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FG002 Citizen Science

Bürgerwissenschaften als Ergänzung des professionellen Wissenschaftsbetriebs

Das Wissenschaftssystem hat über Jahrhunderte seine heutige Form gefunden und findet sich in Zeiten hochverfügbarer Technologie und breiter Bildung der Gesellschafts einer interessanten Gemeinschaft von Amateurwissenschaftlern gegenüber. Unter dem Begriff Citizen Science sammelt sich das Engagement dieser Bürger und sucht Wege, das professionelle Wissenschaftssystem zu ergänzen und in Bereichen zu bereichern, wo ihm selbst Grenzen gesetzt sind.

Wir sprechen mit dem Wissenschaftstheoretiker Peter Finke, Autor des Buches "Citizen Science: Das unterschätzte Wissen der Laien" und befragen ihn zu seinen Erkenntnissen und Erfahrungen aus seiner aktiven Zeit im wissenschaftlichen Betrieb und seinem eigenen Engagement in nicht-professionellen Forschungsbereichen.

https://forschergeist.de/podcast/fg002-citizen-science/
Veröffentlicht am: 17. November 2014
Dauer: 1:26:36


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Vorstellung 00:00:40.671
  3. Private und staatliches Universitätssysteme 00:02:05.143
  4. Persönlicher Werdegang 00:05:04.806
  5. Wissenschaftstheorie und -realität 00:08:21.308
  6. Citizen Science 00:15:27.798
  7. Crowdsourcing 00:19:42.369
  8. Laien und Profis 00:26:56.077
  9. Universalität und Spezialisierung 00:33:57.471
  10. Interdisziplinärität und Ausbildung 00:50:57.144
  11. Integration und Kooperation 01:03:33.806
  12. Weiterentwicklungen 01:17:22.674

Transkript

Tim Pritlove
0:00:42
Peter Finke
0:01:40
Tim Pritlove
0:01:43
Peter Finke
0:01:54
Tim Pritlove
0:02:05
Peter Finke
0:02:07
Tim Pritlove
0:02:27
Peter Finke
0:02:28

Teilweise läuft es besser. Teilweise auch nicht. Zum Beispiel besser läuft es in dem Sinne, dass man nicht immer den Wissenschaftsminister fragen muss, weil man ganz gewaltige Entscheidungen treffen will. Sondern man kann das in der Universität entscheiden unter Kollegen, das ist manchmal schwierig genug. In der staatlichen Universität sind große Entscheidung sozusagen nicht möglich, ohne dass man den obersten Dienstherrn einbezieht. Und der möchte manchmal die letzte Entscheidung treffen. Das ist übrigens eine Sache, die ich schlimm finde. Weil ein Parteipolitiker aus meiner Sicht absolut nichts zu sagen hat, bei wissenschaftlichen Entscheidungen. Aber es ist halt anders bei den staatlichen Universitäten. Also das lief sozusagen in Witten Herdecke besser. Schlechter, das habe ich dann allerdings auch bemerkt, lief gelegentlich der große Einfluss der privaten Geldgeber. Denn ein privater Geldgeber, von dem beispielsweise ein Fach vollkommen abhängig ist, der kann und das habe ich erlebt, über Nacht entscheiden, jetzt ziehe ich mein Geld heraus, weil mir irgendetwas nicht gefallen hat. Da habe ich diese Situation erlebt, dass ein ganzer Bereich über Nacht zusammenbrach, weil der private Geldgeber, das war eine Stiftung aus der Schweiz, aus einem nichtigen Grund, von außen gesehen nichtigen Grund, da der Chef der Stiftung war in Krach geraten mit dem Dekan der Fakultät, beschlossen hat, Schluss das werden wir jetzt nicht mehr fördern. Da sind die Studenten zum Präsidenten gerannt und haben gesagt, was geht denn jetzt, wie soll das weitergehen und der hat die Schultern gezuckt und hat gesagt, ich weiß es auch nicht.

Tim Pritlove
0:04:15
Peter Finke
0:04:21
Tim Pritlove
0:05:05
Peter Finke
0:05:21
Tim Pritlove
0:06:37
Peter Finke
0:06:39
Tim Pritlove
0:07:59
Peter Finke
0:08:04
Tim Pritlove
0:08:22
Peter Finke
0:08:27
Tim Pritlove
0:10:00
Peter Finke
0:10:04

Naja das hängt schon mit dem Begriff der Wahrheit zusammen, auch wenn das ein schwieriger Begriff ist. Aber dass man sozusagen versuchen sollte, Wahrheit zu finden, in Bezug auf das, was man gerne erkennen möchte, das scheint mir nach wie vor das Ideal der Wissenschaft zu sein. Und ein Problem, das ich da sehe, ist, dass heute sehr viele andere Interessen von außen auf die Wissenschaft gelenkt worden sind und weiter werden und dass dieses Ideal so ein bisschen in Verruf geraten ist, weil es eben doch nicht mehr so in Reinkultur verfolgt wird. Wenn da zum Beispiel Auftragsforschung gemacht wird, also jemand sagt, erforsche mal bitte das und das, vielleicht auch mit folgenden Ideen in Bezug auf Ziele, dann haben wir ein Problem. Denn dann kann man auch nur noch fragen, wo kommt das Geld her, dann hat man häufig einen Zusammenhang, der, jedenfalls wenn man das mit dem Idealfall gleich, ziemlich ungut ist. Und so sehe ich die heutige Realität. Zum Beispiel, dass die Wirtschaft in einem Maße heute in die Wissenschaft hineinfunkt, dass aus meiner Sicht nicht mehr feierlich ist. Man kann das nachvollziehen, weil dort solche Interessen vorhanden sind, ich habe auch nichts dagegen, dass in der Wirtschaft selber geforscht wird. Da gibt es ja große Forschungsabteilungen, das ist ja wichtig, dass das geschieht. Aber in der Universitätswissenschaft müsste man sozusagen ein paar Barrieren dagegen einziehen, aber die Barrieren sind eher gefallen, und das verwirrt sozusagen das Bild der Wissenschaft. Es ist jetzt so ein Gemisch geworden aus rein wissenschaftlichen Interessen und Fremdinteressen. Zum Beispiel auch politischen Interessen. Auch die Politik greift sozusagen sehr erheblich und für mein Gefühl viel zu erheblich in die Wissenschaft ein.

Tim Pritlove
0:12:15
Peter Finke
0:12:21
Tim Pritlove
0:13:34
Peter Finke
0:13:37

Also an der Fakultät, also ich war ja an einer Fakultät für Linguistik, das ist etwas besonderes. Die meisten Lehrstühle für Wissenschaftstheorie sind bei den Philosophen, einige sind bei den Soziologen, auch in den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten hat es schon solche Lehrstühle gegeben. Ich war bei den Linguisten. Das ist auch ganz interessant, weil nämlich die Sprachwissenschaft im 20. Jahrhundert, bzw. in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sehr rasante Entwicklungen durchlaufen hat, und das verlangt geradezu danach, dass jemand das dann auf der Metaebene reflektiert und begleitet. Und da habe ich miterlebt, dass ein Bereich, der vorher ganz kleiner und winziger Bereich war, nämlich die Computerlinguistik, einfach weil ein entsprechender Wirtschaftsteil sozusagen ein großes Interesse an diesem Fach hatte, was dann sozusagen wachsen sollte, auf einmal immer mehr Mitarbeiter bekam. Andere hatten Probleme sozusagen, mussten Mitarbeiter entlassen, und dieser Kollege. Der hatte auf einmal die meisten Mitarbeiter der Fakultät. Ähnliches gibt es in den biologischen Fakultäten. Da sind Bereiche, wie zum Beispiel Verhaltensforschung oder auch Ökologie eigentlich ein aktuelles Thema, eher zurückgefahren worden, während andere Bereiche, wie Mikrobiologie oder Genbiologie sozusagen erheblich entwickelt worden sind, und zwar hauptsächlich über Drittmittel natürlich. Weil dort Anwendungsinteressen, Nutzungsinteressen vorhanden waren, die diese Mittel da hinein kanalisiert haben. Auf diese Weise konnten Fakultäten ganz anders wachsen, als die Wissenschaftler sich das mal vorgestellt haben mit diesen Fakultäten.

