Forschergeist
Horizonte für Bildung und Forschung
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Akademische Selbstgründung einer Hochschule als Alternative zu privaten und staatlichen Ansätzen
Was bringt jemanden dazu, eine neue Hochschule zu gründen? Was treibt einen an, in einem Land voller Bildungsinstitutionen etwas zu wagen, das sich stark vom Herkömmlichen unterscheidet? Silja Graupe und ihre Mitstreiter verstehen sich als Bildungsbürger der ganz anderen Art, und sie haben es einfach getan: Sie gründeten mit der Cusanus Hochschule in Bernkastel-Kues eine staatliche Hochschule in freier Trägerschaft. Sie taten das ohne einen großen Finanzier im Hintergrund, aber ausgestattet mit Überzeugung, Mut und viel Erfahrung im und mit dem etablierten Wissenschaftssystem.
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Veröffentlicht am: 10. August 2016
Dauer: 1:39:41
Also für mich war es erst mal in der Dissertation ein Wissenschaftsproblem, also die Frage der Einseitigkeit bestimmter wissenschaftlichen Perspektiven und ich bin dann 2009 an die erste Privathochschule berufen worden und habe da dann eben auch verstärkt angefangen, mich in der Lehre zu engagieren und seitdem ist mein Forschungsschwerpunkt wirklich auf diese Bildungsfragen eher gekommen. Also nicht zu sagen, ist jetzt die eine Theorie richtig oder falsch, sondern zu fragen, wie kommen eigentlich – ja platt gesagt – wissenschaftliche Erkenntnisse in Köpfe von Menschen und wie prägen sie unsere Welt- und Menschenbilder. Und in dem Zuge bin ich in der Forschung viel unterwegs, um mir eben das Phänomen ökonomische Bildung selber anzugucken. Ich meine jetzt hauptsächlich erst mal an Hochschulen. Und da sind wirklich viele Phänomene zu beobachten, wo ich sagen würde, das ist ein sehr schwerwiegendes Problem, was wir haben. Also es ist nicht einfach nur diese oder jene Ecke. Wir haben eine ökonomische Bildung, die ab dem zweiten Weltkrieg durchgehend und dann zunehmend in den 90/2000er Jahren in einem extremen Maße standardisiert worden ist, was es für Sozialwissenschaften eigentlich nicht gibt oder selten gibt. Und diese Standardisierung geht mit einer extremen Einseitigkeit einher. Dass eine bestimmte Methode, eine mathematisch orientierte Methode gelernt wird, ohne sie aber zum Beispiel historisch einzubetten oder zu sagen, das ist eine Perspektive und es gibt andere Perspektiven. Und gerade diese Art von Bildung, die da vermittelt ist, nicht nur einseitig ist, sondern eine extreme Form der Weltferme aufweist. Also es geht dann praktisch um wirklich realtitäsferne bis realitätslose Modelle, die im 19. Jahrhundert begründet worden sind, die da auch ihre wissenschaftstheoretische Berechtigung und Positionierung hatten. Die aber auch wieder nicht stark, also diese Weltferne nicht stark, genug sichtbar gemacht wird für die Studierenden. Und die ganze Frage, wie wirken jetzt diese Bilder, zum Beispiel einer harmonischen Wirtschaft, die dort vermittelt werden auch überhaupt nicht mit den Studierenden problematisiert wird. Man hat das ja dann 2008/09 deutlich gesehen, dass die Kritik an der Wirtschaftswissenschaft zunimmt in dieser Diskussion Einseitigkeit und Weltferne und ich finde den dritten Punkt immer wichtig, mit dem wir uns auch beschäftigen, wie kann eine weltfremde Lehre dann dazu beitragen, dass Gesellschaft sich verändert. Und eben zum Beispiel Wirtschaftskrisen entstehen können. Also wie kann was, was völlig weltfern ist oder als weltfern gilt, wie kann es wirksam werden, was passiert da eigentlich?
Das ist eine gute Frage. Sie können einerseits auf die Frage gucken der großen Verlage, die dahinterstehen. Das ist einfach ein riesiger Markt, das ist ein Millionen, wahrscheinlich Milliarden schwerer Markt. Das wäre eine Seite. Die andere Seite ist, dass es natürlich eine sehr leichte Form der Vermittlung ist. Also die Frage, warum nimmt jeder Dozent, warum übernehmen wir das? Wir haben gerade neue Umfragen gesehen, dass vieles an ökonomischer Lehre sozusagen prekär unterrichtet wird von Menschen, die wenig Geld dafür kriegen, die nur einzelne Semester oder semesterweise angestellt sind oder sogar nur einzelne Lehraufträge bekommen. Und diese Art der Lehre in dieser Standardisierung heißt, die ist unheimlich gut vorbereitet, es gibt alle Antwortbögen, es gibt alle Klausuraufgaben. Es gibt PowerPoint-Folien und so weiter, so dass da auch auf eine Standardisierung unter den heutigen Bedingungen der ökonomischen Bildung, was nachher auch wichtig ist, also ökonomisierten Bedingungen natürlich auch durchschlagend ist. Das andere, mit dem wir uns viel beschäftigen, ist die Frage politischer Wirksamkeit. Also gibt es Einflüsse zum Beispiel von Thinktanks, von Standardisierungs-Institutionen, eben eine bestimmte Form der Bildung zu propagieren, um schlicht und ergreifend Fragen auch aus der Gesellschaft auszublenden oder Menschen nicht mehr zu motivieren, diese Fragen zu stellen. Das ist ein schwieriges Feld. Das eine ist sozusagen, das nachzuweisen, gab es diesen Willen? Sie sagten ja, Verschwörung. Und das andere in dem Feld, wo ich mich eher bewege, weil ich dafür sozusagen nicht die Zeit und die Mittel habe, so was nachzuweisen und zu sagen, wie wirkt das tatsächlich? Um den Einzelnen zu befähigen, auch Entscheidungen zu treffen, sich anders bilden zu wollen, also eine andere Alternative zu gehen, indem er woanders studiert oder sich eben für ein anderes Studium dann entscheidet.
Also das zweite große Fach, was wir dabei haben, ist die Philosophie, die bestimmt nicht so stark eingeschränkt ist oder so einen starken Lehrkanon hat, wie das in der Ökonomie ist, wo wir aber auch da sehen, dass ganze Bereiche der Philosophie immer weniger gepflegt werden und der zunehmenden Dominanz der analytischen Philosophie und auch da ist es uns eben wichtig zu sagen, bestimmte Fähigkeiten, also Fähigkeiten Fragen zu stellen, Fähigkeiten sich selbst zu bilden, Fähigkeit Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen, dass auch da die Philosophie in dem Sinne eine kritische Stimme für die Gesellschaft zu sein, dass sie das in der Bildung eben auch nicht mehr oder nicht mehr überall erfüllen kann. Wie gesagt der andere Bereich ist diese Frage, Ökonomisierung von Bildung insgesamt, die ja eher die ganze Form, also ganze Struktur, ganze Organisation der Bildung trifft. Und das führt dann schon eher in die Frage, die Sie gestellt haben, warum gründet man eine neue Hochschule? Und das scheint uns wichtig zu sein. Gerade in einer Zeit der starken Veränderung, der Ökonomisierung, der Verwertbarkeit von Bildung, zu sagen, welche Form der Struktur innerhalb der Studiengänge braucht es, aber auch jetzt Finanzierungsfragen, Rechtskonzepte, die Frage der Stärkung oder Wiedererstarkung der Autonomie einer Hochschule, also Selbstverwaltung, Selbstbestimmung, dass das eben nochmal wie in einem Gesamtexperimentierfeld dann nochmals gestellt werden muss.
