Forschergeist
Horizonte für Bildung und Forschung
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Frei nutzbare digitale Materialen öffnen den Lehrbetrieb und bieten neuen Chancen des Lehrens
Digitale Arbeitsmaterialien kamen mit dem Versprechen, neue Lehrmethoden zu ermöglichen, doch die erste Welle entsprechender Angebote wusste nur in Teilen zu überzeugen. Vor allem brachten die digitalisierten Materialien neue Nutzungseinschränkungen mit sich: Das Urheberrecht, schwierige Lizensie- rungsbedingungen und technische Kopierschutz-Systeme machen es für die Lehrer und Lehrerinnen letztlich noch schwieriger, diese Materialien sachge- recht einzusetzen und die inhärente Vorteile des Digitalen nutzen zu können.
In den letzten Jahren hat sich nun im deutschsprachigen Raum wie auch international eine breite Bewegung gebildet, die nach frei zugänglichen und frei nutzbaren Arbeitsmaterialien für die Lehre strebt. Unter dem Begri Open Educational Resources (OER) werden Werkzeuge, Methoden und Communities entwickelt, die dieses Projekt voranbringen wollen.
Der Diplom-Pädagoge Jöran Muuß-Merholz ist von Anfang an Teil dieser Bewe- gung und treibt die Entwicklung voran. Im Gespräch mit Tim Pritlove stellt er die allgemeine Problemlage, die Motivation es anders zu machen und auch zahlrei- che Projekte vor, die in den letzten Jahren des Geist des OER weiterentwickelt haben und zeigt auf, dass auch heute schon eine neue Lehrgestaltung möglich ist, ohne sich in digitalen Fallstricken zu verfangen.
https://forschergeist.de/podcast/fg049-open-educational-resources/
Veröffentlicht am: 12. September 2017
Dauer: 1:54:32
Genau. Und bei OER ist das auch so ein bisschen für mich so, dass es tatsächlich Mittel zum Zweck ist für ganz viele verschiedene Sachen, wie auch eine Straße Mittel zum Zweck sein kann oder wie Vereinbarungen, wie wir irgendetwas in der Gesellschaft regeln, Mittel zum Zweck sind. Und bei OER ist es halt so, dass mit der Digitalisierung ganz viel in Sachen, was man mit Material machen darf und nicht machen darf und kann und nicht machen kann etc., nicht mehr funktioniert. Wir werden bestimmt noch ein bisschen ausführlicher darauf eingehen. Und es gibt tatsächlich Beispiele, wo man sagen kann, es geht irgendwie auf digitalem Wege Sachen sind schlechter oder verbotener als es noch auf Papier war. Und diese Sachen haben glaube ich in den letzten Jahren einfach viel mehr Leute auf den Zettel gekriegt, weil sie irgendwo an Grenzen gestoßen sind, dass sie dachten, warum darf ich das denn jetzt nicht oder warum kann ich das jetzt nicht? Und sozusagen eine Alternative gesucht haben und Open gefunden haben. Es gibt noch einen anderen Zugang, der ist sicher mehr von Begeisterung getragen, Open im Sinne von Missionen, wir wollen ganz viel in die Welt bringen und ganz viel Zugang schaffen und so weiter, das gibt es auch. Ich glaube aber, dass das so eine gute Mischung ist ganz pragmatisch, so zwischen den Leuten, die die Welt revolutionieren und die einfach nur Sachen hinkriegen wollen. Was mit dem Gegenteil von Open, also geschlossenen Materialien, schwierig ist.
Nehmen wir tatsächlich mal ein Beispiel aus, was jeder kennt, vielleicht so etwas wie ein Schulbuch oder so was, auch das digitalisiert sich ja jetzt so 2017. Vor dem ganzen Kontext muss man das sehen, jetzt auch Bildung digitalisiert sich 2017 und in den Jahren rund rum. Und wenn man sich dann so etwas wie ein Schulbuch anguckt, dann sieht man, ah okay, da gibt es jetzt Ansätze, die sind weitestgehend einfach digitalisierte Medien. Also das Schulbuch ist genau das gleiche wie vorher, nur dass es jetzt quasi PDFisiert worden ist. Und da kann man jetzt nicht mehr mit machen als vorher. Tendenziell könnte man mit digitalen Medien ja viel mehr machen, man kann die viel besser auseinandernehmen und neu zusammensetzen und etwas Neues daraus machen und für sich für immer aufbewahren und so weiter. Also meine Lieblingsvorstellung ist ja, dass man so ein persönliches Lernarchiv hat, von allem was man mal gemacht hat, gelesen hat, bearbeitet hat. Und das ist technisch prinzipiell möglich, aber lizenzrechtlich überhaupt nicht. Also so ein Schulbuch, damit kann man viel weniger machen, man kann, wenn man Glück hat, etwas hineinschreiben, aber man kann es zum Beispiel auch nicht aufbewahren. Also die Lizenzmodelle sind so, dass am Ende des Schuljahres das sozusagen wieder weg ist für mich als Lernender.
Dann erzähle ich es historisch. Das ist auch revolutionär getrieben. 2011, Also vor sechs Jahren schon im Oktober, hat netzpolitik.org doch mal gebloggt, dass es eine Vereinbarung gab zwischen den Rechteinhabern im Bildungsbereich oder den Rechtsvertretern und der Administration, der Verwaltung, Politik in Deutschland. Nämlich, dass ein Programm auf Schulrechnern installiert wird, dass guckt, sind da auch wirklich nur legale Kopien von digitalen Inhalten drauf. Dafür hat man dann den Begriff Schultrojaner geprägt. Man muss sagen, im Nachhinein wahrscheinlich war es so, dass die Politik überhaupt nicht verstanden hat, was sie da unterschrieben hat in dieser Vereinbarung, und es wurde auch nie umgesetzt. Aber es gab dann eine ganz große Empörungswelle, im Sinne von eigentlich möchten wir nicht, dass die Verlage unsere Computer da durchsuchen, was da drauf ist und was nicht. Und dann hat sich im November 2011 bei einer Veranstaltung in Bielefeld eine Gruppe gebildet, die gesagt hat, dann lass uns doch gucken nach alternativen Wegen. In den USA machen die so etwas mit Open Educational Resources. Das heißt die machen einfach freie Lizenzen auf ihre Sachen und dann brauchen wir diese Verlage nicht mehr und so weiter. Das hatte dann so ein Momentum, in Bielefeld war das auf einem EDU-Camp, da gab es einen ganzen Track von Sessions, wo alle Leute gesagt haben, wir müssen jetzt etwas machen, wir gründen eine Bewegung, wir machen eine Webseite und wer macht das Logo und so weiter. Das hat dann den ersten Schwung leider überhaupt nicht überlebt. Und ist im zweiten Anlauf dann aber größer geworden. Das war tatsächlich dann damals so eine Abgrenzung, im Sinne von, wenn die Verlage das jetzt sozusagen hier uns zu ihren Bedingungen aufzwingen wollen und digital so schlecht machen wollen, so wenig Freiraum für uns bieten wollen, dass wir da selber Sachen machen und darüber frei verfügen können, dann bauen wir uns das eben selbst. Interessanterweise, weil du sagst, ob ich da als Prediger unterwegs bin, ich bin damals losgelaufen Anfang 2012, um jemandem zu zeigen, dass das in Deutschland kein Thema werden wird. Ich glaube es ist auf die Agenda gekommen dann noch einmal, weil dieser Internet und Gesellschaft Collaboratory Think Tank, den damals Google gesponsert hatte. Da war ich in so einer Arbeitsgruppe „Bildung“ und da war glaube ich jemand von Google, der sagte, das ist in den USA der große heiße Scheiß, den müssen wir jetzt auch einmal nach Deutschland bringen. Das Open Educational Resources Thema das wird hier ganz groß. Und ich sagte, das wird in den Schulen niemanden interessieren. Und dann sind wir irgendwie übereingekommen, dass ich 1000 € kriege und ein Whitepaper schreibe, und damit quasi darlege, dass das überhaupt kein Thema ist in Deutschland. Das war der Anfang.
