Forschergeist
Horizonte für Bildung und Forschung
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FG006 Die Bildung und das Web

Das Bildungssystem und die Notwendigkeit zum digitalen Wandel

Das Bildungssystem ist noch stark geprägt von einer Zeit, in der digitale Medien keine Rolle spielten. Der technologische Wandel der letzten Jahre hat sich entsprechend wenig niedergeschlagen. Dass eine Anpassung nötig ist, scheint unstrittig, über den Weg dahin gibt es viele Meinungen. Martin Lindner, ursprünglich Literaturwissenschaftler und aufgewachsen im und geprägt durch dieses alte Bildungssystem hat in der Zeit des Web 2.0 die Möglichkeiten des digitalen Lernens kennengelernt und sich auf den Weg gemacht, zu verstehen, welche Chancen die neuen digitalen Strukturen für die Bildung bieten.

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Veröffentlicht am: 19. Januar 2015
Dauer: 1:58:12


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Begrüßung 00:00:41.595
  3. Vorstellung 00:01:55.385
  4. Web 2.0 als Kulturschock 00:15:47.948
  5. Digitale Medienwissenschaft 00:22:51.203
  6. Bildungsevolution 00:27:20.398
  7. Bildungsbürgertum und der technische Fortschritt 00:38:09.637
  8. Stillstand der vordigitalen Zeit 00:46:27.977
  9. Disruption der Bildung durch Internet 00:51:12.791
  10. Elitenbildung oder Massenbildung 01:13:04.791
  11. Utopien für neue Bildungsmethoden 01:19:27.633
  12. MOOC und die digitale Fernuniversität 01:41:00.743
  13. Fazit 01:50:28.308

Transkript

Tim Pritlove
0:00:42
Martin Lindner
0:01:58
Tim Pritlove
0:01:59
Martin Lindner
0:02:08
Tim Pritlove
0:02:09
Martin Lindner
0:02:10
Tim Pritlove
0:02:20

Wo?

Martin Lindner
0:02:21
Tim Pritlove
0:02:34
Martin Lindner
0:02:39

Ja, die Liebe zum Text wahrscheinlich. Ich bin halt irgendwie, das kann man sich nicht aussuchen, ich bin halt manischer Leser wahrscheinlich immer schon gewesen. Ich war jetzt gar nicht so ein Literaturliebhaber. Ich wollte eigentlich Geschichte machen. Also mein Thema war Historiker. Und ich habe dann – mein Vater ist Lehrer – ich habe dann Lehramt begonnen, zu studieren, weil ich mir nichts anderes vorstellen konnte, war halt, wenn du Geschichte machst, machst du halt erst mal Lehramt. Das ist ein Beruf und ich konnte mir vorstellen, das könnte man irgendwie machen. Und ich habe halt Deutsch/Geschichte gemacht. Deutsch logischerweise deshalb, weil ich irgendwie ganz gut war. Und es hat sich dann raus gestellt, das war aber Zufall, das lag an der Uni und das lag an dieser einen speziellen Wissenschaftlersekte, in die es mich dann hineingeworfen hat, die haben genau das gemacht, was ich mir vorgestellt habe. Nur war es halt eigentlich Literaturwissenschaft oder Literaturgeschichte. Die haben sich Gedanken gemacht und rekonstruiert, wie Leute sich früher ihre Welten aus Sprache bauen. Das war das Thema. Wir haben uns also nicht so für den ästhetischen Teil interessiert. Sondern Literaturwissenschaft als eine Art Indiz und ein Messgerät für das, wie eine Kultur sich ihre eigene Welt baut. Und da ist Literatur eigentlich zumindest im 19. Jahrhundert auch im 18. Jahrhundert auch noch im 20. Jahrhundert. Aber da ist es ein gutes Messgerät dafür. Und das war viel interessanter als Geschichte. Geschichte war damals langewilig, inzwischen ist es besser geworden habe ich festgestellt. Und dann war das halt mein Hauptfach und Geschichte war dann das Nebenfach.

Tim Pritlove
0:04:14
Martin Lindner
0:04:17
Tim Pritlove
0:05:17
Martin Lindner
0:05:19

Oh, das war eine komplizierte Geschichte. Sie haben überhaupt Liebe als großes Feld erst entdeckt und sich zurecht definiert. Also sie haben so lange von Liebe gesprochen und auf so verschiedene Arten von Liebe gesprochen, dass dann eben verschiedene Möglichkeiten entstanden, auch wieder verschwunden sind und das ganze mündete dann ein in diese bürgerliche Idee von – die ja auch widersprüchlich ist - von einerseits eben, ja irgendwo auch Leidenschaft da mit unterzubringen, die aus dem höfischen Kontext kam. Also da gab es eine Art Diskurs für Leidenschaft. Das musste man dann irgendwann auch unterbringen, aber vorher natürlich romantische Liebe. Also dieses glorifizierende des jeweiligen Partners. Was ja dann natürlich das Problem aufwirft, wie man das in Dauer übersetzt und gleichzeitig halt die ganz pragmatische bürgerliche Ehe, in der man halt auch in Partnerschaft ist. Das sind jetzt alles Dinge, die auch heute noch nicht wirklich zusammenpassen, aber damals halt auf eine recht spezifische Art nicht zusammen gepasst haben, weil man die auch sehr emphatisch natürlich entwickelt und verstärkt hat. Hat dann ganze Lyrikgenres erfunden, um eine Sprache und eigentlich auch Gefühle sich sozusagen herbeizureden, die man vorher so gesehen nicht hatte. Ja, genau. Und vielleicht das Leitmotiv, was mich immer interessierte ganz persönlich, war immer dieser Effekt, das ist das sekundäre, das primäre, dass die Worte vor den Gefühlen kommen auf einer bestimmten Ebene. Stimmt natürlich so jetzt auch nicht ganz genau, aber gegenüber von dem, wie wir gewohnt sind zu denken und wie wir komischerweise gerade jetzt draußen im Volksbewusstsein immer gedacht wird, dass man immer vom primären, vom Körper, vom Gefühl hergeht. Erst sollen die Menschen fühlen und träumen. Und so ist es ja nicht.

Tim Pritlove
0:07:15
Martin Lindner
0:07:18
Tim Pritlove
0:07:33
Martin Lindner
0:07:36

Naja, das hat schon ziemlich lange, schon doch in gewisser Hinsicht hatte ich nie das Gefühl, das wirklich aufgegeben zu haben. Also als Erkenntnisinteresse habe ich es nicht aufgegeben. Als „Karriere“ habe ich es natürlich aufgegeben. Und zwar recht abrupt, als ich habilitiert habe. Also ich habe promoviert, dann habe ich beschlossen, ich mache das jetzt mal gescheit so, also schon in Hinblick auf einen fiktiven Lehrstuhl. Habe dann noch zwei Forschungsprojekte gehabt, die von der DFG gefördert wurden. Also das sind halt eigene Forschungsprojekte, im Grunde nicht wirklich vernetzt in einem größeren mächtigen Forschungskontext. Eigentlich unsere Gruppe, mit unserer Methodik war im Grunde und ist es noch, die gibt es immer noch, also sozusagen diese Paradigma hat schon noch eine Bedeutung, aber es ist immer so ein Randding. Und es war irgendwie klar, dass ich als Randfigur, als periphere nicht gut in Netzwerken und in diesen ganzen sozialen Spielen die damit auch noch zusammenhängen, nicht wirklich versierter Mensch, der sich noch dazu diesen Sonderblickwinkel leistet. Das war irgendwie klar, dass das nichts werden kann. Und nachdem ich halt habilitiert habe war ich fertig, habe mich umgeschaut, habe festgestellt, oh das wird schwierig und gleichzeitig war ich auch irgendwie unglücklich mit der Uni. Also die letzten 10 Jahre, die 90er Jahre waren das dann. Also ich habe habilitiert 98/99 dann, habe ja dann auch noch als Privatdozent gelehrt, aber ich habe mich dann – ich war dann auch irgendwie unglücklich. Also ich hatte das Gefühl, es ist alles bergab gegangen. Also Ende der 80er war es noch toll gewesen irgendwie, zumindest in bestimmten Sektoren, auch nicht überall natürlich. Ende der 90er war das alles irgendwie, hat sich das angefühlt, wie eine riesige Sackgasse. Also war es für mich jetzt ganz persönlich einerseits, aber eigentlich auch grundsätzlich.

