zwar wichtig, aber das reicht mir nicht, zumal nicht am Anfang meiner beruflichen Tätigkeit. Und ich habe dann angefangen, mich um die Projekte der lokalen Bevölkerung zu kümmern, und habe als allererstes mal angefangen, bei WWF damals ein Tropenwaldprogramm aufzubauen. Also ein Programm zum Schutz der tropischen Wälder. Da ging es nicht nur darum, den Wald zu erhalten, sondern sich auch Gedanken zu machen, warum gehen die Wälder kaputt und wie kann man die lokale Bevölkerung unterstützen, dass sie ihre Wälder selber schützt. Denn ich hatte allzu oft gemerkt, die lokale Bevölkerung weiß schon, was sie am Wert ihres Waldes hat, aber sie hat keine Möglichkeiten, ihn zu erhalten. Einfach weil der momentane Druck zu groß ist. Armut erlaubt keine langfristige Planung und Armut erlaubt auch keine langfristig sinnvolle Ressourcennutzung, sondern da geht es darum, schnell zu nehmen, was man kriegen kann. Und das hat mich sehr fasziniert. Dann hatte ich aber auf einmal mehr zu tun mit ländlicher Bevölkerung als mit Tieren und fand das auch noch wichtiger, als mich jetzt um Tiere zu kümmern. Das mündete dann dahin, dass ich von einer Gruppe von Freunden in München gefragt wurde, ob ich nicht Lust hätte, eine Tropenwaldorganisation aufzubauen und wie ich das machen würde. Und das war für mich eine große Chance. Weil ich nämlich gesehen hatte, dass der WWF als große weiße westlich bestimmte Organisation, mit einer bestimmten Philosophie und Strategie, einiges tun kann, aber was mich viel mehr interessierte war, Projekte zu finden, die die lokale Bevölkerung selber durchführt vor Ort, unterstützt mit einem kleinen Brückenkopf, der Geld sammelt, in Deutschland. Das war mein Konzept und wir haben die Tropenwaldstiftung OroVerde gegründet, die gibt es bis heute noch, die ist stark gewachsen und verfolgt immer noch dieses Konzept, hier mit einem kleinen Brückenkopf Projekte der einheimischen Bevölkerung vor Ort zu unterstützen.

Tim Pritlove
0:12:29
Manfred Niekisch
0:12:31
Tim Pritlove
0:12:51
Manfred Niekisch
0:13:15
Tim Pritlove
0:14:35
Manfred Niekisch
0:14:41
Tim Pritlove
0:14:49
Manfred Niekisch
0:14:51

Wir befinden uns jetzt in der Zeitachse 98-2008. In dieser Zeit war ich nicht nur sehr viel unterwegs, sondern man hat auch dann gemerkt, dass ich diese Verbindung von Naturschutz und Entwicklungspolitik verfolge. Und ich habe da eine ganze Reihe von Gutachten gemacht für die deutsche Entwicklungshilfe, speziell für die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit. Und die bezogen sich nicht nur auf unsere eigenen Projekte, sondern ich habe dann eben auch Aufgaben gekriegt, wie beispielsweise festzustellen international die Rolle von Naturschutzorganisationen im Naturschutz in verschiedenen Ländern. Ansatzpunkte für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. Ich habe eine ganze Reihe von Gutachten gemacht in Vietnam und habe auch in Vietnam durch Verbindungen, die ich dorthin bekommen hatte, über zehn Jahre immer mit drei- bis vierwöchigen Aufenthalten und Lehrauftrag an der Universität Hanoi gekriegt. Und dann wollte die deutsche Entwicklungshilfe auch in Vietnam aktiv werden und hat mich gebeten, da ein bisschen mit zu stützen, was ich sehr sehr gern getan habe. Und gleichzeitig wurde eben immer deutlicher, Naturschutz müsste eine Aufgabe der Entwicklungszusammenarbeit werden. Also was haben wir getan? Ich habe den Auftrag bekommen von der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, ein Heftchen zu schreiben über Naturschutz als Aufgabe der Entwicklungszusammenarbeit. Da hieß es dann in weiten Kreisen der GTZ damals, mein Gott, sollen wir das jetzt auch noch machen? Aber heute ist das, wie es so schön auf deutsch heißt, Mainstream. Der Schutz der Natur, der Schutz der Biodiversität. All diese Aktivitäten haben also eine Reihe von Papieren ergeben. Und dann wurde in Greifswald eine Professur für internationalen Naturschutz ausgeschrieben, die erste und einzige in Deutschland, die der Stifterverband fünf Jahre finanziert hat, allerdings nur mit der Zusage, dass es danach eine Stelle wird, die von der Universität voll weitergeführt wird mit bestimmten Bedingungen. Darauf hat sich die Universität Greifswald damals eingelassen und ich habe dann den Ruf auf diese Stelle gekriegt, was mich sehr gefreut hat. Und ich hatte jetzt auf einmal eine ganz spannende Chance. Ich konnte nämlich das, was ich vorher beim WWF und vor allem bei OroVerde an Projektarbeit gemacht habe, wissenschaftlich aufbereiten. Das heißt, ich konnte zurückblicken, Studenten in die Projekte schicken und sagen, guck doch mal, wie sich das entwickelt hat, machen wir mal eine Auswertung, beispielsweise zur Rolle der Nutzgärten in Vietnam zur Nachhaltigkeit eines Fischersystems im Mekong-Delta, in dem ich vorher auch einige Gutachten gemacht hatte und und und. Das war sehr sehr spannend.