Also ich glaube, da kommen zwei Sachen durcheinander, die in dem ganzen OER-Diskurs bisweilen vermischt werden. Erst mal digital wäre sozusagen Stufe eins und OER wäre Stufe zwei. Also über digital reden wir ganz viel und wahrscheinlich kann man da ganz viele andere Podcasts auch noch füllen, und Lisa Rosa hat das ja in deinem Podcast hier neulich auch schon gemacht. OER setzt halt diesen besonderen Schwerpunkt auf, da ist eine freie Lizenz drauf, damit ich weitgehend damit machen kann was ich will und Verfügungsgewalt über diese Sachen selbst habe. Diese ganze Digitalisierungsdebatte ist in Deutschland jetzt in den letzten Jahren dann plötzlich gekommen, deswegen ist auch das Thema OER in diesem Zuge überhaupt an die Oberfläche gekommen. Also im internationalen Bereich hat man OER schon länger diskutiert. Und ich würde mal sagen, tatsächlich bis 2011, Anfang 2012 ist Deutschland in dieser internationalen Debatte gar nicht vorhanden gewesen. Als ich könnte jetzt irgendwie vier Namen abzählen, wo ich sagen würde, okay die gab es aus Deutschland, die in der internationalen Debatte dabei waren. Aber ansonsten gab es 2012 einen OER-World-Congress in Paris, wo Leute aus allen Ländern zusammengekommen sind und da hat jemand aus Deutschland, wird kolportiert, ist aufgestanden und hat gesagt, but where is Germany? Und es gab es tatsächlich nicht. Und Deutschland hat jetzt in den letzten Jahren dieses Digitalisierungsthema entdeckt und deswegen findet auch die Politik das OER-Thema spannend. Mit einer ganz anderen Erwartungshaltung. Da ist dahinter so die Überlegung, wenn Materialien eine freie Lizenz haben, dann kann man die verändern und anpassen und das ist das, was man im Bildungsbereich gerade braucht. Weil der Bildungsbereich dermaßen unordentlich wird, weil da so ganz unterschiedliche Leute mit unterschiedlichem Vorwissen dazukommen, ganz unterschiedliche Bildungswege gehen. Dass man sagen muss, okay man kommt nicht mehr mit dem einen Standardmaterial klar, was man allen geben kann, sondern man muss sagen können, okay die brauchen hier, die haben anderes Vorwissen, die kommen aus einer anderen Richtung, die bauen auf etwas anderes auf, die müssen noch einmal zurück zu diesem Thema etc., dass man nicht sagen kann, was wir eben beim Schulbuch hatten, man darf nur von August diesen Jahres bis zum Juli nächsten Jahres dieses Thema hier zugänglich haben als Material und danach nicht mehr. Sondern es braucht meinetwegen auch noch ein 10.-Klässler mal den Stoff vom 7. Jahr. Oder es braucht jemand, der zum Studium kommt, noch mal einen Auffrischungskurs in Mathematik, weil das hat er dann vielleicht doch nicht so gehabt, wie man es an der Uni erwartet hat oder so.
Es ist sozusagen, ich möchte nicht die Arbeit schlecht machen von so Leuten, die so Lernvideos machen. Die müssen aber eigentlich Lehrvideos heißen. Weil das Lernen funktioniert genauso, wie man es sich früher schon gedacht hat. Da sitzt jemand und nimmt das auf, was ein Lehrender ihm so anfüttert und vorgibt. Und bei einem Lehrvideo kann man das dann halt eben acht mal gucken. Und vor- und zurückspulen und langsamer und schneller und so weiter, aber das ändert jetzt nicht irgendwie großartig was an der Pädagogik. Und das ist tatsächlich dann ein bisschen schwieriger für mich, weil ich finde, dass das größte Problem nicht ist, dass man effizienter Mathe lernen muss, sondern dass das nicht ausreicht für das, was wir so in diesem berühmten 21. Jahrhundert brauchen. Wo es Film zusätzlich noch braucht in Sachen Kompetenzen von diesen berühmten 4 Ks. Hat glaube ich Lisa auch erzählt. Kreativität, kritisches Denken, Kollaboration und Kommunikation. Und diese Bildungsziele werden halt bestimmt nicht damit erreicht, dass man effizienter Mathe lehrt. Es ist sozusagen gefährlich, dass die Revolution ausbleibt, weil alle jetzt drauf gucken, wie können wir das mit den Quizzes und den Lehrvideos und den digitalen Arbeitsblättern alles effizienter und schöner und bunter organisieren. Aber so ein bisschen verloren geht, dass grundsätzlich die Lernziele und die Lernmöglichkeiten in Frage gestellt werden müssen.
Also wer treibt diese Entwicklung? Ich meine, man kennt das ja, neue Medien oder neue Möglichkeiten, neue Verarbeitungsmöglichkeiten kommen. Es war ja auch ganz am Anfang das World Wide Web kam, und dann konnte man auf einmal was auf einem Bildschirm lesen, und klickt sich von Information zu Information. Jahrelang hyperventilierten die Leute dann über dem Begriff, oh Hypertext wird irgendwie alles ändern. Und nach einer Weile stellt man dann fest, naja also allein die Technik als solche schafft jetzt eigentlich noch gar keine Ansätze, sondern man muss eigentlich überhaupt erst mal dieses Medium erlernen, um überhaupt mal zu sehen, was ist davon jetzt eigentlich ein positiver Effekt und was ist unter Umständen der Sache sogar schädlich. Das heißt wenn man jetzt diese Bewegung wegnimmt von Schulbüchern hin zur Nutzung zunächst einmal von Rechnern, von Medienabspielgeräten etc., … … hin zu einer Benutzung digitaler Werkzeuge durch die Lehrenden. Was ist denn dann sozusagen das erste Produkt, was auch neue Möglichkeiten schafft?
Ich würde das Behalten dann tatsächlich erst einmal erweitern und sagen, was kann man noch alles machen, wenn es OER ist? Man darf es behalten, also sich abspeichern. Damit machen was man will, was ja schon für einen Lernenden relativ fortschrittlich ist, weil wir wissen, dass das Lernen eben bei den Menschen sehr unterschiedlich funktioniert. Und die einen machen das dann so, oder bei einem Thema machen Sie es so, wie du es gerade gesagt hast, so sie konsumieren es, habe das dann verstanden und gebe es wieder ab. Aber es würde auf jeden Fall die Möglichkeiten deutlich erweitern, wenn andere Menschen sagen können, ich möchte aber etwas anderes damit machen oder ich möchte in zwei Jahren noch einmal darauf zurückgreifen können. Ich habe sehr viel gelernt von Sonderpädagogen, die Schüler mit verschiedenen Handicaps unterrichten. Und die haben gesagt, sie haben herausgefunden, dass der freiere Umgang mit Materialien oft gar nicht nur für die Randgruppen ist, sondern von ganz vielen genutzt wird. Als so etwas wie einfach nur einen Text vorlesen lassen von einer Maschine, was ja urheberrechtlich dann zum Beispiel auch von den Urhebern oder Rechteverwertern freigegeben werden muss. Ich weiß nicht, ob diese Geschichten bekannt sind, also ich glaube Amazon Kindle hatte am Anfang den Default, dass Texte immer vorgelesen werden konnten und dann gab es den großen Protest dagegen und dann musste das wieder abgestellt werden, jetzt kann das ein Verlag einzeln bestimmen, ob ein Text vorgelesen werden darf oder nicht.
Das ist zum Beispiel für Leute, die nicht gut lesen können, eine relativ deutliche Hilfe, dass der Text vorgelesen kann von der Maschine. Und diese Sonderpädagogen haben mir erklärt, aber es ist ein Feature, viele andere Lernende, die sehr gut lesen können, möchten es sich trotzdem gern vorlesen lassen. Oder nutzen es für andere Möglichkeiten, um einen Text in einer kleinen Gruppe zu hören oder so etwas. Es sind sehr kleine Sachen, das ist nicht so, dass es die große Revolution ist. Aber ich glaube, es gibt sehr sehr viele von diesen kleinen Sachen, dass die Leute damit etwas machen können und nicht nur das so nutzen können 1:1, wie derjenige, der es mir verkauft hat oder leiht, sich das gedacht hat. Das ist sozusagen nicht so dieses, friss oder stirb, sondern mach etwas damit, was du für sinnvoll hältst. Und das ist eben nicht nur das Behalten, sondern auch dass ich das verändern kann. Verändern hört sich auch ganz revolutionär an. Für mich beginnt verändern damit, ich kann da farbig drauf markieren und annotieren und so weiter. Und wenn ich ebenso ein Material digital habe, kann ich das tendenziell auch, und ich kann es sogar eigentlich noch besser, weil …
Und ich glaube, ich habe, als ich das erste Mal Napster von einem Universitätszugang aus bedient habe, gedacht, boah was könnte das denn alles sein? Also so ein Moment, wo man sich denkt, diese ganzen Begrenzungen, die man aus der analogen Welt kennt, fallen weg, wenn man jetzt eben nicht mehr darauf beschränkt ist, was man bereitstellt oder was man hat oder was man aufbewahrt. Für mich war immer das Aufbewahren in meiner Lernbiografie ganz wichtig. Ich fand es immer schlimm, Sachen wegzuwerfen. In der Praxis habe ich dann natürlich auf die meisten Sachen nie wieder zugegriffen oder so etwas. Aber tatsächlich glaube ich, dass es einen Wert hat. Man muss sich nicht vorstellen, dass man das alles später noch einmal benutzt, aber wenn man dann irgendwie sagt, wenn man mit dem Studium anfängt und 20 Jahre alt ist und denkt, ich hatte das irgendwie damals in Mathe schon mal, aber ich habe es nicht genau verstanden, wäre es doch deutlich hilfreicher, tatsächlich auf seine Materialien noch einmal zugreifen zu können, als sich das noch einmal kaufen zu müssen. Ich habe gar nichts gegen das Geld, aber dann rauszufinden, das gibt es wahrscheinlich gar nicht mehr von damals. Erst recht nicht mit meinen Anmerkungen, die ich daran gemacht habe und so weiter. Das sind alles sozusagen so Sachen, die jetzt sozusagen als Beschränkung künstlich da sind im Digitalen. Leute, die das Digitale gut kennen, wissen, das könnte ganz anders sein, ich könnte einfach mein persönliches Lernarchiv haben und ich könnte auch hier bunte Annotationen dran machen können, die nicht nach einem Jahr wieder weg sind oder so.