Tim Pritlove
0:09:25
Martin Lindner
0:09:26

Ja, auch der Austausch der Wissenschaft. Ich meine, du schreibst ein Buch – also meine Dissertation oder meine Habilitation – die lesen vielleicht 4-5 Leute, die das einigermaßen sinnvoll beurteilen können, was da drin steht und die geben sich gar nicht Mühe, zu verstehen, was du meinst, sondern versuchen da nur irgendwie ihren Schrebergarten wieder dann abzugrenzen und zu sagen, ja das ist aber nicht das, was wir machen. Und ich hätte zumindest erwartet - also man muss nicht derselben Meinung sein - aber ich hätte schon erwartet, dass es irgendeine Form von Diskurs in der Scientific-Community gibt über die üblichen Zirkel hinaus. Also mit ein paar Leuten unterhältst dich so freundschaftlich. Und das war halt nicht so. Und gleichzeitig kann man noch nicht mal sagen, dass es - ich meine, wenn man jetzt sozusagen das Messer raus geholt hätte und vernünftige Debatte geführt hätte, wäre das ja auch irgendwie schon wieder gut gewesen - war aber auch nicht so, sondern es war ja eigentlich mehr die Zeit des Pluralismus. Also im Sinne von, oh du machst diese Methode. Kann man auch machen. Man kann auch noch dieses machen und jenes machen. Und ich war natürlich nicht der Meinung, dass man das alles machen kann, sondern ich war der Meinung, dass das natürlich verdammt nochmal berechtigt ist, was wir tun und dass es selbstverständlich auch anderen Ansätzen schon irgendwie auch den Boden wegzieht, wenn man sie ernst nimmt. Und die dürfen sich dann wehren und dann kann man drüber streiten, aber dazu kam es nicht. Und ich meine, das war also nicht Wissenschaft, wie man sich es eigentlich idealerweise vorstellt, das sie ist, aus meiner Perspektive. Also ich war gleichzeitig recht frustriert. Und beides zusammen führte dazu, dass ich gesagt habe, okay das ist die letzte biografische Stelle, eigentlich zu spät im Grunde, man ist ja dann viel zu alt eigentlich, da war ich 38 dann. Das schmeiß ich jetzt, ich fange das jetzt nochmal an. Und dann habe ich ein Jahr - bin ich zum Arbeitsamt gegangen und habe gesagt, ich bin jetzt arbeitslos und ich mach das nicht mehr, was habt ihr? Und die haben mir drei Sachen angeboten, das war 99, das war in der Bubblezeit und was waren die großen Zukunftsthemen, die haben sie mir also dann quasi angeboten. Du kannst machen Knowledge-Management 1 Jahr Ausbildung, du kannst machen SHP-Berater, das hätte ich machen sollen, dann wäre ich jetzt finanziell gut dabei. Und das dritte war E-Learning. E-Learning wollte ich überhaupt nicht machen, weil da hatte ich ein mieses Gefühl dabei. Ich wollte Knowledge-Management machen, das wäre irgendwie von der Logik her genau das gewesen sozusagen, was ich eigentlich tue. Das habe ich so gesehen vorher getan. Da war leider der Kurs ziemlich windig. Also ich habe mir den angeschaut und das war schlecht. Das war schlecht zusammen geleimt und du hast gesehen, das ist windig und das kannst du eigentlich nicht machen. E-Learning wollte ich gar nicht machen, aber der Kurs war gut. Das war Projekt-basiert, im Grunde war das eine Art Multimedia-Crashkurs. Die haben das aus allen möglichen Multimedia-Modulen zusammengezimmert, die sie sowieso hatten. Du hast halt alles gelernt, wie Photoshop, Freehand, HTML, bisschen programmieren, sogar noch so Scripten und so. Also du hast gesehen, das ist ein guter Kurs. Ein blödes Thema, aber guter Kurs. Aber das Thema hat natürlich wiederum mit meiner Bildungsgeschichte zu tun. Also ich dachte dann, oh das könnte ich lernen und dann kann ich vielleicht sogar an die Uni zurück und man könnte da die auf dieser Ebene aufmischen. Also macht ja irgendwie Sinn. Und SHP habe ich irgendwie ausgeschlossen. Ja und dann habe ich diesen E-Learning-Kurs gemacht, der tatsächlich eben gut war. Ich hätte also nie mehr, ich war ja überhaupt kein Computeruser. Also ich habe den als Schreibmaschine benutzt, als magische Schreibmaschine. Das schon länger ja. Also gut, ich habe meine ganzen Arbeiten auf der magischen Schreibmaschine geschrieben. Also ganz am Anfang noch mit mechanischer bzw. Elektrischer Schreibmaschine. Aber das war bis 83, dann Schneider Joyce, das war so ein ganz kleiner Mikro-Personalcomputer

Tim Pritlove
0:13:01
Martin Lindner
0:13:06
Tim Pritlove
0:14:26
Martin Lindner
0:14:27
Tim Pritlove
0:15:35
Martin Lindner
0:15:36
Tim Pritlove
0:15:49
Martin Lindner
0:15:56
Tim Pritlove
0:16:23
Martin Lindner
0:17:23
Tim Pritlove
0:17:54
Martin Lindner
0:17:56

Und ja das war teuer. Also ich konnte mir das nicht leisten auf Dauer. Also ich konnte da nicht stundenlang rummachen. Hat man auch einfach nicht gemacht. Ab Mitte 2000, also es muss ziemlich Mitte 2000 und genau just zu diesem Zeitpunkt tauchte Google auf lustigerweise. Also auf einmal war Google da und sogar ich, der ich keine Ahnung hatte, wusste irgendwie, das ist das Ding. Vorher habe ich irgendwie MetaGer verwendet und Sherlock für Mac und jetzt auf einmal war Google da und Google war auch der Hammer. Und jetzt hatte ich Themen, die ich verfolgt hatte, da ging es um virtuelle Museen und solche Sachen. Ich habe mich da interessiert für den Begriff der Knowledge-Landscape, also Wissenslandschaften und bin dann drauf gekommen, dass den Amerikaner verwenden auf eine Art, die mich sehr interessiert hat, die irgendwie auch mit dem Netz zu tun hatte. Dann wollte ich wissen, wo der Begriff herkommt, dem habe ich nachgeforscht. Weil der eben auch mit meiner eigenen Denkweise zu tun hatte. Und habe dann dem Menschen einfach eine E-Mail geschickt, weil der hatte die Homepage und da war eine E-Mail und im Grunde konnte man, irgendwie wusste ich, man konnte den jetzt tatsächlich einfach mal anmailen und fragen. Ich habe ihn angemailt und gefragt, und dann war es halt so, dass der am nächsten Tag oder eigentlich noch schneller, geantwortet hat und gesagt, und zwar eben ich, also hochverehrter Herr Professor, also nicht wirklich, aber auf englisch, also als Text halt. Und ich war auch nicht E-Mail gewohnt und er kam halt zurück mit, „Martin,“ und dann hat er mir erzählt, wo er das her hat, nämlich von Wittgenstein lustigerweise. Also ein sehr sehr schönes Wittgenstein-Zitat aus den philosophischen Untersuchungen wo er eigentlich das Internet im Grunde die Wissenslandschaft des Internets schon vorwegnimmt in diesem Knowledge-Landscape-Zitat. Wissenslandschaft, also lass uns die sprachliche Wissensumgebung sehen, wie eine Landschaft, durch die er jetzt durchgeht in vielen Aphorismen. Also das besteht dann nur aus Fragmenten das Buch. Und er sagt, jedes einzelne ist praktisch wie eine Ansicht einer komplexen Landschaft und das Bild der gesamten Landschaft ergibt sich aus diesen ganzen Fragmenten. Also eigentlich sehr webig, wenn man so will. So das war dann die Antwort, aber ich wollte es jetzt in erster Linie deswegen erzählen, weil mich das weggeblasen hat, dass mich dieser Typ aus Chicago da mir sofort geantwortet hat. Und es gab dann parallel noch einen anderen...

Tim Pritlove
0:20:10
Martin Lindner
0:20:13
Tim Pritlove
0:20:49
Martin Lindner
0:20:51
Tim Pritlove
0:21:35
Martin Lindner
0:22:18
Tim Pritlove
0:22:52
Martin Lindner
0:22:57

Habe ich schon auch getan. Also ich meine, ich wusste ja jetzt nicht, wo es hingeht. Also die Idee war ja jetzt, irgendwie zu sagen, jetzt habe ich hier dieses digitale Zeug, also so als Fachgebiet auch. Also eben auch mit diesen Gedankengängen, die ich hier angedeutet habe. Ich komme eben aus der Literaturwissenschaft, die aber auch immer schon so einen medienwissenschaftlichen Einschlag hat. Ich habe Kommunikationswissenschaft studiert, was furchtbar war, aber ich habe es studiert. Also dachte ich, okay, digitale Medien. Also Medienwissenschaft bin ich immer noch kein großer Anhänger der deutschsprachigen Diskurse, aber die war damals in den 90er Jahren die Medienwissenschaft war sehr stark Fernsehen, Film, Werbung so. Das habe ich zum Teil ja auch noch mitgemacht. Und jetzt war natürlich die Herausforderung zu sagen, hey das ist jetzt was neues. Das ist ein neues Medium, funktioniert anders, digitale Medienwissenschaft ist natürlich eigentlich sehr interessant. Die andere hat mich immer nur so halb interessiert. Und dann dachte ich mir, da könnte ich auch hinkommen. Also ich könnte jetzt Medienwissenschaftler sein. Und ich war dann Gastprofessor für zwei Jahre und habe im Grunde so was gemacht an dieser Schnittstelle in Innsbruck. Die haben eine ganz merkwürdige Stelle ausgeschrieben, die genau für das, im Grunde für mich geschrieben, obwohl mich keiner kannte. Und sie wussten auch gar nicht, wer sie nimmt. Und ich habe mich beworben und habe sie aus heiterem Himmel erhalten, was nicht normal ist. Weil normalerweise wissen sie, wen sie nehmen und da war ich dann zwei Jahre. Und habe dann tatsächlich noch mal geforscht, also ich war jetzt noch nicht weg aus der Uni. Und habe da auch noch eine Zeit lang danach noch gelehrt. Und hatte da Lehrveranstaltungen, die zum Teil auch mit Germanisten, aber auch mit Erziehungswissenschaftlern, aber da waren auch Informatiker, also das war überfakultär, interfakultärer Schwerpunkt. Wie hieß es? Mekobiwi, Medien, Bildung, Kommunikation und Wissen haben die das genannt und ich war Gastprofessor für Mekobiwi. Also das war Abkürzung. Medien, Kommunikation, Bildung, Wissen. Und da, wenn sie mir da einen Lehrstuhl gegeben hätten, hätte ich das gemacht. Ich meine kein Problem, also das würde ich jetzt noch machen.