Also ich denke, was für uns wichtig ist, dass es eigentlich drei verschiedene Formen gibt, von denen die eine Form im Moment eben nicht besonders gepflegt ist, weswegen wir da auch reingegangen sind. Sie haben einerseits die staatlich organisierten Hochschulen, die ja auch oft unter dem Stichwort irgendwie der Massenuniversitäten firmieren, also das ist der eine Bereich, den kann man sich dann noch genauer angucken. Der andere Bereich der privaten Hochschulen ist der, der unglaublich stark ist, wo finanzielle Interessen dahinterstehen. Also die eher vom Markt her sozusagen dominiert sind. Das können Hochschulen sein, die schlicht und ergreifend mit Bildung Geld verdienen wollen, also eine bestimmte Rendite anstreben. Das dürfte langsam, ich habe die Statistik nicht genau, aber die meisten in Deutschland sein an Privathochschulen. Dann gibt es welche, die ein ideelles Interesse haben oder wirtschaftlich motiviert, dass sie eben bestimmte Ausbildungen sicherstellen wollen, sei es in der Pflege, in der Medizin, in der Logistik. Und dann gibt es diesen kleinen Bereich, der eben in Deutschland im Moment relativ wenig stark ist, was man akademische Selbstgründung nennt. Also wo der Ursprung der Idee ist zu sagen, wir als Kollegen, als Studierende, als Bürger haben eine bestimmte Vision von Bildung und wir wollen dafür Verantwortung übernehmen. Also jetzt nicht in einer einzelnen Lehrveranstaltung und nicht in einem Lehrbuch und nicht für ein einzelnes Modul, sondern wir wollen eine Organisationsform schaffen, die unserer Bildungsidee sozusagen gerecht wird. Und in diese Kategorie der akademischen Selbstgründung fällt die Cusanus-Hochschule und ist damit zumindest für die letzten Jahrzehnte ziemlich alleine, wenn nicht die einzige.
Also für mich waren viele Faktoren entscheidend, die Verantwortungsfrage. An der Hochschule, wo ich vorher war, hatte ich die Freiheit, Volkswirtschaftslehre so zu unterrichten, wie ich das für richtig und sinnvoll halte, auch unter starker Zustimmung der Studierenden. Und dann hat man eben eine Verantwortung erst mal für ein Modul oder für einen Teil eines Studiengangs und dann merkt man, die Studenten kommen ins Fragen, sie kommen ins Denken, man merkt, sie wollen große Wirtschaftsfragen bewegen. Und das Ganze quillt sozusagen über die eigenen Veranstaltungen hinweg und die Studierenden gehen woanders hin und sie wollen jetzt Hochschule mit gestalten, aufgrund eines Unterrichts, der Gestaltungsfragen thematisiert oder sie fangen an, weitere Fragen zu stellen an Voraussetzungen von Wissenschaft und ähnliches. Für mich war die Frage, kann ich das verantworten, wenn es das Umfeld dafür nicht gibt? Also wenn schon der nächste Kollege irgendwie diese Fragen nicht aufgreift oder sogar zurückweist oder wenn es eben Hochschulstrukturen, sei es staatlich oder sei es privat, die auf diese Gestaltungsanfragen von Studierenden überhaupt nicht reagiert. Und da zu sehen, wie können wir jetzt eine gesamte Hochschule bilden, die in gewisser Weise diese Verantwortung für lebendige Strukturen, für dynamische Strukturen, für gestaltbare Strukturen eben mit übernimmt.
Ja also es ist die Möglichkeit, Strukturen zu geben, um auch wirklich zu sehen, wie weit die eigenen Ideen tragen, also nicht zu selten wird ja auch einer Wissenschaft vorgeworfen, dass sie völlig weltfremde Ideen rüberbringt, die sich dann nicht realisieren lassen. Und jetzt zu sehen, dass ich mit einer bestimmt in den Wirtschaftswissenschaften einigermaßen ausgewiesenen kritischen Haltung eben auch zeigen kann, aber ich nehme Verantwortung für eine Struktur, das ist ein staatlich anerkannter Rahmen, in dem ich das mache, und damit wandelt sich sozusagen auch diese Struktur selber. Also das was wir tun ist nicht irgendwie eine Spinnerei außerhalb der Wissenschaft. Es ist auch nicht strikt in dieser Wissenschaft, sondern die Cusanus-Hochschule probiert immer wieder aus, zum Beispiel ist das jetzt akkreditierungsfähig oder ist das nicht akkreditierungsfähig. Ist es etwas, was gesellschaftlich so vermittelt wird, dass Menschen bereit sind, dafür Geld zu geben und zwar aus Freiwilligkeit und nicht vermittelt jetzt über Steuern, wo sie das gar nicht wissen oder aus einem eigenen Privatinteresse, wie das bei marktwirtschaftlich orientierten Hochschulen dann ist. Und für mich ist wichtig diese Mischung zwischen Beliebigkeit zu vermitteln irgendwie, auch in gesellschaftlichen Visionen, Sie sagten jetzt ja irgendwie, was hatten Sie gesagt, Revolution? Sondern auch zu sehen, was heißt es tatsächlich in einem gegebenen Rahmen, einem gesellschaftlich organisierten Rahmen so zu wirken, dass man sich selber Freiheiten schaffen kann und gleichzeitig auch sieht, dass Struktur und Ordnung Institutionen sich eben auch mit verändern können.
Also interessant ist es, dass es keine Idee eines einzelnen gewesen ist. Sondern dass wir von Vornherein mehrere Kollegen, also bestimmt im engsten Kreis fünf und dann deutlich mehr sozusagen drumherum, je nach Zählung und je nach Moment dieser Gründungsphase. Und dass es immer wieder dieses gemeinsame Gespräch war, einerseits nach der Möglichkeit, also ist das möglich und andererseits wie Sie ja eben fragen nach dieser Notwendigkeit. Vorausgegangen ist der Cusanus-Hochschule 2009 die Gründung der Kueser-Akademie Für europäische Geistesgeschichte, die schon sich die Frage gestellt hat, was brauchen wir für einen Rahmen für eine freie Forschung und dort eben dann einen Rahmen, einen Ort geschaffen hat für jetzt mittlerweile über 100 akademische Mitglieder, sich für akademische Forschung, für akademische Bildung und für gesellschaftlichen Dialog zu treffen und zu arbeiten. Was sehr erfolgreich gelaufen ist, auch an dem Standort von Bernkastel-Kues sozusagen also der Gründungsort, und in dem es dann immer sehr viele Gespräche und auch eine sehr große Arbeit an dem Bildungsbegriff gegeben hat. Immer wieder mit der Frage, braucht es jetzt nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre einen solchen neuen Ort? Und ein wesentlicher Punkt ist dann, bin mir jetzt von der Jahreszahl irgendwie nicht ganz sicher, aber so zwischen 2012/13, dass dann Studierende zu der Initiative dazugestoßen sind, die sich schon für eine alternative ökonomische Bildung, aber auch in der philosophischen Bildung engagiert hatten und uns dann auch diesen Mut und diese Überzeugung gegeben haben. Das ist nicht nur meine Erfahrung an 2-3 Hochschulen, sondern es ist jetzt eine bundesweite Bewegung, wo jetzt junge Menschen keine Orte mehr finden, wirklich mit ihren Fragen, gerade ihren Wirtschaftsfragen, in der Bildung aufgenommen und weitergeführt zu werden.
Genau, also wir haben Nikolaus von Kues, oder Nikolaus Cusanus, das beides meint den gleichen Herrn. Und natürlich haben wir aber über die Nähe zur Stadt hinaus haben wir den Namen jetzt nicht ohne Bedacht irgendwie gewählt. Vieles was wir in der Philosophie machen, was wir in der Geistesgeschichte machen, beschäftigt sich mit diesem Zeitraum, also ich rede jetzt so vom 15. Jahrhundert mit Nikolaus von Kuhs und mit der ganzen Frage, was dort damals passiert ist. Nikolaus von Kuhs ist ein Theologe, Philosoph auf der einen Seite, auch Universalgelehrter, er ist aber auch Diplomat und er ist derjenige, der tatsächlich weltliche Dinge gestaltet. Zum Beispiel ist sehr beeindruckend, wenn Sie nach Kues reinkommen, dass dort ein Stift steht, dass er noch zu Lebzeiten gegründet hat und dann nach seinem Tod vollendet worden ist. Es ist das erste, was für Altenpflege zuständig ist und zum Beispiel Einzelzellen hat. Also es ist ein Gesamtbau, aber der Einzelne wird jetzt im 15. Jahrhundert als Individuum angesprochen und er soll in Gemeinschaft aber als Individuum leben. Und der Nikolaus hat sich damit sehr viel beschäftigt, mit dieser Frage von Individualität, Kreativität, die aber immer in soziale Gemeinschaft eingebettet bleibt. Und er hat dafür Strukturen geschaffen, die über 500 Jahre gehalten haben. Also sowohl weltliche Herrschaft als auch kirchliche Herrschaft überstanden hat und die heute noch nach seinen Statuten sozusagen leben und funktionieren können.