Tim Pritlove
0:15:27
Peter Finke
0:15:41
Tim Pritlove
0:16:37
Peter Finke
0:16:48

Das ist die große Frage. Also ich will mal so anfangen, allein in den USA sind im Jahre 2012-2013 vier Bücher mit dem Titel Citizen Science erschienen. Und in allen steht mehr oder weniger das gleiche. Nämlich Citizen Science sei eine Methode der Wissenschaft. Also die Methode, dass professionelle Wissenschaftler das Wissen der Laien entdecken. Es gibt überall hoch kompetente Laien für verschiedene Gebiete. Die kennen sich halt auf verschiedenen Gebieten gut aus. Und wenn Wissenschaftler dies sozusagen entdecken als Ressource, dieses Wissen abzurufen, dann haben sie sozusagen einen ganz anderen Fundus, als der sozusagen „normale“ Wissenschaftler, der für alles einen wissenschaftlichen Mitarbeiter einstellen muss, der ihm dann weiterhilft. Die Laien haben einen ganz großen Vorteil. Sie arbeiten im allgemeinen gern mit bei so etwas und sie arbeiten kostenlos mit. Und das ist natürlich etwas, was ich dann auch in einiger Literatur, die da in Amerika geschrieben worden ist niederschlägt. Nämlich dass es eine so schön preiswerte Methode der Wissenschaft wäre. Ich finde dies skandalös, aber das ist die Form von Citizen Science, die dort fast ausschließlich propagiert wird. Und das Problem was ich sehe, ist, dass wir heute drauf und dran sind in Deutschland, es genauso zu machen. D.h. zu sagen Citizen Science das ist eigentlich nur eine Methode der professionellen Wissenschaft, die Laien sind sozusagen Instrumente, die man benutzen kann und das Schöne ist, auch noch so schön preiswert angesichts der Tatsache, dass die Wissenschaft heute ohnehin häufig Finanzprobleme hat oder der Staat. Und dann entstehen ganz viele Probleme. Denn die Laien arbeiten ehrenamtlich, das ist ein Unterschied. Dass sie das kostenlos machen, ist sozusagen ein Aspekte, den man bedenken muss. Aber Sie haben sehr viele Ausgaben. Sie haben sehr viele Unkosten bei der Forschung, die sie da selber machen. Und die ihre Erkenntnisse dann möglich machen. Und davon wird überhaupt nicht geredet. Es wird Ehrenamtlichkeit mit Kostenlosigkeit gleichgesetzt und das ist ein großes Problem.

Tim Pritlove
0:19:42
Peter Finke
0:20:36
Tim Pritlove
0:20:53
Peter Finke
0:20:59

Das sollte man nicht unterschätzen. Also ich finde angesichts der Tatsache, dass viele Biologielehrer heute sozusagen nicht in der Lage sind, solche Fähigkeiten Ihren Schülern vorzuweisen und vor denen manchmal übertroffen werden, ich will nicht von einigen Kollegen reden, an der Universität, ist das nicht zu unterschätzen. Das ist auch so ein Punkt, der noch zudem passt, was ich vorhin gesagt habe, nämlich dass es da erhebliche Veränderungen an einigen Fakultäten gegeben hat, zum Beispiel in der Biologie gab es früher immer Praktika für Artenkenntnis. Ein Student der Biologie musste sozusagen in seinem Studium solche Praktika absolvieren, und der musste eine bestimmte Pflanzenanzahl erkennen können sozusagen. Oder meinetwegen auch eine bestimmte Vogelanzahl. Das ist weit gehend abgeschafft, das gibt es einfach nicht mehr. Sozusagen mit dem Ergebnis, dass die Leute das auch nicht mehr können. Und es betrifft eben leider auch häufig die Lehrer. Also ich würde diesen Bereich nicht unterschätzen. Es ist schon sehr wichtig, denn wenn man solche Unterscheidungen, solche Artenkenntnisse nicht mehr hat, dann nimmt man die Veränderungen in unserer Umwelt auch viel leidenschaftsloser wahr. Man bemerkt sie womöglich gar nicht so richtig. Und deshalb ist das ein sehr wichtiger Punkt. Das ist ein wichtiger Punkt, wo nicht Berufswissenschaftler die Berufswissenschaft, die sich von bestimmten Feldern zurückgezogen hat, ergänzen muss. Wenn wir nicht sozusagen zurückfallen wollen, in eine Zeit, wo es uns ziemlich egal ist, was draußen so passiert, ob in der natürlichen Umwelt oder in der kulturellen oder in der sozialen Umwelt, die Beispiele gibt es dort genauso. Deshalb meine ich, sollte man diese Kenntnisse, die die Laien auf verschiedenen Gebieten haben können, nicht unterschätzen. Man sollte sie höher schätzen, als das üblicherweise geschieht. Denn es sind Sachen, die gewissermaßen in den Basisbereich zum Fundament von Wissenschaft gehören, über das man so leicht hinweggeht, angesichts der Tatsache, dass das was natürlich vor allen Dingen in den Medien an den modernen Wissenschaften interessiert häufig etwas sehr abstraktes ist, häufig etwas sehr theoretisches ist, häufig etwas sehr spezielles ist, und natürlich sehr häufig etwas sehr sehr teures ist. Das ist die Form von Wissenschaft, die heute überwiegend sozusagen beschrieben und dargestellt wird. Die das Medieninteresse erregt. Aber man muss den ganzen Unterbau sehen, dass es so ein bisschen wie mit der Dame ohne Unterleib im Zirkus. Da sägt einer angeblich den Unterleib weg, und die Dame sagt, es geht mir noch ganz gut. Und alle starren auf den Oberleib. Also das Oberteil. Das Unterteil ist ganz wichtig. Und nur deshalb kann die Dame das sagen. Ein anderes Beispiel ist der Eisberg sozusagen. Wir sehen das, was über der Meeresoberfläche ist, aber wir wissen im Grunde, dort wissen wir es besser als bei der Wissenschaft übrigens, wir wissen im Grunde, dass unter der Meeresoberfläche ein sehr sehr wichtiger Teil des Eisbergs ist. Und damit haben wir dann einige große Schiffe sozusagen unangenehme Bekanntschaft gemacht. Und es ist in der Wissenschaft genauso. Es gibt unter dieser von den Medien, von der allgemeinen Öffentlichkeit leicht wahrgenommenen Oberfläche einen ganz wichtigen Teil von Basisforschung, von Basiswissenschaft, Wissenschaft die leichter zugänglich ist für Leute, die nicht unbedingt ein bestimmtes Studium gemacht haben. Die sich ihre Kenntnisse wie auch immer erworben haben. Das ist völlig nebensächlich, wie Sie sie erworben haben. Hauptsache ist, dass sie sie besitzen. Und das ist meines Erachtens der wahre Bereich von Citizen Science. Da kommt es nicht so sehr darauf an, dass es viele sind, sie brachten vorhin das Beispiel Crowdsourcing. Das kann eine Spielart sein, aber ich habe ohnehin etwas gegen diesen Crowdbegriff, jedenfalls in dem Zusammenhang. Der Zusammenhang ist Rationalität. Ich glaube man kann Rationalität nicht so sehr durch Anhäufung von Menschen, sozusagen häufen, sondern man kann eine gewisse Einzelperspektive aneinander addieren. Das ist zweifellos so. Also der eine kennt sich in dem Bereich gut aus, der andere kennt sich in einem anderen Bereich im Bezug auf dasselbe Objekt gut aus, und das kann man schön in solchen schaut Crowdprogrammen miteinander kombinieren. Aber ein Mehrwert an Rationalität entsteht eigentlich nicht. Da ist es eher zu befürchten, dass wenn sozusagen Mengen oder Massen zusammenkommen, dass dann unter Umständen auch Irrationalität entstehen kann. Und darauf legt Herr Surowiecki, auf den sich alle berufen, eigentlich gar keinen Wert. Das wird von ihm nicht so richtig behandelt.