Na es ist tatsächlich spannend, ich würde behaupten, dass es so gemischte Gefühle sind, in Deutschland haben die Verlage natürlich den Vorteil, dadurch dass Deutschland erst mal die OER-Sachen verschlafen hat, dass man schon mal ein bisschen gucken kann, was ist in anderen Ländern passiert. Und davon sehr viel sehen kann. Und daher hatten die Verlage erst mal, und haben bis heute wahrscheinlich, eine große Skepsis. Man hat gesehen in den USA, einer der großen Vorreiter in Sachen OER war Arnold Schwarzenegger, der 2009 in Kalifornien als sein Haushaltsbudget halbiert werden musste für den Bildungsbereich, gesagt hatte, das ist alles zu teuer mit den Lehrbüchern bei uns – ist es in den USA heute noch –, können wir das nicht irgendwie halbieren, in dem wir sagen, wir geben irgendjemandem Geld und der macht die ganzen Materialien und danach stellt er sie unter eine freie Lizenz und dann können wir die behalten wie wir wollen, und vervielfältigen wie wir wollen. Das hat jetzt nicht dazu geführt, dass die Vielfalt der Materialien ganz toll gestiegen ist, weil man hat halt nur einmal Material bezahlt und dann mussten die Lehrer das nehmen oder nicht und es gab kein Finanzmodell mehr, wie irgendwer ein neues Buch machen konnte, das besser war, als das was vorher da war. Das ist das, was wir in den letzten Jahren auch teilweise in den osteuropäischen Ländern gesehen haben. Möglicherweise, das wird dann noch heikler, vermischt mit so etwas wie einer staatlichen Unterrichtsmaterialstelle. Wenn man sich also jetzt vorstellt, Ungarn oder je nachdem wie sich Polen weiter entwickelt, man hat sozusagen eine staatliche Hand, die sagt, wir machen jetzt zentral hier in unserem Institut die Materialien, das ist alles OER. Dann ist das auch nicht vielfaltsfördernd. Und das verstehe ich schon diese Bedenken. Damit ist natürlich auch verbunden, kriegen wir auch noch Geld? Andererseits gibt es glaube ich einzelne Leute in Verlagen, die sich denken, mal gucken, vielleicht müssen wir uns da aufstellen, weil die Politik findet das Thema ganz toll. Und wenn es da jetzt andere Geschäftsmodelle gibt, kann das für uns auch ganz attraktiv sein. Wenn es zum Beispiel so etwas wie eine Ausschreibung gibt. Wir wollen jetzt, keine Ahnung, was es gerade so, im Moment ist gerade Coding ein großer Hype in der Schule, also Programmieren lernen, da brauchen wir jetzt unbedingt Materialien auch schon für erste und zweite Klasse. Da macht dann das Land, Bundesland XY, eine Ausschreibung und der Verlag Z übernimmt die dann. Dann ist das für den Verlag nicht uninteressant, weil der hat ja gar kein Risiko mehr. Also der weiß vorher schon, er verdient mit der Konzeption dieses Materials, keine Ahnung, 80.000 €, egal wie viel davon mal verkauft wird. Das heißt es kappt sozusagen nach unten und nach oben die Möglichkeiten weg. Man sagt in den Schulbuchkreisen so, eigentlich verdienen wir nur so mit jedem dritten Buch Geld, wir wissen natürlich nicht vorher, welches Buch das sein wird, dass sich richtig gut verkauft und welches tatsächlich ein Ladenhüter wird.
Wenn man das jetzt zusammen nimmt, dann ist das eine Chance schon für Verlage, diese Open Educational Resources-Modelle zu sagen, okay dann haben wir da immerhin mal ein Geschäftsmodell, mit dem digitale Materialien funktionieren könnten. Nämlich, ich kriege vorher einen Auftrag oder beteilige mich an Ausschreibungen und entwickle dann diese Materialien und weiß dann schon vorher, dafür kriege ich soundsoviel 1000 €. Ich glaube aber, dass das in den Verlagen eine Randmeinung ist, also Verlage sind halt wie ganz viele Sachen aus der alten Medienbranche jetzt nicht so, dass sie denken, hurra was Neues, lass uns das bloß ausprobieren. Lass uns irgendetwas aufs Spiel setzen, was großes wagen und ganz anders machen als vorher. Ich bin gerade mit einem Verlag, den ich jetzt nicht nenne, in Vorbereitung eines Buches, das als OER erscheinen wird, ein ganz normales Buch von einem ganz normalen Schulverlag. Und das ist für die schon jetzt nicht irgendwie unaufregend, wie das Ganze dann funktionieren wird mit der freien Lizenz, und ob noch jemand das Buch kauft und so weiter. Das ist aus deren Sicht ja auch nachvollziehbar. Es gab zwei Versuche schon, so ein Buch frei lizenziert zu machen in Deutschland, vom Cornelsen Verlag, um mal den Namen zu nennen, das sind sozusagen deren Verdienste, dass sie es auch einmal ausprobiert haben. Und das ist jetzt auch schon nicht so einfach. Es ist ja jetzt nicht so, dass man irgendwie etwas macht wie vorher und dann macht man eine freie Lizenz drauf und dann ist es fertig.
Ja. Und da wird es vielleicht einmal interessant, wenn man die ganze zweite Hälfte von OER mit reinbringen würde. Weil wir gar nicht geredet haben darüber, nämlich dass es nicht irgendwo von oben aufgesetzt wird, sondern von unten kommt. Irgendwelche Graswurzler oder ein normaler Lehrer daherkommt und sagt, steht unter einer freien Lizenz, kann ich jetzt auch weiter entwickeln. Weil wenn man jetzt einfach nur die eine Hälfte, die wir bisher gesehen haben, sagen würden, ja vielleicht ist das auch nicht das Ende der Weisheit, dass man sagt, man hat jetzt ein Material, was entwickelt wurde, wenn man Fehler darin bemerkt, kann man in der nächsten Ausschreibung, die in fünf Jahren stattfindet, wenn dann noch die gleiche Regierung da ist und die gleichen Ideen hat, mal ausbessern. Wenn es unter freier Lizenz steht als OER kann jeder hingehen und das ausbessern und so weiter. Und dann muss man eben diese zweite Hälfte dazu nehmen, und sagen, in Deutschland gab es, bevor die ganze Politik das spannend fand, ja schon so etwas wie Graswurzellehrerinnen und -lehrer, die gesagt haben, wir machen hier OER. Also in Deutschland muss man immer zuallererst nennen, weil das sind solche Helden der Praxis sind, die Zentralstelle für Unterrichtsmedien im Internet zum.de Gegründet schon in den 90er Jahren. Und relativ schnell als OER diskutiert wurde, ich glaube 2008, auch mit dem Label in Deutschland. Das ist ein Verein, ehrenamtlich betrieben, da kriegt keiner Geld für das was die da machen und die sind extrem wikiorientiert, haben auch noch andere Plattformen etc. Und das sind einfach „ganz normale Lehrer“, die sagen, mir fehlt für meinen Unterricht hier das ideale Arbeitsblatt für Deutsch Gedichtsinterpretation oder irgendetwas. Ich mache das selber und stelle es anderen zur Verfügung und mach noch diese freie Lizenz darauf, auf das jemand anderes das nicht nur nutzt, sondern auch weiter entwickeln kann. Das ist tatsächlich viel typischer für Deutschland, als das was wir bisher besprochen haben. Wir haben jetzt gerade so einen Länderreport geschrieben, also ich und zwei Co-Autoren. Und da habe ich viel über Deutschland gelernt, weil wir ein bisschen die internationale Gemeinschaft, Auftrag war von der UNESCO, erklären mussten, was ist besonders an Deutschland. Da wurde klar tatsächlich, in Deutschland gibt es eine sehr sehr starke Bewegung von unten. Auch nicht so, dass man sagen würde, das macht jeder zweite Lehrer. Ich würde behaupten, 95 % der Lehrer haben den Begriff Open Educational Resources noch nie gehört. Aber so als kritische Masse gibt es da schon einiges. Auch Bewegungen neben dieser ZUM. Es gibt Serlo, das sind so junge Leute, die haben sich als Schüler noch gegründet in München.