Ja genau. Und das ist das eine, wenn man fragt, warum dieser Namensgeber? Also diese Verbindung von Wissenschaft und Praxis, was so funktioniert, denn diese Frage von Individueller Bildung in Gemeinschaft, also diese Frage Persönlichkeitsbildung, was viel mit Kreativität zu tun hat. Und dann hat er noch eine wunderschöne Figur geschaffen, das ist der Laie, das ist nicht mehr der Wissenschaftler oder der Theologe, der vernünftige Sachen oder über die Welt nachdenken kann, sondern er entwirft so eine Figur des Löffelschnitzers, der da seinen Löffel schnitzend über die Welt nachdenkt und auch wirklich zur Erkenntnis kommen kann. Und das sind einige wenige Denkfiguren, das können wir jetzt noch viel weiter ausführen, die uns dazu bewogen haben, diesen Namenspatron sozusagen zu wählen. Und dahinter steckt, dass wir gerade viel in der Philosophie eben auch eine Cusanus-Forschung tatsächlich an der Hochschule haben. Also die sich mit der ganzen Zeit und mit ihm und mit seinen Editionen und seinen ganzen Schriften beschäftigt.
Was sind denn das jetzt für Leitmotive, die Sie im Wesentlichen jetzt voranstellen würden, wenn es jetzt um die konkrete Idee der Gründung dieser Hochschule ging? Also es war ja sozusagen ein gewisses Defizit sozusagen in der Art und Weise wie man arbeiten kann oder auch vielleicht in der Art und Weise wie sich Studenten in die Lehre selber auch einbringen können. An dem Punkt, wo sozusagen jetzt diese Erkenntnis reifte bei allen Beteiligten rund um diesen Verein, auch wirklich zu sagen, okay, das was wir jetzt hier eigentlich anstreben, können wir am besten eigentlich in einer komplett eigenen Hochschulstruktur erreichen und den wie ich vermute ja nicht ganz einfachen Schritt dahin, das zu machen, dieser Aufwand lohnt sich. Was sind denn so die Leitmotive, die Sie sagen würden, die jetzt quasi diese Cusanus-Hochschule konkret ausmachen? Also was ist sozusagen das Designziel gewesen in Hinblick auf diese neue Entität? Was sollte sozusagen diese Hochschule leisten oder verkörpern, was jetzt so bei anderen Strukturen nicht da war?
Also wenn Sie auf die Strukturen kommen, dann denke ist so eine der wichtigen Sachen, wie wir es im Moment ausdrücken, zu sagen, wie kann Bildung Teil tatsächlich der Bürgergesellschaft sein. Bürgergesellschaft heißt selbstbestimmt, selbstorganisiert und das nicht in Beliebigkeit, sondern konsequent am Allgemeinwohl ausgerichtet. Der staatliche Sektor ist damit sozusagen immer schon erst mal raus und auch ein reines Gewinninteresse oder ein reines Selbstinteresse einer Gründung ist damit sozusagen unmöglich gemacht. Also das ist für uns wichtig. Und dann zu sehen, wie kann man in Bildung Selbstbestimmung, Selbstorganisation wie lässt sich das tatsächlich umsetzen? Also wenn Sie zum Beispiel, wo wir vielleicht noch drauf kommen, eben bei der Frage der ganzen Rechtskonstruktion, also was ist jetzt eine solche Hochschule? Dann ist in Deutschland immer völlig klar, eine Hochschule besitzt sich nicht selbst, sondern sie hat eine Trägerstruktur darunter. Was auch schon den Wissenschaftsrat und andere dazu veranlasst hat zu sagen, dann haben Sie immer dieses Problem des Durchregierens, also wenn Sie immer jemand anderem gehören, dann ist immer die Frage, was derjenige, dessen Besitz oder Eigentum Sie sind, eben zu sagen. Sei es jetzt irgendwie untergeordnete Stiftungen, die also drunter sitzen oder sei es der Staat. Also das scheint uns eine wichtige Frage zu sein, die dann eben auch wieder in diese Finanzierungsfrage geht. Also wenn Sie selbstbestimmt, selbstorganisiert sind, dann haben wir wie andere Teile der Bürgergesellschaft natürlich auch die Frage, von wem bekommen Sie das Geld? Also wer versteht das, dass Sie diese Art von Unabhängigkeit brauchen? Auf die Hochschule selber gesprochen ist dann eben auch wieder die Fähigkeit und der Wille vor allen Dingen jetzt von den Kollegen, aber auch von den Studierenden, tatsächlich Verantwortung übernehmen zu wollen und zu können. Wenn Sie heute auf staatliche Hochschulen gucken, sie es unter den Hochschulfreiheitsgesetzen oder auch noch unter einem anderen Namen, dann wird ja die Autonomie derjenigen, die eigentlich das akademische Geschäft machen, konsequent beschnitten. Also früher hatten sie alle Entscheidungen beim Senat und beim Präsidium und heute über Hochschulräte und ähnliches wird ja diese Autonomie immer weiter beschnitten. Im privaten Bereich haben Sie immer wieder Probleme, dass ein Senat zum Beispiel noch nicht mal den eigenen Präsidenten oder den eigenen Kanzler bestimmen kann. Und auch hier für uns wieder, was heißt es uns Akademiker selbst zu befähigen, die Entscheidungen, die uns angehen, auch tatsächlich treffen zu können.
Ja genau. eine Eigenträgerschaft, die ja auch immer dann, dadurch dass sie ja in die Gesellschaft reinwirken müssen, also eine Bürgergesellschaft oder ein Akteur in der Bürgergesellschaft muss ja immer vermitteln den Sinn, also was man dort macht. Also es ist nicht unbedingt ein Zweck, aber die ganze Frage der Sinnhaftigkeit und in die Verantwortung stellen wir uns eben auch. Also wenn wir nicht klarmachen können, warum gibt es uns, wozu braucht es uns, dann würde die Unterstützung aus er Bürgergesellschaft sozusagen abnehmen und dann werden wir auch verschwinden und verschwinden müssen. Ja und das heißt also auch immer wieder zu sagen, also selber jetzt über Bildung, über unsere eigenen Vorstellungen, über die Bildungspolitik in Deutschland und darüber hinaus aufzuklären, um immer wieder deutlich zu machen, warum braucht es uns eigentlich? Wenn Sie weite nach den Visionen fragen, dann kann ich sagen, das ist jetzt sozusagen der Boden, auf dem einerseits eine unabhängige Forschung entsteht, die sich tatsächlich mit Gesellschaftsfragen auseinandersetzt. Und der zweite und eben auch wichtige Punkt, Forschung hätte man auch woanders machen können, ohne eine staatlich anerkannte Hochschule zu haben, ist eben die Lehre. Und wirklich zu sagen, wie können wir heute Persönlichkeitsbildung in Verantwortung für Gesellschaft und Gemeinschaften tatsächlich ermöglichen.