Tim Pritlove
0:17:51
Manfred Niekisch
0:17:59
Tim Pritlove
0:19:06
Manfred Niekisch
0:19:11

Die Quote bei den Auswertungen war im Prinzip gut, und eine ganze Reihe von Projekten laufen auch heute noch. Aber manche Projekte sind eben einfach abgeschlossen. Wir haben zum Beispiel in Kuba dazu beigeholfen, einen Nationalpark einzurichten. Und das war wahnsinnig spannend. Wir sind mit den Zirkeln ganz nahe an Fidel Castro zusammengekommen, denn ohne den lief natürlich damals nichts. Ihn selber haben wir aber nicht zu Gesicht bekommen. Und mich hat damals immer gereizt, in Länder zu gehen, wo noch nichts oder ganz wenig läuft. Wir haben damals von der deutschen Vertretung in Kuba inoffiziell Unterstützung gekriegt, offiziell durften die das damals noch nicht, aber diese inoffizielle Unterstützung, die war schon sehr sehr gut. Und über unsere Kontakte zur Nationalparkverwaltung und so weiter konnten wir dann wirklich ein schönes Projekt auf die Beine stellen, nur als der Nationalpark dann stand, so was dauert ja auch ein paar Jahre, da ist dann die Kooperation zu Ende gewesen, und von den Leuten, die das damals mit angeschoben haben, ist heute keiner mehr im Amt, einfach aus Altersgründen. Und ich habe gerade bei einem privaten Besuch in Kuba meine alten Kollegen von der Universität wieder besucht und die sagten, Mensch Manfred, das war damals ja eine ganz tolle Zeit, aber es erinnert sich so in der Verwaltung heute gar keiner mehr dran, wer eigentlich am Anfang dieses Projektes stand. Ich habe gleich in den ersten Jahren in Kuba eine große Ehrung erfahren, die mich trotzdem mit einem Fragezeichen zurückgelassen hat. Wir haben nämlich bei den ersten Besuchen in dem Nationalpark, in den keine Straße reinführte, von dem dortigen ehemaligen kommandierenden General, Kommandant de Pancho, der hat uns seine Fahrzeuge zur Verfügung gestellt und ich durfte einen alten russischen Jeep fahren, mit dem ich dann das erst Mal da hoch gefahren bin, da gab es noch keine Straße da rein. Die Bevölkerung hatte eigentlich in diesem Nationalpark nie Fremde gesehen, denn es gab dort keine Touristen.

Tim Pritlove
0:21:17
Manfred Niekisch
0:21:18
Tim Pritlove
0:21:21
Manfred Niekisch
0:21:23
Tim Pritlove
0:22:20
Manfred Niekisch
0:22:22
Tim Pritlove
0:23:05
Manfred Niekisch
0:23:10

Als ich dann aufgrund meiner ganzen Gutachten und Arbeiten, die mir als eine die Leistung der Habilitation bei weitem übersteigende Leistung anerkannt worden ist, damit hatte ich die Voraussetzungen, eine Professur zu kriegen. Da sind wir jetzt also wieder in Greifswald. Das hat dazu geführt, dass ich eben in Greifswald eine gute Plattform hatte, auch mit den Arbeiten meiner Studenten. Und ich wusste ja, wo Leute gefragt sind, die nicht die ganz großen Spezialisten in einer bestimmten Tier- oder Pflanzengruppen sind, sondern die Landschaft bewerten können. Das heißt, die ins Gelände gehen und sagen, was ist hier das Problem? Aha, wie können wir eine Lösung basteln? Solche Leute waren und sind immer noch sehr gesucht, und ich konnte dann meine Studenten eigentlich von Anfang an in Stellen vermitteln, etwa bei der internationalen Naturschutzunion, etwa beim Bundesamt für Naturschutz oder auch bei der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, für die ich damals diese Gutachten gemacht hatte. Also hatte ich sehr schnell ein gutes und schönes Netzwerk, das bis heute übrigens trägt. Und diese zehn Jahre an der Uni waren ganz toll, bis die Stadt Frankfurt kam mit der Idee, den Frankfurter Zoo wieder zu einem Naturschutzzoo zu machen. Das heißt also, zu einem Zoo zu machen, in dem nicht nur Tiere gezeigt werden, sondern der, wie Grzimek das angefangen hatte, sich intensiv um Naturschutz kümmert innerhalb und außerhalb der Zoomauern. Und diese Stelle habe ich zu meiner großen Überraschung und Freude bekommen, denn ich hatte mal, als ich fünf oder sechs war und eine Tante mich gefragt hat, was ich denn werden wollte, habe ich gesagt, Bernhard Grzimek. Und auf einmal war ich es fast, also einer der Nachfolger von Bernhard Grzimek, eine spannende Zeit.