Tim Pritlove
0:26:55
Peter Finke
0:27:54

Ja man muss ja übrigens sehen, dass auch jeder Profi ein Laie ist. Jeder Profi ist auf allen Gebieten, auf denen er nicht Profi ist, ein Laie. Und er ist wahrscheinlich auf sehr viel mehr Gebieten ein Laie, als er ein Profi ist. Und das ist glaube ich ein ganz wichtiger Punkt. Wir sind alle Laien. Und dennoch versuchen wir, so viel Rationalität wie möglich sozusagen zur Anwendung zu bringen. Ich meine wenn ich Zeitung lese., Oder Tagesschau gucke, dann werde ich mit soundsoviel Nachrichten aus der Welt bombardiert, das sind alles so kleine Bruchstücke, und ob ich die alle wirklich so richtig einordnen kann, das ist natürlich die große Frage. Aber ich versuche es. Das ist das Entscheidende. Dass wir also sehr viele Anstrengungen unternehmen, die wir gar nicht so bemerken. Aus sehr wenig Informationen, ein Maximum zu machen. Das ist die typische Laiensituation. Also der Laie ist eigentlich nicht jemand, den man dadurch charakterisieren kann, dass er besonders dumm ist, sondern dadurch, dass er sich besonders angestrengt sieht oder dass er sich besonders anstrengt, aus den wenigen Informationen, die er hat, das Maximum zu machen. Das ist natürlich kein Garantieweg. Dass man zum Ziel kommt. Aber man muss dann einfach sehen, dass viele in sehr erstaunlicher Weise zu diesem Ziel gelangen. Und das ist eben, davon haben wir noch gar nicht gesprochen, meine zweite Erfahrungsebene. Ich habe ja nicht nur die Erfahrungsebene des professionellen Wissenschaftstheoretikers, der sozusagen von Amtswegen oder weil er einen Vertrag unterschrieben hat verpflichtet ist, über Wissenschaft nachzudenken. Das habe ich auch lange Zeit getan, nur bezogen auf die akademische Wissenschaft. Sondern ich habe vorhin gesagt, wofür ich mich seit Kindesbeinen interessiere, das habe ich auch fortgeführt. Und da bin ich ja dann zum Beispiel in Vereine eingetreten, nicht deshalb, weil ich da etwas über Wissenschaft lernen wollte, sondern weil ich Leute treffen wollte, die mir zeigen konnten, wo ich interessante Vögel finde. In einer für mich neuen Umgebung. Oder die mir zeigen konnten, wo es noch interessante Naturrelikte in der für mich neuen Gegend gibt. Oder später, da habe ich die Vereinigung für ökologische Ökonomik mitgegründet, weil ich fand, dass diese übliche Wirtschaftswissenschaft an den Universitäten viel zu viel sozusagen in herkömmlicher Weise daher redet, wie das Wachstum ganz notwendig ist und dass man also geradezu Angst haben muss, wenn das Wachstum ein bisschen zurückgeht. Weil nur Wachstum uns sozusagen aus den Problemen heraus helfen kann, die wir ja zu lösen haben. Deshalb habe ich diese Vereinigung mitgegründet, ich bin da jetzt noch im Vorstand. Und da habe ich in all diesen Vereinigungen oder zum Beispiel in einer Geschichtswerkstatt, wo ich mal mitgearbeitet habe, habe ich Leute getroffen, die sich sehr gut auskannten auf einem bestimmten Gebiet, wie immer sie dazu gelangt sind, und die mich teilweise mehr beeindruckt haben, als die Kollegen, die im Dienste der Universität um mich herum saßen und die teilweise hoch dekoriert waren, die teilweise auch wirklich gute Sachen gemacht haben, teilweise. Nicht jeder professionelle Wissenschaftler ist auch ein guter Wissenschaftler und nicht jeder Laienwissenschaftler ist auch ein guter Wissenschaftler, aber nicht jeder ist auch ein schlechter Wissenschaftler, das sind ganz andere Ebenen sozusagen über die man dann redet. Gut oder schlecht oder Profi und Nichtprofi. Und diese zweite Ebene meiner Erfahrung, die hat es mir ermöglicht sozusagen etwas eine Perspektive zu gewinnen, die ich nie bekommen hätte, wenn ich das gemacht hätte, was die meisten meiner Kollegen machen. Nämlich zu denken, Wissenschaft ist ja wunderbar hier in der Universität, überall Wissenschaft um mich herum, alle möglichen Disziplinen, sozusagen muss du gar nicht die Universität verlassen. Was sollst du denn da noch über Wissenschaft lernen, wenn du in die Gesellschaft hinausgehst und dich mit anderen Interessen beschäftigst. Kannst du etwas anderes lernen, aber jedenfalls nichts über Wissenschaft. Dies war ein Irrtum, dieser Kollegen. Und ich glaube ich habe das besser gemacht. Ich habe jetzt von Anfang an oder von sehr frühen Zeiten an jedenfalls diese zweite Ebene zugelegt der Erfahrung, und zwar auf ganz verschiedenen Gebieten. Und habe Leute getroffen, die mich sehr stark beeindruckt haben. Und die von denen ich sagen musste, weil sie auch publizierten sozusagen, jedes Jahr erschienen da Aufsätze, die mich sehr stark beeindruckt hatten, weil ich den Eindruck hatte, sie machen Wissenschaft, sie betreiben Forschung, aber sie sind keine Wissenschaftler. Was sind Sie denn eigentlich? Bis ich irgendwann mal darauf gekommen bin, auch unter dem Eindruck von Büchern, wie etwa Paul Feierabends „Science in a free Society“, Erkenntnis für freie Menschen, dass die sehr wohl Wissenschaft betreiben, nur eben nicht die akademische, nicht die professionelle Wissenschaft. Und das war für mich sozusagen Anlass, mich auch wissenschaftstheoretisch neu mit diesem ganzen Bereich zu beschäftigen.