Wir sind jetzt, nachdem wir viel über, wie es sich entwickelt hat, und was bisher so ausprobiert worden ist, so ein bisschen zu dem Ist-Zustand gekommen. Wenn ich das jetzt aus meiner Perspektive noch ein bisschen zusammenfassen darf, am Anfang waren die Bücher, dann gab es die ersten Zehen, die in den Teich gehalten wurden, hier und da digitale Projekte, die teilweise dann einfach schon ein bisschen zu früh gestartet wurden, noch nicht sagen wir ihrer Zeit voraus waren, oder wo noch viel zu viel Enthusiasmus – gegen Enthusiasmus spricht ja nichts –, aber wo sagen wir mal der Enthusiasmus ein wenig Vater und Mutter des Produktes war. Man festgestellt hat, dass die sonstigen Voraussetzungen einfach infrastrukturelle Fragen, Verständnis, etc. einfach so noch nicht da waren. Dass sich dann aber jetzt im Rahmen einzelner Projekte auch die großen Verlage sowohl neuen digitalen Produkten öffnen. Für die es sehr wohl eine Nachfrage und einen Nutzen gibt. Und teilweise auch eben der Gedanke OER verfolgt wird, während die Bewegung von unten sich sozusagen eher an diesem Ideal des, wäre es nicht schön, wenn alles frei zugänglich kopierbar, archivierbar, veränderbar, kollaborativ auch entwickelbar wäre, sozusagen von unten ein wenig Raum gibt. Jetzt hast du ja schon zwei Projekte erwähnt. Vielleicht gibt es zu den konkret jetzt auch noch einmal mehr zu erzählen oder was gibt es denn sonst noch für solche Ideen, Plattformen, zentrale Stellen, wo sich dieser Grundgedanke von OER Bahn bricht?
SEGU ist ein schönes Beispiel, weil tatsächlich da auch damit verbunden ist, nicht, wir wollen nicht wie früher Unterricht machen und dem Lehrer bessere, statt Tafelbild hat der jetzt PowerPoint Präsentationen oder so etwas, sondern die Materialien entwickelt haben, mit denen man Unterricht insgesamt öffnen kann von den Formen her. Insofern SEGU auch ein sehr erwähnenswertes Projekt. Es gibt dann immer wieder die große Sehnsucht von oben, unten und der Seite, ob man nicht irgendwo eine zentrale Stelle haben könnte, wo alles gesammelt und sortiert und in Ordnung gebracht wird etc.. Und es kämen jetzt aus verschiedenen Bereichen im Internet, man müsste doch mal Ordnung schaffen. Aber Leute, die schon länger im Internet sind, wissen, das ist schwierig. Der Bildungsbereich ist aber anfällig dafür. Muss man sagen. Also das ist ja so ein System, was eigentlich sehr zu Ordnung und Systematik tendiert. In Deutschland haben wir sozusagen noch das Glück aus meiner Sicht, dass wir 16 Bundesländer und einen Bund haben. Sodass es jetzt nicht so wahrscheinlich ist, dass man sich schnell darauf einigt, dass man irgendwo eine gemeinsame Plattform hat. Man muss auch sagen, dieser Bereich ändert sich so schnell, wenn man eine Plattform hätte, das wäre so heikel. Allein die Frage, wer entscheidet denn da nach welchen Kriterien, was da drauf darf und was nicht und wie schnell geht dieser Entscheidungsprozess? Und was für Kriterien werden da angelegt etc.? Das mag ich mir alles gar nicht vorstellen, weil ich mir keine vernünftigen Antworten ausmalen kann, die dieser Vielfalt gerecht werden und dieser Geschwindigkeit, in der sich das Ganze entwickelt, gerecht werden könnten. Was war deine Frage?
Die sind da sozusagen glaube ich zur Untermiete, das Klexikon. Was ja im weiteren Sinne auch ein Open Educational Resources ist. Jetzt nicht speziell für den Unterricht gemacht oder so etwas, aber speziell zum Lernen in dem Fall von Kindern. Ich kann ja mal gucken, ob mir vielleicht noch ein paar Beispiele einfallen, die so die Breite beleuchten.Es wird immer wieder sehr gerne genannt für den Schulbereich das Medienportal der Siemens Stiftung, die so Materialien erstellen für naturwissenschaftliche Themen. Und das ist schon spannend, weil die Stiftungen eine große Rolle spielen, und zwar ganz anders als zum Beispiel in den USA. In den USA geben Sie Geld und in Deutschland machen sie Sachen, die ihren Themen entsprechen. Weil die Stiftungen relativ früh gemerkt haben, wenn wir wollen, dass unser Material, unsere Themen sich so weit wie möglich verbreiten, dann müssen wir auch die Hürden für das weitergeben senken, also machen wir daraus OER. Das ist natürlich eine ganz andere Logik als so ein Verlag hat. Ein Verlag hat nicht, dass sie möglichst viel Verbreitung haben, sondern möglichst viel Geld zu verdienen damit. Und damit waren Stiftungen sozusagen relativ frühe Verbündete von OER und die Siemens Stiftung hat das relativ konsequent mit ihrem Portal dort gemacht. Das gibt es auch in anderen Bereichen, die das gleiche Interesse haben, möglichst große Reichweite, ohne dass damit mehr Geld verdient werden muss. Zum Beispiel die Bundeszentrale für politische Bildung, die ja sehr viele Unterrichtsmaterialien macht. Auch die war ein sehr früher guter Freund von OER in Deutschland. Da kommt noch etwas anderes hinzu, weil die Bundeszentrale für politische Bildung ja ganz direkt aus öffentlichen Geldern finanziert wird. Und da kommt der OER-Aktivist in mir durch und da haben wir nämlich diesen Slogan, was öffentlich finanziert ist, muss auch offen lizenziert sein. Auch das haben wir hier nicht erfunden, in den USA ist das viel stärker. Das kennen wir auch aus anderen Bereichen, zum Beispiel die ganzen NASA-Bilder, die unter freien Lizenzen sind oder keinen urheberrechtlichen Schutz beanspruchen, muss man da korrekterweise sagen etc.
ESA hat jetzt auch so eine Creative Commons Strategie etc., also da tut sich schon etwas, auch von der Seite her, das ist sehr spannend. Auch politisch ist das total unordentlich, wer OER eigentlich toll findet. Also in der USA gibt es so eine Lobby-Aktivistin Nicole Allen, die eine ganz klare Republikanerin ist und immer wenn sie in Europa erzählt, dass sie sich so stark für OER einsetzt, gucken die Leute und denken, das ist irgendwie eher so ein linkes Thema, aber in den USA gibt es das genauso von der Seite, die eben sagen, Moment mal, wenn das jetzt der Staat aus unseren Geldern bezahlt, dann wollen wir doch auch möglichst große Freiheit haben, damit machen zu können, was wir wollen. Es gibt so ein paar Startups sogar in Deutschland, die versuchen Geschäftsmodelle zu entwickeln. Ich glaube die hatten europäische Förderung. Das ist ein sehr spannendes Projekt Tutory.de. Tutory ist so ein Arbeitsplatzeditor. Und zwar ist das eins der wenigen Beispiele von OER, die auch außerhalb von Deutschlands Grenzen bekannt sind, aus Deutschland kommend. Gibt es als erstes natürlich immer die Sprachgrenze. Und da das aber ein Programm ist, hat es natürlich eine Übersetzung. Und ist sehr beliebt, erstens weil Lehrer Arbeitsblätter sowieso ganz gerne mögen, die kann man damit basteln und weil es einem diesen ganzen nervigen Kram um die freien Lizenzen abnimmt. Weil sozusagen, wenn man da ein Bild dazu puzzelt, gleich im Kleingedruckten die Lizenz-Hinweise des Bildes mitliefert etc.
Also da ist Schule ja irgendwie ganz ambivalent strukturiert. Es gibt diese ganz strikten Vorgaben im Sinne von, das sind die Themen, die hier behandelt werden müssen. Das führt uns ab, aber in Klammern muss ich noch sagen, wobei das auch ein Mythos ist, die Lehrpläne sind in den letzten Jahren relativ stark bearbeitet worden, dass sie viel mehr Freiraum eigentlich bieten. Aber gehen wir mal davon aus, die real existierende Praxis ist sehr stark was bearbeitet werden muss vorgegeben. Dann gibt es den ganz großen Freiraum, ich kann in meinem Klassenzimmer machen was ich will. Und dazwischen gibt es eigentlich nichts. Also zum Beispiel auch diese Frage, kann eine Schule sozusagen jemandem Ressourcen geben oder einem Team Ressourcen geben? Das bricht so ein bisschen auf mit zunehmender Freiheit oder Verantwortung für die Schule. Aber traditionell ist Schule so organisiert, dass da genau vorgesehen ist, der Lehrer hat 45 Minuten Unterricht, dann kriegt dann noch eine halbe Stunde Vorbereitung Zeit dazu vorgerechnet, mehr Freiraum kriegt er nicht und die Schule kann auch nicht über mehr Freiraum entscheiden. Also es gibt so die Geschichten, die hat jetzt gar nichts mit digital zu tun, sondern mit toller Schule. Wenn man sich anguckt, welche Schulen so den Deutschen Schulpreis zum Beispiel bekommen haben und sich diese Schulleiter anguckt, dann sind das alles sehr starke Persönlichkeiten, die er dann sozusagen trotz und nicht wegen der Strukturen in Schulen irgendwie ihre Schule umgebaut haben. Ein Schulleiter kann sich ja nicht mal eben aussuchen, wer in seiner Schule arbeitet und wen er entlässt. Immer Standardfall, es gibt überall andere Regelungen und Ausnahmeregelungen.