Tim Pritlove
0:25:10
Manfred Niekisch
0:25:47

War hier mein Vorgänger und er war vor allem mein Vorbild. Wir hatten lange keinen eigenen Fernseher, den haben wir erst zu Hause bei meinen Eltern 1968 bekommen und ich durfte dann als Kind immer abends zum Gemüsehändler gehen, der hatte in seinem Wohnzimmer eine Fernseher, und durfte da Bernhard Grzimek sehen, das war das erste, was ich abends im Fernsehen gucken durfte. War herrlich, und ich war dann auch mal als 13-Jähriger mit meinem Vater in Frankfurt. Der war hier zu einer Tagung, hat mich abgesetzt, ich bin in den Zoo und da stand Bernhard Grzimek, es war unglaublich. Blauer Mantel, weißer Schal, eine beeindruckende Person, ich war hin und weg. Er hat mich natürlich überhaupt nicht wahrgenommen. Das war mein erstes Zusammentreffen mit Grzimek. Und dann hatte ich in der Zeit beim WWF, also in der beruflichen Anfangszeit im Naturschutz, eine Kampagne gestartet, unter dem Motto, lasst den Fröschen ihre Schenkel. Da ging es drum, den Froschschenkelhandel einzudämmen oder zu verbieten. Ich habe erst mal mit Köchen gesprochen, wie damals bekannten Sterneköche und habe gesagt, wisst ihr eigentlich, was das für eine Sauerei ist? Nicht nur, was die Tierquälerei angeht, sondern auch, wie die Froschschenkel behandelt werden, damit die überhaupt chemisch einigermaßen in Ordnung sind, denn die kommen aus Bangladesch, werden mit versautem Eis, mit kontaminiertem Eis transportiert und so, das ist also alles nicht … die werden in Chlorlauge getunkt, um überhaupt chemisch rein zu sein. Und da haben einige Chefköche gesagt, nein wussten wir nicht, und haben das aus dem Programm genommen. Es gab dann auf meine Initiative hin, hat das indische Fischereiministerium eine große Konferenz gemacht in Kalkutta, The Trade In Froglegs Via Enviromental Considerations. War also auch eine Sache, die viel Aufmerksamkeit erregt hat und ich saß in meinem Büro beim WWF und habe mich über den Erfolg der Kampagne doch gefreut, ich war überrascht, weil ich nicht gedacht habe, dass das so viel Unterstützung gibt, gerade aus Indien und gerade von den Reisbauern, die wäre nämlich sauer, weil ihnen die Froschfänger die ganzen Felder zertrampeln. Und in Bangladesch, wir haben dann einen Film darüber gedreht, in Bangladesch hat uns der Chef der Kinderklinik gesagt, dass durch das Wegfangen der Frösche so viele Pestizide eingesetzt werden, dass es bei den Kindern in den Dörfern größte gesundheitliche Probleme gibt, denn da ist DDT und alles mögliche eingesetzt worden, um die Plagen zu bekämpfen, also alle möglichen Schädlinge, von Ratten und Insekten angefangen, die sonst von den Fröschen kurzgehalten werden. Da gibt es also auch soziale und ökologische Argumente gegen diesen Froschschenkelhandel. Das haben wir alles publiziert und eines Tages schellt das Telefon und Bernhard Grzimek ist dran selber mit seiner näselnden Stimme und sagt, junger Mann, was Sie da machen finde ich gut, da mache ich mit, kommen Sie mal rüber. Und das war für mich natürlich jetzt der Ritterschlag, dass der große, als Zoodirektor längst pensionierte Bernhard Grzimek mit mir noch zusammenarbeiten wollte und wir haben dann einiges zusammen gemacht. Das war sehr sehr interessant. Und das hat mir später, ohne dass ich das damals auch nur ahnen konnte, sehr geholfen, als ich selber Zoodirektor war und jeder sagte, wie ist das denn damals, kannte Sie den Grzimek, wie hat er Sie beeinflusst und so weiter. Und ich konnte sagen, ja ich kenne den, ich habe mit dem zusammengearbeitet. Ein Journalist hat gesagt, sagen Sie warum haben Sie eigentlich nur zwei Jahre mit dem zusammengearbeitet? Da habe ich gesagt, ganz einfach, weil er danach gestorben ist, also da konnte ich nicht länger mit ihm zusammenarbeiten. Aber das war doch eine für mich unglaublich interessante Zeit und von der habe ich in meinen Startjahren als Zoodirektor sehr gezehrt und auch bis zum Schluss. Allein die Frage, wie ist das denn als Nachfolger vom Grzimek, sind das nicht sehr große Fußstapfen, die er hinterlassen hat? Und ich habe immer gesagt, der hat eine wunderbare Basis hinterlassen, auf der man aufbauen kann. Parallel zu diesem ganzen Hauptberuflichen hat sich dann entwickelt, dass ich eben beispielsweise Vizepräsident der zoologischen Gesellschaft Frankfurt wurde, die ja von Grzimek wiederbelebt worden war. Die ist 1915 pleite gegangen im ersten Weltkrieg und war gegründet worden, um den Frankfurter Zoo zu finanzieren 1885. Dann ist die zoologische Gesellschaft pleite gegangen, aber der Zoo war so ein Erfolg, dass ihn die Stadt Frankfurt übernommen hat und seitdem ist der Frankfurter Zoo ein städtischer Zoo. Grzimek kam dann und hat gesehen, als städtischer Beamter und Zoodirektor kann er nicht viel im Naturschutz machen, er brauchte ein privates Fundraising-Instrument und hat die zoologische Gesellschaft wiederentdeckt, reaktiviert, hat sich zu ihrem Präsidenten gemacht und hat dann, das ist vielen gar nicht bewusst, für die zoologische Gesellschaft in seinen Fernsehsendungen Geld gesammelt. Das war also überwiegend Geld, das gar nicht in den Zoo ging, sondern in den Aufbau der zoologischen Gesellschaft. Und wir zehren bei der zoologischen Gesellschaft heute noch von Bernhard Grzimek und seinem Engagement. Wir kriegen heute noch Erbschaften von Leuten, die sich auf Bernhard Grzimek beziehen, das ist ganz erstaunlich. Aber das sind eben nich die Jüngeren, die Sie gerade angesprochen haben.