Tim Pritlove
0:33:58
Peter Finke
0:35:09
Tim Pritlove
0:35:46
Peter Finke
0:35:50

Dass sie Philosophie das könnte, das glaube ich nicht. Das war vielleicht mal eine Funktion von Philosophie oder eine Auffassung von Philosophie, aber heute kann auch die Philosophie das nicht mehr leisten. Das würde sie vollkommen überfordern. Aber es ist ein Problem, mit dem wir hier zu tun haben. Es ist eine Entwicklung, die wir hier beobachten. Die Sie eben auch gerade richtig beschrieben haben. Und diese Entwicklung ging aber einher mit einer anderen Entwicklung, nämlich mit der Entwicklung von Institutionen. Vor allem der Institution Universität. Es gab eben in früheren Zeiten kaum Universitäten. Einige wenige für besonders privilegierte Personen, die dort tätig sein konnten. Im Grunde erst so richtig seit der Aufklärung. Und dann vor allem sehr stark in der Entwicklung im 19. Jahrhundert. Da sind Universitäten entstanden, und da sind Einzelwissenschaften entstanden, und da war dann klar, sozusagen der versteht von dem Bereich sehr viel und von anderen Bereichen nicht mehr so sehr viel. Und auf diese Weise hat sich das herausgebildet, was wir heute haben. Heute haben wir Wissenschaftler, die verstehen wirklich nur noch von einem, vielleicht teilweise nur noch von einer Unterdisziplin, etwas. Wenn ich mal an meiner Fakultät wieder zurückdenke, dann muss ich an Kollegen denken, an einen Kollegen muss ich vor allen Dingen denken, den habe ich gefragt, was machst du denn eigentlich so. Ich fand den zwar eigentlich immer ganz nett, aber ich wusste nicht was er eigentlich aktuell so macht. Und dann hat er gesagt, ich untersuche seit Jahren ein Fragment der deutschen Syntax. Ein Fragment der deutschen Syntax. Das ist ganz typisch sozusagen. Dass ich kritisiere das ja auch nicht, also das ist nicht etwa ein Linguist, der sich sozusagen mit den Sprachen der Welt beschäftigt, sondern er beschäftigt sich mit Deutsch. Dann ist es nicht etwa nur die deutsche Grammatik, da gibt es ja auch noch andere Bereiche des Deutschen, Pragmatik und sonst was, sondern es ist Syntax. Nur ein Teil der Grammatik. Und dann davon ein Fragment. Also ganz bestimmte Ausschnitte, die er ganz genau untersucht. Diese Genauigkeit ist sozusagen das was dazugehört. Diese zunehmende Spezialisierung ist verbunden gewesen mit dem Anspruch, zwar nicht vielleicht das ganze Bild, aber ein Teil des Bildes, genauer als bisher, erforschen zu können. Und man hat sehr gesetzt und tut das eben sehr stark auch noch heute, auf diese Spezialisierung als Königsweg zum Fortschritt, zum Fortschritt des Wissens. Der Fortschritt des Wissens bildete sich dadurch ab, dass man sagen konnte, wir können das jetzt noch genauer sagen. Aber es ist nicht dasselbe, was man noch genauer sein konnte, sondern es ist nur ein kleiner Ausschnitt gewesen. Es ist eine stärkere Lupe gewesen, die man genommen hat. Von allem anderen sozusagen verstand man vielleicht nicht so sehr viel, jedenfalls nicht auf dieser Genauigkeitsstufe und musste sagen, naja das ist nicht meine Spezialisierung, das lasse ich dann erst mal raus. Da musste man sozusagen gewisse Einschränkung vornehmen, womit man sich dann auskennt. Und das ist glaube ich verbunden mit der Entstehung dieser Institution Universität und ihrer Weiterentwicklung, und das Ergebnis, was wir heute haben, sehen wir. Dieses fraktionierte Geschehen, im Bereich der Wissenschaft sozusagen keinen zusammenhängendes Weltbild mehr, sondern viele Disziplinen, die sich auch nicht reinreden lassen, wie sie das denn nun richtig machen sollen oder nicht. Wer sollte das denn auch tun? Und die dann auch noch in Unterdisziplinen und dergleichen mehr zerfallen. Das ist denke ich eine Entwicklung, die man erstmal so hinnehmen muss. Aber man muss sie dann eben natürlich auch problematisieren dürfen. Und muss zum Beispiel sehen, dass ein Citizen Scientist, ein Bürgerwissenschaftler nicht unbedingt so vorgeht. Der ist nicht unbedingt gebunden an die Problemlage, die in der neuesten Zeitschrift für so und so was beschrieben wird, als das international im Augenblick aktuelle Problem, mit dem sich die Wissenschaftler dieser Disziplin zu beschäftigen haben. Die Profiwissenschaftler definieren ihre Agenda hauptsächlich dadurch, dass sie die wichtigen Zeitschriften lesen, wo aktuelle Forschung berichtet wird, und wo dann daraus hervorgeht, womit man sich beschäftigen muss, auch in Auseinandersetzung mit dem, was man macht da auch viele Fehler, die man dann da entdeckt, sozusagen die man dann da korrigieren kann und dergleichen mehr. Und das ist bei den Bürgerwissenschaftlern völlig anders. Die lesen keine internationalen Fachzeitschriften, sondern sie gehen von dem aus, was ihnen als Problem in ihrer Umwelt auffällt. Und ich werde häufig gefragt, worin sind denn eigentlich die Bürgerwissenschaftler besser, als die Profi Wissenschaftler. Also da kann ich nur zwei Dinge darauf antworten. Erstens sozusagen es geht nicht um eine Konkurrenz, es geht nicht darum, dass irgendwelche Bürgerwissenschaftler sagen, ich kann das aber besser als der, sondern es sind andere Probleme, mit denen sie sich beschäftigen. Aber da können sie zum Teil besser sein. Und das was mir am meisten sozusagen auffällt bei Citizen Science ist, dass die Nähe dort wieder eine sehr viel größere Bedeutung bekommt, als sie in der Profilwissenschaft hat. Die Nähe zu den Problemen, die man erlebt sozusagen. Die Lebensnähe sozusagen auch von Problemen und solche Probleme, die man erlebt, sind Zusammenhänge, dass sind Zusammenhangsprobleme. Also zum Beispiel wenn der Hobby Ornithologe jede Woche oder jeden Monat oder wann auch immer, seinen Gang macht durch die Gegend, in der er sich auskennt, um festzustellen, welche Vogelarten finde ich wo und zum Beispiel feststellt, auf dem Acker nebenan sang in den ganzen Jahren zuvor immer eine Feldlerche und jetzt sind keine mehr da, seit zwei Jahren. Dann macht er sich Gedanken darüber, wie das kommt. Und dann kommt er mit dem Vogelbuch überhaupt nicht weiter. Sondern da muss er sich Gedanken machen, wenn er die Frage beantworten will, weil er nicht nur Birdwatcher ist, sondern weil er ein Beitrag zu dem Problem, was da offensichtlich vorhanden ist, leisten will, dann muss er sich zum Beispiel beschäftigen mit Landwirtschaft, dann muss er sich beschäftigen mit EU Politik, dann muss er sich beschäftigen mit Förderungstöpfen, die vielleicht einseitig sind, dann muss er sich mit Insektenfauna beschäftigen, mit der werden die jungen Lerchen gefüttert. Dann muss er sich mit Acker-Wildflora beschäftigen, wenn da keine mehr wachsen kann, in einem Maisfeld beispielsweise, dann können da auch keine Insekten mehr in den Blüten sitzen und dann können da auch keine jungen Lerchen mehr gefüttert werden, da muss er sich vielleicht beschäftigen mit dem Klimawandel, der muss er sich beschäftigen mit der Tatsache, dass das ein Zugvogel ist, der zweimal im Jahr eine gefährliche Strecke über Landesgrenzen hinweg fliegen muss, und vielem anderen mehr. Und das ist dieses ganz normale aus dem Alltag her gewonnene Bild von Zusammenhängen, dass dort viel normaler ist und eine realistischer ist, als in der professionellen Wissenschaft, da hat man sozusagen seine Disziplin, da hat man sozusagen die Vorgabe, was da im Augenblick aktuell ist und was nicht aktuell ist und dem folgt man. Das sind schon erhebliche Unterschiede.