In der Praxis wahrscheinlich ist es jeden Morgen um 7 Uhr eine deutliche Erleichterung. Und darüber hinaus ist natürlich die Hoffnung, dass tatsächlich diese Materialien sich auf Dauer weiterentwickeln, weil auch nicht jeder, aber es reicht vielleicht wenn jeder 100. Lehrer sah, okay ich entwickle das weiter und spiele das zurück, ich vermute, dass es so einen dunklen Bereich gibt, den man nicht sehen kann, dass Material schon viel mehr geteilt wird, was nicht öffentlich im Netz ist. Also ich glaube, dass ganz viel über Dropbox und USB-Stick geteilt wird und nicht über öffentliche Websites. Es gibt in Schulen natürlich immer mehr so was wie Teamarbeit, was wir jetzt eben als so ganz starres Bild gezeichnet haben, ist ja auch etwas was im Aufbrechen ist. Also so was wie Lehrerteams etc. steht in der Schulentwicklung wahrscheinlich von jeder zweiten Schule heutzutage. Dann gibt es die Lehrer eben, die über das Netz zusammenarbeiten. Interessant ist, dass das vielleicht auch etwas war, was die OER-Entwicklung in Deutschland gestärkt hat, dass die Leute die Sachen entwickelt haben. In ihrem direkten Umfeld nicht jemand hatten, mit dem sie sich darüber austauschen konnten. Also sie konnten sich im Lehrerzimmer nicht erzählen, sag mal darf ich eigentlich hier ein NC-lizenziertes Bild in meine Präsentation einbauen oder so etwas? Weil im Lehrerzimmer gab es niemanden, der sich für diese Frage auch interessiert hätte. Und weswegen die über das Netz und über verschiedene Community-Events, die OER in Deutschland hervorgebracht hat getroffen und ausgetauscht haben und dadurch das Thema OER vorangebracht haben. Da muss man jetzt sehen, wie das weitergeht in den nächsten Jahren, wenn das dann Mainstreaming gibt. Da können wir noch ein kurzes Kapitel dazu machen. Wir haben ja auch Förderprogramme inzwischen auch auf Bundesebene zu einem Mainstreaming von OER etc. Bisher war das tatsächlich so, dass Leute das aus ihrem persönlichen Interesse heraus als Antrieb gemacht haben.
Ja es gibt Ansätze, es gibt eine Suchmaschine, die heißt Elixier. Elixier ist ein Projekt von dem Deutschen Bildungsserver zusammen mit den 15 Landesbildungsservern, die es gibt. Und die Bildungsserver haben ja eigentlich die Aufgabe, Ordnung in diese Materiallandschaft zu bringen. Machen dann so etwas wie Kataloge oder so etwas. Und wirken deswegen zumindest auf mich in manchen Ansätzen manchmal etwas altbacken. Weil diesen Katalogansatz im Internet haben wir eigentlich in den 90er Jahren mal aufgegeben. Nichtsdestotrotz sind es glaube ich ganz zentrale Player und ganz entscheidende Player für OER, die auch tatsächlich da ganz viel machen. Und unter anderem versuchen die, über eine Suche, das ist eine Metasuchmaschine, diese Sachen zu durchsuchen. Und da kann man sagen, ich möchte Material angezeigt bekommen, die nur OER sind. Und darüber dann relativ viel finden. Das wird aber dann nur Sachen umfassen, die da mal in die Kataloge irgendwann mal aufgenommen worden sind. Einen zweiten Ansatz gibt es mit einer Plattform, die heißt Edutags. Edutags ist sozusagen Social Bookmarking für Pädagogen. Also da kann man sein Material Verschlagworten. Ganz allgemein im Sinne von, man schreibt daran Demokratie, Politik, Wahlen für ein Material, aber auch ganz individuell. Ich weiß nicht, wie viele Leute das so machen außer mir, die sich so Schlagworte nehmen, die sicher kein anderer Mensch auf der Welt überhaupt hat, für eigene Projekte.
Da vielleicht ein Link-Tipp, weil ich es neulich auch das erste Mal gesehen habe, Creative Commons hat eine Beta-Fassung ihrer neuen Suchmaschine gemacht. Die heißt dann nicht search.creativecommons.org, sondern ccsearch.creativecommons.org glaube ich. Und die ist noch mal deutlich schicker und funktionaler. Also hat mehr Funktionen. Das sind so die Ansätze, daneben gibt es natürlich ganz viele soziale Ansätze. Also man kriegt Materialien von anderen Leuten empfohlen. Wie das auch ohne Open funktioniert. Wenn man jetzt sagt im Lehrerzimmer, sag mal wie machst du denn das? Oder kriegt einen Materialordner übergeben oder so etwas, auch das gibt es im Internet natürlich. Es gibt Facebook-Gruppen, in denen sich über Material ausgetauscht wird. Es ist gerade Schulanfang gewesen, ich bin in einer Gruppe irgendwas mit Unterrichtsmaterialien mit mindestens fünfstelliger Zahl, da gibt es jeden Tag, welche Materialien empfehlt ihr, als erste Hausaufgabe? Das heißt ich glaube, diese ganzen Mechanismen zusammen werden da so ein Bild geben, wo wir in den nächsten Jahren ganz viele noch an Bewegung sehen werden. Wie man solche Materialien findet. In anderen Ländern gibt es noch die Ansätze, dass man tatsächlich eine zentrale Plattform hat, die werden wir in Deutschland vielleicht haben. Wir haben in Deutschland jetzt muss man sagen September 2017 die Situation, dass gerade es auf der Kippe steht, haben wir ein ganz großes Programm mit 5 Milliarden vom Bund für digitale Schule? Und wenn das kommt, dann ist jetzt schon im Vorlauf befördert worden, ein Projekt, das heißt Schulcloud vom HPI, das ist so das Institut, was viele spannende Sachen macht, aber man kann jetzt auch eine gewisse Nähe zu bestimmten Unternehmen jetzt nicht von der Hand weisen.
Also ich würde mal behaupten tatsächlich, dass ganz viele YouTuber die einflussreichsten Fortbildner sozusagen in Deutschland sind. Auch ganz einfache Sachen, das muss jetzt gar nicht groß sein. Leute, die nachgucken, wie sie ein Fahrrad reparieren oder sonst etwas, aber natürlich auch Fremdsprachen lernen oder Gitarre lernen oder Foucault erklärt bekommen oder sonst etwas. Das ist natürlich, wenn man von diesem Lizenzkram mal weggeht, im weiteren Sinne auch eine Open Educational Resources. Also etwas, mit dem man frei lernen kann. Und die Frage ist, wie sehr sich… Ich glaube, das ist nicht die Frage, ob es das gibt und ob das nicht noch größer wird, auf jeden Fall. Die Fragen ist, werdend die Bildungsinstitutionen da irgendwie Anschluss suchen oder das sozusagen für bäh halten und das ist das schmuddelige Lern-Internet und hier ist unser sauber aufgeräumtes Lern-Internet oder so etwas. Das ist natürlich auch ein Internet, wo die Rolle zwischen Lernenden und Lehrenden nicht so klar getrennt ist. Also auch ich kann losgehen und ein Erklärvideo machen, wie man ein Fahrrad reparieren kann. Ein höchst fiktives Beispiel. Aber auch ich kann Sachen ins Internet sprechen oder schreiben oder so etwas und Leuten etwas erklären. Und das ist wie das Internet funktioniert. Und da haben wir glaube ich in Deutschland schon relativ engen Begriff von Lernen und Lehren im Sinne von, das ist nicht richtig lernen oder so was. Es ist ganz interessant, wenn du Jugendliche fragst, wie lernst du denn mit dem Internet? Dann denken die überhaupt nicht an so was, obwohl die das ja andauernd machen. Die fassen das nicht unter den Begriff lernen. Also auch wenn die sich jeden Tag irgendwelche Sachen wie Skateboardtricks machen oder so angucken, das nennen die dann nicht lernen. Lernen ist sozusagen stark definiert worden von der Schule und lernen ist nur, wenn mir jemand was gesagt hat, was ich jetzt lernen muss. Oder wenn mir jemand etwas beibringen will.