Tim Pritlove
0:31:23
Manfred Niekisch
0:31:34
Tim Pritlove
0:31:43
Manfred Niekisch
0:32:17

Ja. Also Bernhard Grzimek war eine sehr komplexe Persönlichkeit, das muss man sagen. Er hatte auch einige schräge Seiten, beispielsweise seine Vorliebe für Scherzartikel, das ist ein eigenes Kapitel. Aber belieben wir mal bei seinen beruflichen Leistungen. Bernhard Grzimek hat als erster nicht nur die Zoos mit dem Naturschutz verknüpft, sondern auch dafür gesorgt, dass dieses Konkurrenzdenken unter deutschen Zoodirektoren aufhörte und die sich zusammengetan haben in einem Verband der Zoodirektoren. Bernhard Grzimek hat ganz neue Konzepte in den Zoo gebracht. Er kam ja nicht aus einem Zoo, sondern war einfach ein tierlieber Mensch, gelernter Veterinärmediziner. Und er kam also mit einem Blick auf den Zoo, den damals nicht jeder hatte. Er hat eine Zooschule eingerichtet, wo also Kinder ganz speziell unterrichtet wurden in Dingen, die mit Tieren zu tun hatten. Er hat moderne Konzepte eingeführt wie beispielsweise, das klingt jetzt sehr hochtrabend, the Frankfurt System. The Frankfurt System ist einfach eine Plastikklappe an einem Loch zwischen Innen- und Außengehege, so dass die Tiere selber entscheiden können, wann sie rein und raus wollen. Bernhard Grzimek habt in der Umweltbildung unheimlich viel getan, aber sich beispielsweise auch engagiert für die Schaffung des Nationalparks Bayrischer Wald, das weiß kaum jemand. Er ist im Fernsehen aufgetreten gegen die, wie er es nannte, KZ-Haltung der Hühner. Da ist er schwer angefeindet worden, weil man sagte, man kann die Hühnerhaltung nicht mit einem KZ vergleichen. Bernhard Grzimek hat diese Formulierung nie zurückgenommen, er hat sie aber auch nie wieder benutzt. Also er hat sich gegen Massentierhaltung eingesetzt, er hat sich gegen die Pelztier-Mafia – war es damals zum großen Teil noch - eingesetzt und auch das hat uns sehr verbunden, weil ich eben auch den illegalen Pelzhandel mitverfolgt habe.

Tim Pritlove
0:34:17
Manfred Niekisch
0:35:17
Tim Pritlove
0:36:49
Manfred Niekisch
0:37:10
Tim Pritlove
0:38:41
Manfred Niekisch
0:38:48
Tim Pritlove
0:40:00
Manfred Niekisch
0:40:04
Tim Pritlove
0:41:33
Manfred Niekisch
0:41:37
Tim Pritlove
0:42:51
Manfred Niekisch
0:42:55

Das Insektensterben hat viele Ursachen. Einmal ist es die Überdüngung der offenen Flächen durch die Landwirtschaft. Zweitens ist es die … Überdüngung heißt ein hoher Stickstoffeintrag, und dieser Stickstoffeintrag führt dazu, dass die Pflanzendecke vereinheitlicht, dass nur noch Pflanzen vorkommen, die mit dem großen Nährstoffangebot zurechtkommen und die ganzen wertvollen Pflanzen, die in Konkurrenz mit schnellwüchsigen Pflanzen gar nicht überleben können, wie beispielsweise viele Orchideen, das ist ganz schädlich für die Schmetterlinge und andere Insekten. Also es ist die Überdüngung, es ist die Monotonisierung der Landschaft, dadurch dass eben der Anbau intensiviert wird. Es werden jede Menge Gifte eingesetzt, um die Nutzpflanzen vor Schädlingen, „Schädlingen“, zu schützen. Und ganz aktuell, wenn man jetzt sieht, wie da wieder diskutiert wird über diesen Schmetterling, der die Eichenwälder kaputt frisst und dann wird da mit jeder Menge Gift drauf gehauen, das ist ein absoluter Wahnsinn, weil mit dem Gift vernichtet man nicht nur das, was die Förster für Schädlinge halten, sondern auch die Insekten, die die Schädlinge in Schach halten könnten. Da muss man einfach etwas längerfristig und etwas vernünftiger denken. Unter normalen Umständen würden diese Spannerraupen es nicht schaffen, einen Eichenwald dauerhaft zu zerstören. Klar das sieht nun mal nicht schön aus, wenn die alles Grün weggefressen haben, aber das kann ja kein Kriterium sein, um da solche rissigen Giftaktionen zu machen.