Also die ersten Gespräche mit dem Land, was ja dann diese staatliche Anerkennung aussprechen muss, so Ende 2013 geführt. Und das Ganze führt tatsächlich auf ein sehr interessantes bildungspolitisches Feld. In allen Ländergesetzen sind private Hochschulen, die Gründung von privaten Hochschulen erlaubt und sie sind an bestimmtem Voraussetzungen gebunden, die interessanterweise gar nicht so viele Paragraphen sind. Also in Rheinland-Pfalz ist das der Anerkennungsparagraph, gerade einer, und der hat sieben Unterpunkte. Ist also erstaunlich schlank gehalten, zumindest erst mal in der Theorie und mittlerweile ist aber natürlich diese ganze Frage, wer darf bilden, wer darf akademische Lehre betreiben, ein hoch umstrittenes. Wo es schlicht und ergreifend auch um Zutrittsbeschränkungen geht. Und es ist eine ganze Armee hätte ich jetzt fast gesagt, eine ganze Gruppe von unterschiedlichen Institutionen damit beschäftigt, dem Staat zu helfen, diese Entscheidungen zu treffen. Bzw. ihm auch zu sagen, wer diese Entscheidung treffen soll. In Deutschland sind es die Akkreditierungsagenturen, die jetzt gerade mit dem Bundesverfassungsgericht, die haben ja gesagt, diese ganze Akkreditiererei ist da vielleicht nicht so dasjenige, was gebraucht wird. Das wird sich also wahrscheinlich verändern müssen. Aber bei uns waren es die Akkreditierungsagenturen, die sind privat. Die gucken sich die Studiengänge an, ob die richtig modularisiert sind und die richtigen Ziele und die richtige Berufsfertigkeit und alles möglich haben. Und dann wird heute noch in den allermeisten Fällen oder in nahezu allen Fällen, der Wissenschaftsrat noch angerufen. Das ist so ein eher auf Bundesebene aufgehängtes Gremium, was alle Länder berät, und das wird dann eben auch noch angefragt. Und die selber wieder die neuen Kataloge sprechen dann nicht mehr von sieben Prüfpunkten, sondern von ungefähr 50 Prüfpunkten, wo man sozusagen überall was dazu zu sagen hat. Und das macht es sozusagen relativ kompliziert. Insgesamt ist es aber noch ein Verfahren, das ja grundgesetzlich geschützt ist, eben durch die Freiheit von Wissenschaft, also Freiheit von Forschung und Lehre, Freiheit von Wissenschaft, die auch immer die institutionelle Wissenschaftsfreiheit ist. Also nicht nur die Freiheit, was darf ich als Individuum machen und schützt mich der Staat vor meiner Universität oder vor meinen Kollegen oder vor der Öffentlichkeit, es ist auch ein Schutz, also staatsabwehrgerichtet nennt man das, das ist ein Schutz gegen den Staat. Wissenschaft betreiben zu dürfen, auch in Strukturen außerhalb des Staates, und das haben wir eben auch stark gemacht. Die Sache, es geht um die Frage, wie dürfen sich Menschen zusammenschließen, um eben auch diese Bildung zu betreiben. Richtig ist, dass ohne staatliche Anerkennung keine Hochschule möglich ist. Also man darf den Namen noch nicht mal führen. Und das heißt nicht, dass man nicht Wissenschaft also Forschung machen darf, sondern es geht um die Frage der Lehre. Also kein Studiengang wird angeboten von einer nicht staatlich anerkannten Hochschule.
Ganz klares Kriterium, was leider immer wieder missachtet worden ist und deswegen ja auch zu einer Diskreditierung der privaten Hochschulen meines Erachtens völlig zu recht geführt hat ist, sie müssen ein Finanzkonzept so vorlegen, dass die Studierenden, die sich an einem bestimmten Tag einschreiben, auch zu Ende studieren können. Also die Studierenden können ja nicht wissen, wenn man jetzt irgendwie ganz tolle Werbung macht und die finden das ganz toll und die alternative Hochschule, die können ja überhaupt nicht absehen, ob wir die Finanzen haben, um diese Studiengänge auch durchzutragen. Das sind also ganz klare Vorgaben. Wir haben eine große Ausfallbürgschaft. Das heißt wenn wir den Laden dicht machen müssen, dann kommt ein Dritter und zahlt das so lange, bis diese Studiengänge fertig sind. Dann haben die Studierenden immer noch einen Imageverlust, aber sie haben nicht irgendwie diesen Zeitverlust, sondern sie können auf jeden Fall zu Ende studieren. Das sind also Sachen, die völlig klar sind. Dann gibt es Fragen, was ich schon andeutete, dass eine Hochschule in Deutschland ja eine Trägerstruktur braucht. Und das trotzdem die Freiheit von Wissenschaft gewährleistet bleibt. Also dass man jetzt nicht zum Beispiel einen Träger, ich möchte jetzt keine Namen nennen, aber nicht ein großes Unternehmen darunter setzt und die einfach komplett die Studiengänge und die Forschung sozusagen bestimmen, dass alles nur noch Auftragslehre, Auftragsforschung ist. Und da ist auch der Wissenschaftsrat ausgebildet, solche Sachen eben zu sehen.
Genau so. Und dann sind es Fragen, eben auch, wie organisiert man also die ganze Selbstbestimmung. Dann müssen Sie alle Ordnungen vorlegen. Also es muss ja alles neu geschaffen werden. Wenn Sie an eine normale Hochschule gehen, dann haben Sie eine Einschreibeordnung, eine Prüfungsordnung, einen Aufnahmeordnung, eine Grundordnung, eine Berufungsordnung, Qualitätssicherungsordnung, Gleichstellungsordnung und so weiter, das muss alles neu geschaffen werden. Dafür gibt es teilweise auch wieder Gesetzesvorgaben oder zumindest Normierungen, die dann irgendwie eingehalten werden müssen. Dann kann es eben andere Bereiche geben, wo man sich dann trefflich streiten kann, darf der Staat dazu was sagen? Also zum Beispiel das Programm. Also sozusagen wir möchten jetzt Ökonomie auf die und die Weise unterrichten. Dann muss der Staat sehen, ist das ein wissenschaftlicher Standard? Auch zum Schutz wieder der Studierenden, dass man jetzt nicht irgendwelches esoterisches Zeug oder irgendwie so was lehrt. Aber das können Sie sich jetzt vorstellen, das sind Graubereiche. Dass wir sagen, das ist wissenschaftlich etabliert, das entspricht aber genau nicht dieser Standardisierung, sonst bräuchte ich keine private Hochschule aufzumachen, und dann kann es eben schon mal, und hat es auch Diskussionen gegeben, um eben solche Fragen der Ausrichtung, wo dann eben zwischen Freiheit und Ansprüchen von möglichen Gruppierungen dann eben auch getrennt und entschieden werden muss.
Also Sie haben mich ja vorhin nach Gründen gefragt, warum man einen Hochschule gründet und erst mal ein bisschen abstrakt gesprochen war das genau einer. Also die Verantwortung wahrzunehmen und zu gucken, was lässt sich jetzt tatsächlich umsetzen, also was ist gesetzlich verboten und was ist gesetzlich erlaubt oder liegt das Problem im Moment in der Bildung wo ganz anders. Und meine Forschung ist auch in dem Bereich, was man heute Soft Governments nennt, das sind eigentlich Rahmen, das sind keine Gesetze, also in denen klar was geboten wird, sondern es sind so Rahmenwerke, Anreize, stillschweigende Übereinkünfte, Entscheidungen, die nicht ganz im demokratisch legitimierten Rahmen getroffen werden, Beratungsorganisationen und Bologna hat viel mit dieser sogenannten Soft Governments zu tun. Es ist ja relativ wenig auf demokratischer Ebene überhaupt beschlossen worden. Man sitzt dann da als Kollege zusammen mit anderen Kollegen und hört immer nur, ja nein das geht nicht oder das kann man irgendwie nicht machen. Und die Frage ist eigentlich, wer hat das verboten und wer hat versucht, das wirklich zu verhindern? Und Soft Governments gerade in neoliberaler Couleur heißt ja immer auf so eine bestimmte Form des Selbstgehorsams zu vertrauen. Also man macht was, weil man denkt, ja es wird schon richtig sein und ich darf das auch gar nicht anders, aber es ist so ein bisschen eine Verbeugung vor einer Macht, die man gar nicht kennt und die auch gar keine sichtbare Gestalt hat.
Ja so eine Art und das ist natürlich in Strukturen, wo dann eine solche Autonomie und Selbstorganisation nicht gestärkt ist, wo dann auch der Einzelne gar nicht weiß, wo er sich hin richten soll. Und das ist für uns eben wichtig, dass wir uns da einig sind. Dass wir sagen, so das ist das, was wir für richtig halten und wir gucken, was muss jetzt tatsächlich umgesetzt werden und was muss nicht umgesetzt werden. Zum Beispiel, ganz einfaches Beispiel, ja man muss heute Studiengänge modularisieren, also man muss die in kleine Häppchen sozusagen verteilen und ausweisen. Was eine ganz Idee einer Bildungsbiografie teilweise ad absurdum führt. Es hat aber niemand behauptet, dass man diese Module nicht wieder zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügen kann, wenn sich die Kollegen kennen. Wenn man Übergaben sozusagen zwischen einzelnen Blöcken macht. Dann haben wir heute natürlich schon Studiengänge, die eine gesamte Bildungsidee und auch eine Bildungsentwicklung verfolgen. Wir sind trotzdem darauf angewiesen, das modular sozusagen abzufragen. Das heißt immer wieder, wie kann man mit solchen Gestaltungsmöglichkeiten umgehen, wie kann man den möglichen Rahmen ausschöpfen und wo zeigen sich tatsächlich staatlicherseits wirkliche Gesetze, wo man sagt, nein hier ist ein Punkt überschritten, wo wir bestimmte Sachen nicht machen dürfen. Und interessanterweise ist dieser Punkt, wo man wirklich sagt, nein wir würden gegen ein Gesetz verstoßen, mit einer Idee freier Bildung, uns bis jetzt nicht begegnet ist. Es sind uns allerdings einige Punkte begegnet, wo Leute uns einreden wollten, dass ein gesetzlicher Rahmen überschritten ist. Also das schon.