Interessant wird, wenn man sich noch mal den formalen Bereich anguckt, dass da tatsächlich auch da Lernende diese Materialien bearbeiten oder gar erstellen können. Da gibt es relativ schnell große Bedenken, im Sinne von, oh das ist dann aber doch nicht ordentlich oder da sind Fehler drin oder so etwas. Und dann muss man sagen, ja stimmt, wie aber in anderen Sachen erst mal auch. Als es ist jetzt nicht so, nur weil ein Lehrer ein Material erstellt hat, das auf jeden Fall fehlerfrei ist. Nicht mal wenn ein Verlag etwas erstellt hat, ist es fehlerfrei. Vor ein paar Jahren hat Stiftung Warentest mal geguckt, ich glaube Biologiebücher haben die getestet und haben da teilweise relativ deutliche Fehler drin gefunden. Interessant war, dass irgendein Wissenschaftler ich glaube aus Österreich dann fünf Jahre später geguckt hat, wie viele Schulbücher sind denn in der aktuellen Version mit diesem Fehler da? Das war deutlich die Mehrheit. Das heißt diese Fehleranfälligkeit ist natürlich da, auch wenn Jugendliche oder Schüler oder Lernende insgesamt diese Material machen. Wenn das Open ist, dann hat man immerhin die Möglichkeit, diesen Fehler zu verbessern, wenn man ihn findet. Im Gegensatz zum traditionellen Schulbuch. Was man aber glaube ich nicht unterschätzen darf ist so eine Frage der kritischen Masse. Ich war an einer Schule in Kassel, Oskar-von-Miller-Schule, berufliche Schule, die ganz stark auf digitale Medien und Open setzen. Und da gibt es zum Beispiel ein Format, wo die Schüler ein Thema eine Woche lang bearbeiten und am Anfang einen Input und Überblick kriegen und dann ihre Lernziele definieren, immer mit Unterstützung von einem Lehrer. Und am Ende meistens über ein Produkt, also was sie selber machen, nachweisen müssen, dass sie es gelernt haben. Im Sinne von, wenn du ein Erklärvideo dazu machen kannst, dann hast du es wohl verstanden. Was ein relativ guter Indikator übrigens ist.
Und die haben tatsächlich eine Plattform, wo die Schüler auch ihre Materialien dann hochladen. Und der Default ist, das kann der Lehrer dann sehen. Das kann man als Schüler aber auch einstellen, das kann die ganze Schule sehen oder das kann das ganze Web sehen da draußen. Und die werden auch angehalten, dafür freie Lizenzen zu nutzen. Und der Lehrer da, mit dem ich sprach, sagte, naja jetzt rechne einmal hoch, wir haben in den letzten Jahren hier über die Schüler über diese Sachen ungefähr 20.000 Lernartefakte erstellen lassen. Jetzt überleg man nur, dass nicht nur aus jeder Klasse das Beste genommen wird, 1 von 25, sondern aus vier Klassen das beste, 1 von 100. Da haben wir schon deutlich bessere Qualität als was man sonst so durchschnittlich findet, von vier Klassen das einzig beste. Und wenn man dann rechnet, wir sind eine Schule und haben hier schon 200 sehr sehr gute Sachen, wie viel könnte erst zusammenkommen, wenn noch mehr von den 42.000 Schulen in Deutschland das machen. Und diese Sachen bereitstellen. Also man muss da immer auch mit rechnen, dass da noch viel Spielraum an kritischer Masse ist, was dazu kommen könnte. Und dann geht es eben nicht darum, dass jeder Schüler zu jeder Lerneinheit, die er macht, irgendetwas bereitstellt und das ganz tolles Lernmaterial ist, sondern dass nur in jedem 100. Oder 1000. Fall eine Rolle spielen kann und dann trotzdem plötzlich wir irre Mengen haben könnten da draußen an Material. Auch was Lehrer machen. Es ist jetzt auch nicht so, dass jeder Lehrer jedes Arbeitsblatt online stellen muss, aber wir haben über 800.000 Lehrer und auch da kann man ja relativ schnell rechnen, was passiert denn, wenn jeder 10. Lehrer, jedes 100. Arbeitsblatt nur online stellt. Was man dann schon zusammen kriegen könnte.
Kann man sich auch gar nicht mehr vorstellen, dass es das 2003 so de facto noch gar nicht gab. Da wir es jetzt schon ein paar mal erwähnt haben, aber noch nicht wirklich in den Fokus gebracht haben, die Frage der Lizenzen. Das ist ja ein etwas trockenes Thema. Tatsächlich aber auch eins, was das Internet von Anfang an begleitet hat. Diese ganze Copyrightproblematik war natürlich in einem kopierenden Netz von Anfang an ein Thema. Allein dadurch, dass es am Anfang weitgehend ignoriert wurde, was vielleicht auch ganz gut war. Weil dadurch konnte sich dann überhaupt erst einmal etwas entwickeln. Und man sah halt auch sozusagen, okay jetzt kommen wir hier in diese Konflikte rein. Diese Konflikte mit der Musik. Die Konflikte auch mit Plagiaten. Überhaupt dem Content Diebstahl, der ja real ist. Man nimmt halt einfach irgendjemand anderes Werk und gibt es als das eigene aus. Oder Dinge werden dann auch mal bewusst falsch verbreitet. Also kleine Änderungen gemacht und damit behauptet, man hätte ja das und das getan, obwohl das gar nicht dem Original entspricht. All diese ganzen Fragen sind da mit drin. Trotz alledem gab es dann eben recht schnell die wohl von der Opensoftware stark inspirierte Bewegung, halt auch Inhalte, nicht nur Code, frei zur Verfügung zu stellen und erste Versuche, das zu tun, gab es auch aus diesem GNU-Projekt heraus. Zum Beispiel für Dokumentation. Das war das erste Mal, wo das das erste Mal auch so Texte betroffen hat. Man hat versucht, dasselbe Modell daraufhin zu entwickeln. Dann gab es diese GNU free documantation Licence, die dann aber zu verkopft war, nicht richtig funktioniert hat. Es ist dann eben in diese Bewegung der Creative Commons Lizenzen gemündet. Die ja schon ein Erfolgsmodell sind, kann man sagen. Sind immer noch sehr schwierig zu verstehen, es gibt da viele Varianten. Weil man natürlich versucht, viele Fälle abzudecken. Ist die Creative Commons auch so im wesentlichen die Basis für das ganze OER-Modell? Welche Rolle spielen diese Lizenzen? Welchen Einfluss hat das und was muss man davon verstehen, um mit OER arbeiten zu können?
Also das ist tatsächlich ein schwieriges und zentrales Thema und ein langweiliges Thema, um das man aber nicht herumkommt. Weil tatsächlich es der Kernunterschied ist von OER oder nicht OER. Ist da diese freie Lizenz drauf oder nicht? Man kann 1000 Definitionsmerkmale von OER finden, man wird nicht ohne diese freie Lizenz auskommen, wenn man damit später etwas anderes machen können soll. Und dann muss man vielleicht als erstes mal den Leuten widersprechen, die sozusagen glauben, dass Leute, die sich für freie Lizenzen interessieren und einsetzen und so was, das Copyright und Urheberrecht ignorieren oder böse finden oder sonst etwas. Ich glaube das eine hohe Korrelation besteht zwischen den Leuten, die die CC-Lizenzen gut verstehen und die sich in Sachen Urheberrecht gut auskennen. Weil quasi jede Beschäftigung mit CC-Lizenzen eine Schulung für Urheberrecht ist. Und ich glaube tatsächlich, dass die ganze Urheberrechtslobbyindustrie oder sonst was eigentlich noch viel stärker CC-Lizenzen – machen sie teilweise auch – schulen müssten, weil sozusagen dadurch die Hintertür überhaupt den Leuten erst mal erklärt wird, wie das mit dem Urheberrecht funktioniert und mit dem geistigen Eigentum. Also nicht umsonst gibt es da zum Beispiel von Microsoft irgendwie geförderte Sachen, die eigentlich wunderbar erklären, wie das mit diesen CC-Lizenzen funktioniert. Dann muss man sagen, es ist zwar ein bisschen anstrengend, weil je tiefer man reingeht, desto mehr Fragen findet man. Andererseits ist das wahrscheinlich bei jedem Thema so. Dass man nicht sozusagen sich das anschaut und denkt, jetzt habe ich alles gesehen, sondern je tiefer man sich in ein Thema reinkniet, desto mehr sieht man, dass da noch feinere Fragen sind, noch mehr Spezialfälle etc.. Und die sind eben nicht nur speziell bei den freien Lizenzen, sondern einfach im Urheberrecht und in dem Konflikt zwischen Urheberrecht und digitaler Welt verankert. Dass man sagen kann, okay es ist aber einfach andauernd kompliziert mit dem Urheberrecht, weil dieser Begriff Veröffentlichen als eine Grundlage ja irgendwie im Internet überhaupt nicht klar ist. Was ist denn veröffentlichen im Internet? Eine E-Mail ja offensichtlich nicht, aber eine Gruppe mit drei Leuten schon? Es ist irgendwie alles schwierig.