Tim Pritlove
0:44:36
Manfred Niekisch
0:44:37
Tim Pritlove
0:44:40
Manfred Niekisch
0:44:42
Tim Pritlove
0:45:19
Manfred Niekisch
0:45:36
Tim Pritlove
0:45:54
Manfred Niekisch
0:46:00
Tim Pritlove
0:47:34
Manfred Niekisch
0:47:47

Ja, Mark Twain hat gesagt, kein Tier ist umsonst erschaffen, aber die Moskitos sind verdammt nah dran. Und da hat er für viele recht. Man muss aber auch was anderes sehen. Die Insekten haben einmal eine sehr sehr wichtige Bedeutung als Bestäuber, als Bestäuber von Zierpflanzen, wenn man die so klassifizieren will, aber auch von Nutzpflanzen. Das heißt, sie sind eigentlich die potenziellen Verbündeten der Bauern. Dann geht es ja nicht nur um die Honigbienen, denn die Honigbienen könnte man fast als Haustiere bezeichnen, die müssen ja vom Menschen gepäppelt werden, um da zu sein, um den Winter zu überleben und dann bestäuben zu können, sondern es geht auch um die vielen Wildbienen und Hummeln, die als Bestäuber wichtig sind, das ist ein ganz praktischer Aspekt. Dann sind Insekten natürlich auch von der Biomasse her ganz bedeutsam und stellen das Futter dar für eine große Zahl von Vögeln, von Fledermäusen, von Amphibien und Reptilien, das heißt, denen geht die Nahrung verloren. Und es gibt ja inzwischen einige Untersuchungen auch durch Citizen Sience, dass die Singvögel bei uns sehr stark zurückgehen, und das kann durchaus auch zu tun haben und wird auch zu tun haben mit dem Insektensterben. Diese Insekten, die manchem lästig vorkommen, sind aber eben ein ganz zentrales Element der Biodiversität in Deutschland, wegen ihrer Masse und wegen ihrer Vielfalt und Insekten sind ja auch natürliche Schädlingsbekämpfer. Es gibt eine ganze Reihe von Wespen beispielsweise oder dem eben schon beschriebenen Eichenspanner, die aus Sicht der Nutzer als Schädlinge zu titulierenden Tiere vernichten, indem sie beispielsweise ihre Eier da reinlegen und die so umbringen. Also es ist ein riesiges Paket von sehr komplexen Wechselwirkungen, in denen die Insekten stehen als nützliche Tiere unmittelbar für jeden, der Pflanzen mag oder produziert, aber eben auch als Teil dieses Nahrungsfilzes als ein elementarer Teil der Grundalgen der Ernährung für viele andere Tiere.

Tim Pritlove
0:50:10
Manfred Niekisch
0:50:25
Tim Pritlove
0:51:18
Manfred Niekisch
0:51:18
Tim Pritlove
0:51:57
Manfred Niekisch
0:52:11
Tim Pritlove
0:53:42
Manfred Niekisch
0:54:07
Tim Pritlove
0:55:06
Manfred Niekisch
0:56:12
Tim Pritlove
0:57:08
Manfred Niekisch
0:57:24

Ja, wir haben natürlich eine Insektenabteilung, weil man da vieles zeigen kann. Und Zoos sind für Besucher da. Ein Zoo, in den keine Besucher kommen, der hat seinen Sinn verspielt. Also brauchen wir attraktive Anlagen, in denen die Besucher Tiere sehen können. Das steht aber alles unter dem Primat, dass sich das Tier auch wohlfühlt. Hier in Frankfurt legen wir großen Wert drauf und wir sind nicht die einzigen, dass unsere Tiere Rückzugsmöglichkeiten haben. Das heißt, wenn die nicht gesehen werden wollen, können die sich zurückziehen. Und wir sehen es besonders schön bei unseren Gorillas, da gibt es Phasen, wo wir den Eindruck haben, dass die es genießen, dass Besucher da sind. Die Besucher sind Teil des Unterhaltungsprogramms für unsere Affen. Es gibt aber auch Phasen, wo dann unser Gorilla-Mann sagt, nein ich will jetzt mal meine Ruhe haben und da muss er sich zurückziehen können. Also kein Stress für die Tiere. Ich habe auch schon Beschwerden gekriegt, dass unsere Brillenbär-Anlage so dicht bepflanzt ist, dass man die Tiere ja gar nicht richtig sieht und da kann ich immer nur sagen, ich war wochenlang in den Anden unterwegs im Lebensraum der Brillenbären, habe nicht einen gesehen. Wenn jemand im Zoo keine Brillenbären sieht in der Anlage, dann sind die entweder nicht auf der Anlage oder man muss einfach nur fünf Minuten warten und dann kommen sie schon. Also Zoos sind für Besucher da, aber die Tiere sollen nicht auf dem Präsentierteller sofort sichtbar sein.

Tim Pritlove
0:58:58
Manfred Niekisch
0:59:00
Tim Pritlove
1:00:22
Manfred Niekisch
1:00:25