Tim Pritlove
0:44:37
Peter Finke
0:44:43
Tim Pritlove
0:44:45
Peter Finke
0:45:26

Nein das behaupte ich auch nicht, das sich ja so in Bezug auf alle Bereiche der professionellen Wissenschaft äquivalente finden lassen. Sondern ich habe nur gesagt, es sind Äquivalente sozusagen zum Wissenschaftskosmos der Profis. Die von den Laien bearbeitet werden. Das was dort in jenem Kosmos fehlt, was zum Teil ihnen schmerzlich fehlt, weil sie da die Probleme sehen um sich herum, und sie lassen meist ihre Forschungsinteressen aus den praktischen Erfahrungen ihres Lebensalltags entwickeln, das sind sozusagen ergänzende Teile der gesamten Wissenschaft. Ich sage nicht, dass jede Disziplin sozusagen ihr Äquivalent in der Laienwissenschaft haben könnte, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Es ist genauso, wie Sie sagen. Ich habe dass vorhin auch selber gesagt, nämlich so etwas wie theoretische Atomphysik ist aus meiner Sicht sozusagen für Laien überhaupt nicht zugänglich. Auch die Mathematik ist schon ganz schwierig. Ich habe vor kurzem einen Brief bekommen, von einem Hobby Mathematiker, der meint, er habe die Goldbachsche Vermutung gelöst und er sieht nun in mir einen Anwalt für sein Vorgehen, weil ich ja angeblich derjenige bin, der ja auch dem einzelnen hier eine Chance geben möchte. Ich kann das nicht beurteilen, ob er die Goldbachsche Vermutung gelöst hat, nur er hat mir gesagt, er hätte das schon 100 Zeitschriften verschickt und die hätten ihm das alle zurückgeschickt, und das fände er unmöglich. Und dann hätte er sehr viele Professoren für Mathematik angeschrieben, mit der Bitte, dass sich doch mal anzugucken. Und viele hätten gar nicht geantwortet. Aber einige hätten ihm geantwortet, aber nach dem zweiten Briefwechsel hätten sie ihm nicht mehr geantwortet. Ich kann das gut verstehen, warum die ihm nicht mehr geantwortet haben. Denn zwei Telefonate mit ihm haben mir gereicht sozusagen. Das ist ein Mensch, der so sehr von seinen Auffassungen überzeugt ist, dass mit dem überhaupt nicht zu reden ist. Der lässt sich auf keine Diskussionen ein, sondern der meint, er habe es nun gefunden. Und so was gibt es natürlich auch. Und das ist natürlich – und das beschreibe ich in meinem Buch ausdrücklich – ein gewisser Nachteil sozusagen von Citizen Science, man muss auch die Schwächen sehen, in diesen Bereichen, wo es sehr abstrakt ist, wo es sehr theoretisch wird, wo man sehr viele Vorkenntnisse haben muss sozusagen, da können Laien nicht so viel beitragen. Aber es gibt eben viele andere Bereiche, die in der Profilwissenschaft nicht so beachtet werden. Nehmen Sie in der Geschichtswissenschaft beispielsweise den Unterschied, den man da sehr schnell finden kann. Womit beschäftigen sich die professionellen Historiker? Sie beschäftigen sich mit den großen Entwicklungen sozusagen einer großen Gesellschaft. Sie beschäftigen sich mit den politischen Auseinandersetzungen in den Epochen und dergleichen mehr. Sie beschäftigen sich vielleicht auch mit der Zeitgeschichte, in einem sehr komplexen nicht auf bestimmte Räume begrenzten Bereich. Ich habe vor kurzem ein Interview gegeben, im Radio Berlin-Brandenburg, da unterbrach mich die Moderatorin und sagte, wir haben vor einiger Zeit ein Buch über die Geschichte unserer Straße geschrieben. Ich habe da mit gemacht. Und das Buch ist ein Renner. Sozusagen das ist einfach toll, viele Leute interessieren sich für diese interessante Straße, was da alles passiert ist. Kein Profi Historiker hat für so etwas Zeit. Viele mokieren sich vielleicht auch so ein bisschen und sagen, das ist die kleine Geschichte, damit beschäftigen wir uns nicht. Insofern ist vieles, was in Citizen Science passiert die kleine die niedere Wissenschaft. Aber ich warne davor, dieses mit einem Werturteil zu versehen. Und zu sagen, insofern sei es irgendwie schlechter. Oder irgendwie nicht so wichtig. Die Menschen interessiert das. Und ich finde, das muss man ernst nehmen. Da holt man sie sozusagen bei ihrer Lebenswirklichkeit ab, und wenn man sieht, welches Problem die professionelle akademische Wissenschaft mit dieser Lebenswirklichkeit hat, dann ist das nicht zu unterschätzen. Die Metapher vom Elfenbeinturm ist nicht umsonst etwas, was in den Köpfen herumspukt. Die Wissenschaft, die Profilwissenschaft, die sich so ein bisschen entfernt von der Gesellschaft ansiedelt und naja manchmal nur so kleine Luken hat, aus denen sie dann auf die Gesellschaft schaut, die hat schon ein Problem damit. Und deshalb ist das neue Buch, an dem ich gerade gegenwärtig mit 35 Autoren arbeite, genau dieser Tatsache gewidmet, der Frage nämlich, wie kann Bürgerwissenschaft sozusagen Einfluss nehmen, auf eine Veränderung der Profilwissenschaft, die wir brauchen, wie ich denke, wir brauchen so etwas, denn auf Dauer geht zur das mit dem Elfenbeinturm einfach nicht, dass sich eine bestimmte Gruppe aus der Gesellschaft in gewisser Weise herauslöst und sagt, wir machen unser eigen Ding. Ihr habt dann nicht mitzureden, das geht in einer Demokratie nicht.

Tim Pritlove
0:50:59
Peter Finke
0:51:23
Tim Pritlove
0:51:25
Peter Finke
0:51:25

Also Interdisziplinarität ist eine sehr wichtige Errungenschaft des 20. Jahrhunderts. In der Tat hat man bis zu einem gewissen Grade das Problem erkannt. Nämlich das Problem dieser immer weiter sich diversifizierenden Spezialisierungen. Und man hat eine Reparaturmethode erfunden, nämlich interdisziplinäre Forschung. Aber was kann die interdisziplinäre Forschung, oder was macht sie tatsächlich? Dort treffen sich Nachbarwissenschaften, Wissenschaften, die eine gewisse Nachbarschaft haben, die nicht identisch sind, aber die auch eine gewisse Nähe miteinander haben. Und man versucht miteinander ins Gespräch zu kommen, weil man gemerkt hat, an den Rändern unserer Einzeldisziplinen gibt es immer noch weiße Flecken auf der Landkarte, wenn wir da nicht zusammenarbeiten, dann werden wir sie nie so richtig in den Griff bekommen. Ist eine vernünftige Sache. Aber das ist eine begrenzte Sache. Das ist eine sehr auf diese Perspektive der benachbarten Wissenschaften begrenzte Sache. Die Perspektive der Bürgerwissenschaft ist eine ganz andere, die hat sozusagen nicht diese interdisziplinäre Perspektive, sondern sie hat er so diese transdisziplinäre Perspektive, was ich vorhin an diesem Beispiel des Vogel Beobachters gesagt habe. Da kommt keiner, kein Dekan zu mir, du überschreitest hier aber dein Fachgebiet, dafür hast du keine Venia Legendi sozusagen, bitte unterlass' das oder dergleichen mehr. Oder es protestiert auch niemand, sondern man ist gezwungen, sich mit diesen Zusammenhängen irgendwie zu beschäftigen. Weil man sieht, dass die Profis es in der Weise nicht tun. Und deshalb verwende ich hierfür den Begriff Transdisziplinarität. Ist mir klar, dass andere den auch anders verwenden, aber mir scheint das eine sinnvolle Unterscheidung von der Interdisziplinarität zu sein.