Tim Pritlove
0:24:53
Martin Lindner
0:24:55

Nein, da gab es keinen Lehrstuhl. Also es gab noch nicht mal Medienwissenschaft in Innsbruck. Es gab eben diese extrem avancierte Forschungsidee. Man sollte dann eben auch ein Internetprojekt machen, was ich gemacht habe. Das war dann über Wittgenstein, weil der auch in Innsbruck war. Das war glaube ich auch einer der, also das passt zu dem, was ich vorhin erzählt habe. So Hypertext, kompliziert zu erklären. Und ja es gab keine Medienwissenschaft in Innsbruck und wir haben damals – ja das passt jetzt wiederum zum Thema - das war auch deswegen sehr interessant, weil die Innsbrucker Uni damals gerade umgebaut wurde, von der vorglobalisierten Uni zur globalisierten Uni. Das ist ja ein Prozess, der überall jetzt im Grunde gelaufen ist. Die Österreicher ein kleines bisschen schneller als die Deutschen glaube ich. Und das war genau als ich dort war. Das heißt da gab es einen neuen Rektor, neue Wahl, Hochschulrat. Und jetzt wurde alles auf Wettbewerb und knallhart und SHP und der ganze verschlampte Geisteswissenschaftlerbetrieb wurde sozusagen mal ordentlich auf Vordermann gebracht. Und bei denen saß ich natürlich trotzdem. Ich saß ja im Brenner-Archiv, wo die Wittgenstein-Autografen gelagert sind. Da hatte ich mein Büro. Was ein super Büro war. Das war Zufall, weil da gab es halt am ehesten Platz für mich. Und mit Geisteswissenschaftlern sozusagen umgeben und diese Geisteswissenschaftler wurden jetzt gerade, also da wurde die Fakultät wurde zerschlagen, es wurden Departements aufgelöst. Also alles was man so an neoliberalen Brutalitäten halt so hat. Und das war die Phase und ich dachte mir, halt, aber diese Neoliberalen, man könnte denen theoretisch ja Medienwissenschaft verkaufen. Du kannst sagen, digitale Medien ist doch das, also Leute, wenn das nicht Wettbewerb und Zukunft und Zeug ist. Also da können wir jetzt eigentlich einen neuen Studiengang, neuen Lehrstuhl, das würde Sinn machen. Ihr habt überhaupt noch keine Medienwissenschaftler und habt gleich eine digitale, die anderen haben noch die alte. Und das hätte auch klappen können, also das haben wir dann versucht mit Partnern an der Uni, haben wir versucht das zu bauen und vorzuschlagen. Und ich würde jetzt auch sagen, es hätte genauso gut klappen können, es hat halt irgendwie genau nicht geklappt, aber das war Zufall. Das war keine Absicht, da hat niemand ernsthaft entschieden und es nicht eingesehen oder so, sondern das ist einfach alles so wirr gewesen, dass so was passiert oder es passiert nicht. Das kannst du im Grunde nicht – der Vorschlag war gut. Naja, als Wissenschaftler will man ja auch gar nicht, also muss man, jeden den ich ernst nehmen möchte als Wissenschaftler, kann eigentlich nur das Gefühl haben, hey das müssen wir mit allen Kräften und mit jeder Energie, die wir haben, müssen wir das umarmen und benutzen. Also es ist mir komplett unverständlich, wie man das nicht tun kann.

Tim Pritlove
0:28:43
Martin Lindner
0:28:44
Tim Pritlove
0:28:47
Martin Lindner
0:29:55
Tim Pritlove
0:30:11
Martin Lindner
0:30:12
Tim Pritlove
0:31:02
Martin Lindner
0:31:04
Tim Pritlove
0:31:04
Martin Lindner
0:31:12

Ja, aber dann wird es eben schon schwierig, weil es sich eben aufeinander bezieht, weil es eben trotzdem sich synchron entwickelt. Jetzt könnte man natürlich eine Geschichte des Bildungssystems versuchen, zu skizzieren. Aber das machen wir jetzt wahrscheinlich am besten lieber nicht. Ich halte mich jetzt vielleicht – vielleicht steigen wir da ein – also ich halte mich immer fest an meinem Großvater an der Stelle tatsächlich. Weil ich gedacht habe, ich muss dem ein Gesicht geben. Ich muss überlegen, was geht jetzt gerade kaputt. Also es ändert sich was, das steht außer Zweifel. Die Art von Bildung, die wir gewohnt waren, zu haben, wird es nicht mehr geben. Also die wird sich massiv ändern. Das ist sicher. Das kann gut oder schlecht sein oder beides. Aber dass es so ist, da würde ich mich weigern, das ernsthaft zu diskutieren. Also ich diskutiere es gerne ernsthaft, aber ich bin sicher, dass es so ist. Und jetzt ist natürlich die Frage, zu sagen, ja wie war denn Bildung, die jetzt den Bach runtergeht sozusagen, was ist das eigentlich für eine Bildung. Und das ist eine interessante Frage, weil wir stellen uns da eigentlich Sachen vor, die, wenn und genau hinschaust, ja auch gar nicht so waren. Also zum Beispiel heißt es, das war das Zeitalter des Buches. Einerseits auf irgendeiner pauschalen Ebene sagt man, ja natürlich, das war so. Also Bibliotheken, Universitäten, immer mehr gedruckte Auflagen, also so gesehen sicher. Aber andererseits, wenn du jetzt in die Schule gehst oder früher in die Schule gegangen bist, ja wer liest da, welche Rolle spielt das Lesen von Büchern im Unterricht. Eine sehr untergeordnete behaupte ich mal. In Wirklichkeit liest man gar keine Bücher. Es gibt Schullektüren und dann erinnerst du dich an die zwei Bücher, die du mal lesen musstest. Also Romane jetzt.

Tim Pritlove
0:32:43
Martin Lindner
0:32:44
Tim Pritlove
0:33:06
Martin Lindner
0:33:12

Ja, das hat schon was mit Büchern oder mit Buchdruck oder mit Druckschrift zu tun. Also mit gedruckter Sprache hat es sicher zu tun. Obwohl Lehrer ja überhaupt nicht, also die sprechen ja mündlich. Das ist ja gar nicht so, dass die jetzt immer druckreif reden. Das ist ja nicht die Wahrheit. Ich würde inzwischen denken, dass es mit Bürokratie zu tun hat. Also während sich das Bildungssystem entwickelt hat, parallel hat sich ja auch – man bringt es ja immer mit der Industrialisierung in Verbindung. Man sagt, okay da gab es Fabriken und die brauchten gebildete Leute und die mussten sie sich ausbilden. Und auf einer sehr verwaschenen Ebene stimmt das wieder. Und dann, wenn du genau hinschaust, ist es wieder ziemlich kompliziert. Parallel dazu hat sich vor allem und ich denke, dass das noch wichtiger ist, das bürokratische Organisationssystem der Gesellschaft, aber auch der Organisationen herausgebildet. Also in dem Moment, wo wir uns große Gebäude bauen mit Korridoren, wo Papier von Raum A nach Raum B geschickt wird und Leute an Schreibtischen sitzen. Also diese Kaffka-Welt eigentlich auch. Die der ja tatsächlich auch als neue Welt wahrnimmt. Oder alte und neue. Es gab eine alte Bürokratie und eine neue. Eine neue funktonale und eine alte seltsame versponnene irgendwie. Da würde ich sagen ist eigentlich die Wurzel des Bildungssystems, wie wir es jetzt haben, eher zu finden. Und die Bürokratie ist ja auch nichts einfach nur negatives. Das war ein sehr mächtiges Instrument. Das ist ein mächtiges Medium, wenn du nichts anderes hast. Also da wurde eine Gesellschaft homogener gemacht, sozusagen auf ein neues Betriebssystem im Grunde umgestellt. Also das ist eigentlich ziemlich genau das, was eine Bürokratie macht. Das ist ein Betriebssystem ein gesellschaftliches. Im Grunde ist es wie das Internet sozusagen, wenn du so willst oder Digitalisierung eher, nicht das Netz. Also es ist kein Internet, aber es ist so wie Digitalisierung mit Papier. Wenn du so willst. Also mir ist es zum ersten Mal ganz massiv aufgefallen, 1984 von Orwell, das ist ein Buch, das 1947 geschrieben ist und was mit diesen großen totalitären Apparaten sich beschäftigt. So halb Stalinismus halb Faschismus, aber in Wirklich ja auch die moderne Gesellschaft von 47. Und da sitzt der im Ministerium der Wahrheit und sein Job ist es, Sie schicken ihm immer Zeitungsartikel aus den zurückliegenden Ausgaben, die man revidieren muss, weil sich die Wahrheit leider geändert hat. Und er ist Knowledge-Worker, also er sagt, okay ich muss das jetzt ändern, der Name muss raus, die Daten müssen angepasst werden, die Links müssen angepasst werden. Das darf nicht im Nichts enden. Und dann sagt er, ja meistens ist das eine dumme eigentliche Datenaustauscharbeit, aber manchmal habe ich auch einen spannenden Auftrag, dann ist es so, Sie löschen komplett eine ganze Biografie, leider fehlen dann ganze Artikel in der Zeitung und die muss man jetzt füllen und jetzt kann er neue Personen erfinden. Das ist dann toll. Das muss aber stimmig sein und das macht ihm Spaß. Und das ist ein Rohrpostsystem, da kommen von rechts Texte rein, und der bearbeitet die und schmeißt die links wieder in die Rohrpost rein und dann geht das wieder in den Speicher und dann ist es da drin und die Gesellschaft hat nichts anderes als diesen Speicher. Das ist ihre Vergangenheit. Und im Grunde ist es wie ein Computer. Also die Gesellschaft ist ein Computer und er ist sozusagen die Prozessoreneinheit in der Mitte. Und da gibt es ein Programm und das Programm ist halt – sie haben ja eine eigene Programmiersprache dann. Also Sie stellen ja um, von dieser undeutlichen Normalsprache auf Neusprech. Das ist ja aber dann auch wirklich so, ja das ist eine Programmiersprache, eine exakte Sprache.