Das heißt, weltweit kann man das mit Sicherheit noch deutlicher sagen, die wenigsten Zoos sind wissenschaftlich geführt. In China, schätzen wir, gibt es tausende vielleicht 10.000 Zoos und ich glaube drei sind wissenschaftlich geführt und erfüllen die Kriterien. Die Definition für einen Zoo in der europäischen Gemeinschaft ist relativ krude, da heißt es nämlich, ein Zoo ist eine Einrichtung, der eine nennenswerte Zahl von Tieren hält und diese acht Tage im Jahr oder sieben Tage im Jahr der Öffentlichkeit zugänglich macht. Also da sind überhaupt keine Qualitätskriterien drin und deswegen muss man sagen, wir brauchen wirklich eine Verbesserung der schlechten Zoos. Die bekannten großen Zoos, die haben zum Teil Altlasten, das muss man ganz klar sagen, man kann nicht alles auf einmal neu bauen, aber die sind doch alle auf einem sehr guten Weg und manchmal gibt es auch große Missverständnisse. Also ich kenne einen Zoo, der hat eine völlig gestörten Schimpansen. Wenn man den sieht, kann einem das Tier nur leid tun. Und dann gibt es viele, die sagen, ach ist der schlecht gehalten. Man muss aber wissen, dass dieser Schimpanse aus einer miserablen Privathaltung in den Zoo gekommen ist und die Mitarbeiter des Zoos haben sich dann intensivst bemüht, diesem Tier ein einigermaßen angenehmes Leben zu ermöglichen. Und das gelingt natürlich nur mit Abstrichen, wenn dieses Tier schon älter und durch die vorhergehende Haltung so schwer geschädigt ist. Aber das ist nichts, was man dem Zoo anlasten kann, sondern das muss man aus der Geschichte des Tieres erklären.

Tim Pritlove
1:02:08
Manfred Niekisch
1:02:18

Ich könnte jetzt natürlich eine ganze Reihe von Zoos aufzählen, nämlich insgesamt über 70, für die das alle zutrifft, da sind kleinere dabei, da sind größere dabei, aber die Größe eines Zoos spielt eigentlich nicht die Rolle, sondern die Frage ist immer, passt die Anzahl und Auswahl der Tiere zu meinem eigenen Zoo? Es gibt natürlich unterschiedliche Konzepte. Wir sind ein Zoo, der mitten in der Stadt liegt. Wir haben früh schon Schulklassen und Kindergärten hier. Das heißt, wir versuchen unseren Zoo als eine grüne Insel in der Stadt zu präsentieren mit einer Klassenzimmerfunktion. Das ist uns ganz wichtig, denn wir haben über 1000 geführte Gruppen pro Jahr im Zoo, das ist eine ganze Menge. Und die Schulklassen können sich da auch thematisch einiges ausstellen bzw. zusammensuchen und zusammenstellen an Führungen. Es gibt andere Zoos, die haben ein ganz anderes Konzept, die gehen eher in Richtung Vergnügungspark mit Tieren, was ich in keiner Weise abwertend meine, denn das ist an sich noch nichts schlimmes. Es geht dann nur immer drum, sind die Tiere vernünftig gehalten oder sind die nur Teil eines Vergnügungspark und dienen nur der Belustigung des Menschen, das würde ich dann nicht mehr als wissenschaftlich geführten Zoo bezeichnen. Das gibt es aber auch kaum noch. Und dann gibt es eben Zoos, die liegen in einer großen Landschaft, mit vielleicht einem herrlichen Blick von irgendeiner Anhöhe über das Tal oder die Stadt. Das sind dann wieder ganz andere Konzepte. Also dieser große Erholungspark, irgendwo draußen vor den Toren einer Stadt, ist etwas anderes als der Stadtzoo in Frankfurt, wo rundrum Häuser sind.

Tim Pritlove
1:04:04
Manfred Niekisch
1:04:22
Tim Pritlove
1:04:39
Manfred Niekisch
1:04:43

Das gehört natürlich dazu. Denn solche Erkenntnisse fallen ja nicht vom Himmel. Es gibt einen intensiven Austausch im Verband der zoologischen Gärten zwischen den Zoodirektoren, was erfolgreiche Konzepte sind, was weniger erfolgreich ist. Und ich kann da als Beispiel anführen eine rein wissenschaftliche Studie, die in Frankfurt gelaufen ist, wo es um das Schlafverhalten von jungen Giraffen ging. Eine chronobiologische Arbeit. Und da ist festgestellt worden, dass diese jungen Giraffen Tiefschlafphasen haben und dann so Phasen, in denen sie halbwach oder ganz wach sind. Und es ist durch Zufall festgestellt worden, dass eine neugeborene Giraffe immer kürzere Wachphasen hatte und die Tiefschlafphasen immer häufiger und immer länger wurden. Und da hat man sich gefragt, warum? Und hat festgestellt, dass diese Giraffe zwar, diese junge Giraffe, gerade geboren, von der Mutter gesäugt wurde, aber offensichtlich nicht genug Milch bekam. Das heißt, die hat ihren Stoffwechsel runtergefahren und schlief dann möglichst viel, einfach weil sie geschwächt war. Und als wir dann mit der Flasche rangegangen sind und das Tier von Hand ernährt haben, also zugefüttert haben, weil sie von der Mutter nicht genug Milch kriegt, was man ja nicht messen kann, da kam die sehr schnell wieder zu Kräften. Und deswegen haben wir gesagt, Leute, wenn bei euch Giraffen geboren werden, schaut euch die Schlafphasen an und wenn das Jungtier zu oft schläft, dann mangelt es an der Milchversorgung der Mutter, da kann man was dagegen tun. Wir tauschen uns sehr intensiv aus über die Haltung und Aufzucht von Menschenaffen beispielsweise. Da gibt es einen regen Austausch, aber wir tauschen uns auch aus über Besucherkonzepte. Es gibt einmal im Jahr ein Treffen der deutschen Zoodirektoren, wo all das auf der Tagesordnung steht und da lernen wir voneinander und sind auch alle bemüht, dieses Wissen an andere weiter zu geben. Denn wir wollen ja nicht besser sein als andere Zoos. Wir sind auch keine Konkurrenten. Also wir haben hier in Frankfurt ja die Situation, dass wenige Kilometer von hier der Opel-Zoo ist. Und ich bin immer wieder gefragt worden, wie steht ihr zu der Konkurrenz vom Opel-Zoo? Und ich habe immer gesagt, wir sind keine Konkurrenten. Wenn es dem Opel-Zoo gut geht, dann geht es ja uns nicht schlechter, sondern dann geht es uns auch gut, weil wir beide ein gutes Image haben. Wir kooperieren, wir bilden die Lehrlinge gemeinsam aus und die wissenschaftlich geführten Zoos haben ein gemeinschaftliches Interesse und stellen eben nicht den kommerziellen Aspekt über das Wohl der Tiere, sondern ganz im Gegenteil.