Und das ist schon nervig. Diese CC-Lizenzen bieten da ja sozusagen eine Krücke, um in dieser nervigen Umgebung zurechtzukommen. Vielleicht vorweggeschickt, ich glaube die meisten Leute, die sich sehr gut mit den freien Lizenzen und dem OER auskennen, sind alle der Meinung, man braucht eine deutliche Vereinfachung von urheberrechtlichen Rahmenregelungen, gerade für den Bildungsbereich. Dass man nicht jedes Mal sich stundenlang damit beschäftigen muss, wie funktioniert das überhaupt mit den Lizenzen? Es gibt da viele Untiefen, das soll jetzt niemanden davon abhalten, sich damit zu beschäftigen. Die ersten Schritte sind bei freien Lizenzen ja relativ einfach. Und wenn man nicht so komplexe Sachen hat, jetzt zum Beispiel einfach nur ein Bild braucht, unter so einer freie Lizenz braucht, dann hat man schon relativ schnell verstanden, was man da machen muss und worauf man achten muss und woher man das Bild kriegt. Und es gibt ganz tolle Sachen im Internet. Ich glaube Creative Commons zählt ja einmal im Jahr, wie viel Materialien finden sie im Internet zusammen. Ich glaube letztes Jahr haben sie 1,1 Milliarden Inhalte gefunden. Das ist schon echt viel schönes dabei. Schwieriger wird es dann, wenn man sich die Lizenzen im Einzelnen anguckt. Für mich arbeite ich einfach damit, dass ich zu OER nur die – wie soll man sagen – die wirklich freien Lizenzen zähle. Es gibt dann ja welche, die die Auflagen haben, nicht zu kommerziellen Zwecken verwendbar oder kannst du weitergeben, aber nicht verändern und so weiter, das zähle ich für mich einfach in meiner OER-Welt nicht dazu. Das mit den nichtkommerziellen Sachen liegt einfach daran, dass das so ein vermintes Feld ist, dass kein Mensch weiß, was das eigentlich ist und wo es aufhört und so weiter, und das ist für mich so ein bisschen wie hinter dem Pferd lang gehen – sagt man das?. Also hinter dem Pferd lang gehen macht man ja nicht, weil das Pferd nach hinten treten könnte und das wäre dann sehr schmerzhaft. Das Pferd tritt aber eben nur jedes 500. Mal wirklich nach hinten und man weiß nicht wann. Deswegen geht man nie hinter einem Pferd lang. Das ist das gleiche für mich wie NC. Dieser non-comercial Auflage. Ich weiß im Zweifelsfall, dass es in 499 Fällen gehen würde, aber ich weiß nicht welches der Fall ist, in dem es nicht geht. Insofern lass ich einfach die Finger davon und mache einen Bogen hinten um dieses Pferd rum. ND sowieso, weil wenn ich es nicht bearbeiten kann, dann kann ich auch relativ wenig damit anfangen.
Dieses CC-0 ist ja sagen wir mal das jüngste Kind aus dieser ganzen Creative Commons Familie. Und tatsächlich aber auch das älteste, weil die Idee gab es schon früher und war bekannt unter dem Begriff Public Domain. Was ich eigentlich einen sehr schönen Begriff dafür finde, weil er relativ klar sagt, worum es geht. Ich möchte einfach gerne einfach hier etwas in den öffentlichen Raum stellen. Ich möchte gerne, dass es einfach da ist und es ist mir egal, ob da jetzt mein Name drauf klebt oder nicht, sondern die Genugtuung, die ja viele Leute aus solchen Mechanismen herausziehen wollen, reicht einfach nur, dass es da ist. Man muss jetzt nicht unbedingt noch verewigt sein und mein Name auf einem Reiskorn. Insofern kommt man da auch wieder ganz dahin, dass man sagt, okay Creative Commons war ein Versuch und ist auch nach wie vor einen Versuch und ein guter Ansatz auch, sich aus diesen doch sehr stark verankerten Copyrightgesetzgebungen langsam los zu lösen. Quasi so eine Brücke nach draußen zu bilden, um dann letzten Endes wieder bei dem alten Traum zu landen. Nämlich dem Public Domain, dem öffentlich verfügbaren Gut. Ich merke immer wieder, was so Copyright betrifft und Urheberrecht, da glaube ich auch, dass es noch sehr tradierte und merkwürdig angelernte Mechanismen gibt, dass die Leute meinen, ihnen würde auch irgendetwas genommen werden. Ich war zum Beispiel mal bei einem Vortrag über Fortschritte, medizinische Fortschritte, die man so gemacht hat im Bereich Tinnitus. Das ist ja so eins der medizinischen Forschungsfelder, wo sehr viel noch nicht bekannt ist, trotzdem aber auch sehr interessante Fortschritte erzielt werden über so einen Zeitraum von 10-20 Jahren. Bloß medizinische Fortschritte oder überhaupt generell wissenschaftliche Fortschritte in einem Feld von 10-20 Jahren, das ist für jemanden, der da drin ist, sozusagen täglich Brot. Aber für so eine Öffentlichkeit, es dauert einfach immer 10-20 Jahre, bis man sagt, das ist jetzt wirklich erworbenes Wissen, das ist jetzt der Stand der Dinge in diesem Bereich. Und da war da so eine Frau, die so einen Vortrag gehalten hat, und ich fand den auch ganz interessant, weil das war einfach mal so, es gibt hier die Erkenntnisse, die Erkenntnisse und vor fünf Jahren hatten wir Studie und das haben wir jetzt rausgefunden, das ist ja gar nicht so, aber hier könnte vielleicht noch was sein. Und dann bin ich da so rausgegangen und dachte so, warum muss ich jetzt irgendwie in so eine medizinische Fakultät, also war es gar nicht, es war normales Krankenhaus mit angeschlossener Uni, ich sag jetzt mal nicht wo, um mir das sozusagen life anzuschauen, um da sozusagen den Stand der Dinge mal zusammengefasst zu bekommen. Warum ist das nicht im Netz? Da ist mir die Frau noch über den Weg gelaufen und ich frage so, ja Video, Internet, wie wäre es mal? Das interessiert ja sicherlich auch noch ein paar andere Leute, da schaute sie mich nur ganz entsetzt an und meinte irgendetwas mit, nein wegen Copyright. Und lief wieder davon. Was mich ein bisschen ratlos zurückgelassen hat, was eigentlich so diese Schranke im Kopf ist, dass man an der Stelle vielleicht meint, es werde in irgendeiner Form den eigenen Berufsweg, den eigenen Erfolg oder auch nur die eigene Bedeutung in irgendeiner Form schmälern, wenn man eigentlich Dinge frei teilt.
Das ist glaube ich wirklich schwierig. Deswegen habe ich ja auch jetzt weniger Hoffnung, dass man das in kurzer Zeit ändern kann. Das ist glaube ich so tief in uns drin gesellschaftlich. Was ich tatsächlich für vielversprechender halte sind so die Sachen, die öffentlich finanziert sind und zum Beispiel in Forschungs- oder Entwicklungsprojekten gemacht werden oder so etwas. Wir haben ja im Wissenschaftsbereich schon so etwas wie Open Access, was dann teilweise als Auflage gemacht wird, wenn ihr hier irgendetwas entwickelt, dann müsst ihr das auch unter freier Lizenz zur Verfügung stellen. Das kann ich bei Bildungsmaterialien mir sehr gut vorstellen, weil da ja einfach tatsächlich auch ganz ganz viel aus öffentlichen Geldern gemacht wird. Das ist so für mich eine klare Forderung, öffentlich finanziert = offen lizenziert. Das heißt nicht, dass jeder Lehrer alles offenlegen muss. Aber wenn einfach tatsächlich Materialentwicklung finanziert wird oder wenn irgendwo an einem Lehrerfortbildungsinstitut Materialien entwickelt werden, natürlich unter freier Lizenz ins Netz. Klare Forderungen, auch wenn wir da noch weit weg von sind. Noch spannender sind so Projekte, wo man sagen kann, wie kriegt man denn so öffentlich organisierte bezahlte Sachen hin, mit den Praktikern da draußen, die Sachen machen, aber überhaupt keine Profis in Sachen CC-Lizenzen werden wollen? Weil natürlich ist es mehr Aufwand. Also wenn ich nur ein Foto mache, und es unter freie Lizenz stelle, klar ist irgendwie überschaubar vom Aufwand der freien Lizenz. Aber schon bei so einem Arbeitsblatt wird es komplizierter. Und wenn ich noch mehr mache, dann wird es noch komplizierter. Und dann muss man sagen, da kann man jetzt nicht den Pädagogen zumuten, dass sie alle diese juristische Zusatzausbildung machen, um das alles zu verstehen. Und da fände ich interessant, tatsächlich so etwas auszuprobieren, dass man nicht nur Anlaufstellen für die Praktiker hat, sondern auch neue Arbeitsteilung mal vermittelt. Also ich habe es mal aufgeschrieben eine Idee, als quasi Babyklappe für OER. Ich habe ein Material entwickelt selbst und möchte, dass es weiterlebt, aber möchte mich nicht weiter drum kümmern. Und das bräuchte dann diese Babyklappe, wo ich das Material abgeben kann und dahinter sitzen professionelle Leute, die dafür bezahlt werden, dass sie dieses Material dann eben prüfen und mit der richtigen Lizenz ausstatten. Mit den Metadaten ausstatten, maschinenlesbaren Lizenztext aufsetzen und so weiter und so weiter, das auf eine Plattform stellen und das macht alles Arbeit. Das kostet alles Geld und so weiter. Aber es ist ja nicht so, dass es dem Lehrer nicht Arbeit machen würde, wenn der das machen sollte. Solche Arbeitsteilung würde ich gern noch ein bisschen mehr ausprobieren. Ein paar Ansätze gibt es jetzt, es gibt jetzt, da haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, eine Förderlinie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, die insgesamt 23 Projekte fördert, unter anderem zum Beispiel so etwas wie OERinfo. Da werden die ganzen Medienzentren an den Hochschulen in Deutschland als Zielgruppe gesehen, weil die beraten Lehrende ja schon. Hier wie kriegst du deine Materialien ins Netz. Und jetzt sage ich was, was die auf gar keinen Fall so sagen würden, das ist viel zu stark zugespitzt. Aber deren Hauptteil besteht ja darin, zu sagen, deine PowerPoint kann nicht ins Netz, weil du hast die ganzen Sachen hier nicht sauber lizenziert oder zusammenkopiert. Oder sonst was. Wenn die sozusagen OER in ihre Beratung mit reinnehmen und sagen, hier willst du es nicht, wenn du es schon bereitstellen willst, auch mit einer freien Lizenz versehen? Dann hat man tatsächlich so eine Möglichkeit, plötzlich viel mehr Leute zu erreichen, die damit nicht ihre ganze Praxis umstellen müssen, nicht 1000 Sachen mehr machen müssen, aber schon eine Bereitwilligkeit gezeigt haben, ich würde das gerne teilen.