Tim Pritlove
0:36:39
Martin Lindner
0:36:40
Tim Pritlove
0:37:52
Martin Lindner
0:37:59

Von dem wir dann zur Hirnforschung kommen, weil die im Grunde ja dann versucht, das mit diesen Mitteln, mit diesen Diagnosemethoden versuchen die ja dann auch, menschliches Bewusstsein zu verstehen. Also wir waren stehen geblieben wo? Bei der bürgerlichen Bildung und was sich groß verändert. Naja, das war ja auch ein Einschnitt. Also in Wirklichkeit, was wir jetzt zum Beispiel sehen, ist, dass das große Jahrhundert vorher, das 20., ja extrem zerrissen und extrem dramatisch war. Also da war ja nichts stabil. Da gab es ja keine stabile Bildung in dem Sinne. Das ist ja nicht wahr. Also mein Großvater, der 1900 geboren ist, ist 7. Sohn einer Bauernfamilie und der kam auf ein Priesterinternat, weil 3 von 10 Kindern mussten Priester werden, weil einfach schon aus finanziellen Gründen, dann haben die wahrscheinlich die genommen, die am ehesten mit Schrift zurechtkamen. Das war sozusagen eine bürgerliche Bildungskarriere, wenn man so will und die war halt ganz anders, als man sie sich eigentlich vorstellt. Einerseits bilderbuchmäßig, weil am Schluss war da halt großes Haus gehabt, war Chef der lebensmittelchemischen Untersuchungsanstalt in München und war Doktor und hat Geige gespielt und ist ins Theater gegangen und hatte auch lauter solche Freunde. Also Bildungsbürger der 50er Jahre als Bilderbuchfall. Aber wenn du überlegst, wie er das geworden ist, wie gesagt, der kam aufs Priesterinternat, wir wissen inzwischen, wie es auf diesen Internaten zuging, die waren beinhart. Das war während des ersten Weltkriegs, also da hat er auch durchblicken lassen, da wurde mindestens geschlagen. Sobald er die Chance hatte, da rauszugehen, ist er rausgegangen. Also das war 1917, die wurden halt einfach wegen Krieg sozusagen eingezogen vor dem Abitur. Dann konntest du Notabitur machen und er ging zu den Fliegern irgendwie. Also Bodenpersonal. Komischerweise auch, also irgendwie wollte er was mit Hightech, weil das war ja Hightech. Flieger war ja der Hammer eigentlich. Keine Ahnung, warum er das gemacht hat. Also ich konnte ihn nicht mehr fragen, also diese ganzen Fragen habe ich mir alle hinterher gestellt. Und dann war da ja sozusagen die bisherige Karriere war klar, das macht er nicht. Obwohl seine Eltern das wollten. Und er hat dann eine Apothekerlehre gemacht, aber das war damals eine Art Vorstufe zum Chemiestudium. Chemie wiederum war im Grunde auch Hightech. Und das hat er auch genauso gemacht. Der hat also sozusagen so eine Apotheke gemacht, ich weiß nicht genau wie das genau hieß, also gemacht 3 Jahre oder so. Und hat dann Chemie studiert, und zwar Lebensmittelchemie, was extrem Hightech war, weil das war völlig neu im Grunde. Und da hat er den Bogen geschlagen zu diesem Kartoffelbauernhof seiner Eltern im Grunde. Witzigerweise später hat er dann Patente, die zum Teil auch mit Kartoffelknödeln zu tun hatten, mit diesem geriebenen Zeug. Also industrielle Lebensmittel. Das heißt der hat eigentlich auf eine sehr nachträglich betrachtet mit einer unfassbaren Beharrlichkeit hat der von Anfang an irgendwie das gemacht, was er machen wollte und hat genau die Chancen benutzt, die er bekam und wurscht, wie sie waren. Und sie waren sehr wirr diese Chancen und sehr gemischt und das hat ihm jetzt keiner angeboten oder so. Und es hat funktioniert. Und es war auch nicht der einzige, der so eine Karriere gemacht hat. Das war für die Zeit jetzt nicht wirklich typisch, aber es war auch nicht untypisch. Es gab diese Aufsteiger, viele. Und die kamen aus dem nichtbürgerlichen, haben sich über diese technische Intelligenz, das waren Techniker eigentlich. Der hat sich dann auch für Philosophie interessiert, von seiner Technikerecke heraus. Also er war trotzdem katholisch. Und da gab es dann so katholische Existenzphilosophie und gleichzeitig war er schon auch konservativ. Und dann war halt drittes Reich, Nazi und so. Also hochkompliziertes Zeug hatte jedenfalls, wenn du es genauer anschaust, ist eine extrem eigenwillige und nicht schablonenhafte Bildungslaufbahn. Und das landet dann in den 50er Jahren. Da ist er quasi arriviert. Mein Vater ist dann Gymnasiallehrer geworden, also nächste Generation. Was ihm nicht recht war, weil er gesagt hat, dem vernehmen nach hat er gesagt, ein Steißtrommler willst du werden? Und ein Steißtrommler war einer, der Leute prügelt. Wobei man dann eben aufgehört hat, genau zu dem Zeitpunkt das ja abgeschafft hat tatsächlich. Und mein Vater war jugendbewegt und wollte Reformlehrer sein. War das auch. Hat dann die 60er Jahre mitgemacht und das war die Zeit, in der er als junger Lehrer an der Schule war. Wo man sozusagen die alten Nazis ja auch wirklich buchstäblich bei der Schule an der er dann war, raus werfen musste sozusagen. Das waren tatsächlich Kämpfe, die in den 60ern passiert sind und dann landete man in der 70er Jahre Schule und das ist die Schule, wie wir sie heute noch haben. Also meine Tochter jetzt auf dem Gymnasium in Freising erlebt im Grunde genau das, was ich damals in den 70ern erlebt habe, und eigentlich um keinen Deut anders.

Tim Pritlove
0:42:50
Martin Lindner
0:42:52

Das ist eine angenehme, freundliche Atmosphäre grundsätzlich. Also ich meine, das stimmt jetzt auch nicht für alle Schüler, weil viele auch viel frustriert werden, auf mannigfaltige Art und Weise. Also das natürlich, das war auch damals so. Trotzdem ist es natürlich in dem Gesamtbild, was wir jetzt vor Augen haben, ist das ein sehr humanes Szenario das Ganze. Also durchaus auch ernstgemeint im Sinne von, hier in Freising haben wir einen sehr konservativen Direktor, der das halt als Familie sieht. Der Latein fördert, wo man Konzerte veranstaltet. Also wo das wirklich aber auch ernst gemeint ist. Das ist schon so. Und alle machen das mit. Also das ist eher der Unterschied von jetzt zu den 70ern ist ja eher ein konservativer Rückschritt. Also die Schüler hier sind ja viel noch angepasster sozusagen, als es in den 70ern war. Nehmen freudig diese Renaissance von alten Bildungsinhalten. Je unsicherer, habe ich immer das Gefühl, draußen die Welt wird, desto Latein sozusagen der Unterricht am Gymnasium, hier in dieser Sorte von bildungsbürgerlichem Milieu, das wir hier haben. Und das ist ja auch eher auch so ein technisches Milieu. Also das sind jetzt nicht die klassischen Altphilologen, die sich hier, falls es die überhaupt irgendwo gehäuft gibt, sondern das sind de facto Ingenieure, die hier wohnen und ihre Kinder und gehobene Handwerker und öffentliche Verwaltung. Irgend so was. Und diese Leute halten sich eigentlich an so etwas fest. Also ist es eher so eine Flucht aus der digitalen Welt, in eine sich als stabil und gedachte Bilderbuchwelt, die man sich aber quasi erfindet. Das ist wie so ein, man baut sich so eine Art Fantasiegymnasium sozusagen da und bewohnt es. So ist das ja. Und das ist eigentlich die Schule. Begonnen hat die Schule, so wie sie jetzt ist, in den 70er Jahren und auch am Ideal hat sich im Grunde nichts geändert. Also das ist immer noch genau derselbe Unterricht. Also Fotokopierer ist grade noch so, will man sagen, noch eine der ganz wichtigen Innovationen gewesen. Tageslichtprojektor, das kannst du jetzt auch anders projizieren, beamen oder so, aber das macht jetzt keinen fundamentalen Unterschied. Und wie ich mal festgestellt habe, als ich mich gefragt habe, das sind auch noch dazu Lehrertechnologien, also Lehrende werden unterstützt. Wenn du dich fragst, was sind eigentlich Schülertechnologien, also was hat sich für Lernenden geändert, wo wurden die ermächtigt. Wo haben die auf einmal was neues bekommen, was ihnen eine komplett neue Chance in die Hand gibt, sich da zu behaupten in diesem Raum, in dem sie jetzt in der Schule zum Beispiel auch sind. Und dann ist mir tatsächlich technisch fällt mir immer nur der Tintenkiller ein. 1973 ist der erfunden worden und dann konnte man zum ersten Mal Sachen löschen. Das haben wir noch gemacht und das sah ganz furchtbar aus und meine Tochter...