Tim Pritlove
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Manfred Niekisch
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Manfred Niekisch
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Tim Pritlove
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Manfred Niekisch
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Tim Pritlove
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Manfred Niekisch
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Weil Zoos so unterschiedlich sind, kann man da schwer nur Vergleiche machen. Es gibt immer wieder Rankings, die dann in verschiedenen Gruppen, das richtet sich meist nach den Besucherzahlen, schauen, welches sind die schönsten Zoos? Welches sind die erfolgreichsten Zoos? Aber das ist immer ein Mix. Denn ein Zoo, der sehr viel Fläche hat und vielleicht die Hälfte seiner Fläche noch gar nicht mal als Zoo nutzt, sondern einfach brachliegen lässt für die Zukunft, hat natürlich eine andere Situation, als beispielsweise der Zoo in Frankfurt, wo wirklich jeder Quadratmeter genutzt werden muss, einfach weil wir zu wenig Platz haben. Dazu kommt, dass die Zoos auch von, das sagte ich gerade schon, vom Konzept her unterschiedlich sind, und es auch sehr darauf ankommt, wer denn der Träger eines solchen Zoos ist. Frankfurt ist ein öffentlicher Zoo, den die Stadt Frankfurt finanziert. Das heißt, ich stehe nicht unter dem Druck als Zoodirektor, all das Geld, das ich ausgeben will, auch zu erwirtschaften. Das kann ich gar nicht, weil beispielsweise der städtische Zoo in Frankfurt gar nichts verkaufen darf außer Eintrittskarten. Also wir dürfen keine Plüschtiere, Bücher oder sonst was verkaufen, um Geld zu verdienen. Ein privater Zoo und da gibt es eine ganze Menge, hat es da sehr viel leichter. Und privat heißt nicht, dass die einer Person gehören, sondern beispielsweise dass das eine Aktiengesellschaft ist, eine GmbH, also da gibt es alle Rechtsformen Und auch unterschiedliche Vorstellungen, ein Zoo, der nicht öffentlich gefördert wird, muss, um vernünftig Tiere halten zu können, das Geld erwirtschaften. Der Opel-Zoo ist ein Zoo, der durch eine Stiftung finanziert ist. Und wenn da ein Finanzloch entsteht, da kommt nicht die Stadt und sagt, okay wir halten den Minimalbetrieb aufrecht, sondern dann kann der sozusagen zu machen, oder muss seine Aktivitäten in vielen Bereichen reduzieren. Hier in Frankfurt, wir sind öffentlich gefördert, wir sind ein Zoo der Stadt, das heißt wir machen am Jahresanfang ein Budget. Und natürlich versuchen wir, möglichst viele Besucher zu haben, aber unsere Einnahmen sollen, und das ist politisch gewünscht, sich eben nicht daran interessieren, wie viel muss ich denn einnehmen. Sondern zunächst mal, und das finde ich eine wahnsinnig schöne Sache, muss sich die Frage gestellt werden, und stellt sich der Frankfurter Zoo und der Magistrat der Stadt, die Stadtverordnetenversammlung, die Frage, was ist denn sozial verträglich? Was ist denn ein Eintrittspreis, den sich jeder leisten kann? Und so kommt es, dass Sie für einen Familienkarte in Frankfurt oft weniger bezahlen als mancher Zoo für einen einzelnen Erwachsenen verlangt. Weil wir eben nicht unter dem Druck stehen, alles Geld erwirtschaften zu müssen bevor wir es ausgeben können.