Tim Pritlove
0:53:30
Peter Finke
0:55:09

Ja das glaube ich schon. Und deshalb sozusagen muss man sie auch ernster nehmen, als sie bisher genommen werden. Denn es gibt sehr sehr viele Anzeichen dafür, dass die Profiwissenschaftler, die ich ja nicht abschaffen will, dass die sozusagen irgendwie nicht so richtig den Begriff der Wissenschaft mit den Laien teilen wollen. Sondern es gibt sehr sehr viele Situationen, wo der Profiwissenschaftler sagt, ich bin hier der Profi, ich mache hier die Wissenschaft sozusagen, du bist nur der Laie. Und das ist keine wirkliche Kommunikation von Profis und Laien. Das ist sozusagen eine einseitige Kommunikation. Es wird sehr viel von Dialog geredet, sozusagen der Dialog nötig ist, der Wissenschaft mit der Gesellschaft. Dies halte ich schon für falsche Beschreibungen. Die Wissenschaft führt einen Dialog mit der Gesellschaft. Mein Gott nochmal. Gehören die Wissenschaftler sozusagen nicht zur Gesellschaft? Der Wissenschaftler führt einen Dialog mit dem Bürger, ist der Wissenschaftler kein Bürger? Also mit einer solchen Primitivsoziologie, die ich allenthalben finde, auch in Beschreibung von Citizen Science, kommen wir wirklich nicht weiter. Wissenschaft ist ein Teil einer Gesellschaft, und Wissenschaftler sind Bürger und manche Bürger sind sogar Wissenschaftler, obwohl sie nicht den Beruf des Wissenschaftlers ergriffen haben. Wie gut oder wie schlecht sie sind, das ist eine ganz andere Frage. Insofern verändert sich sozusagen in unserer Bildungslandschaft wirklich sehr viel. Zum Beispiel allein dadurch, dass wir hierauf jetzt wieder aufmerksam werden. Und warum werden wir jetzt darauf aufmerksam? Wegen diesen blöden neuen Begriffs, Citizen Science. Die Sache gibt es schon länger. Nur wir haben keinen richtigen Begriff dafür gehabt. Ich weiß noch, als ich sozusagen in dem ersten dieser Vereine, von denen ich von gesprochen habe, war, und diese eindrucksvollen Leute, Verwaltungsangestellte, Verkäuferinnen, ein Richter, der ein besonders guter Botaniker war, man freute sich immer, wenn der mitgehen, weil der konnte sozusagen viel mehr Arten auch schwieriger Sippen unterscheiden, als viele andere. Als ich diese Leute getroffen habe, da habe ich keinen Begriff dafür gehabt, was die eigentlich machen. Ich habe nur den Begriff Wissenschaft gehabt. Das war zu wenig trennscharf. Das war zu pauschal. Denn ich sah natürlich die Wissenschaft in meiner Universität. Und ich wollte gerne sozusagen das genauer benennen können, was hier der Unterschied ist. Und das ist denke ich schon die Leistung, dieses Begriffs Citizen Science. Wir kommen darauf, dass es neben der Berufswissenschaft an den Universitäten und in den Forschungslabors der großen Industrien so etwas wie Bürgerwissenschaft gibt, also Wissenschaft von Bürgern, die ihre Forschung nicht beruflich machen, sondern die sie nebenbei erledigen, die sie ehrenamtlich erledigen, die sie erledigen, weil sie sich persönlich für eine Sache wahnsinnig interessieren, dass sie alles dazu gelesen haben, was sie in die Finger bekamen. Dass sie sich fortgebildet haben, wie auch immer, vielleicht auch in der Auseinandersetzung mit einigen Profis. Da sitzen, das ist ja etwas, was mich auch besonders interessiert, dass in diesen Bürgergruppen immer auch Profis dazwischen sitzen. Da findet man immer mal auch Profis dazwischen. Und ich habe mich lange gefragt, warum eigentlich? Wie kommt das? Die haben doch ihre Spielwiese in der Universität. Nein, die sitzen natürlich deshalb dazwischen, weil sie da ihre Wissenschaft in der Anwendungsebene sehen, weil sie da sehen, dass sie gebraucht werden. Dass sie wirklich etwas bewirken, dass sie nicht nur vom Hörsaal stehen, und den Studierenden irgendwas einzubläuen versuchen, sondern dass hier Menschen sind, die sich genau für die Sachen interessieren, diese können. Aber die auch ein paar andere Sachen können, die sie vielleicht selber nicht können. Nämlich einfach das in Ihre Erfahrungskontexte einbetten, dieses abstrakte Wissen. Und deshalb haben auch die Profis was davon. Also insofern verändert sich in unserer Bildungslandschaft sehr viel, aber ich möchte ein Begriff vor allem erwähnen, der noch nicht gefallen ist, dass ist der Begriff der Ausbildung. Also das was wir hauptsächlich haben, wenn wir von professioneller Wissenschaft oder akademischer Wissenschaft sprechen, das ist Ausbildung. Derjenige, der eine Stelle haben möchte, im akademischen Wissenschaftsbereich, der muss eine Ausbildung Bildung durchlaufen, ein Studium. Und in der Regel muss er das mit einem Examen abschließen, weil man darauf guckt, wenn er sich bewirbt. Hat er ein Examen oder hatte kein Examen, dann kann er es gleich lassen. Aber darum geht es doch gar nicht. Es geht darum, was er kann. Es geht um die Fähigkeiten die er hat, wie er das erworben hat, das ist doch im Grunde völlig nebensächlich. Ich gebe zu, dass man in einigen Bereichen wahrscheinlich das nicht ohne Studium schaffen kann. Gerade in den Bereichen über die wir gesprochen haben, in den sehr speziellen, in den sehr abstrakten Bereichen und dergleichen mehr. Auch wo es hochtheoretisch zugeht, das sind große Teile der heutigen akademischen Wissenschaft. Da geht es nicht anders. Da hat Citizen Science auch nichts dagegen zu setzen. Aber es gibt diesen ganzen Unterbau, es gibt dieses ganze Fundament darunter, über das die Profis so schnell hinweggehen, so als ob es irgendwie eine Selbstverständlichkeit wäre. Und es ist keine Selbstverständlichkeit. Insofern, ich finde es richtig, wenn Sie über Bildung sprechen, und wenn Sie darüber sprechen, dass sich in der Bildung viel verändert heute. Aber man muss eben sagen, die professionelle Wissenschaft ist eben hauptsächlich durch Ausbildung gekennzeichnet. Durch eine ganz speziell formalisierte Form der Ausbildung sozusagen. Ist auch ein Teil der Bildung, aber ich beklage manchmal, dass sozusagen unsere Bildungspolitik zu viel Wert auf diese Ausbildung legt, gerade im Bereich der Wissenschaft, und zu wenig auf die Bildung, die es eben auch noch gibt. Und da muss man natürlich die Wissenschaftspolitiker auch an die Kandare kriegen, und sagen, wenn wir mal das werden sollen, wovon ihr manchmal daher schwadroniert, dass wir es schon sind, nämlich eine Wissensgesellschaft, dann müssen wir mehr, noch viel mehr, in Bildung investieren, als wir schon tun. Ich habe dieses Bild von der Pyramide da gefunden, eine Menschenpyramide sozusagen, wo oben einige ganz wenige stehen, auf die natürlich die ganze Aufmerksamkeit gerichtet ist, aber die stehen nur deshalb da oben auf dieser Menschenpyramide, oder dieser Wissenspyramide, weil sie viele tragen unten. Sonst könnten sie da nicht stehen. Ich glaube alleine mit der professionellen Wissenschaft, wären wir nie eine Wissensgesellschaft, weil die einfach an den ganzen Bedürfnissen und aktuellen konkreten Fragen der Menschen sehr viel vorbei theoretisiert, ohne dass ich das nun abwertend sage, aber es fehlt etwas. Und dieses was fehlt sozusagen, das bekommen wir nur durch ein verbessertes Bildungssystem. Und durch mehr Citizen Science.