Also wenn man jetzt erst mal von den Kollegen ausgeht, dann sind wir im Moment sechs Kollegen, im Moment kommen noch zwei dazu. Also zwei Professoren, die wir gerade berufen und dann mussten wir leider aus Gesundheitsgründen musste unser Gründungspräsident uns verlassen. Das heißt wir sind jetzt dabei, wir haben gerade den zweiten Präsidenten gewählt. Und deswegen werden wir in diesem Kollegium dann zwischen acht und zehn Leuten dann relativ schnell sein. Wir kommen aus unterschiedlichen Disziplinen. Also jetzt im Institut für Ökonomie haben wir alle ein ökonomisches Standbein. Wir sind als Volkswirte ausgebildet. Dann kommt bei mir zum Beispiel die Philosophie dazu, weil Walter Ötsch die Kulturgeschichte... Jetzt wird jemand kommen für Institutionsforschung, also auch mit einem soziologischen Schwerpunkt. Das ist uns also immer wichtig, dass man wirklich auch diese Biografie von Vielfalt tatsächlich auch selbst lebt. Erfahrungen eben in interdisziplinärer Forschung, in gesellschaftsrelevanter Forschung das ist wichtig. Und um diesen Kern herum haben wir viele in staatlichen, hauptsächlich staatlich aber auch privaten, Hochschulen, die uns unmittelbar helfen. Man braucht ja zum Beispiel ein Gründungssenat. Also man hat ja erst mal gar nicht genug Professoren, um den Senat selber zu bestellen. Dann kommen also von anderen Hochschulen Externe dazu, die dann als Senatoren erst mal fungieren. Und Kuratorium, Beiräte, so dass insgesamt jetzt schon von Verantwortungsträgern um diesen engen Kreis von acht Leuten bestimmt 15-20 Professoren und Kollegen aus Wirtschaft und Gesellschaft drum herum sind. Dann sind wir die erste Hochschule, die einen Studierenden Verein gehabt hat, bevor es überhaupt die Hochschule gab, das war rechtlich auch irgendwie relativ knifflig. Die waren dann alle an der Kueser-Akademie noch in Zertifikationsstudiengängen. Also wir haben einen Studierenden Verein, der für Stipendien zur Lebenshaltung eintritt. Für das ganze kulturelle Umfeld, der Wohnraum geschaffen hat vor Ort. Das ist also auch eine ganz starke Initiative, die jetzt auch schon eigene Bildungsangebote macht, um Studierenden anderer Hochschulen eben auch einen Zugang zu ermöglichen. Dann haben wir einen Kreis natürlich von Förderern um uns rum, die größere Institutionen, Privatspender sind auch irgendwie schon mittlerweile um die 20-30, so dass da eben auch wieder ein großes Feld entsteht von Menschen, die mitwirken.
Also es ist das letztere. Also ich denke es ist wie bei jedem Startup, Sie verbinden erst mal in unserem Fall jetzt die Inhalte, also die Disziplinen mit den Menschen und dann müssen Sie – und in der Phase sind wir jetzt – wo man dann eine Institutionalisierung braucht. Wo man sagt, das ist das, wie wir Disziplin entwickeln wollen und wir suchen und jetzt auch die Menschen dazu. Aber erst mal ist es wirklich eine Gruppe, die länger schon zusammen gearbeitet hat in Lehre und Forschung und die sich auch über Jahre dieses Vertrauen erarbeitet hat, dass Ökonomie und Philosophie zusammengehören. Was jetzt ja auch nicht irgendwie so trivial ist. Also dass man sagt, das ist wirklich das was uns wichtig ist und dass wir gemeinsam in der Kueser-Akademie und eben in den Feldern, wo wir gewirkt haben, das zusammen gegründet haben, was wir Studia Humanitatis nennen, also wirklich ein allgemeinbildendes Studium, was nicht völlig unverbindlich ist, wie an anderen Hochschulen, sondern jetzt wirklich auf die Entwicklung der Persönlichkeit in einem gesellschaftlichen und kulturgeschichtlichen Kontext wirkt. Und das hat schon sehr viel mit Biografie zu tun. Also jetzt soziale Biografie, also welche Leute sind an welchem Ort zusammen. Und jetzt sind wir eher in der Phase eben zu sagen, nicht ganz unabhängig wer es macht, aber das und das braucht eine Hochschule, um sich langfristig aufzustellen. Und sie muss auch notfalls auf Personen, also nicht nur notfalls, also erst notfalls und später dann auch selbstverständlich auf bestimmte Personen verzichten können. Im Moment ist es natürlich wie bei jeder Gründung, dass Personen und Vertretung des Fachs noch sehr sehr eng zusammenhängen.
Nein also wir haben jetzt die Studiengänge. Wir haben letztes Jahr angefangen mit einem Master in Philosophie und einem Master in Ökonomie, die werden jetzt fortgeführt und aufgebaut und es starten im Herbst jetzt die Bachelor für Ökonomie und Philosophie, also den gleichen Fächern, die einen gemeinsamen Schwerpunkt haben, das ist soziale Verantwortung. Und das ist es jetzt erst mal und das ist auch das was staatlich anerkannt wurde. Das heißt also, dass wir im Ausbau, wie man so schön sagt, also wenn die Studiengänge aufgebaut sind, was im Bachelor jetzt drei Jahre dauern wird, dann würden in dieser Konstellation alleine 250 Studierende ungefähr haben. Ausgeschlossen ist weder von uns noch jetzt von staatlicher Seite eine Ausweitung des Fächerspektrums. Was auch immer schon mal wieder in der Gründungsgeschichte überlegt worden ist. Also es gab mal von Seiten der Region aus die Frage, ob wir Therapie und Pflege machen könnten, weil sich das gerade akademisiert, dadurch dass wir Ökonomisierung viel machen, auch eben im Bereich der Medizin, der sozialen Arbeit und Pflege wäre das jetzt nicht völlig fern gewesen. Auch von der philosophischen Ausrichtung wäre das nicht fern gewesen. Es hatte sich dann aus ganz unterschiedlichen Gründen irgendwie zerschlagen und das wird auf jeden Fall eine wichtige Arbeit der nächsten Jahre sein, was passt jetzt? Also ist das noch ein politischer Studiengang oder ist es einer für Journalisten, oder was auch immer das dann sein kann. Aber es ist jetzt erst mal tatsächlich eine Hochschule, die sich in Ökonomie und Philosophie spezialisiert hat. Abgesehen davon, dass wir gerade die Ökonomie selber eben wieder auf ihren Gegenstandsbereich fokussieren wollen. Also nicht mehr sagen, Ökonomie heißt, eben eine bestimmte Weltsicht irgendwie zu pflegen, sondern Ökonomie heißt, auf Wirtschaftsfragen aus verschiedenen Perspektiven zu gucken, so dass wir natürlich Soziologen, Kulturhistoriker und so weiter von Vornherein dabei haben.