Tim Pritlove
1:17:53
Manfred Niekisch
1:18:34

Also zunächst mal muss man sagen, dass man mit konstruktiver Kritik natürlich immer umgehen kann, indem man sagt, ist da was dran, und wenn ja, wie können wir dieser Kritik begegnen, wie können wir Missstände abschaffen? Das ist aber in der Regel nicht der Fall. Sondern in der Regel kommt massive Kritik von Leuten, die grundsätzlich keine Zoos mögen. Da kann man nur sagen, ich muss auch kein Fußball mögen, ich muss auch keinen Spinat mögen. Es gibt Leute, die mögen Zoos nicht, gut aus. Aber deswegen darf man noch nicht die Existenzberechtigung infrage stellen, denn viele Menschen mögen Zoos eben. Und dann kommt es zu einer ganzen Reihe von Missverständnissen, weil viele Zoogegner, wenn man mit ihnen diskutiert und das tue ich ja am laufenden Band sozusagen, gar nicht wissen, was hinter einem Zoo alles steht. Also beispielsweise dass es Zuchtbücher gibt, wo genauestens kontrolliert wird, welches Tier mit welchem zusammenkommt, damit es keine Inzucht gibt. Dass es Vorschriften gibt, wie ein Tier zu halten ist, Mindestgrößen und so weiter. Aber auch solche Missverständnisse wie das Gitter Gefängnis signalisieren. Gitter sind wunderbar, denn durch Gitter riechen Sie, sehen Sie Tiere. Aber eben es dürfen nicht nur Gitter sein. Wenn Sie ein Tier durch Glas sehen, ist das schön, aber der Geruch ist derselbe, ob da ein Goldfisch hinter dem Glas ist oder ein Löwe. Deswegen haben diese Gitter schon Vorteile, aber sie suggerieren halt Gefängnis. Und da bin ich beim Thema Haltung in Gefangenschaft. Was kaum jemand weiß, der Zoos kritisiert, ist, dass diese Tiere ja nicht in der Natur fehlen. Die waren auch nie in der Natur, die kommen auch nicht in der Natur. Kein verantwortungsvoller Zoo fängt heute Tiere in der Natur, sondern die sind alle schon in Zoos geboren und deswegen ist dieses Wort Gefangenschaft für fast alle Tiere unzutreffend, denn die sind nie gefangen worden. Und die fühlen sich auch nicht wie Gefangene. Wenn ich bei meinen Bonobos oder Gorillas auf die Anlage gehen würde, die würden mich zerfetzen. Nicht, weil sie mich nicht mögen, sondern weil ich ein Eindringling bin in ihr Territorium. Die wissen genau, wo die Grenze ist, und die wissen, du bist der Chef auf der einen Seite und der Gorilla-Mann ist der Chef auf der anderen Seite. Das heißt, die fühlen sich wirklich als Grundstücksbesitzer und fühlen sich da wohl. Immer unter der Bedingung, dass diese Gelände auch gut gestaltet sind, das ist klar. Aber das ist ja eine Grundvoraussetzung bei einem vernünftigen Zoo, dass die Tiere auf der Fläche, auf der sie untergebracht sind, das finden, was sie zum Leben brauchen. Dann gibt es solche Argumente wie, ja ein Eisbär der bewegt sich ja im freien Lebensraum hunderte bis tausende von Kilometern, um Nahrung zu finden, das stimmt. Das braucht er aber im Zoo nicht, denn er würde es auch in der Natur nicht tun, wenn ihn nicht der Hunger, die Suche nach Nahrung dazu brächte. Jetzt muss er sagen, ja aber der hat doch dann den Bewegungsdrang. Richtig, aber er muss nicht laufen, um sein Futter zu finden, das kriegt er ja im Zoo. Aber man kann sich und muss sich jede Menge Tricks einfallen lassen, damit es dem Tier nicht langweilig wird. Dass die Bewegung haben, dass die Abwechslung haben, dass die Aufgabe lösen müssen. Also unsere Menschenaffen, unsere Bären und so weiter, die haben ständig irgendwelche Spielereien, um sich Nahrung zu erschließen, um sich Nahrung zu erarbeiten. Die kriegen nicht einfach einen Futternapf hingestellt und sind ständig satt. Die Tiere, die in der Natur sind, haben einen erheblichen Stress, an Hunger, an Durst, an Feinden. Diesen Stress können und wollen wir ihnen in einem Zoo nicht bieten. Aber diese Vorstellung, Tiere in der Natur, das ist das Paradies und Tiere im Zoo, das ist das Gefängnis, ist absoluter Quatsch.

Tim Pritlove
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Manfred Niekisch
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Manfred Niekisch
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Tim Pritlove
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Manfred Niekisch
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Ich glaube, Zoos haben in der Zukunft eine große Aufgabe und eine sehr sehr wichtige Berechtigung, die wird ja oft hinterfragt. Dazu gehört erstens, dass die Tiere optimal gehalten sind, dazu gehört zweitens, dass Information vermittelt wird, der Bildungsauftrag der Zoos ist ganz wichtig. Dazu gehört, dass sich Zoos im Zoo bemühen um den Naturschutz. Einmal, indem sie Besuchern sagen, was man für den Naturschutz tun kann, aber auch indem sie beispielsweise Tiere züchten, die in der Natur bedroht sind, um Zoopopulationen aufzubauen stabile. Und die Zoos sollten sich alle soweit sie das können und so viel sie das können engagieren im Naturschutz außerhalb der Zoomauern. Viele Zoos können keine Naturschutzprojekte selber machen, brauchen sie auch gar nicht, dazu gibt es die Profis, dazu gibt es Naturschutzorganisationen, die spezialisiert sind auf so was. Aber Zoos können beispielsweise Geld sammeln für den Naturschutz. Und wir haben hier in Frankfurt natürlich die besonders glückliche Situation, dass der Zoo Frankfurt und die zoologische Gesellschaft Frankfurt, die ja formalrechtlich überhaupt nicht miteinander verknüpft sind, dass die so eng kooperieren und die zoologische Gesellschaft Frankfurt macht weltweit Naturschutzprojekte, was wir als Zoo gar nicht könnten. Aber wir können der zoologischen Gesellschaft anbieten beispielsweise, die Büros in unserem Haus und die Plattform des Frankfurter Zoos, um ihre Botschaften zu verbreiten, um Geld zu sammeln und so weiter.

Tim Pritlove
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Manfred Niekisch
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Tim Pritlove
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Manfred Niekisch
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Tim Pritlove
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