Tim Pritlove
1:03:33
Peter Finke
1:04:19

Darf ich, bevor ich meinen Rat an die aktiven Wissenschaftler gebe, einen Rat an die aktiven Wissenschaftspolitiker geben? Denn das habe ich ja selber miterlebt. Vor zwei Jahren hatte plötzlich das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Idee, jetzt müssen wir mal was für Citizen Science tun. Die haben sich nie um Citizen Science gekümmert, um die Bürgerwissenschaft. Obwohl es zwar diesen Begriff nicht, aber die Sache, schon lange gab. Zumindest seit der Aufklärung. So seit dem 19. Jahrhundert sehr viele Bürgergruppen, die sich um das ein oder andere gekümmert haben, seither gibt es Jahrbücher und viele Veröffentlichungen von Vereinigungen, von Netzwerken, von Bürgerinitiativen und dergleichen mehr. Die haben sich nie um Citizen Science gekümmert. Die haben sich immer nur unter dem Stichwort Wissenschaft und Wissenschaftsförderung um die professionelle Wissenschaft gekümmert, es ist der Kardinalfehler, der Ausgangsfehler. Aber gut, den haben sie nun in der Vergangenheit gemacht, wie hätten sie jetzt weiter machen können? Jetzt kommt der Rat. Sie hätten versuchen müssen, eine Bestandsaufnahme zu machen. Das gibt es eigentlich und sie hätten nicht einfach sozusagen annehmen müssen, neuer Begriff, neue Sache, das gibt es bei uns noch nicht richtig, jetzt müssen wir uns mal ordentlich anstrengen, damit die Armee sonst nicht schon wieder in der Wissenschaft vorneweg laufen, und wir hecheln hinterher. Citizen Science. Aber genauso wird es gemacht. Genauso wird es gemacht. Und dann macht man den nächsten Fehler, der nächste Fehler ist eine Beratergruppe einzuberufen, die völlig falsch zusammengesetzt ist. Da ich Mitglied der Beratergruppe war, kann ich sagen, worum es geht. Es gab eine Vorstellungsrunde und der erste der gefragt wurde, wer er ist, ich war zum Glück einer der letzten, sagte, ich heiße so und so und bin hier für die Leibniz Gemeinschaft. Und der zweite sagte, ich heiße so und so und ich bin hier für die Helmholtz Gemeinschaft. Der dritte sagt, ich heiße so und so und bin Professor an der Universität Kiel und beschäftige mich mit Informatik und auch schon seit vier Jahren mit Citizen Science. Das fand er viel. Und so ging das weiter. Es gab noch andere Wissenschaftsorganisationen, alles Profis. Von vorne bis hinten. Da war kein einziger, der sozusagen nicht eine akademische Karriere im Hintergrund hatte. Und das war die Perspektive sozusagen, die dann aufgemacht wurde auf Citizen Science. Als ich dann dran kam, ich hatte Zeit mir zu überlegen was ich sage, habe ich gesagt, also ich bin zwar auch ein Profi oder war es, aber ich habe so das Gefühl, dass ich vielleicht hier als einziger diejenige vertrete, die eigentlich hier sitzen müssten. Nämlich die Nichtprofis. Sie hätten mal sehen sollen, wie die mich da alle angeguckt haben. Die haben mich böse angeguckt und einer hat auch gezischelt, die vertreten wir doch alle. Das ist ein schwerer Fehler gewesen, mein Rat wäre, solche Fehler eben nicht zu machen. Wenn man Citizen Science fördern will, dann soll man nicht die Profis fördern, sondern dann soll man diejenigen fördern, die bislang überhaupt nie gefördert worden sind.

Tim Pritlove
1:07:59
Peter Finke
1:08:55

Nun man sollte vor allem mal darüber nachdenken, ob man denn einen ausreichenden Wissenschaftsbegriff hat. Wenn man mit dem üblichen Wissenschaftsbegriff rangeht, dann kann man kaum anders vorgehen, als sie vorgegangen sind. Dann hat man sozusagen die wissenschaftlichen Experten einzuladen, dass sind eben die Profis. Und kommt auf diese Schiene. Deshalb sage ich ja in meinem Buch, was ich vor einiger Zeit veröffentlicht habe, als Motto des Buches, wir müssen beim Wissenschaftsverständnis abrüsten. Wir müssen sehen, dass es zu einseitig und zu eng sozusagen auf die akademische professionelle Wissenschaft ausgerichtet ist. Das werfe ich natürlich nicht nur den Wissenschaftspolitikern vor, sondern das werfe ich den Wissenschaftlern vor allem selber vor. Denn die sind sozusagen nicht sehr bereit, ihr Wissenschaftsverständnis mit der Gesellschaft zu teilen. Und zu sagen, naja da gibt es schon auch Wissenschaft, die wichtig ist, aber die wir nicht vertreten, sondern sie vertreten halt die akademische Wissenschaft. Also diese Abrüstung sozusagen wäre der erste Schritt gewesen. Und dann muss man halt sehen, was gibt es denn? Dann muss man halt, wenn es nicht so schnell geht, dann muss man vielleicht auch ein Forschungsprojekt initiieren oder was auch immer, um festzustellen, was gibt es an Wissenschaft in unserer Gesellschaft, womöglich schon seit langem, aber es gibt keine Dachorganisation. Es gibt keine Institution, die das alles so zusammenfasst, so schön bequem, wie das die Universitäten sind oder die Wissenschaftsgesellschaften sind. Ich meine es ist auch ein Versäumnis von denen. Es ist ja auch ein Versäumnis der Wissenschaftsgesellschaft, es hat keiner von den verlangt, dass sie nur die professionelle Wissenschaft vertreten sollen. Aber sie tun es. Dann muss man halt erst mal bei sich selbst im Kopf abrüsten und muss gucken sozusagen, wie man da weiterkommt. Ich behaupte überhaupt nicht, dass es einfach ist. Ich behaupte überhaupt nicht, dass es einfach ist. Weil die Institutionen fehlen, die eben ganz typisch sind für die akademische Wissenschaft.