Tim Pritlove
0:45:46
Martin Lindner
0:45:48
Tim Pritlove
0:46:27
Martin Lindner
0:47:21

Also ich kann wenig erkennen. Also auch an er Uni. Die Weichen, die Mitte der 70er gestellt wurden, bis dahin hat es gedauert, bis diese 60er Kulturrevolution quasi auch an ein Unis angekommen ist. Und das war eine, also in den 60ern hat sich sehr viel geändert. Dann waren die Systeme sozusagen geöffnet. Dann konnten mehr Leute rein. Der Umgangston war ein völlig anderer natürlich. Also humaner. Also durchaus positiv. Auf dieser Ebene, Erziehung zum Zivilisierten oder so findet da schon statt irgendwo. Also das will ich jetzt überhaupt nicht in Abrede stellen. Ansonsten die revolutionären Ideen der frühen 70er, wo man auch schon das Gefühl hatte, dass das Bildungssystem nicht so bleiben kann und wo man sich das noch nicht so vorgestellt hat, wie es jetzt geworden ist, werden jetzt wieder aktualisiert im Rahmen von digitaler Reformeifer. Da greift man wieder auf projektbasiertes Lernen oder solche Sachen zurück. Das sind Sachen, die haben die am Anfang erstaunlich viel am Anfang der 70er sozusagen hatten die schon notiert als Gedanken. War alles schon da, also war schon vorstellbar. Hätte man sozusagen umsetzen können. Und das hat man nicht gemacht. Also aus meiner Perspektive war das eigentlich wie ein ganz langer – eigentlich mein ganzes erwachsenes Leben ja faktisch. Ich war ja Gymnasiast in den 70ern. Das hat sich ewig lang angefühlt, wie so eine zeitlose, stillgestellte Zeit, in der sich eh nichts ändert. Die Autos sind immer schneller geworden und man ist immer weiter weg in den Urlaub geflogen. Es war aber so eine komische statische hermetische Geschichte. Und mit dem, was ich gemacht habe, hatte man das Gefühl. Also ich gehöre ja zu der Generation, die kurz vorm Pillenknick ist. Wo also der größte Bevölkerungsschwung sozusagen. Also für uns gab es ja auch viel weniger Plätze. Also die Plätze waren in der Generation vor uns verteilt worden. Da wurden alle Professor. Jeder der einen Griffel halten konnte, wurde Professor und jetzt gab es die Stellen auch gar nicht mehr. Also dass es prekär wurde, hat man mir eigentlich von Anfang an gesagt lustigerweise. Das war nichts, was ich erst hinterher entsetzt feststellen musste, sondern das wusste ich eigentlich schon, als ich angefangen habe. Da hat man gesagt, das ist Taxifahren im Grunde. Also wenn du da jetzt nicht schaust, dass du was gescheites wird. So war die Zeit. Genau, was ich jetzt nachträglich immer noch sagen würde, die jüngeren Generationen, offenbar ist es so, jede Generation hat so – es gibt so eine Art gesellschaftliches Projekt und du rutscht da rein, du hast überhaupt keine Wahl, das ist halt so. Und das gesellschaftliche Projekt nachträglich für meine Generation und die Leute, die Jobs bekommen haben, die jetzt nicht konventionell, die nicht einfach sozusagen da die ersetzt haben, die vorher raus gefallen sind. Die es ja auch gibt. Das hauptgesellschaftliche Projekt für Geisteswissenschaftler jedenfalls war Werbung. Werbung und Privatfernsehen. Das war das, was für meine Generation gemacht hat. 80er und 90er, die besten Köpfe meiner Generation haben dann blöde Werbeslogans erfunden. Ich habe selber welche geschrieben. Ich habe das dann so nebenjobmäßig auch gemacht und so. Das war logisch in München jedenfalls. München Hauptstadt der Werbung immer noch.

Tim Pritlove
0:50:29
Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
0:54:24
Tim Pritlove
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Martin Lindner
0:54:49

Was wir im Moment sehen, also was wir im Moment an vielen Stellen sehen ist, wie Strukturen, die natürlich dieses Beharrungsvermögen haben, also ausdifferenzierte Reife alte Strukturen gehen ja einfach, die deformieren sich nicht einfach normalerweise. Sondern die bleiben so. Und die Reaktionen auf Angriffe von außen oder auf Gefährdungen von außen ist ja auch nicht, dass wir sagen, oh hoppla wir haben uns geirrt, wir gehen drei Schritte zurück und reformieren uns. Also Unis zum Beispiel. Sondern die Reaktion ist, nö wir machen mehr von dem selben. Also wenn ich jetzt an die Uni gehe, dann gibt es mehr Prüfungen als früher. Die Zeit ist viel mehr ausgefüllt mit formalem Lernen als früher, wobei alle gleichzeitig schizophrenerweise wissen, der Wissensarbeit auf der Zukunft ist eine Teamarbeit, aber auch diese Metakompentenzen, der darf nicht mit dem ganzen Rödelkram sich anfüllen, aber das Gegenteil passiert. Also in den 70er Jahren in der Uni war so sozusagen die war humaner, weil auch viel mehr Platz war. Also ich meine, es war vielleicht nicht so toll, was da lief oder es war mittel, mit Glück war es auch ganz toll und dann hattest du Platz für was anderes. Und die gesellschaftliche Evolution findet natürlich auch in den Lücken statt, in den Löchern, in den Zwischenräumen. Und die Zwischenräume werden jetzt manisch sozusagen zugemacht. In Abwehr, so das Schiff wird kalfatert quasi. Also das heißt, die Wirkung ist ja erst einmal eine Art paradoxe Wirkung. Es führt erst mal dazu, dass die Strukturen sich noch mehr abgrenzen, dass sie noch konservativer werden usw. Das ist also eine Tendenz. Und man kann sich vorstellen, wenn ich in zehn Jahren das Bildungssystem nach vorne spule, kann ich mir vorstellen, dass diese Tendenz die dominante ist, das ist nicht unrealistisch. Das könnte sein. Setzt eine bestimmte wirtschaftliche Wohlfahrt voraus und so. Dann hätten wir ein super konservatives Bildungssystem hier in zehn Jahren, kann sein. Und alles andere passiert da draußen im wilden Netz und man will es nicht so genau wissen, und wie das dann zusammenspielt ist eine andere Frage. Aber diese Doppelstruktur haben wir ja jetzt. Also wir haben tatsächlich diese wilden Dinge, die laufend anarchisch vor sich hin passieren und von denen wir nur so gerade nur so atemlos versuchen, mitzubekommen, was überhaupt los ist und wir haben dieses noch deutlich konservativere System, als es früher war. Das frühere System hat sich nämlich dauernd gewandelt. Das stimmt ja gar nicht, dass das immer gleich war und jetzt ist es immer aus meiner Sicht fester geworden. Und die Spannung zwischen tektonisch quasi zwischen diesen zwei Systemen wird halt immer größer. Entweder schaffen wir es, so eine Art Insel zu bauen, und zu sagen, lasst die Chinesen, lass die machen was sie wollen und so. Und dann ist das halt hier die letzte Festung des Abendlandes oder es bricht auseinander. Ich tippe auf zweiteres. Also ich glaube nicht wirklich, dass das stabil ist, dass man das abblocken kann das Ganze. Also das ist jetzt die Frage. Aber genau dieses Gefühl, das gilt auch für Wirtschaft. Also du hast die großmächtige Autoindustrie und du stellst fest, hoppla, wenn du jetzt die vorhandenen Linien weiter verlängerst, dann kriegen die große Probleme. Werden sie es schaffen. Das ist das klassische Disruptionsthema. Schafft es einer, der eingeführt ist, der seit zig Jahren dasselbe macht, immer besser macht, auf immer höherem Niveau macht, mit immer ausgefeilteren Methoden macht. So wie du vorhin das Wissenschaftsthema beschrieben, ich glaube das war im Vorgespräch, also es wird immer spezieller und immer genauer und ausgefeilter und irgendwie auch leistungsfähiger auf einer bestimmten Ebene, aber jetzt kommt sozusagen das komplett andere und was macht das dann? Und der Futurist der 60er Jahre Buckminster Fuller sagte immer, du kannst kein System von innen verändern, das funktioniert nie, du kannst nur was daneben bauen und warten, bis das alte System einfach in sich zusammenbricht. Das bröselt einfach. Irgendwann, so wie das Ostsystem, ein bisschen wie das russische System. Auf einmal bröselt es und da ist ein Haufen und du wunderst dich, dass jetzt auf einmal nichts mehr da ist. So stelle ich mir gesellschaftlichen Wandel im Grunde vor.

Tim Pritlove
0:58:55
Martin Lindner
0:59:04
Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
1:00:08
Martin Lindner
1:00:21
Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
1:01:40
Martin Lindner
1:01:52
Tim Pritlove
1:01:52

Und ich würde das auch unterstreichen, dass das sehr wohl geht. Ich kenne auch Leute und ich schließe mich da auch selber nicht aus, die auch so im Prinzip diese Affinität zu so einer Universität so nie haben für sich entdecken können. Weil einfach die Art und Weise des Lernens, schon aus dem was man so sozusagen als digitaler Frühgeborener schon so mitbekommen hat, dass man sich so denkt, okay gut das mag jetzt so der etablierte Weg sein und dann kriegt man irgendwie auch so ein Papier, wo es ja dann auch irgendwie draufsteht. Ja hat lange genug auf dem Stuhl gesessen und wusste im richtigen Moment die richtigen Worte und Zahlen auf Papier zu schreiben. Ist quasi jetzt qualifiziert für X. Und diese Note und auch dieses wo man war und was auch sonst noch für Rahmenbedingungen waren, wen man so als Lehrer hatte etc. Diese Qualifikation durch Bewertung Dritter, die steht ja immer dem tatsächlichen was kann ich denn jetzt eigentlich wirklich entgegen. Und in dem Moment, wo man sich bei Firmen bewirbt oder überhaupt für eigene Projekte vielleicht auch aufstellt, das ist natürlich schon so, dass wenn man irgendwie so einen Doktor vorweisen kann oder irgendwie einen anderen Titel oder einen Abschluss oder Diplom etc. Oder eben auch nur Abitur oder eben ein abgeschlossenes Studium, dass eben die Mehrzahl der Leute das dann einfach als das richtige annimmt und wenn man irgendwie ja nur sagt, ich kann hier auch plus rechnen etc. Dass man dann denjenigen fragt, wo ist denn da der Stempel.