Diese OER-Community ist tatsächlich für mich relativ faszinierend. Sie ist natürlich wie immer, wenn man Community hinter den Bindestrich schreibt, nicht irgendetwas feststehendes, sondern etwas was sehr dynamisch ist und manche Leute fühlen sich da mehr zugehörig, manche weniger. Manche kommen jetzt neu dazu und manche sind schon seit fünf Jahren dabei. Dadurch, dass das Thema von der Politik ja erst mal gar nicht aufgegriffen wurde, aber schon einzelne Leute interessiert hat, brauchte man Orte, wo die sich so treffen können. Und das ist das erste Mal dann passiert 2012 in Bremen, da haben wir ein OER-Camp veranstaltet, also ein Barcamp, ohne feststehendes Programm vorher. Wo Leute zusammengekommen sind, die da dann ihr Programm gemacht haben. Für alle die das Barcamp nicht kennen, da trifft man sich und sagt, ich möchte hier was zu machen und ich möchte was dazu machen und dann hat man nach einer halben Stunde so ein Workshop Programm zusammengebastelt. Das waren in Bremen glaube ich so 70 Leute, ich glaube für drei Tage damals noch. Und das Interessante ist, dass die auch einen ganz starken bildungsbereichsübergreifenden Ansatz haben. Also da kommen Leute zusammen aus Hochschulen, aus Schulen, aus der Weiterbildung, aus der Wissenschaft, aus Verlagen waren damals schon Leute dabei sogar. Und das ist, auch wenn man es im internationalen Vergleich guckt, tatsächlich in Deutschland relativ Alleinstellungsmerkmal. Also dass da wirklich Leute kommen, die sich so stark miteinander austauschen und ein miteinander und ein voneinander Lernen gemeinsam selbst organisieren. Und das bildungsbereichsübergreifend machen. Das ist dann über die Jahre gewachsen, es sind mehr Aktivitäten daraus entstanden. 2013/14 hatten wir zwei Konferenzen, die damals Wikimedia Deutschland Gast gegeben hat und unter dem Dach gab es auch jeweils einen OER-Camp Teil. Das heißt dieses OER-Camp hat sich durchgesetzt als sozusagen eine Möglichkeit, wie man voneinander miteinander lernt. Auch wenn man manchmal von außen, wenn man es sich anguckt, ein bisschen das Gefühl hat, es ist ein Klassentreffen und immer die gleichen Leute, das stimmt nicht. Ich kann das sagen, weil ich da mit der Veranstalter bin, können jedes Mal sehen, dass mehr als die Hälfte der Leute das erste Mal da sind. Und es sieht nur so aus, als wären alle Leute schon immer da, weil das die lauten Leute sind. Und die Leute die twittern und so weiter. Und auf Twitter schreibt halt niemand, ich bin gerade das erste Mal dabei, verstehe das alles noch nicht und traue mich nichts zu sagen. Das schreiben die nicht. Deswegen auf Twitter liest man nur von Leuten, die schon das fünfte Mal in Folge da sind. Deswegen kann ich nur ermutigen, wir haben das jetzt dieses Jahr 2017 viermal gemacht, weil wir das erste Mal eine öffentliche Förderung dafür haben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, vielen Dank, und Ende November ist es das vierte Mal, das letzte Mal dieses Jahr in Deutschland und wir haben es jetzt schon dreimal gemacht, das ist ganz toll. Weil es selbst organisiert ist und bildungsbereichsübergreifend. Wir haben es inzwischen vom Format aufgelockert. Das heißt die Hälfte von den zwei Tagen, die es ist, findet als Barcamp statt und die Hälfte als vorab angekündigte Workshops. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das deutlich den Zugang erleichtert für Leute, die wirklich das Format nicht kennen, das Thema wenig kennen, die finden das dann ganz suspekt, irgendwo hinzugehen und kriegen auch niemals frei dafür, ich gehe irgendwohin ein Programm dafür gibt es nicht. Und wenn man dann sagen kann, guck mal hier ist ein Workshop-Programm, dann können die damit etwas anfangen und es ist nicht ein ganz weißes Blatt. Für Berlin im November diesen Jahres gibt es fast 50 Workshops, das heißt immer 15 Workshops parallel tatsächlich. Es sind also sehr sehr unterschiedliche Themen dabei, auch weil es die unterschiedlichsten Bildungsbereiche sind. Diese Konferenzen gibt es immer noch, die heißen seit letztem Jahr OER-Fachforum. Und damit es irgendwie, weil es sowieso wenige Leute interessiert, verbunden ist, haben wir darüber ein kommunikatives Dach gebaut, das heißt OER-Festival. Ende November in Berlin.
Ja. Also dadurch dass es auch so stark organisiert ist durch diese Graswurzel Leute, die da so aktiv sind. Diese vorhin erwähnte ganz tolle Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet, der Verein wird ja nur von Lehrern gemacht. Die sind dann häufig auch auf Podien eingeladen, wenn man da irgendwelche Praktika dabei haben will. Die haben immer das Problem, dass die ja fünf Tage die Woche Schule haben und nicht so einfach überall hinkommen. Und dafür muss man sagen, dass ist noch großartiger, was die da machen. Also diese „ganz normalen“ Praktika auch. Wir kriegen relativ viel Interesse von den berühmten Multiplikatoren oder Entscheiderinnen, die halt sagen, in meinem Lehrerfortbildungsinstitut müssen wir jetzt auch mal etwas zu OER machen, was gibt es denn das schon? Das ist ein bisschen glaube ich die große Frage, was gibt es denn da schon in der OER-Landschaft? Weil sich das so schnell entwickelt hat. In fünf Jahren von fast null auf jetzt doch ein bisschen mehr. Und das ist ein bisschen das Ziel von diesen ganzen Plattformen im Internet und Veranstaltungen, dass man sieht, da gibt es schon ganz viel, man muss nicht bei Null anfangen und man kann Leute fragen. Wenn Leute im Internet sind, es gibt so etwas wie Facebook oder Twitter, auf Twitter gibt es ein bisschen den Versuch den Hashtag zu etablieren, nicht OER, weil er zu international ist, sondern OERDE. Oder Örde wie die Eingeweihten sagen. Und der größte fachliche Austausch tatsächlich, fachlich hört sich auch so akademisch ein, das ist gar nicht so gemeint, also Austausch zu Fragestellungen, ist tatsächlich eine Facebook Gruppe, woran man sieht, dass nicht alle OER-Leute hochgradig ideologisch unterwegs sind, dass ausgerechnet Facebook der Ort ist, wo der größte Austausch stattfindet. Ist aber so. Open Educational Resources im deutschsprachigen Raum heißt die Facebook Gruppe glaube ich. Man findet es auch über die Kurzform OERDE. Da ist schon ich würde mal so sagen mehr als ein Posting am Tag, aber jetzt auch nicht so viel, dass da jetzt super viel los wäre. Es ist häufig so, dass es relativ fortgeschrittene Fragen sind, im Sinne von, ich habe ein Bild unter der Lizenz sowieso gefunden und möchte einen Text mit der Lizenz soundso einbauen, was muss ich beachten, wenn gerade schlechtes Wetter ist? Also wir ermuntern in dieser Gruppe auch immer wieder dazu, Anfängerfragen zu stellen und jetzt nicht nur die High End Fragen.