Tim Pritlove
1:11:17
Peter Finke
1:12:02
Tim Pritlove
1:12:16
Peter Finke
1:12:18
Tim Pritlove
1:13:05
Peter Finke
1:13:07

Es ist kein Verein, es ist kein Verein, es ist ein Netzwerk. Den Verein haben wir vermieden, weil das einen Oberverein gewesen wäre und wir wollten keine neuen Hierarchien. Das ist ein Netzwerk. Das zweite ist, ich habe vorhin gesagt, dass ich die Vereinigung für ökologische Ökonomik mitbegründet habe, und da gibt es auch noch einige andere Vereinigungen in diesem ökonomischen Bereich, von Menschen, die teilweise Profis sind, aber teilweise auch nicht Profis sind, teilweise aus den Wirtschaftswissenschaften stammen, teilweise aus ganz anderen Disziplinen stammen, oder sozusagen aus der Bürgergesellschaft selber, die einfach mit der herkömmlichen Art und Weise hier in diesem Land an den Universitäten Ökonomie zu lehren, nicht mehr zurande kommen. Weil sie glauben, dass es so nicht weitergeht, dass wir darüber hinaus denken müssen. Diese Vereinigungen gibt es auch. Seit einiger Zeit gibt es das Netzwerk Wachstumswende, dass ist gegründet worden von ein paar Studierenden, mir fallen hauptsächlich Physiker und Soziologen ein, das sind gar nicht Wirtschaftswissenschaftler, die mir als erstes einfallen und hinzugekommen sind da viele andere, inzwischen auch viele Bürger die von jenseits der Universität und denen geht es um die Frage, wie können wir sozusagen ein attraktives Modell einer Gesellschaft entwickeln, die nicht mehr auf Wachstum setzt. So wie das unsere tut. Das gibt es. Das gibt es nicht nur im Internet, die machen auch Tagungen und dergleichen mehr. Also das wäre eine Möglichkeit gewesen. Und das dritte sind eben diese ganzen historischen, zum Beispiel diese historischen Vereinigungen oder die Geschichtswerkstätten. Es gibt die überall, da muss man nur mal im Internet aufrufen Geschichtswerkstatt, da kommen einige Geschichtswerkstätten, weil manche historischen Vereinigungen etwas antiquiert sind, deshalb Geschichtswerkstatt ist etwas was neueres, was auch jüngere Leute anzieht. Wo sich dann zum Beispiel Frauen treffen, und ein Buch über die Geschichte der Frauen der bedeutenden Frauen einer Stadt schreiben wollen, das ist hier in Bielefeld passiert. Und das alles kann man aufrufen. Das sind keine kompletten Wege, aber es sind einzelne Wege, die hätte man eben gehen müssen.

Tim Pritlove
1:15:35
Peter Finke
1:15:45
Tim Pritlove
1:15:47
Peter Finke
1:15:51
Tim Pritlove
1:17:22
Peter Finke
1:18:53

Also bevor ich sage, wie ich es mir wünsche, muss ich leider beschreiben, wie es passiert gegenwärtig und es passiert meines Erachtens das falsche. Denn das BMBF hat den Hintergrund, den ich vorhin beschrieben habe, zusammen mit dem Stifterverband der deutschen Wissenschaft übrigens, zusammen mit Helmholtz, mit Leibniz und anderen Wissenschaftsorganisationen, ein Programm beschlossen, dass ich für grundfalsch halte. Es ist das Programm, es sozusagen zu machen wie in Amerika und in England übrigens. Also einfach die Profis sozusagen als Steuerer der Citizen Science nun irgendwie aufzurüsten. Das Geld, was dafür ausgegeben wird, kriegen die Profis. Nicht die Laien. Wobei das auch schwierig wäre, das muss ich gern zu geben. Denn der wesentliche Punkt, und ich hoffe mir das in Bezug auf eine positive Entwicklung, die ich immer noch erhoffe, ein Umdenken doch noch passiert, dass der wesentliche Punkt ist ja, nicht dass das eine Profis sind und das andere Laien, sondern dass das eine bezahlte Wissenschaft, Wissenschaft auf Stellen, Berufswissenschaft ist, und das andere ist, Wissenschaft nebenbei, neben einem Beruf, aus welchen Motiven heraus auch immer. Auf jeden Fall nicht bezahlt. Ehrenamtlich. Das ist der entscheidende Unterschied. Und das ist schon ein ganz wichtiger Unterschied, und den darf man auch nicht dadurch gefährden, dass man jetzt einfach sagt, naja gut, dann bezahlen wir jetzt mal die Laien. So einfach geht es nicht. Deshalb habe ich ein langes Kapitel über Citizen Science darüber geschrieben, wie man das denn hinkriegen könnte. Dass man Citizen Science fördert, auch mit Geld fördert, denn ich glaube schon sozusagen, dass es auch passieren muss, ohne dass man die Ehrenamtlichkeit wirklich gefährdet. Und auf der letzten Seite des Buches habe ich 15 Vorschläge gemacht, wie man das machen kann, zum Beispiel eine Zeitschrift ins Leben rufen, Citizen Science, wo die die ganze Bewegung zusammenführen, die jetzt auch in die verschiedensten Richtungen auseinander driftet und keine Gemeinsamkeit hat. Eine Zeitschrift, wo sozusagen die verschiedensten Projekte vorgestellt werden können, aktuelle Entwicklung vorgestellt werden können. Zum Beispiel einen, sagen wir mal, alle zwei Jahre stattfindenden Bürgerwissenschaftstag zu veranstalten, in jeweils einer anderen Stadt in Deutschland. Wo die Bewegung auch zusammenfinden kann, wo viele Projekte sich vorstellen können, wo sie miteinander reden können, wo Profis und Laien miteinander reden können. Zum Beispiel dieses. Aber das funktioniert nicht, wenn man das einfach sozusagen jetzt anbietet, denn ich habe ja erlebt, wie das ist, vor kurzem in einer Veranstaltung des Amtes für Naturschutz in Bonn, des Bundesamtes für Naturschutz. Die hatten eine Veranstaltung für das Ehrenamt gemacht. Und zwar vor allem für die naturwissenschaftlichen Vereine. Und haben sich gewundert, dass kaum ein naturwissenschaftlicher Verein gekommen war. Das hätte ich denen vorher sagen können, bei der Art und Weise, wie sie das gemacht haben. Sie erwarten da, dass Leute, die zum Teil wirklich einen nicht zu sehr mit irdischen Müttern gesegnet sind, eine einfach dann auch noch so etwas machen, dass sie da mit der Bahn nach Bonn fahren, dass sie sich auch noch die Zeit nehmen, obwohl sie auch mit ihren eigenen Projekten zuhause auch noch eingedeckt sind. Das ist Luxus für die. Da wären sie vielleicht gerne hingefahren, wenn man ihnen eine Unterstützung gegeben hätte. Ich habe mit dem stellvertretenden Amtsleiter gesprochen, ja ihr müsst es in Zukunft anders machen, ihr müsst eine Reisekostenunterstützung anbieten, dann kommen die auch. Weil sie wissen, es geht um uns. Und da hat er gesagt, dafür haben wir aber kein Geld. Also für so etwas Geld einsetzen zum Beispiel, das wäre sinnvoller Geldeinsatz. Oder zum Beispiel Wissenschaftsjournalisten. Nachschulen, wenn man sieht was einige Wissenschaftsjournalisten heute schreiben, ich habe hier ein schönes Beispiel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Herr Müller Jung sozusagen, der Leiter des Wissenschaftsressorts schrieb vor zwei Wochen etwa, 3. September. Avanti Dilettanti. So als ob jetzt sozusagen die Dilettanten kommen, und ach du lieber Gott, es geht alles des Bach runter.

Tim Pritlove
1:23:40
Peter Finke
1:23:46
Tim Pritlove
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Peter Finke
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Tim Pritlove
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