Martin Lindner
1:03:27
Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
1:05:57

Und finanzieren und du musstest es drucken, wenn er einen Aufsatz und so. Also ein extrem kompliziertes verknapptes System, das ja nicht in erster Linie erfunden war, um alles knapp zu machen, sondern es war ja einfach nur die Logik, die da drin war. Also ich meine das ging ja nicht anders. Was sollte man denn tun. Also dann gab es Fotokopierer, da wurde es ein bisschen einfacher. Dann konnten die 60er Jahre Studenten ihre revolutionäre ihre Broschüren runter kopieren, also die haben eigentlich gar keinen Kopierer benutzt natürlich, sondern die hatten noch diese neuen Druckmaschinen, die aber auch schon viel besser waren. Also das ist immer leichter geworden, vorher schon. Auch Bücher, du konntest Taschenbücher drucken und ist ja auch eine Revolution, die auch erst um 1950 rum war, also das ist ja alles ganz neues Zeug. Und alles führt dazu, dass die Knappheit immer mehr relativiert wird und mit dem Internet hat du aber jetzt diesen extremen, dass es nicht einfach nur relativiert wird, also es wird einfach weniger und alles wird weiter und größer und mehr. Sondern jetzt ist es radikal. Es ist ja eine komplett andere Qualität, jetzt ist ja alles da, sofort, immer. Ich kann jetzt sofort mit jedem eine Art Uni gründen im Grunde. Und das ist eine Webseite. Früher hätte ich dafür irgendein Gebäude gebraucht und alles mögliche andere. Sogar die Reputation können wir uns holen, wenn wir die richtigen Leute sind. Das geht jetzt. Also es gibt einen deutschen Auswanderer, der jetzt an der MIT ist und ein Bildungsforscher und Experimentator, der heißt Philipp Schmidt, der hat das gesagt, der hat das gemacht. Der hatte da ein Stipendium, der war Ingenieur eigentlich oder Informatiker, ist nach Südafrika gegangen, weil er irgendwie unzufrieden war, er hatte eine kleine Firma und das hat ihm irgendwie nicht so gefallen, das muss so um 2000 gewesen sein, da ist er nach Südafrika gegangen. Hat da E-Learning für südafrikanische Unis gemacht, also für Leute, die auch keinen besonders guten Zugang zum Netz hatten, also niedrige Technologie. Bekam dann ein Stipendium von dem Ubuntu, ja was ist der dann eigentlich, Ubuntu-Chef, einer der Linux.

Tim Pritlove
1:08:07
Martin Lindner
1:08:07
Tim Pritlove
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Martin Lindner
1:08:30
Tim Pritlove
1:08:55

Ja.

Martin Lindner
1:08:56
Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
1:09:53
Martin Lindner
1:09:58
Tim Pritlove
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Martin Lindner
1:10:12
Tim Pritlove
1:10:25
Martin Lindner
1:10:28
Tim Pritlove
1:10:35
Martin Lindner
1:10:38

Genau. Und genau da ist es eins zu eins so gelaufen. Und es hat funktioniert bei alten Industrien wie Siemens oder so. Also die sich im Grunde als Beamtentum verstanden haben. Die haben sich selber Beamte genannt bis in die 90er Jahre. Und dann kam der große Globalisierungshammer und da, weil du gefragt hast, was sich eben noch mal dramatisch ändert, ja natürlich, also dieses Stichwort von Flatworld, also Globalisierung. Da wo früher, so was wir auch vorhin gerade gesagt hatten, da wo Knappheit war, da wo Privilegien waren, wo nur bestimmte Leute Zugriff auf bestimmte Dinge hatten, haben auf einmal alle Leute Zugriff auf alle Dinge. Das heißt nicht, dass es jeder hat oder machen kann. Aber es heißt natürlich, dass das Spielfeld umfassbar geöffnet wird, auf allen Gebieten. Das gilt halt auch für Autos. Also du hast ein mühsam aufgebautes Quasimonopol und auf einmal kann halt jeder kommen oder ich war bei Siemens tatsächlich dann auch noch so als E-Learning Praktikant quasi damals 2001, Information communication networks, das waren also so Hightech-Branchen von Siemens und vier Jahre später waren die tot. Die waren einfach tot. Also ich war da noch auf diesem Campus quasi und der hat pulsiert. Da waren Ingenieure aus Malaysia und alles und es war Hightech und Zukunft und alles. Und vier Jahre später waren die vorbei, weil die Technik über sie drüber gerollt ist und weil dieses System das nicht so schnell verarbeiten konnte. Und das ist nicht nur da passiert, sondern an mehreren Stellen auch. Jetzt kannst du dich natürlich fragen, so wie bildest du jetzt für diese neue Welt aus, die so ist. Reicht es da, ist es da okay, wenn du jemandem auf das Karlsruher Institute of Technology schickst, so wie die sich jetzt inzwischen nennen. Ja also muss man schon immer lachen. Und die büffeln dann, ich habe da mal zugehört zu Elitestudenten von denen, die sich gegenseitig erzählt haben, wie das Studium ist und die büffeln wirklich besinnungslos vor sich hin. Und die wissen das, also die waren da völlig nüchtern. Die wussten, dass das so ist. Also die haben sich da keine Illusionen gemacht. Und die werden dann ausgespuckt mit 23 und haben unfassbar viele Klausuren bestanden und die sind auch gut. Also das waren gute Leute. Also ich habe denen zugehört, die waren intelligent, aber das ist eine unfassbare Verschwendung von Energie. Eine unfassbare Verschwendung von Geld auch, was da irgendwie im System steckt. Was hättest du mit denen machen können, wenn die vier Jahre lang was gescheites gemacht hätten.

Tim Pritlove
1:13:05
Martin Lindner
1:13:12

Ja.

Tim Pritlove
1:13:13
Martin Lindner
1:13:21

Wichtiges Thema ja. Also im Grunde gibt es halt diese zwei Herangehensweisen. Was ja gar nicht immer schon, also Aufklärung im Grunde konntest du so, es gab beide Schienen. Eben die ganzen intelligenten Menschen von unten auch aufklären und dann eine Gesellschaft der aufgeklärten Menschen haben, die dann naturgemäß eine bessere wäre, so der Gedanke. Und die andere Idee war immer diese elitäre Idee. Es gab immer diese widerstreitenden zwei Linien würde ich denken. Und das haben wir im Internet wieder interessanterweise. Also es gibt einen OpenSource-Guru, also Guru ist jetzt zu gemein gesagt, weil das stimmt nicht, oder Evangelist vielleicht. Doc Searls, der auch das Cluetrain-Manifestum mitverfasst hat und vor allem auch Linux und die ganze Kultur immer begleitet hat. Der hat mal einen Aufsatz geschrieben, der viel zusammenfasst auch über dieses Flatworld, über die Globalisierung. Über das Buch auch, das so heißt „Flatworld“ von Thomas Friedman, das ist ein Chefideologe, Leitartikler der New York Times, und der hat also vieles von dieser Globalisierungsideologie immer sozusagen unter die Leute gebracht in Bestsellerform. Das Buch ist interessant, also „Flat world“ ist eine interessantes Buch. „The World is flat“ heißt es. Und es geht um Globalisierung. Und der hat gesagt, ja ich sehe das auch so. Also auch unter dem Gesichtspunkt der OpenSource haben wir diesen, was wir vorhin gesagt haben, das Internet macht die Welt flach, also was wir gerade gesagt haben, diese ganzen Hierarchien zählen ab einem bestimmten Punkt nicht. Wenn jeder überall hingreifen kann, kann natürlich jeder Autodidakt sofort auf dasselbe Level kommen, der braucht diese Zertifikate nicht. Ist wirklich so. Also ich kenne Leute, die so sind. Also die Autodidakten gab es früher auch, aber die haben natürlich jetzt eine völlig andere Power sozusagen. Das ist die eine Variante und die andere Variante ist aber, er sagt, ja Leute wie Bill Gates, die wie so eine Art herkömmliche, von Großkonzernen aus gedachte IT sozusagen und auch ein groß gedachtes Internet. Interessanterweise kein Web da normalerweise. Also das Web ist immer demokratisch verbreiternd und dieses andere Großdateninternet ist dann wieder eins, das wieder auf Eliten zielt irgendwie unterschwellig. So ja auch der Thiel, von dem wir vorhin gesprochen haben, das ist ein Elitestipendium, dass er natürlich dort ausgibt. Die haben die Idee, wir sieben jetzt die allerbesten von ganz vielen. Also alle dürfen mitspielen, aber das heißt nur, dass die allerallertollsten rauskommen. Also der Gedanke war, ich glaube Microsoft hat er gesagt, hat ein Projekt, dass sie nach China gehen und sie suchen sich aus dem technischen Nachwuchs die besten 1000 von den Chinesen Milliarden. Und rein statistisch muss das ja schon viel viel toller, also die besten 1000 von denen sind natürlich viel toller als die besten 1000 aus Norwegen oder Europa. Und die sieben wir und von den nehmen wir die besten 150 und die kommen dann nach Microsoft. Und daher muss Microsoft ja eigentlich die beste und mächtigste und intelligenteste Firma der Welt sein, was es nicht ist. Mit und ohne die Chinesen. Und da sagt Doc Searls eben an der Stelle und das war recht interessant, dass er sagt, hey da ist der Grundfehler. Der denkt sich das als eine Art Elitewettbewerb Bildung und das ist es nicht. Und er sagt, die Lehre aus OpenSource Leute Genie, also dieses Elitentum das ist überhaupt nichts spezielles und das ist auch gar nichts seltenes, sondern er sagt, es ist so gewöhnlich wie Schmutz. Also das ist ein Zitat von einem amerikanischen Bildungsreformer. Der sagt, Genie das liegt auf der Straße überall, das findest du überall. Ich würde sagen, so gewöhnlich wie Silikon. Also es ist wirklich einfach ein Rohstoff, der überall ist. Durch diese Siebereien kommst du nicht zu mehr Intelligenz, zu mehr Power, das stimmt gar nicht. Sondern durch intelligente Vernetzung von Strukturen, durch dieses OpenSource-Ding, durch lauter komische Trolle und seltsame Vögel, die da irgendwo zu Hause sitzen und wirres Zeug zum Teil auch denken, zusammen eine mächtige Intelligenz entwickeln und Dinge tun.