Genau und das ist eine der wichtigen Sache, die wir also auch pflegen, dass viele uns gesagt haben, sie sind nach dem Abitur zum Beispiel ins Ausland gegangen, es sind viele die im Ausland bei uns waren. Die dann mit Fragen von Armut, von Ungerechtigkeit, von Umweltzerstörung konfrontiert worden sind, wirklich große Fragen hatten. Merken, das hat alles mit Wirtschaft zu tun. Es bringt jetzt also nichts irgendwie einen anderen Bereich zu studieren und dann gemerkt haben, dass dieses Studium ihnen über diese Fragen nicht nur keine Auskunft gibt, sondern ihnen die eigentlich abgewöhnt. Und dass viele, die jetzt bei uns sind, irgendwie sagen, jetzt lerne ich, überhaupt wieder Fragen zu stellen und ich traue mir das zu und damit auch ihre eigenen Forschungsprojekte finden und dann bei uns eben auch bearbeiten. Und wenn Sie jetzt sagen, was ist der ideale Student? Dann würde ich erstens sagen, wir lassen uns gerne überraschen, aber das zweite ist tatsächlich, wirklich eine eigene Motivation, eine eigene Fragestellung mitzubringen. Etwas einen bewegt und was man bearbeiten will. Und wo auch eine bestimmte Widerständigkeit auch einer Bildung entsteht. Das man sagt, das möchte ich unbedingt raus finden. Deswegen haben im Master ein Drittel für Forschungsprojekte reserviert für die Masterarbeit. So dass Studierende wirklich an dem was sie selber bewegt arbeiten können und gleichzeitig an etwas, was sie bewegt, was ja nicht so einfach ist, auch wissenschaftlich tatsächlich handhabbar zu machen und wissenschaftlich zu bearbeiten.
Was auf den ersten Blick so merkwürdig wirkt, auf den zweiten Blick scheint mir das sogar ganz sinnvoll. Dass man also auf der einen Seite diesen Masterstudiengang – man muss ja sozusagen auch selber erst mal ein Gefühl dafür entwickeln, wie gestaltet man konkret diesen Studiengang, der letzten Endes Ausdruck des eigentlichen Kernziels der gesamten Unternehmung ist und wenn man das sozusagen von der eigenen Forschung her nimmt, dann dockt ja sozusagen der Student auch sehr viel näher jetzt erst mal an dem Lehrenden Team an, man trifft sich sozusagen genau an der Stelle, wo beide eigentlich primär dran arbeiten und was ja auch den stärksten Ausdruck hat für die eigentliche Intention des Projektes. Und so etwas wie ein Bachelorstudiengang ist ja dann letzten Endes sozusagen die Konsequenz aus dieser Arbeit. Dass man sagt, okay jetzt haben wir in etwa umkreist, da wollen wir hin, da sind sozusagen die Schwerpunkte, die wir sehen, und auch die Ziele, die wir verfolgen. Und so müsste man dann quasi einen beginnenden Studierenden aufnehmen und in diese Zielrichtung hinführen.
Der Master, wie Sie sagen, das sind ja Leute, die alle akademische Bildungserfahrungen haben. Die zum Beispiel durch ein normales volkswirtschaftliches Studium irgendwie durchgelaufen sind. Die anderen sind die, die ein fachfremdes Studium gemacht haben und sich jetzt über Ökonomisierung bilden wollen. Aber da ist ja sozusagen viel mehr da an Substanz, mit der man abrieten kann. Die Bachelor sind für uns jetzt also eine sehr spannende und sehr wichtige Herausforderung, aber sie hat eben noch ein Jahr bedurft, auch wenn die Studiengänge schon längst akkreditiert waren. Jetzt wirklich zu sagen, den gesamten akademischen Bildungshorizont zu gestalten, wir haben noch kein Promotionsrecht, aber das werden wir irgendwann anstreben, dass man jetzt sagt, jetzt ist wirklich ein Bildungsentwurf über die fünf Jahre. Das heißt ich kann nicht mehr darauf vertrauen, dass sie eine Bildung woanders gehabt haben, die ich vielleicht kritisiere und dann sozusagen was anders mache, sondern ich trage jetzt Verantwortung für eine gesamte akademische Bildungsbiografie. Das sind eben die Entscheidungen, jetzt wieder auf den Ökonomie-Studiengang gesprochen, was ist wirklich dasjenige, was wir wollen und was einer als akademische Ausbildung in diesem Bereich erfährt. Das heißt also, dass wir einen Studiengang ins Leben jetzt bringen, der interdisziplinär ist, der aber eine grundständige Ausbildung mit einem wirklichen Realitätssinn sozusagen bietet, was ist das was wir heute über Wirtschaft und wirtschaftliche Institutionen wissen müssen oder wissen sollten als Bürger und zukünftiger Entscheidungsträger? Was ist die gesamte relevante Bandbreite an Perspektiven auf diese zentralen Fragen und wie schärfen wir den Geist dafür, dass die Reflexion auf die eigenen Perspektiven, also auf das eigene Denken und die Veränderung des eigenen Denkens dann zentral sind. Und auch wieder im Master, dass wir Bachelor befähigen wollen, eben wirklich sich selbst zu bilden. Also nicht abstrakt, da gibt es irgendwie die und die Denkwerkzeuge, sondern über Projekte, über Werkstätten zu sagen, was möchtest du selber entwickeln? Was sind deine Fähigkeiten, die die wichtig sind?
Nein also der Philosophiestudiengang im Bachelor ist philosophisch geprägt, also der hat das klassische Instrumentarium, Phänomenologie, Hermeneutik, Erkenntnistheorie, Ethik. Die dann aber eben, was man früher Nebenfach sozusagen genannt hätte, also von Vornherein das was man früher Grundstudium genannt hatte, heute nicht mehr gibt, aber in den ersten zwei Semestern durch eine ökonomische Perspektive ergänzt wird. Und dann haben wir ein drittes und viertes Semester, wo die beiden Studiengänge zusammen studieren, aber jeweils aus ihrer Perspektive und das auch betonen. Das heißt, dass die einen ein philosophisches Instrumentarium fruchtbar machen, um zum Beispiel auf ein Ökologieproblem zu gucken, während die Ökonomen dann eben ökonomische Perspektiven dann reinbringen. Also es geht eher darum, es ist eine reine, hart gesagt, weltfremde Philosophie sozusagen und gibt es tausende von Verästelungen, von Methoden und Untergruppen und Unterschulen. Oder sagen wir, es gibt eine grundständige philosophische Bildung, die dann an Weltfragen fruchtbar gemacht wird. Und in unserem Fall sind das dann eben stark auch für die Philosophen ökonomische Fragestellungen.
Also so, du darfst das machen, wenn du uns kein Geld kostet. Das war auch relativ deutlich. Und auf der anderen Seite haben wir natürlich immer wieder Anfragen von Unternehmen, ja kannst du nicht irgendwie dies machen oder so und so die Leute bilden. Also die Frage so, was nützt mir das? Und wenn die Nützlichkeit für ein Unternehmen garantiert ist, kriegen wir auch Geld, funktioniert jetzt bei Bürgergesellschaft auch nicht so richtig. So dass wir darauf angewiesen sind, Bürger, also Privatpersonen, Unternehmen und Stiftungen zu gewinnen für diese Idee freie Bildung. Uns ist das bis jetzt äußerst erfolgreich gelungen. Wir haben die ganze Gründungsphase ohne einen Cent Schulden überstanden. Also wir sind ja gemeinnützig tätig, wir brauchen also auch keine Gewinne zu machen. Wir sind eine unselbständige Stiftung, größtenteils eine Verbrauchsstiftung, somit dass wir keinen Millionen Kapitalstock so hätten, sondern man kann es sich eigentlich vorstellen wie so einen Verein, also man muss das erwirtschaften pro Jahr, was man wieder ausgibt. Und das sollte eine Perspektive haben, weil ich ja sagte, die Studenten brauchen ja die Sicherheit, dass das auch weitergeht. Und im Moment sind wir dabei, aus dieser Gründungsphase hinaus, Bürgerstiftungen und Organisationen, auch Unternehmen, wenn sie es freigeben natürlich, also nicht an einen Zweck koppeln, für diese Finanzierung der Hochschule zu gewinnen. Das also auf ein dauerhaftes bürgerliches Fundament zu stellen. Das ist jetzt also gerade die Herausforderung, die wir haben. Und in diesem sagen wir immer, also auch die Studierenden sind über diese Studienbeiträge aufgerufen, einen Teil dieser bürgerschaftlichen Finanzierung eben aufzubringen. Und wir versuchen, die Studiengebühren im Vergleich zu anderen Privathochschulen sowieso deutlich moderat zu halten, aber wir sind nicht fähig, sie wie bei staatlichen Hochschulen auf Null sozusagen abzusenken.