Tim Pritlove
1:17:29

Ich glaube auch so das Problem mit Auslese und Eliten ist ja, dass man im Prinzip am Ende in diesem Prozess dann immer doch ein vorgefertigten Rahmen und ein vorgefertigtes Sieb nach vorgefertigten Kriterien herannimmt und sagt, okay jetzt schauen wir mal, wer hier am besten passt und da ist ja dann im Prinzip der Fehler ist ja dann quasi in diesem Sieb drin. Während, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, diese etwas diffusere Sicht auf, naja jeder soll so nach besten Möglichkeiten sich quasi auch die Bildungsthemen selbst herbeiholen, was ja dann in der Regel dazu führt, dass man eben auch Wege geht, die einem ja so vorher gar keiner aufgezeichnet hat. Man lernt auf einmal Dinge ganz intuitiv, wo man vielleicht auch einem Freund und Dritten nicht erklären könnte, warum man das jetzt irgendwie macht. Das zieht einen halt irgendwie an, das interessiert einen, das Hirn funktioniert gut damit, man bringt die Motivation auf, was ohnehin glaube ich das wichtigste ist, um sich überhaupt etwas zu erarbeiten. Und bildet eigentlich eine Qualität heraus, die eben überhaupt nicht messbar ist. Weil es für sie gar kein passendes Lineal gibt, weil es einfach noch gar keiner gebaut hat. In dem Moment, wo man eben viele solcher Leute quasi produziert hat, die so ihre eigenen Interessen und Fähigkeiten heraus sich an der Stelle quasi verbessern – Bildung ist ja eigentlich auch ein Verbessern – also sich selbst verbessert haben, da wo sie sich am besten verbessern lassen. Wenn man die dann alle wiederum in einen Topf schmeißt und da eben so ein freifließendes Netzwerk der Fähigkeiten baut, da wird es dann irgendwie interessant.

Martin Lindner
1:19:12
Tim Pritlove
1:19:28

Jetzt reden wir ja im Prinzip hier schon von einem Ideal. Das ist so ein bisschen utopisch und wie das immer so ist mit Utopien, man kann sich irgendwie nicht so richtig vorstellen, dass es morgen schon so weit ist, aber dann kommt es vielleicht doch noch ein bisschen früher als man glaubt, aber ich glaube, wir sind uns auch einig, jetzt mit Ende dieses Podcasts ist es dann noch nicht soweit geschehen. Da muss man sich natürlich dann immer auch wieder ein bisschen mit dem Pragmatismus auseinandersetzen und sagen, wenn das jetzt sozusagen das Ideal ist und wir haben derzeit ein System, was wir jetzt mal als relativ statisch, festgefahren und auch so ein bisschen realitätsverweigernd, wie das eigentlich immer ist, ansehen, was für Methoden gibt es denn jetzt eigentlich mit der Anwendung des Internets auf das bisherige System, um vielleicht einerseits schon mal das bestmögliche daraus zu machen oder eben vielleicht auch schon mal so eine Tür zu öffnen, in diese ideale Welt. Also das Buch hast du ja schon erwähnt, was ja auch auf so eine netzgestützte Art und Weise zustande gekommen ist, in Form einer Crowdfunding-Kampagne, da willst du ja versuchen, das im Prinzip alles aufzudröseln. Also welche Methoden kann man heute und sollte man vielleicht auch anwenden. Was passt gut und was ist vielleicht auch sagen wir mal so ein Türöffner für die Leute, die eigentlich sich noch so ein bisschen dagegen wehren, die ja dann sehen, okay, wenn man das jetzt mal zum Einsatz bringt, das passt auch gut in meine Welt.

Martin Lindner
1:20:58

Also ich glaube jetzt nicht, dass ich sie überzeugen kann, die sich dagegen wehren, das ist schwierig. Aber das wäre jetzt glaube ich nicht die Schiene, die ich versuchen würde. Ja ich meine, es ist natürlich so, dass in allen Institutionen gibt es Leute, die das tun. Also überall sitzen Leute, die oft ganz großartige Dinge tun im Einzelfall. Also Schulen zum Beispiel da gibt es ein sehr sehr aktives Lehrernetzwerk, dass sich in Twitter vor meinen Augen quasi formiert hat, witzigerweise. Und die werden immer wirksamer tatsächlich. Also das ist auf einer bestimmten Ebene sicher immer noch ganz minoritär, wenn du es auf die Gesamtzahl beziehst, aber ich denke mal, die haben Einfluss. Weil es gibt gar keine Kohärenz im Grunde. Also jeder Lehrer, der unzufrieden ist, der wird irgendwie darauf kommen, dass es dieses Netzwerk gibt. Der muss einfach nur sich einschalten und denen folgen. Die haben ein eigenes Barcamp, ein regelmäßiges. Die haben den @-Chat auf Twitter. Also das heißt du kannst dich sofort da andocken. Du bist irgendwo frustriert an irgend so einer dieser Lehrerbildungsanstalten und die Lehrerbildung ist nach allem, was ich auch von den Leuten, die dort arbeiten erzählen, sehr sehr frustrierend. Und nicht wirklich zeitgemäß. Zum Teil die Ausbilder mehr noch, als die Leute, die rein drängen. Weil also bei Lehrer ist es immer noch ein Spezialthema natürlich, weil Schulen sich auch immer sehr stark selbst reproduzieren und die Schulideologie und das sich wohlfühlen in diesen Sonderräumen. Die Leute, die das gern tun, werden halt dann auch gern Lehrer. Also das heißt die ziehen sich auch ihren eigenen Nachwuchs ran. Machen die Unis natürlich auch, also nicht nur die Schulen. Aber es gibt Leute, die das nicht tun und es gibt, so wie es früher schon immer gute Lehrer gab natürlich und aktive und unzufriedene und Lehrer die gesagt haben, hey so kann es ja nicht gehen, wir müssen das ändern, das gab es immer natürlich. Und die haben natürlich jetzt auch mehr Mittel. Ich meine, ich glaube jetzt nicht, dass sie das System umstürzen können, aber das ist selbstverständlich sinnvoll, was die tun. Das ist Graswurzelarbeit, aber sie haben auch einen erstaunlichen Hebel, eben über diese Medien. Also das geht hier an den Unis gibt es das auch, aber ich habe eigentlich fast schon das Gefühl, dass es weniger wirksam ist. Da habe ich eigentlich das Gefühl, dass die Lehrer irgendwie revolutionärer drauf sind, die das machen.

Tim Pritlove
1:23:18
Martin Lindner
1:23:20
Tim Pritlove
1:24:29
Martin Lindner
1:24:33
Tim Pritlove
1:24:34
Martin Lindner
1:24:36
Tim Pritlove
1:25:37
Martin Lindner
1:25:42
Tim Pritlove
1:25:51
Martin Lindner
1:25:54
Tim Pritlove
1:26:25
Martin Lindner
1:26:29

Ich persönlich, da gibt es unterschiedliche Meinungen. Ich kenne Martin Riemer heißt der, der arbeitet an Grundschulen in Berlin und macht das mit Grundschülern und es ist super offensichtlich. Also es gibt keinen Grund zu sagen, dass man zu alt, zu jung ist dafür. Aber ich würde jetzt mal denken, ab 12, interessanterweise auch ein Alter auf das sich so Bildungsreformer... würde man jetzt die Leute viel ernster nehmen. Also diese künstliche Infantilisierung, die ich auch irgendwie im Bildungssystem sehe, bis hinein in die Unis rein. Wo du ewig lang immer noch so halb selber auch – das ist auch etwas, was die Leute selber mit sich selbst tun, aber es ist auch etwas, was ihnen sozusagen das System auferlegt. Und heutzutage ja auch eine freundliche Infantilisierung. Das ist ja auch ein Freistellen von Verantwortung. Du musst nicht raus in diese fiese neoliberale haifischige Welt. Das muss man halt irgendwie verträglich rein mischen in das Ganze. Und wie man das machen kann, also das ist jetzt wirklich Utopie, ich glaube ja nicht wirklich dran, dass es passiert. Ich glaube ja, dass es irgendwie so komisch untergründig vor sich hin erodiert und irgendwelche Dinge dann entstehen und die Möglichkeit muss man halt nutzen, wenn sie dann da ist. Ich kann sie mir noch nicht ganz vorstellen. Doch also eine Schiene habe ich immer, dass ich mir denke, Sachen die wirklich revolutionär oder qualitativ wirklich anders sind, könnten da entstehen, wo die Not am größten ist. Ich glaube eigentlich nicht, dass sie da entstehen, wo die Leute sich wohlfühlen auf ihren Gymnasialinseln, im reißenden Strom der Globalisierung. Sondern da wo es halt schwierig ist. Also wenn du raus gehst in die Provinz, da wo die Städte veröden und die Kommunen, wo immer weniger Leute auf Schulen überhaupt gehen, da bist du fast auf das Web angewiesen als Verstärkung. Wenn die das sozusagen umarmen und als zentrale Technologie verwenden, dann ist es vielleicht kein Stigma mehr, auf so einer Schule zu sein, sondern im Grunde bist du vorne auf einmal schlagartig. Das ist die Diskussion gerade. Das rutscht aber gerade so weg. Also es ist tatsächlich so, dass sich da gerade viel ändert. Das ist dieses, bring your own device Thematik, wird immer byod abgekürzt. Das ergibt einfach aus finanziellen Gründen. Ich meine, du hast keine Kohle, um den Leuten immer neue Maschinen zu geben und die zu kontrollieren und zu administrieren, das klappt ja eh nicht. Also läuft es darauf hinaus, dass sie mit ihren mächtigen Maschinen einfach reinkommen und du sagst, hey wir schalten uns zusammen und dann machen wir was. Ja sie sind dann irgendwie auch mit WhatsApp unterwegs, aber mein Gott, so ist es halt. So war es ehrlich gesagt immer. Früher waren es halt Zettel oder Zeug. Ja das wird im Moment habe ich das Gefühl, dass es jetzt gerade einsetzt, dass es sehr viel entspannter gesehen wird einerseits, weil man sich dran gewöhnt und andererseits, weil es finanziell wahrscheinlich gar nicht anders geht. Also das wird glaube ich kein Problem mehr sein. Also wir werden Klassenzimmer sehen, in denen die Leute ihre Geräte haben in fünf Jahren, sage ich mal so. Und was dann passiert ist interessant, weil das hat kulturelle Folgen. Also wie move your ass your mind will follow. Benutz dieses Tool und dein Kopf macht dann andere Dinge als vorher.