Wahrscheinlich hat man, vielleicht ist es auch Anfängerglück, ich habe es nicht als so schwierig empfunden. Also jetzt vielleicht wieder den institutionellen Schritt zu machen und zu erklären, eine Hochschule wird nie groß. Also es ist nicht nur der Anfang, der finanziert werden muss, sondern wenn wir nicht wollen, dass es vom Portmonee der Studenten und deren Eltern abhängig ist, wir brauchen jedes Jahr dieses Geld, dann werden wir darüber jetzt irgendwie reden müssen. Es sind Stiftungen, die besorgt sind über den Zustand der Bildung und es sind auch mit kleineren Spenden, oder größeren teilweise, mittelständische Unternehmen dabei oder unternehmensnahe Stiftungen und Bürger, die merken, dass das was man ihnen versprochen hat mit Bologna, dass sie mittlerweile die ersten Leute haben, also sich bewerben und denen zum Beispiel bestimmte Persönlichkeitsaspekte fehlen. Also eine Frage von Engagement, von Aufnahmefähigkeit, von Kreativität. Und die verstehen, dass sie sagen, sie können uns jetzt nicht wieder vorschreiben, was sie da eigentlich brauchen, sondern es braucht eine Freiheit des Akademischen, um wieder überhaupt kreative, schöpferische Menschen zu bilden. Unternehmen selber, die besorgt sind über den Zustand der Wirtschaft, beispielsweise die Zunahme der Frage der Dominanz der Finanzmärkte, was mittelständische Unternehmen auch nicht besonderen sozusagen beruhigend finden und selber auch merken, eigentlich haben sie gerade Gründe, eine soziale und eine ethische Perspektive reingebracht. Also sie verspüren eine Verantwortung für Mitarbeiter, beispielsweise für den Standort, für die Region und jetzt in der ganzen Frage Unternehmensnachfolge auch wieder sagen, welchen jungen Leuten soll ich das eigentlich übergeben können? Und dann sind es natürlich Stiftungen, die selber Bildung als Zweck von Vornherein haben, die dann Stiftungsprofessuren übernehmen, die also das Geschäft sozusagen irgendwie verstehen. Dann sind es Unternehmer aus der Region, vielleicht auch mit kleineren Beträgen, aber sehr konstant über Jahre, also monatlich hinweg, die dabei sind. Also wo wir sagen, oder aus dem was wir erlebt haben sagen, dass eigentlich eine bürgerschaftliche Finanzierung oder Finanzierung aus der Bürgerschaft, wie unter einem Stichwort 1000 mal 1000 also sehr gut möglich ist. Sozusagen eine Grundfinanzierung dieser Hochschule kann durch ein breites Fundament, sinnbildliches gesprochen, von 1000 Leuten, die 1000 Euro im Jahr geben, auch sichergestellt werden.
Also es steht fest und es steht auch auf der Homepage und wir überlegen gerade Änderungen vorzunehmen, um eben noch deutlicher auf dieses bürgerschaftliche Engagement zu setzen und das deutlich nochmal abzusenken. Das ist jetzt gerade in der Entscheidung, also wir sind jetzt beim Bachelor schon bereits bei unter 500 Euro und es geht jetzt die Überlegung, das nochmal deutlich Richtung was von 300 Euro zu senken. Pro Monat, pro Student. Das liegt aber immer daran, und das müssen wir immer deutlich machen, diese Gelder müssen da sein, vom Staat kriegen wir sie nicht oder im Moment noch nicht oder wie auch immer man das nennt und wir werden es nicht verzwecklichen. Also wir werden keine Gelder annehmen, die an einen bestimmten Zweck irgendwie gekoppelt sind. Und dass deswegen natürlich die Studienbeiträge der Studierenden ja auch für eine Unabhängigkeit sozusagen stehen. Das ist dann nur die Frage, wie groß muss sozusagen diese Säule sein.
Pro? Das ist eine ökonomisch-philosophische Frage, die man an der Stelle beantworten muss in gewisser Hinsicht. Und es ist auch sozusagen dann fest mit dem Kernthema auch schon wieder verbunden, weil sich ja dann auch Fragen wie Gerechtigkeit und natürlich dann auch in gewisser Hinsicht so eine Heterogenität des Studierendenfeldes mehr oder weniger davon ja auch ableiten lassen.
Genau. Genau, wir sind zum Beispiel sehr glücklich, dass der Studierenden-Verein selber unterwegs ist und die ganze Frage der Bedürftigkeit zumindest bei den Studierenden, jetzt sind es ja noch nicht so viele, unter sich selber regelt, so dass wir da nicht mit formalen Kriterien und Einkommensnachweisen und was weiß ich ran gehen müssen, sondern dass die Studierenden es selber schaffen, auch selber schaffen, wirklich Gelder einzuwerben, um Stipendien für Lebenshaltungskosten bereitzustellen, so dass wir uns eben auf diese Frage der allgemeinen Verträglichkeit sozusagen von Studiengebühren, also wo ist die Grenze, die möglich ist, und was kann ein privates Umfeld sozusagen geben, ohne dass das Portmonee entscheidet. Dass wir das jetzt suchend sozusagen abtasten müssen. Und Sie haben natürlich recht, und das ist ja auch das Vergnügen an einer solchen Hochschulgründung, dass das natürlich Forschungsthemen sind, die jetzt wie Sie sagen mit ethisch-philosophischen, aber auch einfach mit knallhart ökonomischen Sachen zu tun haben, und man gleichzeitig sich jetzt die Frage stellt, schaff ich das in einen Gestaltung zu bringen? Und dafür auch eine institutionelle Lösung zu finden, die ich selber verantworten kann oder die wir verantworten können.
Podcast gehört und das finde ich spannend. Also jetzt auch im Master, es sind ja keineswegs nur Leute, die jetzt irgendwie aus dem Netzwerk plurale Ökonomik kommen oder vorher VWL studiert haben und völlig frustriert sind. Ich hatte jetzt eine Bewerbung von jemandem, der schon älter ist, 20-30 soziale Arbeit macht und hat gesagt, das ist so ein Bereich, wo die Ökonomisierung so stark ist, ich muss das verstehe. Also sein Ziel ist ein eigenes Projekt zu machen, auch mit einer alternativen Finanzierung. Und er sagt, er möchte wissen, was es kulturgeschichtlich mal gegeben hat, in der Frage siehe Nikolaus von Cues mit dem Stift und dann mit uns genau mit der Frage gekommen ist und dann auch wirklich ein Forschungsprogramm sozusagen hatte und sagt, passt das jetzt? Und könnt ihr mir die Frage von Ökonomisierung und wie weit kann ich jetzt in diese ökonomische Theorie einsteigen, um wirklich zu verstehen, was in meinem Bereich passiert? Wir haben Maschinenbauer, der bei uns angefangen hat, der sich eben mit Degrowth-Fragen beschäftigt. Also Alternativen zu Wachstum. Und gemerkt hat, es gibt eine technologische Komponente, hat er auch schon in seiner Bachelorarbeit und so weiter bearbeitet und sagte, es sind aber immer wieder die ökonomischen Fragen, die da reinkommen und dass sie das verstehen wollen. Wir haben eine Commons-Aktivistin, die Silke Helfrich, die bei uns studiert, auch relativ bekannt ist und die auch gesagt hat, sie hat diesen ganzen Kurs gemacht oder macht sie jetzt auch noch, um wirklich auch die Argumente der anderen Seite zu kennen und zu verstehen und darauf auch Antworten geben zu können. Also auch da sind ganz heterogene Ansätze. Bei den Bacheloren sind es wie ich sagte einige, die direkt nach dem Abitur irgendwie mit Fragen kommen, mit einem Interesse an Wirtschaft und merken, irgendwie ja diese ganzen Modelle und diese ganze Mathematik an anderen Hochschulen, das ist irgendwie nicht das was sie brauchen. Das sind aber auch wieder welche, die im Ausland gewesen sind und die sich brennend für Wirtschaftsfragen in einem sehr kritischen Sinne eben interessieren. Und sich jetzt fragen, normales BWL-/VWL-Studium ist es das oder trauen sie das den etablierten Institutionen sozusagen zu.
Nein nicht unbedingt, die ja dann von den Studierenden entstehen kann. Kann ja sozusagen alles machen. Was da vielleicht noch wichtig ist, wenn man von den Entscheidungen von Studierenden spricht, wir sind ja bei einigen Sachen so ein bisschen ungewöhnlich. Wir haben auch die Art des Studiums umgestellt, es ist ein Vollzeitstudium, wie an anderen Hochschulen auch. Wir unterrichten aber alles in Blockseminaren. Das heißt also, Studierende können in Köln oder in Berlin oder wir haben auch welche in der Schweiz und den Niederlanden, Skandinavien, also die können in ihren gewachsenen Zusammenhängen leben und arbeiten oder teilweise auch Pflege von Familien zum Beispiel übernehmen. Und man kommt in diese Provinz, um es mal so zu sagen, für Blockseminare, die so zwischen 5-7 Tage sind. Und hat dann eine völlig konzentrierte Atmosphäre, wo man auch in dieses Thema eintauchen kann. Die Art, wie wir Bildung betreiben, wenn sich Leute wirklich engagieren und reindenken und diskutieren sollen und das gemeinsam erarbeiten, dann macht es keinen Sinn, Volkswirtschaftslehre Dienstag von 9-10:30 Uhr zu lernen oder so was, und dann am nächsten Dienstag wieder. Sondern ein Modul, also ein Thema, wird in einer solchen Woche oder in zweimal wöchentlichen Blöcken sozusagen bearbeitet.
Wir hatten ja hier auch gerade auch in den letzten verschiedenen Ausgaben von Forschergeist klang schon in zunehmendem Maße Themen an, die eben genau in diesen Bereich reingehen. Soziale Verantwortung der Wissenschaft, eine Selbstverortung. Wir haben hier über transformative Wissenschaft gesprochen. Zuletzt auch über so Projekte wie Uni der Straße, also Versuche, universitäre Kontexte auch näher wieder an die Gesellschaft anzubringen. In gewisser Hinsicht auch etwas zurückzuzahlen aber in gewisser Hinsicht auch überhaupt sagen wir mal einen notwendigen gesellschaftlichen Diskurs anzustoßen, gerade bei Studierenden, die ja dann unterm Strich doch immer noch eher einen privilegierten Teil der Gesellschaft ausmachen. Wenn ich das jetzt vermenge mit dem was Sie gesagt haben über Ihren Ansatz, Ökonomie neu zu denken und sozusagen da auch eine Forschung zu ermöglichen, die einfach nicht tief geprägt ist von den bisherigen Dingen, die man immer geglaubt hat, die auch teilweise offensichtlich zumindest gescheitert sind zumindest in Teilen. Griechenland und Spanien auch hier nochmal so als Beispiel. Was würden Sie denn sagen, was einerseits so die Aufgabe ist des wissenschaftlichen Feldes in der Hinsicht in Bezug auf die Gesellschaft und auch vielleicht ein bisschen konkreter mit der ökonomischen Perspektiven, was sind denn auch die Themen, die sich sozusagen aus Ihrer Arbeit heraus sich jetzt demnächst abzeichnen, die jetzt vielleicht auf den Tisch kommen müssen, über die vielleicht noch nicht ausreichend geredet wurde? Was passiert da? Müssen wir über ein Grundeinkommen reden? Wie ändert sich sozusagen die Steuerlandschaft? Was für Konsequenzen gibt es? Nur mal so als Ausklang hier für unser Thema.
Also ich finde es spannend, wenn Sie sagen – also es ist ja auch richtig, dass jetzt viel wieder über Relevanz von Wissenschaft für die Gesellschaft gesprochen wird. Und für die Notwendigkeit, transformativ tätig zu werden. Aus meiner Forschung kann ich sagen, diese Idee einer Wissenschaft, die gesellschaftsrelevant ist, haben wir im letzten Jahrhundert ziemlich stark gehabt. Und zwar die Aufgabe der Wissenschaft, insbesondere auch der ökonomischen Wissenschaft, Weltbilder zu prägen auf einer eher unbewussten Art und Weise und deswegen eine tragende Rolle in dem zu kriegen, was man Beeinflussung öffentlicher Meinung nennt. Das ist nur möglich, wenn Wissenschaft nicht plural ist. Und wenn Wissenschaft keinen Diskurs erlaubt oder keine Diskursvielfalt erlaubt und wenn sie den Menschen sehr beständig von Realität trennt. Und das ist eine der wichtigen Aufgaben, die ich mir vorgenommen habe, auch gemeinsam mit Kollegen, sich dieses letzte Jahrhundert anzuschauen, auch gerade im Neoliberalismus und zu sagen, welche Aufgabe hat hier eigentlich die Wissenschaft gehabt und was kann wieder Aufgabe der Wissenschaft sein. Vielleicht gar nicht so sehr Lösungsvorschläge zu machen, was auch schon, wenn Sie sagen Grundeinkommen und so weiter, sondern einen Ort zu bilden, an dem Menschen wieder fähig werden, Entscheidungen zu treffen. Und das wäre für mich der Vorwurf, dass nicht alles, aber ein Großteil der Wirtschaftswissenschaft entweder sehr stark eben Politikempfehlung gewesen ist oder sozusagen was man Meinungsklima nennt. Also ein Meinungsklima zu prägen, wo eigentlich immer nur bestimmte Lösungen, ob das jetzt Deregulierung ist oder wie auch immer, immer nur wieder aufscheinen kann. Und für uns ist wichtig jetzt, als das Projekt sei es im Unternehmenssektor oder im Bürgerschaftlichen oder im Staatlichen wieder ein Ort zu werden, der Diskurse strukturieren kann, Perspektiven aufzeigen kann, damit überhaupt wieder ein Fundament entsteht, aus dem eine aufgeklärte Entscheidungsvielfalt möglich ist. So das ist also der eine Bereich. Der andere Bereich ist, dass wir uns Dingen zuwenden, die buchstäblich im Schatten der Aufmerksamkeit stehen, sowohl der Wissenschaft als auch der Gesellschaft. Mein Kollege Walter Ötsch forscht seit Jahren zum Thema Schattenbanken zum Beispiel. Das sind Banken, wie die Fed sie dann auch genannt hat, also die Zentralbank von Amerika, die eben im Schatten stehen. Also das heißt im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit, die agieren können, ohne dass man bis 2008/09 wusste, wie groß ist eigentlich irgendwie dieser Sektor. Jetzt hat man das ja mit diesen ganzen Offshore-Geschichten dann nochmal in einem anderen Bereich abgedeckt und zu sagen, wie können wir überhaupt wieder empirisch und methodisch daran überhaupt forschen, dass wir wissen, wer eigentlich hier Hauptentscheidungen in der Wirtschaft überhaupt trägt. Und was sind Möglichkeiten in einer globalisierten Wirtschaft überhaupt von staatlichen Regulierungen und was ist da möglich? Also konsequent Felder zu beleuchten, die nicht oder wo sonst nicht allzu viel drüber geforscht wird. Das betrifft auch Netzwerkbereiche, betrifft aber auch Bereiche, die jetzt natürlich brennend aktuell sind. Wenn Sie sich die gegenwärtige politische Landschaft anschauen, ohne jetzt groß Namen nennen zu wollen, aber wie kann aus einem Projekt von ökonomischen Professoren, wie kann daraus eine rechtspopulistische Partei entstehen? Also was sind eigentlich Meinungsklimata, die wir geschaffen haben als Ökonomen, auch von der Art zu argumentieren, Vielfalt zu sehen und so weiter, dass so was sehr sehr schnell auf eine andere Weise politisch instrumentalisiert werden kann, die eben auch für eine absolut erschreckende Einseitigkeit steht. Und ja das wären jetzt Beispiele von Sachen, die uns interessieren und für mich ist der große Bereich, den ich selber beforsche, weil dann auch Inhalt und Form wieder zusammengehen, eben diese Entstehungsgeschichte der ökonomischen Bildung. Wie sind wir da hingekommen, was hat das für Konsequenzen und wie können sich Individuen und wie können sich Gemeinschaften irgendwie daraus befreien? Und das ist für mich eigentlich die Geschichte, die erzählt gehört, das ist die Frage der Beeinflussung des menschlichen Geistes in einer ganz bestimmten Weise, die sich erst mal wissenschaftstheoretisch durchgesetzt hat. Also in dieser Begeisterung, weltferne Mathematik sozusagen zu betreiben. Und dann die Frage, wie kann man eine solche Wissenschaft, die dann auch für politische Prozesse und für Bildungsprozesse instrumentalisieren?