Tim Pritlove
1:29:58
Martin Lindner
1:30:04
Tim Pritlove
1:30:05
Martin Lindner
1:30:29
Tim Pritlove
1:31:27
Martin Lindner
1:31:29
Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
1:32:29
Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Das ist immer die Frage, was, das ist eine umstrittene und noch nicht ganz eindeutig beantwortbare Frage, was da gut ist. Also wo ist es gut, abzuschließen oder Schonräume oder eigene Spielräume zu schaffen. Also es wird mit Sicherheit viel zu viel gemacht. Also ich würde sagen, per Default immer offen. Also jeder Schüler sollte im Grunde schon im Offenen agieren. Die zweite Frage ist, mit Klarnamen oder nicht. Weil warum eigentlich? Weil im Netz brauchst du normalerweise keinen Klarnamen, traditionell nicht. Das würde jetzt auch bei noch nicht mal bei Kindern Probleme machen, weil du ja trotzdem weißt, wer es ist. Also wenn es ein Problem gibt, kannst du das ja zurechnen. Also per IP-Adresse. Also da würde die NSA-Technologie ja auch disziplinierend wirken. Aber die Leute müssen sich nicht outen als Deppen oder also dieses Problem des Fragen Stellens oder des sich öffentlich Blamierens ist ja dann nicht, zumindest nicht auf der Ebene, nicht gegeben. Also niemand sagt, heihoppla du Trottel. Das hat ja das Internet im Grunde, war eine der erlösenden auch Elemente, die die Weblernkultur sozusagen getrieben haben, war, dass es dieses Problem eben nicht gab. Ich konnte unter irgendeinem Namen irgendwelche blöden Fragen stellen und es war nie ein Problem. Also ich bin jetzt mit echtem Namen unterwegs, weil das hat halt professionelle Gründe. Also ich will als Fachmann sozusagen sichtbar sein. Aber wenn das nicht so wäre, wäre ich nicht mit echtem Namen unterwegs, weil warum.

Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Der Herr Khan, der der Legende nach, für seine Cousinen, kommt aus dem Sri Lanka Milieu Hintergrund, Migrationshintergrund und der hat also denn Mathematik erklärt. Und das hat er ihnen so ganz roh und selbstgezeichnet in live und dazu sprechend hat er denen einfach gezeigt, wie das geht, so wie auf der Serviette so. Hey, komm mal her, ich erkläre dir jetzt, wie das mit der Kurvenfunktion ist, nämlich so. Und das hat dann 7-8 Minuten gedauert und das war einer der ersten Bildungsinhalte, die auf YouTube glaube ich ernsthaft hochgeladen wurden. So um 2005-2006, als YouTube so richtig abging. Und weil das einer der ersten Formen war, und weil er ein Format gefunden hat, der Mann kann gut reden, es klingt gut, das war wahnsinnig erfolgreich, das hat irrsinnige Klickzahlen gehabt, weil es gab ja auch nichts damals. Und der wird jetzt von der Gatesfoundation gefördert und es ist eine Nonprofit-Organisation und das gilt als Zukunft der Bildung für alle, für die ganzen benachteiligten Menschen da draußen und die brauchen sich jetzt einfach nur Kahn-Videos anschauen, was wahrscheinlich nicht funktioniert, aber was zumindest diesen Demokratisierungseffekt des Web schon auch spiegelt, den gibt es ja. Ich glaube man stellt sich das deutlich zu einfach vor und es gibt viele viele Probleme, die wir jetzt nicht mehr besprechen können und dieser künstliche Intelligenzmensch, lustigerweise wieder ein Deutscher, Sebastian Truhn ein migrierter Deutscher, der hat diese Khan-Akademie gesehen und hat gesagt, hey das mach ich auch. Also Thrun ist Google-Oberwissenschaftler gewesen, der hat das Googleglass diese berühmte fiese Brille und das selbstfahrende Auto beides tatsächlich mitentwickelt maßgeblich. Hat eben einen Grundkurs in künstlicher Intelligenz in Stanfort, wo sich Google auch den Nachwuchs holt und hat gesagt, hey ich habe das Gefühl, mehr Leute, als die paar hundert, ich glaube 200 oder so, die haben sie dann in Präsenz bedient. Und dann haben sie gesagt, okay wir stellen das mal online und schauen, wen es interessiert. Stanfort wollte gar nicht, dass das offen ist, aber er sagte, nein offen Web so alle, die ganze Welt soll da, wer Lust hat, wer das kann, der soll das probieren. Und der hat, ich muss kurz nachdenken, 300.000 Leute, die sich eingeschrieben haben und von denen haben erstaunlich viele den Abschluss gemacht und einige davon legendärerweise ein Mongole, nein das war ein anderer Kurs, aber es gab Leute mit fehlerlosen ... also die haben Tests gemacht und es gab Leute, die waren halt einfach sehr sehr sehr gut. Aus irgendwoher. Und das war die Geburt des Mooc-Hype. Witzigerweise gab es das Wort Mooc vorher schon, weil es gab nämlich vorher schon Geisteswissenschaftler, eben die andere Schiene, das waren die Ingenieure, das war das Silicon Valley, das war auch Elite so. Die Idee war natürlich, wir holen den supergenialen Mongolen und den holen sie tatsächlich. Also den haben sie geholt und der studiert jetzt da auch und so. Und die andere Variante ist tatsächlich von den Geisteswissenschaftlern vorher erfunden, die ständig eben das, eigentlich Leute wie ich faktisch, also Amerikaner auch und Kanadier, die gesagt haben, ja das Web ist eben so, wie wir uns Bildung immer vorgestellt haben und alles ausprobiert haben, was ging, so wie ich auch. Und die gesagt haben, oh wir haben jetzt diese Videos, wir haben Blogs, Wordpress können wir uns einfach aus dem Boden stampfen, da haben wir noch ein paar Plattformen. RSS, wir können Feeds machen. Jetzt machen wir ein riesen Seminar so. Ein großes Seminar für alle Leute, die auch so ein Thema aus diesem Sektor. Und das waren jetzt nicht mehr so 300.000, ich glaube das waren 3000. Also das war mehr so deutlich kleiner, aber halt doch noch verdammt viel. Und die haben da angefangen, das zu machen, das war vorher, also 2 Jahre vorher. Ich glaube der Thrun wusste gar nicht, dass es die gab und die haben das also angefangen, zu machen und haben da eigentlich eine völlig offene Form, also die haben wirklich gesagt, lass uns sehen, wo uns das hinführt. Der eine macht ein bisschen Input, ist wie ein Barcamp im Grunde auch fast schon ein bisschen und einer hat dann, ein Freund von mir tatsächlich, ein Amerikaner, der mal auf einer Konferenz war, die ich mal organisiert habe, den ich da hingeholt hatte. Der hat es dann Mooc genannt, nach den Massive Open Online Roleplaying Games. Und der hat gesagt, das ist ja wie ein Kurs, Massive Open Online Roleplaying Course. Und die experimentieren da weiter, das ist eine offene Form. Das ist eine Form, die quasi eigentlich so, wie du vorhin mal sagtest, utopisch. Also das ist eine utopische Form, aber es ist ehrlich gesagt, auch das, was an den Unis real schon existiert hat. Also meine Seminare, ich war in einem netten Ausschnitt der Universität, also wenn die gut waren, waren die so. Nur waren das halt dann 15 Leute. Trotzdem wehren sich viele, das ist meine Erfahrung zumindest, wenn ich so rumfrage, viele so an den Universitäten, allein die Vorlesungen auch nur als Audioaufzeichnungen zu veröffentlichen. Da gibt es irgendwie extreme Berührungsängste.

Martin Lindner
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Martin Lindner
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Ja genau. Und zwar eben sowohl herkömmlich wird das ja immer so interpretiert, dass es immer die Menschen sind, die sich vernetzen, was ja stimmt auch natürlich. Aber eben nicht nur, sondern es vernetzen sich vor allem auch Gedanken. Also sozusagen, du kannst das von beiden Seiten sehen. Du kannst sagen, der Mensch ist halt ein Gedankenträger. Und was im Web passiert, finde ich, lässt sich besser verstehen, als es ist weniger sozial im herkömmlichen Sinne, als das tatsächlich eher so was, wie ein gedanklicher Raum, an den man sich anschließen kann und der einem dann aber auch wieder sozialen Gewinn bringt. Also wir interessieren uns gemeinsam für irgendein Thema hypothetisch und wir treffen uns und es ist ein soziales Plus auch für mich ganz konkret. Aber es entsteht nicht auf einem sozialen Raum. Also die Idee, das immer nur auf Menschen zu reduzieren, die miteinander in Kontakt treten, das wäre Internet, wenn du so willst. Das Internet ermöglicht das. Das Web ist ein Raum, in dem Leute im Grunde publizieren. Also was du da schreibst ist im Grunde alles sind alles ganz winzige Publikationen und die reagiere miteinander und da entstehen Gedanken und da entstehen Bildungsprozesse und da kann ich jetzt Teil von denen sein oder nicht. Und ich empfehle Teil davon zu sein. Also auch ganz sowohl aus idealistischen Gründen, aber auch aus ganz pragmatischen. Im Sinne von, wenn du gern noch in 10 Jahren einen guten Job haben möchtest oder in diesem Rattenrennen irgendwie gut im Rennen sein willst, dann sei besser Teil davon. Keine gute Idee, nicht dabei zu sein.